Zirkulationsstruktur für einen Turboverdichter
Die Erfindung betrifft eine Zirkulationsstruktur für einen Turboverdichter nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Des Weiteren betrifft die Erfindung einen Turboverdichter sowie ein Flugtriebwerk und eine stationäre Gasturbine.
Zirkulationsstrukturen bzw. Rezirkulationsstrukturen für Turboverdichter sind in Form sogenannter "Casing Treatments" und "Hub Treatments" bekannt. Die "Casing Treatments" und "Hub Treatments" genannten Zirkulationsstrukturen haben primär die Aufgabe, den ae- rodynamisch stabilen Betriebsbereich des Verdichters durch eine Optimierung des Pumpgrenzabstandes zu erhöhen. Ein optimierter Pumpgrenzabstand ermöglicht höhere Verdichterdrücke und somit eine höhere Verdichterbelastung. Die für einen örtlichen Strömungsab- riss und letztendlich für das Pumpen des Verdichters verantwortlichen Störungen treten an gehäuseseitigen Enden der Laufschaufeln einer bzw. mehrerer Verdichterstufen bzw. an den nabenseitigen, radial innenliegenden Enden der Leitschaufeln auf, da in diesen Bereichen die aerodynamische Belastung im Verdichter am höchsten ist. Durch Zirkulationsstrukturen wird die Strömung im Bereich der Schaufelenden stabilisiert. Statorseitige Zir- kulationsstrukturen im Bereich der gehäuseseitigen Enden der Laufschaufeln bezeichnet man als "Casing Treatments". Rotorseitige Zirkulationsstrukturen im Bereich der nabensei- tigen Enden der Leitschaufeln bezeichnet man als "Hub Treatments".
Aus der DE 103 30 084 Al sind als "Casing Treatments" und "Hub Treatments" ausgebildete Strömungsstrukturen für einen Turboverdichter bekannt, die in Umfangsrichtung durchströmbare Ringkammern aufweisen. Die in Umfangsrichtung durchströmbaren Ring- kammern sind konzentrisch zu einer Achse des Turboverdichters im Bereich von freien Schaufelenden eines Laufschaufelkranzes oder eines Leitschaufelkranzes angeordnet, wobei die Ringkammern radial an einen Hauptströmungskanal des Turboverdichters angrenzen. Innerhalb der in Umfangsrichtung durchströmbaren Ringkammern können Leitelemente angeordnet sein.
Hiervon ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung das Problem zu Grunde, eine neuartige Zirkulationsstruktur für einen Turboverdichter zu schaffen.
Dieses Problem wird dadurch gelöst, dass die eingangs genannte Zirkulationsstruktur für einen Turboverdichter durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1 weitergebildet ist.
Erfmdungsgemäß sind in Hauptströmungsrichtung des Hauptströmungskanals gesehen stromaufwärts der oder jeder Ringkammer mehrere in Axialrichtung durchströmbare Kammern positioniert.
Mit der hier vorliegenden Erfindung wird erstmals vorgeschlagen, in Hauptströmungsrichtung des Hauptströmungskanals gesehen stromaufwärts der oder jeder in Umfangsrichtung durchströmbaren Ringkammern mehrere in Axialrichtung durchströmbare Kammern anzu- ordnen. Die erfindungsgemäße Zirkulationsstruktur kombiniert demnach in Axialrichtung durchströmbare Kammern, die keine Umfangsverbindung aufweisen, mit mindestens einer Ringkammer, die in Umfangsrichtung durchströmbar ist, wobei die oder jede Ringkammer in Hauptströmungsrichtung gesehen stromabwärts der in Axialrichtung durchströmbaren Kammer ohne Umfangsverbindung positioniert ist. Hierdurch wird die Ausbildung eines Spaltwirbels in seiner Entstehungen pulsierend gehemmt. Eine sich ausbildende Rezirkula- tionsströmung nutzt verlustreiches Fluid, um die Zuströmung rotorseitiger Baugruppen zu beeinflussen, wobei die geometrischen Eigenschaften der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern ohne Umfangsverbindung einen Gegendrall erzeugen. Weitere Strömungs- versperrungsgebiete werden in die Ringkammern mit Umfangsverbindung verlagert.
Die erfindungsgemäße Zirkulationsstruktur gewährleistet aufgrund ihrer Einfachheit sehr niedrige Verluste. Verlusterzeugende, dreidimensionale Strömungsphänomene können effektiv gehemmt werden. Hierdurch können positive Effekte auf die Betriebsstabilität des Turboverdichters bei Teillast und Volllast mit einer insgesamt positiven Veränderung des Wirkungsgrads, insbesondere bei Volllast, gekoppelt werden. Die Einfachheit der Zirkulationsstruktur ist mit geringen Herstellkosten verbunden.
Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung. Ausfuhrungsbeispiele der Erfindung werden, ohne hierauf beschränkt zu sein, an Hand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt:
Fig. 1 einen Teillängsschnitt durch einen Verdichter im Bereich einer erfindungsgemäßen, gehäuseseitigen Zirkulationsstruktur nach einem Ausführungsbeispiel;
Fig. 2: ein vergrößertes Detail aus der Darstellung der Fig. 1; Fig. 3 : das Detail der Fig. 2 in Axialblickrichtung;
Fig. 4: das Detail der Fig. 2 in Radialblickrichtung;
Fig. 5 bis 8: Teillängsschnitte durch Verdichter in Axialbauweise im Bereich einer erfindungsgemäßen, gehäuseseitigen Zirkulationsstruktur nach weiteren Ausführungsbeispielen; Fig. 9 bis 18: Darstellungen in Radialblickrichtung von Varianten erfindungsgemäßer, gehäuseseitiger Zirkulationsstrukturen; und
Fig. 19: das Detail der Fig. 3 nach einer anderen Variante.
Die Erfindung betrifft eine Zirkulationsstruktur für einen Turboverdichter, insbesondere für einen Verdichter einer Gasturbine, die als "Casing Treatment" oder als "Hub Treatment" ausgebildet sein kann. Nachfolgend wird die Erfindung unter Bezugnahme auf Fig. 1 bis 19 an einer als "Casing Treatment" ausgebildeten Zirkulationsstruktur beschrieben, die in ein statorseitiges Gehäuse eingebracht ist, welches einen Hauptströmungskanal des Turboverdichters radial außen begrenzt und sich an freie Schaufelenden von Laufschaufeln eines ro- torseitigen Laufschaufelkranzes anschließt. Die erfindungsgemäße Zirkulationsstruktur ist jedoch analog auch als "Hub Treatment" einsetzbar, wobei dieselbe dann in eine rotorseiti- ge Nabe eingebracht ist, die den Hauptströmungskanal des Turboverdichters radial innen begrenzt und sich an freie Schaufelenden von Leitschaufeln eines statorseitigen Leitschaufelkranzes anschließt.
Fig. 1 bis 4 zeigen unterschiedliche Ansichten einer erfindungsgemäßen, als "Casing Treatment" ausgebildeten, gehäuseseitigen Zirkulationsstruktur 20, die in ein statorseitiges Gehäuse 21 eines Verdichters einer Gasturbine eingebracht ist. Das Gehäuse 21 begrenzt radial außen einen Hauptströmungskanal 22, wobei im Hauptströmungskanal 22 rotorseiti- ge Laufschaufeln 23 eines Laufschaufelkranzes 24 rotieren. Radial innen wird der Hauptströmungskanal 22 von einer Nabe 25 des Rotors begrenzt.
Im Ausfuhrungsbeispiel der Fig. 1 bis 4 umfasst die Zirkulationsstruktur 20 eine in Um- fangsrichtung durchströmbare Ringkammer 26, die konzentrisch zu einer Achse des Ver- dichters im Bereich von freien Schaufelenden der Laufschaufeln 23 des Laufschaufelkranzes 24 angeordnet ist. Die Ringkammer 26 grenzt dabei radial an den Hauptströmungskanal 22 an. Die Ringkammer 26 erlaubt eine Durchströmung in Umfangsrichtung und verfugt demnach über eine Umfangsverbindung. Die Ringkammer 26 ist als Umfangsnut ausgebildet, wobei innerhalb der Ringkammer 26 Leitelemente zur Strömungsfuhrung positioniert sein können.
Die Ringkammer 26 erstreckt sich in Axialrichtung gesehen vollständig im Bereich der freien Schaufelenden der Laufschaufeln 23 des Laufschaufelkranzes 24. Die Axialerstreckung der Ringkammer 26 ist dabei gemäß Fig. 2 durch den Parameter b gekennzeichnet. Die Radialerstreckung der Ringkammer 26 ist durch den Parameter t gekennzeichnet. Eine in Hauptströmungsrichtung gesehen stromaufwärts positionierte Kante der Ringkammer 26 ist gemäß Fig. 4 durch ek und eine stromabwärts positionierte Kante der Ringkammer 26 durch ak gekennzeichnet.
Im Sinne der hier vorliegenden Erfindung sind in Hauptströmungsrichtung des Hauptströmungskanals 22 gesehen stromaufwärts der Ringkammer 26 mehrere in Axialrichtung durchströmbare Kammern 27 positioniert. Die in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 sind als Schlitze bzw. Axialnuten ausgebildet und in Umfangsrichtung nicht miteinander verbunden, die in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 verfugen demnach über keine Umfangsverbindung. Eine in Hauptströmungsrichtung des Hauptströmungskanals 22 gesehen stromaufwärts positionierte Kante der Kammern 27 ist in Fig. 4 mit vk gekenn-
zeichnet, eine in Hauptströmungsrichtung des Hauptströmungskanals 22 gesehen stromab- wärtige Kante der Kammern 27 ist in Fig. 4 mit hk gekennzeichnet. Eine saugseitige Kante der Kammern 27 ist in Fig. 4 mit sk und eine druckseitige Kante mit dk gekennzeichnet, wobei Fig. 3 und 4 eine Saugseite 28 und eine Druckseite 29 einer Laufschaufel 23 des Laufschaufelkranzes 24 zeigen.
Die in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 sind in Axialrichtung gesehen abschnittsweise im Bereich der freien Schaufelenden der Laufschaufeln 23 des Laufschaufelkranzes 24 positioniert. So zeigt Fig. 2 mit dem Parameter o den Abschnitt der in Axial- richtung durchströmbaren Kammern 27, der sich im Bereich der freien Schaufelenden der Laufschaufeln 23 erstreckt und demnach den Laufschaufelkranz 24 überlappt. Der Parameter v zeigt hingegen den Abschnitt der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27, der sich vollständig stromaufwärts des Laufschaufelkranzes 24 erstreckt.
Fig. 2 verdeutlicht mit dem Parameter h die radiale Erstreckung bzw. Tiefe der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27. Eine sich an die stromaufwärtige Kante vk anschließende Kontur der Kammern 27 ist gemäß Fig. 2 um den Winkel α gegenüber der radial äußeren Kontur des Hauptströmungskanals 22 schräggestellt.
Eine sich an die stromabwärtige Kante hk anschließende Kontur der Kammern 27 ist gegenüber der radial äußeren Konturierung des Hauptströmungskanals 22 um den Winkel ß schräggestellt. Weiterhin sind gemäß Fig. 3 die in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 gegenüber der Radialrichtung um den Winkel γ schräggestellt. In Umfangsrich- tung gesehen verfügen die in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 über das Breite c, wobei in Umfangsrichtung unmittelbar benachbarte Kammern 27 den Abstand s aufweisen.
Verbindungen bzw. Mündungsöffnungen 30 der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 in den Hauptströmungskanal 22 sind von einer Verbindung bzw. Mündungsöff- nung 31 der Ringkammer 26 axial beabstandet bzw. axial getrennt, wobei gemäß Fig. 2 der
axiale Abstand zwischen diesen Mündungsöffhungen 30 und 31 durch den Parameter a gekennzeichnet ist.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Kanten ak und ek der Ringkammer 26 sowie die Kanten vk, hk, dk, und sk der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 und damit die Eintrittsflächen derselben durch beliebige Kurven oder Splines beschrieben werden können. Sich an diese Kanten anschließende Randflächen der Ringkammer 26 sowie der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 können durch generische Nurbs- Flächen definiert sein. Die Geometrie jeder einzelnen Kammer 27 kann von den anderen Kammern 27 abweichen. Dies gilt insbesondere für die Neigungswinkel γ der Kammern 27, den Umfangsabstand s der Kammern 27 und die Umfangsbreite c der Kammern 27.
Im Ausfuhrungsbeispiel der Fig. 1 bis 4 (siehe insbesondere Fig. 1 und 2) sind sich an die Kanten ak und ek der Ringkammer 26 und sich an die Kanten vk, hk, dk und sk der Kam- mern 27 anschließende Randflächen bzw. Außenflächen durch Rotation von stetig differenzierbaren Kurven generiert. Im Unterschied hierzu sind in Fig. 5 diese Randflächen bzw. Außenflächen von einer Polyline, in Fig. 6 aus einer Geraden und Kreissegmenten und in Fig. 7 von einfachen geometrischen Formen, wie einer Ellipse und einem Rechteck, generiert.
Als Alternative zur Rotation kann auch eine lokale Translation zur Erzeugung der Randflächen bzw. Außenflächen der Kammern 26 sowie 27 angewendet werden. Fig. 8 zeigt eine Ausführungsform mit einer Konturierung des Gehäuses 21 unter Ausbildung eines radialen Vorsprungs 32 bzw. einer radialen Aussparung zum Hauptströmungskanal 22 im Bereich der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27.
Im Ausführungsbeispiel der Fig. 1 bis 4 können die Parameter α, ß, h, t und b einen beliebigen Wert annehmen. Ebenfalls können die Parameter o, v und a einen beliebigen Wert annehmen, wobei insbesondere zur Gewährleistung einer Überlappung der in Axialrich- tung durchströmbaren Kammern 27 mit den freien Schaufelenden der Laufschaufeln 23 des
Laufschaufelkranzes 24 die Parameter o und v einen Wert von größer als Null annehmen
müssen. Weiterhin kann hierdurch eine Vorstreckung der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 stromaufwärts einer Eintrittskante der Laufschaufeln 23 realisiert werden. Für eine axiale Trennung der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 von der Ringkammer 26 bzw. für eine axiale Trennung der entsprechenden Mündungsöffhungen 30, 31 muss der Parameter a einen Wert von größer als Null annehmen.
Im Ausführungsbeispiel der Fig. 1 bis 4 (siehe insbesondere Fig. 4) erstrecken sich die Kanten sk und dk der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 gerade in Axialrichtung des Turboverdichters. Demgegenüber zeigen Fig. 9 bis 15 eine hiervon abweichende Konturierung der saugseitigen Kanten sk und der druckseitigen Kanten dk der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27.
So sind in Fig. 9 und 10 diese Kanten sk und dk der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 gegenüber der Axialrichtung schräggestellt. IQ Fig. 11 bis 14 sind die Kanten sk und dk der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 in Umfangsrichtung gebogen, wobei in Fig. 15 die Kanten sk und dk der Kammern 27 im Bereich der stromabwärti- gen Kante hk in etwa tangential zur Saugseite und Druckseite der Laufschaufeln 23 verlaufen.
Fig. 16 zeigt ein Ausführungsbeispiel der Erfindung mit zwei Ringkammern 26, die beide in Hauptströmungsrichtung des Strömungskanals 22 gesehen, stromabwärts der in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 positioniert sind.
Fig. 17 zeigt ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, in welcher die in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 mit der stromabwärts derselben positionierten Ringkammer 26 über diskrete Verbindungen 33 verbunden sind. Diese diskreten Verbindungen 33 können über entsprechende Steuerelemente aktiv geschlossen und geöffnet werden, um so eine aktive Regelung eines Strömungsübertritts zwischen der Ringkammer 26 und den in Axialrichtung durchströmbaren Kammern 27 einzustellen.
Fig. 18 zeigt ein Ausfuhrungsbeispiel der Erfindung, bei welcher die stromabwärtige Kante ak der Ringkammer 26 diskrete Vorsprünge 34 aufweist, um so die Axialerstreckung der Mündungsöffnung 31 der Ringkammer 26 abschnittsweise zu vergrößern. Demgegenüber zeigt Fig. 19 eine fconturierang einer Randfläche bzw. Mantelfläche nw der Ringkammer 26 mit diskreten radialen Vorsprüngen 35, welche die radiale Erstreckung t der Ringkammer 26 abschnittsweise verringern.
Die Erfindung kann auch dann zum Einsatz kommen, wenn der Turboverdichter einen Tandem-Rotor mit zwei unmittelbar aufeinander folgenden Laufschaufelkränzen und/oder zwei unmittelbar aufeinander folgenden Leitschaufelkränzen aufweist.
Vorzugsweise findet die erfindungsgemäße Zirkulationsstruktur bei Turboverdichtern, insbesondere Verdichtern einer als Flugtriebwerk ausgebildeten Gasturbine oder einer stationären Gasturbine Verwendung.