Semi-aktives Fahrwerksystem mit reduzierter Sensorzahl
Die Erfindung betrifft ein semi-aktives Fahrwerksystem mit reduzierter Sensorzahl für Fahrzeuge, insbesondere Kraftfahrzeuge, mit Niveausensoren, Beschleunigungssensoren, einer Steuereinrichtung und Stelleinrichtungen, sowie ein Verfahren zur Erzeugung von Ansteuersignalen für Stelleinrichtungen eines semi-aktiven Fahrwerksystems. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Erzeugung von Ansteuersignalen für Stelleinrichtungen eines semi-aktiven Fahrwer Systems, insbesondere eines semi-aktiven Fahrwerksystems.
Semi-aktive Fahrwerksysteme, beispielsweise für Kraftfahrzeuge mit Luftfederung, weisen verstellbare Stoßdämpfer alsStelleinrichtungen auf. Bei derartigen Systemen set.zen die meisten Fahrzeughersteller drei Aufbaubeschleunigungssensoren ein. Der Aufbau und die Funktionsweise solcher semi-aktiven Fahrwerksysteme ist' allgemein bekannt, so dass darauf nicht näher eingegangen wird.
Die deutsche Patentschrift DE 198 55 310 C2 beschreibt ein aktives FederungsSystem für Fahrzeuge, bei welchem mehrere Sensoren zur Erzeugung von Signalen verwendet werden, die zumindest mit vertikalen Aufbaubeschleunigungen korreliert sind. Nachteilig bei einer derartigen Anordnung sind vor allem die relativ hohen Kosten, welche für die Installation ei-
nes jeden Sensors sowie für die Verkabelung der Sensoren mit Anschluss- und Versorgungsleitungen und den zugehörigen Steuergeräte und Halterungen entstehen.
Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, eine kostengünstigeres Federungssystem für Fahrzeuge sowie ein Verfahren zur Erzeugung von Ansteuersignalen für Stelleinrichtungen des Federungssystems bereit zu stellen, wobei insbesondere ein gleicher Fahrkomfort beibehalten wird.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein semi-aktives Fahrwerksystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 7 gelöst .
Demgemäß ist vorgesehen:
Ein semi-aktives Fahrwerksystem mit reduzierter Sensorzahl für Fahrzeuge, insbesondere Kraftfahrzeuge, mit Niveausensoren, die eine Veränderung eines Weges eines Fahrzeugaufbaus zwischen diesem und Achsen in Vertikal- richtung aufnehmen und davon abhängige erste Sensorsignale bereit stellen; Beschleunigungssensoren, die Beschleunigungen des Fahrzeugaufbaus in Vertikalrichtung aufnehmen und davon abhängige zweite Sensorsignale bereit stellen; einer Steuervorrichtung zur Bereitstellung von Ansteuersignalen für Stelleinrichtungen, wobei die Steuervorrichtung ■ eine erste Einrichtung zur Signalaufbereitung und - Verarbeitung, ■ eine zweite Einrichtung zur Berechnung von Zustands- größen des Fahrzeugaufbaus basierend auf den ersten
und zweiten Sensorsignalen, die einen Sensorfusionsalgorithmus aufweist, mit welchem mindestens ein weiteres Sensorsignal kompensiert wird, und ■ eine dritte Einrichtung zur Generierung der Ansteuer- signale für die Stelleinrichtungen enthält; Stelleinrichtungen zur Verstellung des Fahrzeugaufbaus in Vertikalrichtung. (Patentanspruch 1)
Ein Verfahren zur Erzeugung von Ansteuersignalen für Stelleinrichtungen eines semi-aktiven Fahrwerksystems, mit den Verfahrensschritte : (a) Aufbereiten von Sensorsignalen; (b) Berechnen von Feder- und Dämpferkräften; (c) Berechnen von Hub- und Nickbeschleunigungen des Fahrzeugaufbaus ; (d) Berechnen von Wankbeschleunigung des Fahrzeugaufbaus ; (e) Berechnen von Überlagerung von Hub- und Nickbeschleunigung des Fahrzeugau baus; (f) Berechnen von Zustandsgrößen des Fahrzeugaufbaus ; (g) Auswerten eines Ansteueralgorithmus oder Regelalgorithmus mittels der berechneten Zustandsgrößen ; und (h) Erzeugen von Ansteuersignalen. (Patentanspruch 7)
Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen und den Beschreibungen unter Bezugnahme auf die Zeichnungen entnehmbar.
Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Idee besteht darin, die Zahl der benötigten vertikalen Aufbaubeschleunigungssensoren zu reduzieren. Die Zahl der so entfallenen Aufbaubeschleunigungssensoren ist ersatzlos und wird lediglich durch einen zusätzlichen Algorithmus im zugehörigen Steuergerät kompensiert.
In einer bevorzugten Ausführungsform weist das erfindungsgemäße Fahrwerksystem zwei Beschleunigungssensoren über der Vorderachse des Fahrzeugs auf, die in einem Abstand zueinander angeordnet sind. Ein dritter üblicher Beschleunigungssensor über der Hinterachse kann vorteilhafterweise ebenfalls ersatzlos entfallen.
Das Signal des fehlenden dritten Beschleunigungssensors wird vorteilhafterweise mittels eines Sensorfusionsalgorithmus kompensiert, welcher in der Steuervorrichtung implementiert ist. Dieser Sensorfusionsalgorithmus der zweiten Einrichtung beinhaltet folgende funktionale Blöcke: eine vierte Einrichtung zur Berechnung von Feder- und Dämpferkräften, - eine fünfte Einrichtung zur Berechnung von Hub- und Nickbeschleunigungen des Fahrzeugaufbaus eine sechste Einrichtung zur Berechnung von Wankbeschleunigung des Fahrzeugaufbaus eine siebte Einrichtung zur Berechnung von Überlagerung von Hub- und Nickbeschleunigung des Fahrzeugauf- baus - eine achte Einrichtung zur Berechnung von Zustandsgrößen des Fahrzeugaufbaus
Die Berechnung der Wankbeschleunigung des Fahrzeugs und der Überlagerung von Hub- und Nickbeschleunigung erfolgt typischerweise mittels der Signale der verbleibenden Beschleunigungssensoren über der Vorderachse.
Eine vorteilhafte Anordnung sieht vor, dass die sechste Einrichtung und die siebte Einrichtung parallel zueinander und jeweils parallel zu der vierten und fünften Einrichtung angeordnet sind und jeweils eine Berechnungsstufe für ihre Aus-
gangssignale aus den Signalen des ersten und zweiten Beschleunigungssensors aufweisen.
Insbesondere die modalen Geschwindigkeiten als Beispiel für Zustandsgrößen des Fahrzeugaufbaus werden typischerweise mittels einer Integrationsstufe und einer Gewichtungsstufe berechnet. Hierbei ist es möglich, dass die Integrationsstufe im Signalverlauf zeitlich vor der Gewichtungsstufe angeordnet ist. Es ist vorteilhaft, wenn die in der Gewichtungsstufe durchgeführte Berechnung mittels der so genannte Weighted- Linear-Least-Squares-Methode erfolgt .
Vorteilhafterweise sind die Softwarekomponenten des Sensorfusionsalgorithmus, der den so genannten Beobachter bildet oder die Funktion eines Beobachters aufweist, und des Ansteueralgorithmus, der den so genannten Regelalgorithmus bildet, nahezu vollständig entkoppelt. Der Sensorfusionsalgorithmus berechnet die Zustandsgrößen des Fahrzeugaufbaus und übergibt diese direkt an den Ansteueralgorithmus . Für die Dämp erkraftberechnung des Sensorfusionsalgorithmus ist es von Vorteil, wenn eine Rückkopplung zwischen dem Ausgang des Ansteueralgorithmus zu dem Block zur Berechnung von Feder- und Dämpferkräften angeordnet ist. Diese Rückkopplung ermöglicht Informationen über die Ansteuerung der Stelleinrichtungen, welche für die Dämpferkraftberechnung erforderlich sind.
Durch den Sensorfusionsalgorithmus ist es vorteilhafterweise möglich, einen Beschleunigungssensor mit seinen Installationskomponenten einzusparen. Die Kompensation seiner Signale mittels einer Softwarekomponente ist vorteilhafterweise einfach und erfordert beispielsweise nur geringe Änderungen bzw. Ergänzungen an vorhandenen Systemen. So können beispielsweise die verbleibenden Aufbaubeschleunigungssensoren über der Vorderachse vorne links und vorne rechts an ihrem üblichen In-
stallationsort verbleiben. Ebenfalls müssen die Niveausensoren nicht an einer anderen Stelle platziert werden. Zudem müssen aufgrund der Entkopplung von Ansteueralgorithmus und Sensorfusionsalgorithmus nur geringe Änderungen im Steuergerät vorgenommen werden.
In einer weiteren Ausführungsform weist die zweite Einrichtung einen Kaiman-Filter auf.
Bei dem Verfahren werden die Verfahrensschritte (d) und (e) mit Signalen des ersten und des zweiten Beschleunigungssensors durchgeführt. Der Verfahrensschritt (f) weist in einer Ausgestaltung folgende Verfahrensteilschritte auf: (al) Pseudo-Integrieren von Beschleunigungssignalen der Verfahrensschritte (c) , (d) und (e) und (a2) Gewichten der pseudo-integrierten Signale entsprechend ihrer jeweiligen Signalgüte.
Der Verfahrensteilschritt (a2) beinhaltet ein Gewichten mittels der Weighted Linear-Least-Squares-Methode .
Der Verfahrensschritt (b) wird zusätzlich mit rückgekoppelten Ansteuersignalen aus dem Verfahrensschritt (h) durchgeführt.
Die Verfahrensschritte (b) bis (f) können in einer weiteren Ausführung mittels eines Kaiman-Filters erfolgen.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand der in den schematischen Figuren der Zeichnung angegebenen Ausführungsbeispiele näher erläutert . Es zeigt dabei :
Fig. 1 eine vereinfachte schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einem semi-aktiven Fahrwerksystem nach dem Stand der Technik;
Fig. 2 ein Blockschaltbild einer Steuervorrichtung für das Fahrwerksystem nach Figur 1 gemäß dem Stand der Technik; Fig. 3 eine vereinfachte schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einem erfindungsgemäßen semi-aktiven Fahrwerksystem; und Fig. 4 ein Blockschaltbild einer Steuervorrichtung für das erfindungsgemäße Fahrwerksystem nach Figur 3. Fig. 5 eine detaillierte Darstellung des Blockschaltbildes der Figur 4.
In allen Figuren der Zeichnung sind gleiche bzw. funktionsgleiche Teile und/oder Baugruppen - sofern nichts anderes angegeben ist - mit den selben Bezugszeichen versehen worden.
Fig. 1 zeigt eine vereinfachte schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einem semi-aktiven Fahrwerksystem nach dem Stand der Technik.
In Fig. 1 ist mit dem Bezugszeichen 1 ein stark vereinfacht dargestellter Fahrzeugaufbau bezeichnet. Voderräder 26 und Hinterräder 27 des Fahrzeugs, sowie Stelleinrichtungen Vorderräder 2 und Stelleinrichtungen Hinterräder 3 sind vereinfacht gezeigt. Dabei sind die Stelleinrichtungen Vorderräder und Hinterräder 2, 3 beispielsweise verstellbare Stoßdämpfer mit Federn und verbinden den Fahrzeugaufbau 1 über nicht dargestellte Achsen mit den jeweiligen Rädern 26, 27. Ein erster Niveausensor 4 vorne links und ein zweiter Niveausensor 5 vorne rechts misst jeweils den Abstand des Fahrzeugaufbaus 1 zur jeweiligen Achse. An der Hinterseite des Fahrzeugs wird der Abstand des Fahrzeugaufbaus 1 zur Achse oder zum Stabilisator der Hinterräder 27 über einen dritten Niveausensor 6 gemessen.
Weiterhin ist der Fahrzeugaufbau 1 an der Vorderseite im Bereich seiner Vorderachse 25 in derem Anbindungsbereich mit einem ersten Beschleunigungssensor 7 vorne links, einem zweiten Beschleunigungssensor 8 vorne rechts und hinten mit einem dritten Beschleunigungssensor 9 hinten rechts ausgerüstet.
Links oben in der Fig. 1 ist ein Koordinatensystem gezeigt, welches die Achsen x (Fahrtrichtung) , y und die Vertikalachse z zeigt . Die Bewegung des Fahrzeugaufbaus 1 wird in diesem vereinfachten linearen Fahrzeugmodell in drei Bewegungsfreiheitsgrade aufgeteilt:
Eine Hubbewegung ZZ in Richtung der z-Achse, eine so genannte Wankbewegung KAPPA als Schwenkbewegung um die x-Achse (dargestellt durch einen Halbkreis mit Pfeilspitze) und eine sogenannte Nickbewegung THETA als Schwenkbewegung um die y-Achse (dargestellt durch einen Halbkreis mit Pfeil) .
Aus den Signalen der Niveausensoren 4, 5, 6 und der Beschleunigungssensoren 7, 8, 9 werden Informationen für die Berechnungen der oben genannten Geschwindigkeiten in den drei Bewegungsfreiheitsgraden verwendet. Dieses erfolgt in einer Steuervorrichtung 10, wie in Fig. 2 dargestellt.
Fig. 2 zeigt ein Blockschaltbild einer Steuervorrichtung für das Fahrwerksystem nach Fig. 1 gemäß dem Stand der Technik. Zum Beispiel kann das Fahrwerksystem ein so genanntes ADS- Luftfedersystem (ADS = Adaptives DämpfungsSystem) sein. Die bekannte Steuervorrichtung 10 besteht aus einem Block zur Signalaufbereitung 11. Als Eingangssignale dienen die jeweiligen Signale der Niveausensoren 4, 5, 6 und der Beschleunigungssensoren 7, 8, 9, wobei A_Z_VL das Signal des ersten Beschleunigungssensors 7 vorne links, A_Z_VR das Signal des zweiten Beschleunigungssensors 8 vorne rechts, A Z H das Sig-
nal des dritten Beschleunigungssensors 9 hinten rechts, N_VL das Signal des ersten Niveausensors 4 vorne links, N_VR das Signal des zweiten Niveausensors 5 vorne rechts und N_HM das Signal des dritten Niveausensors 6 hinten Mitte bezeichnet.
Die Signalaufbereitung 11 errechnet die notwendigen Werte für den Ansteueralgorithmus 12 der Steuervorrichtung 10. Der Ansteueralgorithmus 12 bildet daraus entsprechend der jeweiligen Fahrsituation des Fahrzeugs bestimmte Ansteuersignale aus seinem Ausgang 24 für die Stelleinrichtungen Vorderräder und Hinterräder 2, 3, welche hier nicht weiter dargestellt sind.
In der Fig. 3 ist eine vereinfachte schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einem erfindungsgemäßen semi-aktiven Fahrwerksystem gezeigt. Die vereinfachte Darstellung des Fahrzeugaufbaus 1 und der weiteren Komponenten entspricht der Fig. 1 bis auf die durch einen gestrichelten Kreis markierte Stelle im hinteren Bereich des Fahrzeugaufbaus 1. An dieser Stelle ist der dritte Beschleunigungssensor 9 hinten rechts ausgelassen. Es verbleiben die vorderen Beschleunigungssensoren 7 vorne links und 8 vorne rechts und behalten ihren Installationsort bei. Die Niveausensoren 4, 5, 6 bleiben ebenfalls an ihren ursprünglichen Ort erhalten.
Die Nutzung der Informationen der drei Niveausensoren 4, 5, 6 in Verbindung mit den zwei verbleibenden Beschleunigungssensoren 7, 8 ermöglicht den ersatzlosen Entfall des dritten Beschleunigungssensors 9 hinten rechts. Der Sensorverlust wird mittels einer Softwarekomponente in der Steuervorrichtung 10 kompensiert, wie Fig. 4 zeigt.
In Fig. 4 ist das Blockschaltbild der Steuervorrichtung 10 ähnlich Fig. 2 dargestellt. Die Steuervorrichtung 10 weist die bereits vorhandene Einrichtung 12 zur Berechnung der An-
Steuersignale auf. Innerhalb der ersten Einrichtung 11 zur Signalaufbereitung befindet sich eine zweite Einrichtung 13 Sensorfusionsalgorithmus, welche die Signale des entfallenen Beschleunigungssensors 9 kompensiert. Die Eingangssignale der Signalaufbereitung 11 bleiben bis auf das Signal des entfallenen Beschleunigungssensors 9 A_Z_HR bestehen.
In der Fig. 5 ist eine detaillierte Darstellung des Blockschaltbildes der Fig. 4 dargestellt, welche insbesonders zur Berechnung der radbezogenen, vertikalen Aufbaugeschwindigkei- ten über den Rädern 26, 27 verwendet wird, welche wiederum Eingangsgrößen in den Ansteueralgorithmus 12 sind. Die Eingangssignale der Beschleunigungssensoren 7, 8 und der Niveausensoren 4, 5, 6, wie in Fig. 2 und Fig. 4 beschrieben, sind an die Signalaufbereitung 11 angeschlossen. Die Signalaufbereitung 11 gibt ihre Ausgangssignale an eine vierte Einrichtung 14 zur Berechnung von Feder- und Dämpferkräften weiter. Deren Ausgangssignale werden in einer fünften Einrichtung 15 zur Berechnung von Hub- und Nickbeschleunigungen weiterverarbeitet. Gleichzeitig werden die EingangsSignale A_Z__VL des Beschleunigungssensors 7 vorne links und A_Z_VR des Beschleunigungssensors 8 vorne rechts jeweils durch eine sechste Einrichtung 16 zur Berechnung von Wankbeschleunigung und eine siebte Einrichtung 17 zur Berechnung von Überlagerung von Hub- und Nickbeschleunigungen verwendet. Die jeweiligen Ausgangssignale der Einrichtungen 16 und 17 und die Ausgangssignale der Einrichtung 15 werden als EingangsSignale zusätzlich zu den aus der Einrichtung 15 stammendem Signalen für eine achte Einrichtung 18 zur Berechnung von modalen Geschwindigkeiten verwendet .
Die Einrichtung 18 weist eine Integrationsstufe 19 und eine Gewichtungsstufe 20 auf. Die in Einrichtung 18 berechneten modalen Geschwindigkeiten werden als Signale V Z als Signal-
hubgeschwindigkeit, VJKAPPA als Signalwankgeschwindigkeit und V_THETA als Signalnickgeschwindigkeit an eine neunte Einrichtung 21 zur Berechnung von radbezogenen Aufbaugeschwindigkei- ten weitergeleitet. Die Einrichtung 21 weist in ihrer Eingangsstufe eine zehnte Einrichtung 22 zur Signalnachbereitung auf. Die in der Einrichtung 21 erzeugten radbezogenen Aufbaugeschwindigkeiten werden als Eingangssignale für die bekannte und unveränderte Einrichtung 12 zur Berechnung der Ansteuersignale verwendet.
Es ist vorteilhaft, dass der Ausgang 24 der Ansteueralgorithmuserzeugung 12 über eine Rückkopplungsverbindung 23 mit einem Eingang der Einrichtung 14 zur Berechnung Federkräfte und Dämpferkräfte verbunden ist. Dieses ist die einzige Verbindung zwischen Ansteueralgorithmus 12 und der Softwarekomponente Sensorfusionsalgorithmus 13. Außer diesem sind die vorgenannten Funktionsteile vollständig entkoppelt, so dass sich ein Änderungsaufwand für die Steuergerätesoftware vorteilhaft minimal gestaltet.
Die zweite Einrichtung 13 ist in der Figur 4 mit strichpunktierten Linien dargestellt.
Das Funktionsprinzip des Sensorsfusionsalgorithmus wird nachstehend beispielhaft an Berechnungsvorgängen der einzelnen Einrichtungen gemäß Fig. 5 aufgezeigt. Die vertikalen Geschwindigkeitssignale des Fahrzeugaufbaus 1 über der Hinterachse werden aus vier in jedem Zeitschritt ausgewerteten Sensorgleichungen rekonstruiert. Davon basieren zwei auf den Beschleunigungssensoren 7, 8 des Fahrzeugaufbaus 1 und zwei auf einer Kraft- und Momentenbilanz. Es existieren somit zur Be- rechung von drei modalen Geschwindigkeiten (Vertikalhub, Wanken, Nicken) vier Gleichungen. Damit ist das lineare Gleichungssystem überbestimmt. Die Überbestimmtheit lässt sich in
jedem Zeitschritt mittels der sogenannten „Weighted-Linear- Least-Squares-Methode" - also nach der Methode der gewichte- ten, kleinsten Fehlerquadrate - auflösen.
In Einrichtung 15 erfolgt die Berechung von Hub- und Nickbeschleunigungen auf einer Kraft- und Momentenbilanzenbasis . Einrichtung 15 ermittelt auf der Basis von vier Federbeinkräften des Fahrzeugs und einer fix hinterlegten Fahrzeugmas- se bzw. Nickträgheit die Hub- und Nickbeschleunigung.
Neben den zwei Gleichungen für Hub- und Nickbeschleunigungen (siehe Einrichtung 15) ermittelt die Einrichtung 16 eine weitere Gleichung zur Bestimmung der modalen Beschleunigungen des Fahrzeugaufbaus 1. Auf Basis der Signale A_Z_JVL des Beschleunigungssensors 7 vorne links und des Signals A_Z_VR des Beschleunigungssensors 8 vorne rechts wird mit deren Differenz die Wankbeschleunigung des Fahrzeugs mittels des Ab- stands der beiden im Fahrzeug verbleibenden Beschleunigungs- sensoren 7, 8 berechnet. Somit steht diese komfortrelevante Größe trotz des Wegfalls des dritten Beschleunigungssensors 9 hinten rechts weiterhin für die Auswertungen für den Ansteueralgorithmus 12 als Messsignal direkt zur Verfügung.
Weiterhin werden die beiden Signale A_Z_VL des Beschleuni- gungssensors 7 vorne links und A_Z_VR des Beschleunigungssensors 8 vorne rechts zur Berechnung in Einrichtung 17 für eine Größe verwendet, die die Überlagerung von Hub- und Nickbeschleunigungen des Fahrzeugaufbaus 1 über der Vorderachse 25 beschreibt. Somit existiert eine weitere Gleichung für die nachfolgende Ermittlung der drei Beschleunigungen in den Freiheitsgraden des Fahrzeugaufbaus 1.
Im Folgenden werden beispielhafte Berechnungsvorgänge für die oben genannten vier Gleichungen angegeben.
Die vier Gleichungen werden zunächst zusammenfassend in Matrixdarstellung angegeben:
A X = B
Hierbei bedeuten die Variablen: z Hubbeschleunigung k Wankbeschleunigung θ Nickbeschleunigung az,vi Aufbaubeschleunigung vorne links az,vr Aufbaubeschleunigung vorne rechts FFB.VI FpB. r PpB,hi# FFB,hr Federbeinkräfte vorne links/rechts, hinten links/rechts m Gesamtmasse des Fahrzeugs
I0 Nickträgheitsmoment des Fahrzeugs s Abstand Aufbaubeschleunigungssensoren (y- Richtung) lv Abstand Fahrzeugschwerpunkt zu Federbeinanlenk- punkten VA (x-Richtung) lh Abstand Fahrzeugschwerpunkt zu Federbeinanlenk- punkten HA (x-Richtung)
In der Gewichtungsstufe 20 wird die so genannte Weighted- Linear-Least-Squares-Methode verwendet, um das überbestimmte lineare GleichungsSystem im Sinne der Güte der genutzten Signale zu jedem Zeitschritt bestmöglich zu lösen.
Mit einer Gewichtungsmatrix W ergibt sich für die modalen Beschleunigungen x folgende Gleichung:
x(t) = (AT W A) -1 Aτ W b(t) mit
* 0 0 0 0
W = w, 0 0 ,wobei die Wi die Gewichtungen für die 0 0 w2 0 0 0 0 w,
Hub- und Nickbeschleunigungen sind.
In der Integrationsstufe 19 erfolgt eine sogenannte PseudoIntegration nach der Gleichung:
Um von den modalen Beschleunigungssignalen auf modale Geschwindigkeiten umzurechnen ist eine Pseudo-Integration (Pl) notwendig. Diese filtert hochfrequente wie auch Gleichanteile aus den Beschleunigungssignalen heraus und realisiert aufgrund geschickter Verstärkungs-Phase-Zusammenhänge eine Integration im Aufbaueigenfrequenzbereich.
Im Anschluss an die Berechnung der Hub-, Wank- und Nickgeschwindigkeiten werden diese mittels der geometrischen Verhältnisse in vertikalen Aufbaugeschwindigkeiten über den einzelnen Rädern umgerechnet. Es gilt folgende Gleichung für die radbezogenen, vertikalen Aufbaugeschwindigkeiten v_vl, v_vr, v_hl, v_hr (vl= vorne links, vr = vorne rechts, hl = hinten links, hr = hinten rechts) :
Die Einrichtung 12 Ansteueralgorithmuserzeugung erhält die radbezogenen, vertikalen Aufbaugeschwindigkeiten als Eingangssignale von Einrichtung 13 mit Sensorfusionsalgorithmus. Somit kommt zum bisherigen Serienstand nur eine Vorschaltung des Sensorfusionsalgorithmus hinzu. Lediglich eine Information über die Ansteuerung der Stelleinrichtungen Vorderräder und Hinterräder 2, 3 über beispielsweise Ventile wird in Form der Rückkopplungsverbindung 23 für die Dämpferkraftberechnung im Block 14 Berechnung von Feder- und Dämpferkräften benötigt.
Versuchsergebnisse haben bereits gezeigt, dass das semi- aktive Fahrwerksystem mit nur einem ersten und zweiten Beschleunigungssensor 7 und 8 identischen Fahrkomfort ermöglicht wie mit einem Fahrwerkssystem des Standes der Technik mit einem dritten Beschleunigungssensor 9. Durch den ersatzlosen Entfall des dritten Beschleunigungssensors 9 hinten rechts auf dem Fahrzeugaufbau 1 entfällt ebenfalls vorteilhafterweise die Verkabelung von diesem Beschleunigungssensor 9 zum Steuergerät sowie die Steuergerätearibindung/- verarbeitung der entfallenden Sensorinformationen. Die Umsetzung des Sensorfusionsalgorithmus 13 erfolgt in der vorhandenen Steuervorrichtung 10 im Bereich der Software.
Obgleich die vorliegende Erfindung vorstehend anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels beschrieben wurde, ist sie darauf nicht beschränkt, sondern auf vielfältige Art und Weise modifizierbar.
So ist es zum Beispiel denkbar, dass die Erfindung nicht nur bei einem Fahrwerksystem mit Luf feder, sondern auch bei FahrwerksSystemen mit anderen Komponenten verwendet werden kann, beispielsweise in aktiven Fahrwerken. Ebenfalls ist es denkbar, dass die verbleibenden Beschleunigungssensoren 7, 8 an unterschiedlichen Installationsorten am Fahrzeugaufbau 1 auf- oder angebracht werden.
Weiterhin ist es möglich, die zweite Einrichtung mit einem Kaiman-Filter-Entwurf zu realisieren.