Multimerer mehrfach-antigenbindender einzelkettiger Antikörper
Die vorliegende Erfindung betrifft Multimere mehrfach-antigenbindender einzelkettiger Antikörper, insbesondere cyclische Homodimere, sowie deren Herstellung und Verwendung.
Natürlich vorkommende Antikörper sind in der Regel aus zwei identischen schweren (H) und zwei identischen leichten (L) Proteinketten zusammengesetzt. Jede dieser Ketten verfugt über einen variablen (VR und VL) und einen konstanten (CR und CL) Teil. Der variable Teil einer schweren und einer leichten Kette bilden jeweils ein Bindungszentrum, so daß ein typischer Antikörper (IgG) über zwei Bindungszentren identischer Spezifität verfügt (siehe beispielsweise J. Klein (1991) Immunologie, 1. Auf., 128-153, NCH Nerlagsgesellschaft Weinheim). Natürlich vorkommende Antikörper (IgGs) sind demnach monospezifisch und bivalent.
Bispezifische Antikörper sind Antikörper, die zwei Bindungszentren mit unterschiedlicher Spezifität besitzen und deshalb in der Lage sind zwei unterschiedliche Antigene bzw. Epitope zu erkennen (Fanger et al. 1992, Crit. Rev. Immunol. 12, 101). Sie können gleichzeitig an zwei unterschiedliche Strukturen, wie beispielsweise pharmakologische Wirkstoffe, virale Hüllproteine, Zellrezeptoren binden, und dadurch verschiedenste Moleküle, Zellen oder Viren, zusammenbringen. Bispezifische Antikörper fungieren somit als Bindungsmediatoren. Diese Fähigkeit erlaubt es bispezifische Antikörper in einer Reihe diagnostischer Anwendungen einzusetzen, wie beispielsweise der Bindung eines Enzyms an ein nachzuweisendes Molekül. Die möglichen therpeutische Anwendungen sind jedoch noch weitaus vielfältiger. So lassen sich mit bispezifischen Antikörpern verschiedenste Effektormoleküle (z.B. Radioisotope, Enzyme, toxische Moleküle, Wachstumsfaktoren und Zytokine) aber auch größere
Strukturen, wie z.B. Niren oder Effektorzellen (z.B. zytotoxische T-Lymphozyten, natürliche Killerzellen und Makrophagen) zu Zielzellen oder anderen Targetstrukturen rekrutieren. Bisher sind bispezifische Antikörper sowohl in immunotherapeutischen als auch in gentherapeutischen Anwendungen eingesetzt worden (van Spriel et al. 2000, Immunol. Today 21, 391; Pelegrin et al. 1998, Human Gene Ther. 9, 2165).
In den letzten Jahren sind eine Reihe von Methoden entwickelt worden, um bispezifische Antikörper herzustellen. So können beispielsweise zwei unterschiedliche Antikörper bzw. Antikörperfragmente (z.B. Fab-Fragmente) durch chemische Quervernetzung verbunden werden. Eine weitere Methode stellt die Hybrid-Hybridom-Technologie dar, bei der zwei unterschiedliche antikörpersezernierende Hybridome zu einem Quadrom verschmolzen werden. Sowohl bei der chemischen Quervernetzung als auch bei der Hybrid-Hybridom- Technologie werden jedoch erhebliche Mengen an nichtfiinktionellen Molekülen erzeugt.
Eine weitere Methode war die Herstellung rekombinanter Antikörperfragmente (Plückthun & Pack, 1997, Immunotechnology 3, 83). Hierbei wurden die antigenbindenden Teile eines Antikörpers, d.h. die variablen Domänen, auf genetischer Ebene zu funktionellen Molekülen verbunden und in geeigneten Expressionssystemen rekombinant hergestellt. Holliger et al. (1993, Proc. Natl. Acad. Sei. USA 90, 6444) beschrieben die Expression eines Antikörperfragments in Form eines "Diabodies". Bispezifische Diabodies sind Heterodimere, die aus zwei Ketten der Struktur NHA-NLB und NLB-NHA bestehen, wobei A und B jeweils die Spezifität der variablen Kette für die Antigene A und B angeben. Die beiden variablen Polypeptidketten, die die Bindungsdomäne bilden, wurden dabei von kurzen Nerbindungspeptiden (in der Regel 5-6 Aminosäurereste) zusammengehalten.
Durch diese kurzen Verbindungspeptide wird die Zusammenlagerung der variablen Ketten eines Antikörpermoleküls, d.h. die intramolekulare Wechselwirkung, die zu einem einzelkettige monospezifischen Fv-Fragment fuhren würde (scFv), verhindert. Dieses Format fuhrt jedoch auch zur Ausbildung von nichtfiinktionellen Homodimeren, so daß für die Herstellung reiner Populationen bispezifischer Diabodies spezielle Reinigungsverfahren, wie z.B. Affinitätscl romatographien, angewandt werden müssen.
Dieses Problem bei der Herstellung bispezifischer Diabodies wurde kürzlich dadurch gelöst, daß die beiden Ketten zu einem einzelkettigen Molekül verbunden wurden (Brüsselbach et al, 1999, Tumor Targeting 4, 115-123; DE 198 16 141.7). Die Struktur eines solchen bispezifischen mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragments kann beispielsweise VHA-VLB-VHB-VLA bzw. VLA-VHB-V B-VHA sein. Die variablen Domänen in diesen bispezifischen mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Diabodies werden über drei Verbindungspeptide zusammengehalten. Verbindungspeptid A (PA) verbindet die ersten beiden Domänen, Verbindungspeptid M (PM) verbindet die mittleren Domänen und Verbindungspeptid B (PB) verbindet die letzten beiden Domänen, so daß die folgende Struktur entsteht: VHA-PA-VLB-PM-VHB-PB-VLA bzw. VLA-PA-VHB-PM-VLB-PB-VHA. Verbindungspeptide PA und PB sind in der Regel 5 bis 6 Aminosäurereste lang, während Verbindungspeptid PM 12 bis 25 Aminosäurereste lang ist. Durch die gezielte Wahl der Länge der Verbindungspeptide wurde verhindert, daß beispielsweise in einem Molekül der Struktur VHA-PA-VLB-PM-VHB-PB-VLA die VHA Polypeptidkette mit der VLB Kette und die VRB Kette mit der V A Kette interagiert, was zur Ausbildung nichtfunktioneller VH VL Bindungsdomänen führen würde. Diese mehrfach- antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten, auch als "single-chain diabodies" (scDb) bezeichnet, besitzen im Vergleich zu den heterodimeren Diabodies eine erhöhte Stabilität in Serum. Ferner sind alle Monomere, die ein Molekulargewicht von etwa 55.000 besitzen, identisch und zwangsläufig bispezifisch. Nichtftmktionelle Moleküle dieser Größe können wie im Fall von
bispezifschen Diabodies nicht entstehen. Neben der Herstellung von bispezifischen Molekülen, werden mehrfach-antigenbindende einzelkettige Antikörperfragmente auch für die Herstellung bivalenter Moleküle, bei dem beide Antigenbindestellen gegen das gleiche Epitop gerichtet sind, eingesetzt.
Multivalente Moleküle verfügen aufgrund der Anwesenheit von zwei oder mehr Bindungsstellen im gleichen Molekül im Vergleich zu monovalenten Molekülen über eine erhöhte funktioneile Affinität, d.h. Bindungsstärke. Für diagnostische Zwecke läßt sich hierdurch die Sensitivität des Nachweises deutlich erhöhen. In therapeutischen Ansätzen führt die erhöhte funktionelle Affinität zu einer verstärkten Bindung an die Zielstruktur (z.B. eine Zelle oder eine Gewebe). Hierdurch kann die Effizienz der therapeutischen Applikation u.a. durch Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften erhöht werden (Plückthun & Pack, 1997, Immunotechnology 3, 83). Alt et al. (1999, FEBS Letter 454, 90) haben gezeigt, daß sich die funktioneile Affinität von mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten durch Homodimerisierung deutlich erhöhen läßt. In diesen Experimenten wurden die mehrfach antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten mit der CH3 bzw. der Fc-Region von humanem IgG fusioniert. Diese Moleküle besitzen somit vier funktionelle Bindungsstellen. Der Nachteil dieser multivalenten Moleküle ist jedoch ihre Größe. Das CH3 -Fusionsprotein ist etwa 150 kD und das Fc-Fusionsprotein etwa 200 kD groß. Für therapeutische Anwendungen, die beispielsweise eine gute Penetration in das zu behandelnde Gewebe erfordern, sind kleinere Moleküle jedoch von Vorteil. Le Gall et al. (1999, FEBS Lett. 453, 164) und Hudson & Kortt, (1999, J. Immunol. Meth. 231, 177) beschreiben aus vier scFv-Fragmenten bestehende monospezifische, tetravalente Tetrabodies. Diese entstehen neben trivalenten Triabodies und bivalenten Diabodies, wenn das Verbindungspeptid (P) des verwendeten scFv-Fragments (VH-P-VL) sehr kurz ist (0 bis 1 Aminosäurereste). So müssen tetravalenten Tetrabodies auch bei diesem Ansatz beispielsweise durch "Size-exclusion" Chromatographie weiter aufgereinigt werden. Es besteht deshalb weiterhin ein Bedarf an mono, bi- oder
multispezifischen Antikörpern, insbesondere bispezifϊschen Antikörpern, die zu multivalenter Antigenbindung fähig sind, die stabil sind und die dennoch nur eine geringe Größe aufweisen.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein
Antikörpermultimer, wobei mindestens einer der Antikörper eine Variante ist. Eine Variante des Antikörpers ist ein Antikörper, der auf Aminosäureebene eine Homologie von 60%, vorzugsweise 70%, besonders bevorzugt 80%, insbesondere 90% besitzt und spezifisch an die extrazelluläre Domäne von humanen Endoglin bindet. Die Bestimmung der Homologie kann beispielsweise mit einem Programm wie ALIGN, das im Internet zugänglich ist (beispielsweise unter http://www.hgsc.bcm.tmc.edu/SearchLaun-cher/) durchgeführt werden.
Vorzugsweise sind die Änderung der Aminosäuresequenz sogenannte konservative Änderungen, wie beispielsweise Asparaginsäure zu Glutaminsäure oder Leucin zu Isoleucin. Die spezifische Bindung kann durch Standardtests, wie beispielsweise ELISA nachgewiesen werden.
In dem erfindungsgemäßen Antikörpermultimer kann auch mindestens ein Antikörper mit mindestens einem Peptid und/oder einem Protein fusioniert vorliegen. Als Peptid werden Aminosäuresequenzen von weniger als 50 Aminosäuren bezeichnet. Eine Fusion liegt dann vor, wenn die Aminosäuren des Antikörpers über eine Peptidbindung mit dem Peptid und/oder dem Protein verknüpft sind. Vorzugsweise wird das Fusionsprotein zusammenhängend translatiert und von einer mRNA kodiert. Geeignete Proteine und Peptide sind beispielsweise Enzyme, Wachstumsfaktoren, Hormone, Zytokine, Chemokine, virale Hüllproteine, und/oder Antikörper. Die Fusion mit einem Zytokin oder Chemokin erlaubt beispielsweise die Rekrutierung einer für die Zielzelle toxischen Substanz und ermöglicht damit die gezielte Abtötung von beispielsweise Tumorendothelzellen. Die Fusion mit einem viralen Hüllprotein erlaubt die Herstellung von rekombinanten Viren, die auf ihrer Oberfläche einen Antikörper tragen, der beispieslweise für Endoglin spezifisch ist und damit die
Rekrutierung des jeweiligen rekombinanten Virus zu beispieslweise Endothelzellen ermöglicht. Ein geeignetes Hüllprotein ist beispielsweise das Adenovirus Fiberprotein. Ein ähnliches Ziel kann auch durch die Fusion mit einem zweiten Antikörper, vorzugsweise mit einem scFv-Fragment erreicht werden, wenn dieser spezifisch an ein bestimmtes Virus bindet. Geeignet sind auch Peptide oder Protein, die von viralen Oberflächenmolekülen oder einem Antikörper erkannt werden.
In einer weiteren Ausfuhrungsform des erfindungsgemäßen Antikörper- multimers wobei mindestens ein Antikörper an mindestens ein Peptid oder Protein fusioniert ist, interagiert das Protein oder das Peptid mit einem Rezeptor. Geeignete Rezeptoren sind beispielsweise Rezeptoren auf Zellen des Immunsystems, die durch die Interaktion beispielsweise zu Endothelzellen rekrutiert werden.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Antikörpermultimer, wobei an mindestens einen Antikörper, der Teil des Antikörpermultimers ist, mindestens eine Komponente gekoppelt ist. Unter Kopplung versteht man die kovalente oder nicht-kovalente Bindung einer Komponente an den Antikörper, wobei der Antikörper und die Komponente nicht zusammen translatiert und nicht von einer mRNA kodiert werden. Eine kovalente Kopplung kann beispielsweise durch Formaldehyd, Glutaraldehyd oder über eine Peptidbindung erfolgen. Eine nicht-kovalente Kopplung wird beispielsweise durch Inkubation eines erfindungsgemäßen Antikörpermultimers, das mit einem Peptid oder Protein fusioniert ist, das spezifisch an die Knobdomöne des adenoviralen Fiberproteins bindet, mit Adenovirus erhalten. Bevorzugte Komponenten sind Peptide, Proteine, Enzyme, Wachstumsfaktoren, Hormone, Zytokine, Chemokine, virale Hüllproteine, Kohlenhydrate, Antikörper, Lipide, Isotope, Liposomen, Viren, Virusähnliche Partikel, Nukleinsäuren, und/oder Zellen. Die Nukleinsäuren, die an das erfindungsgemäßen Antikörpermultimer gekoppelt
werden können „nackt" vorliegen oder beispielsweise mit einem poly Kation wie z.B. poly-Lysin kondensiert sein.
Die Kopplung des erfindungsgemäßen Antikörpermultimers an Liposomen ist eine weitere Ausfuhrungsform der vorliegenden Erfindung, da Liposomen mit den verschiedensten therapeutisch wirksamen Substanzen beladen werden können. Die Liposomen, die an ein Antikörpermultimer der vorliegenden Erfindung gekoppelt werden können, enthalten vorzugsweise mindestens eine antisense- RNA, mindestens ein Chemotherapeutikum, mindestens eine Nukleinsäure kodierend für einen Wirkstoff oder mindestens eine aktive Substanz enthält. Die antisense-RNA kann zum Beispiel die Translation von Genen inhibieren, die für die Zellteilung benötigt werden. Beispiele für Chemotherapeutika sind Substanzen wie beispielsweise Doxirubicin, cis-Platin oder Taxol. Dem Fachmann sind weitere Chemotherapeutika bekannt, die in der Tumortherapie eingesetzt werden und die von der vorliegenden Erfindung auch umfaßt sind.
Ein Wirkstoff, der von einer in Liposomen enthaltenden Nukleinsäure kodiert wird kann zum Beispiel ein Inhibitor der Zellproliferation sein. Geeignete Proteine sind dem Fachmann bekannt und umfassen Antionkogene, wie beispielsweise p53 oder pRb, sowie Zellzyklusinhibitoren, wie beispielsweise p21WAF, plό1^, p57INK2, p27KIP oder GADD45. Des weiteren können die Nukleinsäuren auch für zytostatische oder zytotoxische Proteine, wie zum Beispiel für Perforin, Granzym, IL-2, IL-4, IL-12 oder Oncostatin M kodieren. Eine aktive Substanz kann jede pharmakologisch wirksame Substanz sein, die beispielsweise zur Therapie von Erkrankungen an denen Endothelzellen beteiligt sind, geeignet ist.
In einer bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Antikörpermultimers interagiert die Komponente mit einem Rezeptor. Geeignete Rezeptoren sind beispielsweise Rezeptoren auf Zellen des Immunsystems, die durch die Interaktion zu Endothelzellen rekrutiert werden.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine Nukleinsäure, die für einen Antikörper, der Teil eines erfindungsgemäßen Antikö ermultimers ist kodiert. Es ist bekannt, daß kleine Veränderungen in der Sequenz einer Nukleinsäuren vorhanden sein können, zum Beispiel durch die Degenerierung des genetischen Codes, oder daß nicht translatierte Sequenzen an das 5' und/oder 3'- Ende der Nukleinsäure angehängt sein können, ohne daß das der kodierte Antikörper wesentlich verändert wird. Diese Erfindung umfaßt deshalb auch sogenannte „Narianten" der vorangehend beschriebenen Nukleinsäuren.
Unter Varianten der Nukleinsäuren sind alle Nukleinsäuresequenzen zu verstehen, die komplementär zu einer Nukleinsäuresequenz sind, die unter stringenten Bedingungen mit der Referenzsequenz hybridisieren und die für Proteine kodieren, die spezifisch an humanes Endoglin binden.
Unter "stringenten Hybridisierungsbedingungen" sind solche Bedingungen zu verstehen, bei denen eine Hybridisierung bei 60°C in 2,5 x SSC-Puffer, gefolgt von mehreren Waschschritten bei 37°C in einer geringeren Pufferkonzentration erfolgt und stabil bleibt.
Um die Einführung der genannten Nukleinsäure und damit die Expression des Polypeptids in einer eu- oder prokaryotischen Zelle durch Transfektion, Transformation oder Infektion zu ermöglichen, kann die Nukleinsäure als Plasmid, als Teil eines viralen, oder nicht viralen Vektors vorliegen.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist deshalb ein Vektor, insbesondere ein Expressionsvektor, der eine Nukleinsäure, die für ein Antikörper kodiert, der Teil eines erfindungsgemäßen Antikörpermultimers ist, enthält. Als virale Vektoren eignen sich hierbei besonders Baculoviren, Vakziniaviren, Adenoviren, adenoassoziierte Viren und Herpesviren. Als nicht virale Vektoren
eignen sich hierbei besonders Virosomen, Liposomen, kationische Lipide, oder poly-Lysin konjugierte DNA.
Um die Herstellung des Antikörpers zu erleichtern, der beispielsweise in einer geeigneten Zelle rekombinant exprimiert wird, enthält der Antikörper in einer bevorzugten Ausfuhrungsform ein oder mehrere Sezernierungssignale. Durch diese Sezernierungssignale wird der erfindungsgemäße Antikörper von der Zelle ins Periplasma ausgeschieden und kann direkt aus dem Kulturmedium der Produktionszellinie gewonnen werden. Als Sezernierungssignal ist insbesondere die pelB Sezernierungssignalsequenz (Lei et al., 1987, J. Bacteriol. 169, 4379- 4383) mit einer Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 17 geeignet.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine Zelle, die mindestens eine erfindungsgemäße Nukleinsäure enthält. Diese Zelle exprimiert unter dem Fachmann bekannten Bedingungen, die zur Aktivierung der jeweils verwendeten regulierbaren Elemente fuhren, den Antikörper der Teil des erfindungsgemäßen Antikörpermulitmers ist. Der Antikörper kann dann aus der Zelle isoliert werden oder wird von der Zelle sezerniert. Wenn der Antikörper eine abspaltbare Sezernierungssignalsequenz enthält, kann diese in einem weiteren Schritt beispielsweise durch Inkubation mit einer geeigneten Endopeptidase oder im Falle von Intein, durch das Zufügen von Dithiothreitol (DTT) zum Medium, abgespalten werden. Zur gentechnischen Herstellung und anschließenden Aufreinigung der exprimierten, erfindungsgemäßen Verbindungen eignen sich prokaryotische und eukaryotische Zellen, insbesondere Bakterienzellen wie beispielsweise E. coli, Hefezellen wie beispielsweise S. cerevisiae, Insekten Zellen wie beispielsweise Spodoptera frugiperda Zellen (Sf-9) oder Trichoplusia ni Zellen oder Säugerzellen wie beispielsweise COS-Zellen oder HeLa-Zellen.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist deshalb ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Antikörpermultimers, bei
dem mindestens eine erfindungsgemäße Nukleinsäure in einer Zelle exprimiert wird.
Wenn an das erfindungsgemäße Antikörpermultimere eine Komponente gekoppelt werden soll, kann diese Kopplung in einem weiteren Schritt durch Inkubation oder chemische Reaktion mit einer Komponente erfolgen.
Das erfindungsgemäße Antikörpermultimer kann als diagnostisches Werkzeug eingesetzt werden. Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demnach die Verwendung mindestens eines Antikörpersmultimers zum Nachweis eines Antigens in vitro und/oder in vivo.
Die Detektion kann direkt durch Fusion oder Kopplung einer nachweisbaren
Komponente erfolgen (z.B. mit einem Enzym oder einem Radioisotop) oder indirekt durch eine markierte Komponente, die den erfindungsgemäßen anti-
Endoglin Antikörper erkennt. Bevorzugt verwendete Nachweisverfahren sind
ELISA, RIA, Immunfluoresenz, Immunpräzipitation oder Immunscintillation.
Das Antikörpermultimer kann ferner als Ligand dienen, um gezielt beispielsweise Endoglin-exprimierende Zellen (z.B. Tumorendothelzellen) zu erkennen und zu binden. Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demnach die Verwendung mindestens eines Antikörpermultimers zur Bindung mindestens einer Komponente und/oder mindestens eines fusionierten Peptids oder Proteins and eine Zelle.
In einer bevorzugten Verwendung wirkt das erfindungsgemäße
Antikörpermultimer auf die Zelle toxisch. Dieses Effekt kann beispielsweise durch die Rekrutierung von zytotoxischen T-Zellen, die Fusion oder Kopplung mit
Zytokinen oder Enzymen, wie beispielsweise „prodrug converting enzymes", erreicht.
In einer weiteren Verwendung des erfindungsgemäßen Antikörpermultimers fuhrt die Bindung an die Zelle zur Infektion, Transduktion bzw. Transfektion der Zelle mit einem Virus, einem virusähnlichen Partikel, einem Liposom, und/oder einer Nukleinsäure.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung mindestens eines Antikörpermultimers, mindestens einer Nukleinsäure und/oder mindestens eines Vektors wie vorangehend beschrieben zur Therapie von
Erkrankungen, vorzugsweise von Erkrankungen an denen Endothelzellen beteiligt sind.
In einer weiteren Ausführungsform werden die erfindungsgemäßen Antikörpermultimere, Nukleinsäure und/oder Vektoren zur Therapie von Erkrankungen verwendet, die durch die Hyperprohferation von Endoglin- exprimierenden Zellen charakterisiert sind. Hyperprohferation von Endothelzellen wird beispielsweise bei der Neovaskularisierung von Tumorgewebe beobachtet, deshalb ist die Therapie von Tumorerkrankungen eine besonders bevorzugte Verwendung der erfindungsgemäßen Antikörper, Aminosäuresequenzen, Nukleinsäuren und/oder Vektoren.
Verwendung mindestens eines Antikörpers in einem Verfahren zur Herstellung eines Antikörpermultimers, wobei der Antikörper eine Polypeptidkette der Struktur variable Kette (Vι)-Verbindungspeptid A (PA)- variable Kette (V2)-Verbindungspeptid M (PM)-variable Kette (V3)- Verbindungspeptid B (PB)- variable Kette (V4), enthält und PA und PB unabhängig voneinander eine Länge von 0 bis 1 Aminosäureresten haben.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Arzneimittel oder Diagnostikum, das mindestens ein Antikörpermultimer, mindestens eine Nukleinsäure, und/oder mindestens einen Vektor wie vorangehend beschrieben und gegebenenfalls geeignete Hilfs- und Zusatzstoffe enthält. Geeignete Hilfs-
und Zusatzstoffe führen beispielsweise zur Verbesserung der Lagerfähigkeit sowie zur Verbesserung der Verträglichkeit oder Erhöhung der Verfügbarkeit des erfindungsgemäßen Arzneimittels oder Diagnostikums und sind dem Fachmann bekannt.
Homodimere von mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten werden beispielsweise durch Expression von Polypeptidketten der Struktur VH-PA-VL-PM-VL-PB-VH bzw. VL-PA-VH-PM-VL-PB-VH mit einem Verbindungspeptid M von 12-25 Aminosäureresten und Verbindungspeptiden PA und PB von 0-1 Aminosäureresten hergestellt. Die Länge der Verbindungspeptide A und B kann gleich oder unterschiedlich sein. Durch Expression von mehrfach- antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten dieser Konfiguration können sich die beiden mittleren Domänen zu einem Fv-Fragment zusammenlagern, während die Aneinanderlagerung der randständigen variablen Domänen innerhalb einer Kette verhindert wird. Dies f hrt zu einer Aneinanderlagerung der randständigen variablen Domänen von zwei Polypeptidketten zu einem Dimer mit einer zirkulären Struktur (zirkuläre dimere mehrfach-antigenbindende einzelkettige Antikörperfragmente; cidiscDb) (siehe Abb. 1 zur Verdeutlichung). Die Verbindungspeptide können eine beliebige Aminosäureseequenz besitzen. Die Verbindungspeptide enthalten jedoch bevorzugt Glycin-, Alanin-, Serin- Threonin-, Asparaginsäure- und Asparaginreste sowie die in Tabelle 1 beschriebenen Sequenzen.
Bispezifische Homodimere aus mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten werden durch Expression einer Polypeptidkette, bei der die variablen Domänen gegen zwei unterschiedliche Epitope bzw. Antigene gerichtet sind, hergestellt. Diese Moleküle besitzen zwei Bindungsstellen für jedes Epitop bzw. Antigen.
Monospezifische Homodimere aus mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten werden durch Expression einer
Polypeptidkette, bei der alle variablen Domänen gegen das gleiche Epitop gerichtet sind, hergestellt. Diese Moleküle besitzen also vier Bindungsstellen für das gleiche Epitop bzw. Antigen.
Die Homodimere haben ein Molekulargewicht von etwa 110 000 und besitzen vier funktionelle Antigenbindestellen. Sie sind somit nur geringfügig größer als vier Fv-Fragmente ohne entsprechende Verbindungspeptide (Molekulargewicht cirka 100 000). Diese dimeren mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmente entsprechen somit nahezu den kleinsten tetravalenten Molekülen basierend auf den variablen Antikörperdomänen. Sie vereinen somit eine geringe Größe mit einer bi- bzw. tetravalenten Bindung an das jeweilige Epitop.
Die Herstellung der Polypeptidketten erfolgt beispielsweise auf DNA-Ebene durch Zusammenfügen von DNA-Sequenzen, die für die variablen Domänen und die Verbindungspeptide codieren. Dies erfolgt mit Hilfe dem Fachmann bekannter Methoden. Die Expression der Polypeptide erfolgt unter Verwendung geeigneter und dem Fachmann bekannter Expressionvektoren und Organismen. Diese Organismen können beispielsweis sein: Bakterien, Hefen, Pflanzen oder Säugerzellen.
Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird hiermit durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
Die folgenden Abbildungen und Tabellen und die folgenden Beispiele sollen die Erfindung lediglich näher beschreiben ohne sie zu beschränken.
Abbildungen und Tabellen
Abb. 1: Bildung von monomeren und dimeren mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragmenten (scDb). Die Ausbildung eines monomeren scDb erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt AI lagern sich die zentralen variablen Domänen zu einer Antigenbindestelle zusammen. Dies erfordert ein PM von 12-25 Aminosäureresten. In einem zweiten Schritt A2a lagern sich dann die randständigen variablen Domänen zur zweiten Antigenbindestellen zusammen. Die optimale Länge von PA und PB liegt hierbei zwischen
2-8 Aminosäurereste. Diese Moleküle besitzen 2 Antigenbindestellen. Haben PA und PB eine Länge von 0-1 Aminosäurerest bilden sich Homodimere durch Zusammenlagerung der randständigen variablen Domänen zweier Ketten aus (Schritt A2b und A3b). Dies resultiert in zirkulären dimeren scDb (cidiscDb) mit vier Antigenbindestellen.
Abb. 2: Position der Verbindungspeptide PA, PM und PB. Die Position der Verbindungspeptide PM (A), PA und PB (B) zwischen den variablen Antikörperdomänen des mehrfach-antigenbindenden einzelkettigen Antikörperfragments (scDb CEAGal) ist gezeigt. Die Abbildung enthält ferner die Positionen verschiedener Restriktionsschnittstellen, die zur Herstellung der Konstrukte verwendet wurden. Schraffiert = pelB-Signalsequenz (N-terminal) und die Myc-His-Sequenz (C- terminal).
Tabelle 1: Aminosäuresequenzen der Verbindungspeptide M, A und B. Die Namen der Mutanten und die statt der wt Sequenz verwendeten Sequenzen ist angegeben.
Tabelle 2: Expressionsanalyse einiger getesteter Mutanten. Die Länge der jeweils verwendeten Verbindungspeptide PM, PA und PB ist angegeben. In
der rechten Spalte wird aufgeführt, ob das exprimierte Protein nach der Reinigung als Monomer (M) oder Dimer (D) vorlag.
Beispiele
Beispiel 1: Herstellung von Polypeptidketten zur Expression von Homo- dimeren aus mehrfach-antigenbindenen einzelkettigen Antikörperfragmenten
Als Ausgangsmaterial (hier als Wildtyp-Molekül [wt] bezeichnet) diente ein bispezifisches mehrfach-antigenbindendes einzelkettiges Antikörperfragment (scDb CEAGal), das gegen den Tumormarker Carcinoembryonales Antigen (CEA) und E. coli ß-Galaktosidase gerichtet ist (Brüsselbach et al., 1999). Dieses Konstrukt lag in der Konfiguration VHA-PA-VLB-PM-VLB-PB-VHA vor und bestitzt am C-Terminus ein Myc-Tag, zur Detektion durch den monoklonalen Antikörper 9E10, und eine Hexahistidylsequenz zur Reinigung mittels Metallaffmitätscliromatographie. PA und PB hatten die Sequenz SGGGGS (6 Aminosäurereste) und PM die Sequenz GGGGSGGRASGGGGS (15 Aminosäurereste). Mittels Polymerasekettenreaktion wurde diese Verbindungspeptide in Sequenz und Länge variiert. Die Konstrukte und deren Verbindungspeptide sind in Tabelle 1 und 2 zusammengefaßt. Abb. 2 zeigt die Bereiche, in die die Verbindungspeptide zwischen den variablen Domänen inseriert wurden. Hierfür wurde Plasmid pABl scDb CEAGal mit den Restriktionsenzymen Sfil und Ascl (Fragment 1) oder mit Ascl und Notl (Fragment 2) geschnitten. Fragment 1 diente als Matrize um mittels PCR die DNA für die N-terminale Hälfte von Verbinungspeptid M (bis zur AscI-Schnittstelle) anzuhängen. Das PCR-Product wurde mit Sfil und Ascl geschnitten. Fragment 2 diente als Matrize um mittels PCR die DNA für die C-terminale Hälfte von Verbindungspeptid M (ab der AscI-Schnittstelle) anzuhängen. Das PCR-Product wurde mit Ascl und Notl geschnitten.. Die PCR-Produkte wurden in den mit Sfil und Notl geschnitten bakteriellen Expressionsvektor pABl (Kontermann et al., 1997, Immunotechnology 3, 137-144) kloniert. Diese Plasmide dienten in einem
zweiten Schritt als Matrize für die Einfügung von DNA-Sequenzen für die Verbindungspeptide PA und PB. Hierfür wurde mittels PCR der Abschnitt der für mittleren variablen Domänen einschließlich der Verbindungspeptide PA und PB amplifiziert, mit den Restriktionsenzymen BstEII und Sacl geschnitten, und in Plasmid pABl scDb CEAGal, das mit den gleichen Enzymen geschnitten war, Moniert. Expressionsvektor pABl verfügt über den IPTG-induzierbaren LacZ- Promoter und eine pelB-Leadersequenz, für den Transport des Proteins in den periplasmatischen Raum, verfügt. Alle Konstrukte mit verkürzten Verbindungspeptiden A und B basierten auf Konstrukt M3 und besaßen demzufolge das Verbindungspeptide M3 bestehend aus 16 Aminosäureresten.
Beispiel 2: Expression von Homodimeren aus mehrfach-antigenbindenen einzelkettigen Antikörperfragmenten
Die Expression erfolgte in Bakterien (E. coli TG1 -Stamm). Hierfür wurden pro Liter LB-Medium, das mit 100 μg/ml Ampicillin und 0.1% Glucose versetzt war, 10 ml einer Übernachtkultur von scFv C4 zugegeben und bei 37°C geschüttelt. Beim Erreichen einer OD6oo von 0.8 wurde 1 mM Endkonzentration IPTG zugegeben und die Bakterien bei Raumtemperatur für 3 Std. geschüttelt. Die Bakterien wurden abzentrifugiert und das Pellet mit Extraktionspuffer (30 mM Tris-HCl pH 8, 1 mM EDTA, 20% Saccharose) resuspendiert. Nach einer Inkubation von 15 min auf Eis wurde MgCl2 in einer Endkonzentration von 5 mM zugegeben und die Lösung erneut zentrifugiert. Der Überstand wurde gegen IMAC-Ladepuffer dialysiert (50 mM Natriumphosphatpuffer pH 7.5, 500 mM NaCl, 20 mM Imidazol). Das Dialysat wurde auf eine Ni-NTA-beladene Säule (Qiagen), die mit Ladepuffer äquilibriert war, geladen, mit Waschpuffer (50 mM Natriumphosphatpuffer pH 7.5, 500 mM NaCl, 35 mM Imidazol) gewaschen und das gebundene Antikörperfragment anschließend mit Elutionspuffer (50 mM Natriumphosphatpuffer pH 7.5, 500 mM NaCl, 100 mM Imidazol) eluiert. Die proteinenthaltenden Fraktionen wurden gegen PBS dialysiert.
Beispiel 3: Charakterisierung von Homodimeren aus mehrfach-antigenbindenen einzelkettigen Antikörperfragmenten
Die Bildung von monomeren bzw. dimeren Molekülen wurde mittels FPLC- Gelfiltration über eine Superose 12-Säule analysiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefaßt. Mit Ausnahme von Bι29 und AoBt formten diese Konstrukte ausschließlich Monomere. Bι29, mit PA und PB von jeweils einem Aminosäurerest, enthielt zu etwa 30-40% Dimere. Konstrukt AoBt bestand zu mehr als 80% aus Dimeren. Konstrukt AoB0 hingegen konnte nicht in löslicher Form exprimiert werden.
Die funktionelle Analyse der monomeren und dimeren Moleküle erfolgte im ELISA bzw. in Rekrutierungsexperimenten. Für den ELISA wurde CEA an Mikro- titerplatten gebunden und anschließend mit 50 μl der Fraktionen der Gelfiltration inkubiert. Gebundene Moleküle wurden mittels eines Peroxidase-markierten anti- hexahistidyl- Antikörpers detektiert. Für Rekrutierungsexperimente wurde erfolgte die Detektion durch Inkubation mit ß-Galaktosidase und anschließende Umsetzung eines chromogenen Substrats (o-nitrophenyl-ß-D-Galaktopyranosid). Hierdurch läßt sich die gleichzeitige Bindung beider Antigene direkt analysieren. Diese Experimente zeigten, daß sowohl die monomeren als auch die dimeren Moleküle funktionell voll aktiv waren.
Die Ergebnisse demonstrieren, daß eine Reduktion der PA und PB auf 0-1
Aminosäurerest bei Verwendung eines Verbindungspeptids M von 16
Aminosäureresten zur Ausbildung von Dimeren führt. Diese Dimere sind funktionell aktiv und lassen sich relativ einfach, z.B. mittels Gelfiltration, voneinander trennen.