Reduktive Aminierung von Aldehyden
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von aliphatischen und aromatischen Aminen durch katalytische Hydrierung der entsprechenden Aldehyde in Gegenwart von Ammoniak, Dinatriumtetraborat, insbesondere des
Dekahydrats (Borax), und eines Katalysators.
Die Herstellung aliphatischer Amine durch Umsetzung aliphatischer Aldehyde oder Ketone mit Ammoniak und Wasserstoff in Gegenwart eines Hydrierkatalysators ist bekannt. Beschrieben ist auch die vorteilhafte Zugabe von organischen Säuren, beispielsweise Essigsäure, oder deren Ammonium-Salzen (z. B. EP-A-355 351, EP- A-536 939, US-A-3, 187,047). Diese erhöht die Selektivität der Reaktion erheblich, insbesondere indem eine konkurrierende Alkoholbildung zurückgedrängt wird.
EP-A-355 351 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Aminen, die mindestens einen aromatischen Rest enthalten, der ein bis drei Halogensubstituenten besitzt. Dabei lassen sich unerwünschte Enthalogenierungen durch geeignete Zusätze minimieren. Ausgehend von einer Oxoverbindung beträgt die maximale Ausbeute an Amin 91,8 %.
US-A-3, 187,047 lehrt die reduktive Aminierung von Ketonen unter Zusatz eines Ammoniumsalzes einer organischen Säure. Über den Einsatz von Aldehyden wird nichts ausgesagt.
EP-A-536 939 offenbart ein Verfahren zur Herstellung von Aminopolyolen durch reduktive Aminierung eines Saccharids. Der Zusatz einer Verbindung, die unter den Reaktionsbedingungen Ammoniumionen freisetzt, insbesondere einer organischen Säure oder deren Ammoniumsalz erhöht die Ausbeute an Aminopolyol deutlich. Dennoch wird eine maximale Aminopolyolausbeute von 88,6 % erhalten.
Aliphatische und aromatische Amine besitzen eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten auf den Gebieten Planzenschutz und Pharmakologie. Eine Verwendung in diesen Bereichen und ökonomische Gründe machen einen hohen Reinheitsgrad erforderlich. Um den Reinigungsaufwand dennoch gering zu halten, müssen an die Herstellungsverfahren hohe Ansprüche bezüglich der Selektivität und damit der
Reinheit des Rohprodukts gestellt werden.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung bestand darin, ein Verfahren zur Herstellung aromatischer und aliphatischer Amine zu entwickeln, das bei guten Um- sätzen ein hohes Maß an Selektivität gewährleistet.
Es wurde nun gefunden, daß bei der Aminierung von Aldehyden der Zusatz von Dinatriumtetraborat anstelle einer organischen Säure oder deren Ammonium-Salz vorteilhaft ist.
Dinatriumtetraborat im Sinne des erfindungsgemäßen Verfahrens umfaßt das wasserfreie Dinatriumtetraborat und dessen verschiedene Hydrate, insbesondere das Dinatriumtetraborat-Dekahydrat (Borax).
Die Erfindung betrifft demnach ein Verfahren zur Herstellung von Aminen der
Formel (I)
R -CH2-NH2 (I), wobei
R für gegebenenfalls verzweigtes C
j-C^-Alkyl, C3-Cg-Cycloalkyl, gegebenenfalls mit Halogen und/oder C
j-C^-Alkyl substituiertes Cg-C^-Aryl, gegebenenfalls am Arylrest mit Halogen und/oder C
j-C^-Alkyl substituiertes C
7-C
j0-Aralkyl, einen Aldose-Rest der Formel
mit i=2-5 oder einen Aldoserest voriger Formel, wobei ein Wasserstoff durch einen
Saccharidrest ausgetauscht ist, steht,
durch katalytische Hydrierung von Aldehyden der Formel (II)
R1 die bei Formel 1 angegebene Bedeutung hat,
in Gegenwart von Ammoniak und eines Hydrierkatalysators,
dadurch gekennzeichnet, daß die Reaktion in Gegenwart von Dinatriumtetraborat durchgeführt wird.
Als Dinatriumtetraborat eignet sich insbesondere Borax, das Dinatriumtetraborat- Dekahydrat.
Verglichen mit der Verwendung von Essigsäure werden durch Einsatz von Dinatriumtetraborat Ausbeutesteigerungen an gewünschtem Produkt von mehr als 10 % erreicht.
Eine Reaktionsführung unter Zusatz von Dinatriumtetraborat zeichnet sich auch dadurch gegenüber den bekannten Verfahren aus, daß bei Verwendung von Nickeloder Cobaltkatalysatoren als Hydrierkatalysatoren diese wesentlich weniger unter Bildung von Nickel- oder Cobaltionen angegriffen werden, als das bisher der Fall war. Das führt zu einer deutlich erhöhten Standzeit des Hydrierkatalysators bei gleichbleibender Selektivität und Aktivität. Der Hydrierkatalysator gewinnt nach dem ersten Einsatz sogar noch an Selektivität. Dies begünstigt eine kontinuierliche Reaktionsführung bzw. ermöglicht diese erst.
Als Ausgangsstoffe kommen im erfindungsgemäßen Verfahren Aldehyde der
Formel (II) zum Einsatz. Bevorzugt steht R1 dabei für gegebenenfalls mit Halogen
und/oder C C^Alkyl substituiertes -C^-Aryl, gegebenenfalls am Arylrest mit Halogen und/oder Cι-C4-Alkyl substituiertes Cγ-Cio-Aralkyl oder einen Aldose- Rest der Formel CιH2l+ιO, mit i=2-5. Als Beispiele seien genannt: Glukose, Maltose, Lactose, Dihydroxypropionaldehyd, Butyraldehyd, Glutaraldehyd, Benzaldehyd, 2- Chlorbenzaldehyd, 2,4-Dichlorbenzaldehyd, 4-Fluorbenzaldehyd und Propional- dehyd.
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren sind ahphatische und aromatische Amine der Formel (I) zugänglich. Bevorzugt steht R1 dabei für gegebenenfalls mit Halogen und/oder Cι-C4-Alkyl substituiertes Cg-C^-Aryl, gegebenenfalls am Arylrest mit
Halogen und/oder C|-C4-Alkyl substituiertes C7-Ci()-Aralkyl oder einen Aldose- Rest der Formel C,H2l+ιO, mit i=2-5. Als Beispiele für erfindungsgemäß erhältliche Amine seien genannt: Aminosorbit, 1-Amino-propandiol, 1-Aminobutan, Glutar- amin(l), Benzylamin, 2-Chlorbenzylamin, 2,4-Dichlorbenzylamin und 4-Fluor- benzylamin.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird in Gegenwart eines Hydrierkatalysators durchgeführt. Solche Hydrierkatalysatoren sind dem Fachmann hinlänglich bekannt. In einer bevorzugten Ausführungsform wird ein Nickel- oder Cobaltkatalysator verwendet. Es kann beispielsweise Raney-Nickel oder Raney-Cobalt eingesetzt werden. Desweiteren sind geeignete Hydrierkatalysatoren beispielsweise Nickel oder Cobalt in metallischer oder oxidischer Form, gegebenenfalls aufgebracht auf einen Träger. Geeignete Träger sind unter anderem Kieselsäure oder Aluminiumoxide, beispielsweise Al2O3 in den verschiedenen Modifikationen.
Die Katalysatormenge im Reaktionsgemisch kann zwischen 2 und 15 Gew.%, bezogen auf den eingesetzten Aldehyd, betragen. Der Katalysator kann mehrmals wiedereingesetzt werden, so daß sich, bezogen auf die Gesamtmenge an umgesetztem Aldehyd, eine Menge an benötigtem Katalysator von weniger als 0,3 Gew.% ergibt.
Die Hydrierung kann beispielsweise in der Sumpfphase oder an einem Festbettkontakt durchgeführt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird bei Temperaturen von 60°C bis 250°C durch- geführt. Vorteilhaft wird bei Temperaturen von 90°C bis 120°C gearbeitet.
Der Wasserstoffdruck kann von 20 bar bis 250 bar variieren. Bevorzugt ist ein Wasserstoffdruck von 80 bar bis 140 bar.
Es kann diskontinuierlich oder kontinuierlich gearbeitet werden. Für die diskontinuierliche Reaktionsführung eignet sich beispielsweise ein Autoklav oder ein gerührter Reaktor, für die kontinuierliche Reaktionsführung beispielsweise ein Röhrenreaktor.
Ammoniak wird im erfindungsgemäßen Verfahren bezogen auf den eingesetzten
Aldehyd im Überschuß zugegeben. Das molare Verhältnis des eingesetzten Ammoniaks zur Menge an umzusetzendem Aldehyd kann zwischen 20:1 und 2:1 liegen. Bevorzugt ist ein Verhältnis von Ammoniak zu Aldehyd zwischen 10:1 und 5:1.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann mit oder ohne Lösungsmittel durchgeführt werden. Bevorzugt ist die Verwendung eines Lösungsmittels. Der Anteil des Lösungsmittels im Reaktionsgemisch kann beispielsweise bei 10 Gew.% bis 90 Gew.% liegen, bevorzugt liegt dieser Anteil bei 40 Gew.% bis 60 Gew.%.
Geeignete Lösungsmittel sind Wasser, Alkohole und Kohlenwasserstoffe, die jeweils einzeln oder als Gemische Verwendung finden können. Bevorzugte Lösungsmittel sind Wasser und Alkohole. Als Beispiele für geeignete Alkohole seien Methanol, Ethanol und Isopropanol, als Beispiele für geeignete Kohlenwasserstoffe Toluol, Cyclohexan und Methylcyclohexan genannt.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird das erfindungsgemäße Verfahren in Gegenwart eines Lösungsmittels oder Lösungsmittelgemisches ausgewählt aus der Gruppe Wasser, Methanol und Ethanol durchgefürt.
Erfindungsgemäß wird dem Reaktionsgemisch Dinatriumtetraborat oder ein Hydrat desselben, insbesondere Dinatriumtetraborat-Dekahydrat zugesetzt. Dinatriumtetraborat kann, bezogen auf den umzusetzenden Aldehyd, in einer Menge von 0,5 Gew.% bis 10 Gew.%, bevorzugt in einer Menge von 3 Gew.% bis 7 Gew.%, zugesetzt werden.
Werden im erfindungsgemäßen Verfahren Aldehyde eingesetzt, die mit Halogen oder einem halogenhaltigen Rest substituiert sind, ist es vorteilhaft, der Reaktionsmischung eine Schwefelverbindung zuzusetzen. Die Schwefelverbindung kann dem Hydrierkatalysator direkt oder im Gemisch mit dem umzusetzenden Aldehyd zuge- setzt werden. Als geeignete Schwefelverbindungen seien beispielsweise Dimethyl- sulfoxid und Bis(2-hydroxyethyl)sulfid genannt. Bezogen auf eingesetzten Katalysator werden gegebenenfalls 3 Gew.% bis 20 Gew.%, vorzugsweise 5 Gew.% bis 10 Gew.% an Schwefelverbindung zugesetzt.
Besonders bewährt hat sich das erfindungsgemäße Verfahren bei der reduktiven
Aminierung von 2-Chlorbenzaldehyd bzw. Glukose unter Bildung von 2-Chlor- benzylamin bzw. 1-Aminosorbit.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Darstellung von Aminen aus Aldehyden wird anhand der folgenden Beispiele weiter erläutert, ohne daß es in irgendeiner Weise auf diese Beispiele beschränkt wäre.
Beispiele
Beispiel 1
o-Chiorbenzylamin
In einem 0,7 1 Autoklaven werden vorgelegt:
100 g Methanol 4 g Ra Ni
0,2 g Bis(2-hydroxyethyl)-sulfid 2,9 g Borax 80 g Ammoniak
Nach Inertisierung des Autoklaven mit Stickstoff wird auf 100°C aufgeheizt und der
Autoklav mit 140 bar Wasserstoff beaufschlagt.
Innerhalb von 60 min werden 141 g o-Chlorbenzylaldeyd bei diesen Bedingungen zugepumpt. Nach Abkühlen auf 50°C, Entspannen auf 1 bar und Abtrennung des Katalysators durch Filtration erhält man eine Rohware folgender Zusammensetzung:
o-Chlorbenzylamin: 95,87 % o-Chlorbenzylalkohol: 3,19 %
Benzylamin: 0,1 % Unbekannte Komponenten: 0,84 %
Bei den Prozentangaben handelt es sich um Flächenprozent, die sich aus der gaschromatographischen Auswertung der Rohware ergeben. Die Aufreinigung der Rohware kann durch Destillation erfolgen.
Beispiel 2
1-Aminosorbit (bei Ersteinsatz des Katalysators)
In einem 0,7 1 Autoklaven werden vorgelegt:
50 g Wasser 8 g Ra Co 2,9 g Borax
Nach Inertisierung des Autoklaven mit Stickstoff wird auf 90°C aufgeheizt und der Autoklav mit 140 bar Wasserstoff beaufschlagt.
Innerhalb von 60 min werden 120 g Glukose-Monohydrat gelöst in 70 g Wasser bei diesen Bedingungen zugepumpt.
Nach Abkühlen auf 50°C, Entspannen auf 1 bar und Abtrennung des Katalysators durch Filtration erhält man eine Rohware mit einer Ausbeute an 1-Aminosorbit von 74 % d.Th. (GC-Flächenprozent).
Beispiel 3
1-Aminosorbit (bei Zweiteinsatz des Katalysators)
Vorschrift wie unter Beispiel 2, als Katalysator wird jedoch der in Beispiel 2 benutzte Katalysator erneut eingesetzt. Ausbeute: 94,9 % d.Th. (GC-Flächenprozent).
Beispiel 4
1-Aminosorbit (bei Folgeeinsätze des Katalysators)
Der Katalyator wurde nun mehrfach wiederholt (bis zu 20 mal) eingesetzt:
Die Ausbeuten lagen jeweils zwischen 92-95 % d.Th. (GC-Flächenprozent).
Beispiel 5 (Vergleichsbeispiel 1)
1-Aminosorbit (Verwendung von Eisessig statt Borax)
Vorschrift wie unter Beispiel 2, statt Borax wurden jedoch 1,5 g Eisessig als Zusatzreagenz genutzt.
Ausbeute: 62,0 % d.Th. (GC-Flächenprozent)
Beispiel 6 (Vergleichsbeispiel 2)
1-Aminosorbit (Verwendung von Eisessig statt Borax)
Vorschrift wie unter Beispiel 5. Es wurde jedoch der zuvor genutzte Katalysator erneut eingesetzt. Die Ausbeute betrug nun: 81,0 % d.Th. (GC-Flächenprozent)
Der Vergleich der Beispiele 2 - 4 mit den Beispielen 5 - 6 zeigt, daß der Einsatz von Borax die Ausbeuten an gewünschtem Amin um ca. 10 % erhöht.