Verfahren zur Herstellung eines photochromen
Gegenstandes
B e s c h r e i b u n g
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Her¬ stellung eines photochromen Gegenstandes, der aus einem Polymer besteht und wenigstens eine Spirooxazin-Verbin- dung enthält gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
Bei den Verfahren zur Herstellung eines photochromen Gegenstandes aus einem Polymer gibt es zwei grundsätz¬ lich unterschiedliche Vorgehensweisen:
Bei der einen Vorgehensweise wird zunächst ein nicht- photochro eingefärbter Gegenstand hergestellt, der dann nachträglich von einer oder mehreren Oberflächen her "oberflächlich" photochrom eingefärbt wird. Ein Beispiel für ein Verfahren, das diese Vorgehensweise realisiert, ist in der DE-A-35 16 568 beschrieben, auf die im übrigen bezüglich der Erläuterung aller hier nicht näher beschriebenen Begriffe ausdrücklich Bezug genommen wird.
Bei der anderen Vorgehensweise werden die photochromen Farbstoffe in das Material, aus dem der photochrome Gegenstand hergestellt wird, vor dessen Polymerisation gemischt. Verfahren, die diese Vorgehensweise realisie¬ ren, sind in der US-PS 4 342 668 oder der EP-B-0 227
337 beschrieben. Das in der letztgenannten Druckschrift beschriebene Verfahren ist im übrigen bei der Formulie¬ rung des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 als gat¬ tungsbildend vorausgesetzt worden.
Erfindungsgemäß sind nun folgende Nachteile der Verfah¬ ren, bei dem der oder die photochromen Farbstoffe in das Monomer vor der Polymerisation gemischt werden, und insbesondere des aus der EP-B-0 227 337 bekannten Ver¬ fahrens erkannt worden:
Bereits zur Erzielung relativ geringer Eindunkelungen sind vergleichsweise hohe Konzentrationen erforderlich: So ist es bei dem aus der EP-B-0 227 337 bekannten Verfahren erforderlich, den Farbstoff mit einer Konzen¬ tration von 1,5% bezogen auf das Gewicht des Monomers einzusetzen, um Eindunkelungen von maximal 0,47, typi¬ scherweise 0,25 im Maximum der Absorption gemessen - nach VA. bewertet sogar nur 0,2 - zu erhalten.
Darüberhinaus wird bei dem aus der EP-B-0 227 337 be¬ kannten Verfahren nur ein geringer Aushärtegrad des Polymers erreicht. Dies führt zwar zu der offensicht¬ lich gewünschten sehr schnellen Eindunkelung und Auf¬ hellung, der geringe Aushärtegrad hat jedoch neben mechanischen Problemen auch eine vergleichsweise gerin¬ ge Lebensdauer der Farbstoffe sowie eine sehr hohe Temperaturabhängigkeit der Eindunkelung zur Folge.
Darüberhinaus erlaubt das aus der EP-B-0 227 337 be¬ kannte Verfahren nicht die Herstellung von photochromen Gegenständen und insbesondere von Brillengläsern, die eine neutral graue, neutral braune oder grüne photochrome Einfärbung aufweisen.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung eines photochromen Gegenstandes, der aus einem Polymer besteht und wenigstens eine Spiro- oxazin-Verbindung enthält, die dem Monomer vor der Polymerisation zugesetzt wird, derart weiterzubilden, daß ein Gegenstand mit guten mechanischen Eigenschaften erhalten wird, bei dem die Eindunkelung und Aufhellung in einem physiologisch angenehmen Bereich liegen, ohne daß die Temperaturabhängigkeit dieser Größen zu groß wird.
Eine erfindungsgemäße Lösung dieser Aufgabe ist im Patentanspruch 1 angegeben. Weiterbildungen der Erfin¬ dung sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
Erfindungsgemäß werden zur Erzielung einer neutral grauen, neutral brauen oder grünen photochromen Einfärbung der polymerisierbaren Mischung mehrere Farbstoffe zuge¬ setzt, von denen mindestens einer kein Spirooxazin ist. Wie bereits anderweitig erkannt worden ist, lassen sich bei ausschließlicher Verwendung von photochromen Farb¬ stoffen aus der Klasse der Spirooxazine keine im photo- chrom eingefärbten Zustand neutral grauen, neutral braunen oder grünen Gläser herstellen. Spironaphthoxazine und heteroaromatische Analoge zeigen rotviolette bis blau¬ grüne, Spirobenzoxazine rote bis violette Einfarbungen. Im blauen Spektralbereich absorbierende gelbe bis gelborange Farbstoffe gibt es nach gegenwärtiger Kenntnis unter den Spirooxazinen nicht.
Deshalb werden erfindungsgemäß zusätzlich photochrome Farbstoffe anderer Klassen zugesetzt:
Hierfür können sämtliche bislang für die Einfärbung von Kunststoffmaterialien bekannten Farbstoffe eingesetzt werden. Beispiele hierfür sind im Anspruch 2 angegeben, gemäß dem zusätzlich zu Spirooxazinen photochrome Pyra- ne und insbesondere Spiropyrane, Indolizine sowie Fulg- imide bzw. eine Mischung aus diesen Farbstoffen einge¬ setzt werden.
Eine grüne Einfärbung läßt sich in bekannter Weise durch Mischung einer oder mehrerer gelber oder blauer photochro¬ mer Verbindungen oder durch Einsatz langwellig im roten Spektralbereich absorbierender photochromer Verbindungen erreichen.
Weiterhin beträgt erfindungsgemäß die Konzentration der Spirooxazin-Verbindungen nicht mehr als 0,045 Gew.% bezogen auf die Masse des eingesetzten Monomers und liegt damit unter dem in der EP-B-0 227 337 angegebenen Bereich und sehr deutlich unter den Konzentrationen, die bei den in der EP-B-0 227 337 beschriebenen Ausfüh¬ rungsbeispielen verwendet werden. Diese Unterschreitung des in dieser Druckschrift angegebenen Bereichs stellt im Hinblick auf die hohen Kosten photochromer Farbstof¬ fe einen großen wirtschaftlichen Vorteil dar.
Gleichzeitig wird die Konzentration des oder der Poly¬ merisationsinitiatoren deutlich gegenüber dem in der EP-B-0 227 337 angegebenen Bereich erhöht. Hierdurch erhält man gut ausgehärtete photochrome Gegenstände und insbesondere photochrome Brillengläser, die sämtlichen mechanischen Anforderungen genügen, die an Brillenglä¬ ser aus Kunststoff gestellt werden. Dabei ist von be¬ sonderem Vorteil, daß die Eindunkelungs- und Aufhell- Zeit in einen Zeitbereich verschoben wird, der nach diesseitigen Erkenntnissen physiologisch besonders
günstig ist. Letztlich ist die Temperaturabhängigkeit der Eindunkelung und der Aufhellung deutlich geringer als bei bekannten photochromen Gegenständen.
Als Initiatoren können dabei bekannte Initiatoren, wie Peroxyketale oder Alkylperoxyester verwendet werden, die gegenüber photochromen Farbstoffen und insbesondere Spirooxazinen wesentlich weniger reaktiv und damit zerstörend als die beim Stand der Technik verwendeten Peroxydicarbonate wie CHPC(Cyclohexylperoxydicarbonat)- Initiatoren sind.
Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn die Konzentra¬ tion des oder der eingesetzten Polymerisationsinitiato¬ ren bis zu 5 Gew.%, bevorzugt 1,5 bis 2 Gew.% beträgt (Ansprüche 3 und 4) .
Ein weiterer Nachteil der aus dem Stand der Technik bekannten Brillengläser besteht darin, daß das Gleich¬ gewicht zwischen der geschlossenen (farblosen) und der offenen (farbigen) Form aufgrund des Herstellverfahrens hin zur offenen Form verschoben ist, so daß man eine in vielen Anwendungsfällen störende Vorfärbung erhält.
Erfindungsgemäß ist erkannt worden, daß dies eine Folge der beim Stand der Technik schnell durchgeführten Aus¬ härtung ist, bei der die Farbstoffe durch den Polymeri¬ sationsinitiator angegriffen werden. Deshalb ist es erfindungsgemäß besonders bevorzugt, wenn gemäß An¬ spruch 5 die Polymerisation während eines Zeitraums von bis zu 2 Tagen ausgeführt wird; hierdurch erhält man Gläser mit einer besonders geringen Vorfärbung.
Die mechanischen Eigenschaften und die Leistung der
photochromen Farbstoffe werden weiter dadurch verbes¬ sert, daß die Polymerisation nach einem Temperaturpro¬ gramm ausgeführt wird, in dessen letzter Stufe die Temperatur mehr als 110°C beträgt (Anspruch 6) .
Hierzu tragen auch die in den Ansprüchen 7 f. angege¬ benen Merkmale bei:
Gemäß Anspruch 7 wird die Mischung aus Monomeren, pho¬ tochromen Farbstoffen und Polymerisationsinitiatoren vor der Polymerisation entgast, so daß ein Gegenstand entsteht, der keine Luftblasen oder Lunker aufweist.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn gemäß Anspruch 8 die Gießformen aus einem Material bestehen, das für die Anregungswellenlängen der eingesetzten photochromen Farbstoffe undurchlässig ist. Hierdurch wird sicherge¬ stellt, daß die photochromen Farbstoffe in die Matrix der sie umgebenden Polymere im "nichtangeregten Zu¬ stand" eingebaut werden, so daß man keine permanente Vorfärbung erhält.
Hierzu tragen auch die in den Ansprüchen 9 und 10 angegebenen Merkmale bei, gemäß denen der Mischvorgang und der Polymerisationsvorgang unter Einwirkung von langwelligem sichtbaren Licht erfolgt, durch das die eingesetzten Farbstoffe vollständig in die geschlosse¬ ne, d.h. farblose Form überführt werden.
Selbstverständlich können für das erfindungsgemäße Verfahren als Monomere beliebige Acrylatmonomere oder Methacrylatmonomere verwendet werden. Beispiele hierfür sind im Anspruch 11 angegeben, gemäß dem als Monomer
2,2'-Bis(4-(methacryloxy-ethoxy)phenyl)propan
2,2'-Bis (4-(methacryloxy-diethoxy)phenyl)propan
Trimethylolpropantrimethacrylat
Ethylenglycoldimethacrylat
Diethylenglycoldimethacrylat
Triethylenglycoldimethacrylat
Benzylmethacrylat
4-tert. Butylcyclohexylmethacrylat
Neopentylglycoldimethacrylat
eingesetzt werden kann. Die Liste der aufgezählten Monomere ist selbstverständlich nicht vollständig, insbesondere können dabei höhere Homologe eingesetzt werden.
Bei der Verwendung von Diacrylaten und Dirnethacrylaten mit längeren Kohlenwasserstoffetherbrücken als Comono- mere ergeben sich Nachteile, z.B. eine zu langsame Aufhellung der photochromen Farbstoffe. Die Aufhellung kann durch den Zusatz spezieller Reagenzien, wie bei¬ spielsweise bestimmter Phosphorverbindungen (Anspruch 12) deutlich erhöht werden.
Die Erfindung ist vorstehend allgemein beschrieben worden; anhand eines Ausführungsbeispiels soll das oben beschriebene Verfahren nochmals verdeutlicht werden:
Zur Herstellung der photochromen Gießharzmischung wird in 100 g Monomer ( bestehend aus 40% Diethylenglykoldi- acrylat, 25% Diethylenglykoldimethacrylat, 30 % Triethy- lenglykoldiacrylat und 5 % höheren Oligomeren des Ethylen- glykoldiacrylats ) bei 20°C unter Lichtabschluß die photochrome Farbmischung eingerührt. Diese besteht aus:
12 mg 5-Acetoxy-3,3-diphenyl-3H-naphtho(2, 1-b)pyran
WO 92/09593 35 mg 8-Methoxy-3,3-diphenyl-3H-naphtho(2, 1-b)pyran
US 5.238.981 28 mg Spiro( 5-methoxy-l,3,3-trimethylindolin)-2,3'-3H- 9'-methoxy-naphth(2, 1-b)oxazin DE 2.936.255 6 mg Spiro( 1,3,3-trimethylindolin)-2,3*-3H-9'-methoxy- 6'-(pyrrolid-1-yl)-naphth(2, 1-b)oxazin EU 84 115 602 8 mg Spiro ( 1,3,3-trimethylindolin)-2,3'-3H-5'-( 5-methyl- oxadiazo-2-yl-naphth(2, 1-b)oxazin DE 3.814.631 2 mg 2,2-Diphenyl-2H-naphtho(l,2-b)pyran US 3.627.690 18 mg Spiroadamantanfulgid (gemäß Beispiel 1 der EU 0351.112) Nach Zugabe von 1,5 g Initiator ( tert. Butylperneodeca- noat ) wird noch 15 min bei 20°C gerührt. Die Mischung wird durch dreimaliges 10-minütiges Evakuieren und Druck¬ ausgleich mittels Argon von Luftsauerstoff befreit und dann - weiter unter Lichtabschluß bzw. unter Rotlicht - in Gießformen für Plangläser eingefüllt.
Polymerisation der photochromen Kunststoffgläser erfolgt in Gießformen. Diese werden in ein Wasserbad gestellt, das folgendes Temperaturprogramm durchläuft. Die Temperatur¬ steigerung je Schritt erfolgt in etwa 20 min, diese Zeit wird der höheren Temperatur bereits zugeschlagen.
20 h 20°C => 2 h 30°C => 2 h 40°C => 6 h 50°C => 4 h 60°C => 3 h 70°C => 3 h 75°C => 4 h 80°C
Die gefüllten Formen werden innerhalb 1 h auf etwa 60°C
abgekühlt. Die Gläser werden von Ring und Gießformschalen befreit und noch 50 min bei 115°C ausgetempert, um evtl. durch die Gießformen auferzwungene Spannungen zu beseiti¬ gen und des Glas vollständig auszuhärten. Die Gießformen sollten aus mind. bis 390 n für UV-Licht undurchläßigem Spezialglas bestehen, bei vorherigem konsequentem Licht¬ abschluß genügen auch einfach geschwärzte Formen. In der Serienfertigung ist es anstelle des Lichtabschlusses wäh¬ rend der Vorbereitung einfacher, übliche weiße Gießformen zu verwenden. In diesem Fall muß die komplette Aufhellung der Gießharzmischung durch Einstrahlung in das Wasserbad erfolgen, besonders geeignet erwies sich das Licht einer Xenon-hochdrucklampe, das mittels einer handelsüblichen Polycarbonat-scheibe von allen Anteilen mit Wellenlängen < 400 nm befreit wurde.
Die resultierenden Plangläser sind in hervorragender Weise für Brillengläser geeignet. Ihre nach der spektralen Hell¬ empfindlichkeit des menschlichen Auges V bewertete Trans¬ mission im nicht angeregten Zustand beträgt 89%, die Glä¬ ser erscheinen nahezu farblos. Nach einer 15-minütigen Anregung mit 50 klux bei 23°C gemäß DIN 58 217 beträgt die Transmission nur noch 23%, wobei ein kosmetisch sehr ansprechender warmer graubrauner Farbton erzielt wird.