Oberflächenbeschichtung auf einer Flüssig-/Fest-Grenz lache
Die Erfindung betrifft eine Oberflächenbeschichtung, insbesondere eine Oberflächenbeschichtung auf einer Grenzfläche zwischen einer Flüssigkeit und einem Festkörper.
Verschiedenen wissenschaftlichen, insbesondere elektrokine- tischen Experimenten und Verfahren liegt beispielsweise der Effekt der Elektroosmose zugrunde, bei dem durch das Anlegen eines elektrischen Feldes an eine wässrige Lösung die dadurch entstehende Ionenbewegung ausgenützt wird. Hierdurch können beispielsweise Makromoleküle, wie z. B: DNA, Proteine, Enzyme, Bakterin, Viren, etc. auf einem Objekträger verschoben oder plaziert werden. Ferner ist es möglich das Oberflächenpotential, das sog. Zetapotential, verschiedener Oberflächen zu ■ bestimmen.
Die Oberflächen aller bekannten Materialien besitzen jedoch an einer Grenzfläche zu einer wässerigen Lösung eine eigene Oberflächenladung und somit ein Oberflächenpotential. Um dieses Oberflächenpotential zu neutralisieren, lagern sich an der geladenen Oberfläche entgegengesetzt geladene Ionen (Gegenionen) an, d.h. es bildet sich an der Phasengrenzfläche zwischen der Flüssigkeit und dem Festkörper eine elektrische Doppelschicht. Diese Doppelschicht existiert auch, wenn die wässrige Lösung keine Ionen enthält. Sie resultiert dann aus der Orientierung der dipolaren Wassermoleküle und der Bildung von OH" und H30+ -Molekülen.
Wird, wie bei den erwähnten elektrokinetischen Experimenten und Verfahren, ein elektrisches Feld parallel zur Grenzfläche zwischen der Flüssigkeit und dem Festkörper angelegt, kommt es durch Elektroosmose zu einer Wanderung dieser „Gegenladungsschicht" in der Flüssigkeit relativ zur Festkörperoberfläche.
Bei Messungen beispielsweise des Zetapotentials oder dem Bewegen von Molekülverbänden entsteht dadurch eine große Ungenauigkeit bei den zu messenden oder einzustellenden Parametern. Diese negativen Folgen zeigen sich besonders bei der Verwendung von kleinen geschlossenen Kanälen (Durchmesser 1 cm - 1 μm) . Werden geladene Moleküle oder dipolare Moleküle in Flüssigkeit in einen solchen Kanal eingefüllt, und sollen diese Moleküle durch das Anlegen eines elektrischen Feldes verschoben werden, bewegen sich die Moleküle, je nach Abstand zur Wand verschieden schnell, oder sogar in verschiedene Richtungen. Die Ursache liegt in der Tatsache, daß in geschlossenen Kanälen ein Gegenfluss zu den sich an der geladenen Wand bewegenden Ionen und somit zu der mitgeführten Flüssigkeit oder den molekularen Dipolen existiert. Dadurch wird die sonst nur durch die Diffusion der Moleküle verursachte Unscharfe der Molekülverteilung stark vergrößert.
In offenen Kanälen oder Systemen führt die Elektroosmose zu einem Aufbau von hydrodynamischen Drücken. Wird das elektrische Feld ausgeschaltet, kommt es zu Schwingungen oder ungeordneten Bewegungen im System. Dies alles hat zur Folge das kleinste Mengen von räumlich klar definierten Molekülverteilungen (je nach Kanalgröße Mengen von lμl bis 1 nl) nicht mittels elektrischer Felder bei gleichzeitiger Beibehaltung der räumlichen Verteilung definiert bewegt werden können.
Besonders dramatisch ist dieser Effekt bei Salzkonzentrationen unter lOmM, da die Stärke der Elektroosmose umgekehrt proportional zur Salzkonzentration ist. So ist es nicht möglich miniaturisierte Kanalsysteme zu schaffen, in denen verschiedene Sorten von Molekülen mittels elektrischer Felder genau an bestimmten Orten plaziert werden können.
Desweiteren ist es nur sehr schwer möglich, durch das Anlegen eines elektrischen Feldes in einer Lösung das Zetapotential eines mikroskopisch großen Teilchens zu bestimmen, da die Geschwindigkeit des Teilchens, die zur Messung herangezogen werden muß, sowohl von der Entfernung des Teilchens zur Festkörperoberfläche, als auch von der Ladung der Oberfläche und deren Geometrie (z. B Form des Kanals) abhängt.
In geschlossenen Kanälen muss daher in der sogenannten stationären Ebene des Kanals gemessen werden. Wegen der durch die Elektroosmose verursachten verschiedenen Flussrichtungen, gibt es zwischen Wand und Kanalmitte eine Ebene in der es keinen Fluss gibt, die stationäre Ebene. Durch die Beschränkung auf diese Ebene entsteht bei entsprechenden Verfahren jedoch ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor.
Des weiteren entsteht an geladenen Oberflächen, wie den Grenzflächen zwischen einer Flüssigkeit und einem Festkörper, beim Anlegen eines hydrodynamischen Flusses ein sogenanntes strömungsinduziertes Potential (Streaming-Potential) entlang der Flussrichtung. Dieses Potential führt bei Experimenten zu einer Störung der räumlichen Anordnung der zu untersuchenden Moleküle, bzw. des zu bestimmenden elektrischen Feldes und verfälscht dadurch zusätzlich zu den elektroosmotischen Effekten die Messungen.
Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine
Oberflächenbeschichtung zu schaffen, die es ermöglicht, ein
Oberflächenpotential an einer Grenzfläche zwischen einer
Flüssigkeit und einem Festkörper zu neutralisieren oder auf einen vorbestimmten Wert einzustellen und dadurch unerwünschte
Effekte durch Elektoosmose und ein strömungsinduziertes
Potential zu vermeiden.
Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. In den Unteransprüchen sind vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung wiedergegeben.
Demgemäß wird die Oberflächenbeschichtung auf einer Grenzfläche zwischen einer Flüssigkeit und einem Festkörper durch geladene und/oder neutrale Makromoleküle, amphiphile Moleküle, Lipide und/oder Polymere gebildet, die jeweils oder in einer Zusammensetzung geeignet sind, auf der Grenzfläche eine vorbestimmte Oberflächenladung einzustellen, bzw. eine gegebene Oberflächenladung zu neutralisieren.
Durch das Beschichten von geladenen Oberflächen mit neutralen bzw. geladenen amphiphilen Makromolekülen wird das Oberflächenpotential innerhalb der Flüssigkeit neutralisiert bzw. auf einen vorbestimmten Wert eingestellt. Unerwünschte Effekte durch Elektroosmose können dadurch vermieden werden.
Als geladene oder neutrale Makromoleküle können bei Oberflächenbeschichtungen nach der vorliegenden Erfindung neben Polymeren alle natürlichen und künstlichen Lipide verwendet werden, beispielsweise Phospholipide, wie Sphingolipide, Plasmalogene, Phosphatide und Lysophospholipide, insbesondere Phosphocholin, Phosphatidylethanolamine, Phosphatidylserine, Phosphatidylinositol und Phosphatidylglycerol (DOPC, SOPC,
POPC, DOTAP, DMPC, DMTAP, etc.), außerdem Glykolipide, wie Zerebroside, Sulfatide und Ganglioside, Wachse, Neutralfette und Cardioloipin.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform werden für die Beschichtung Phospholipide eingesetzt, wie nachstehend und in den Anwendungsbeispielen beschrieben wird.
Phospholipide weisen folgende allgemeine Struktur auf:
Dabei können Rl und R2 gleich oder verschieden sein und eine gesättigte oder ungesättigte Fettsäure mit 10 bis 30 C-Atomen sein.
Bei neutralen Phospholipiden ist R3 beispielsweise ein Aminoalkohol mit 3 bis 10 C-Atomen. Als neutrale Lipide wurden in den Anwendungsbeispielen solche mit Phosphatidyl-Cholin (PC) als Kopfgruppe und verschiedenen Ketten, wie z. B: Di- Oleoyl (DO), Steraoyl-Oleoyl (SO), Palmitoyl-Oleoyl (PO), Di- Mirystoyl (DM), etc. verwendet.
Bei kationischen Phospholipiden trägt R3 eine insgesamt positive Ladung und ist beispielsweise ein Trialkyl-Rest mit 1 bis 5 C-Atomen je Alkylgruppe. Als kationische Lipide wurden in den Anwendungsbeispielen solche mit einer Kopfgruppe aus
Di-Methyl-Amonium-Propane (DAP) , Tri-Methyl-Amonium-
Propane (TAP) , etc. und einer Kette aus Di-Oleoyl (DO) , Di- Mirystoyl (DM), etc. verwendet.
Bei anionischen Phospholipiden trägt R3 eine insgesamt negative Ladung und ist beispielsweise ein Amino- oder Hydroxyalkylrest mit 1 - 10 C-Atomen und 1 bis 4 Anaino- und/oder Hydroxygruppen. Als anionische Lipide wurden in den Anwendungsbeispielen solche mit einer Kopfgruppe aus Phophatidyl-Glycerol (PG) , Phosphatidyl-Serin (PS), etc. und einer Kette beispielsweise aus Di-Mirystoyl (DM) eingesetzt.
Neben der Neutralisierung durch die vollständige Beschichtung einer Oberfläche ist es durch das Beschichten von ausgewählten Regionen auf einer geladenen Oberfläche möglich nur in diesen Bereichen die negative Wirkung der Elektroosmose zu unterbinden. Somit können mit Hilfe von elektrischen Feldern, räumlich angeordnete Molekülverbände über eine Oberfläche, oder durch einen Kanal bewegt werden, wobei die Veränderung der räumlichen Struktur der Molekülverteilung nur durch die Diffusion und die Reibung im Kanal bestimmt ist.
Die Beschichtung kann durch verschiedene Methoden erfolgen, die in den nachfolgenden Anwendungsbeispielen beschrieben sind. Insbesondere kann sie in miniaturisierten Kanalsystemen (Durchmesser lnm - 10mm) mit beispielsweise rundem oder rechteckigem Querschnitt Verwendung finden, um in diesen z.B. duch elektrische Felder Moleküle bewegen zu können. Diese Kanalsysteme können beispielsweise in Siliziumdioxid, Quarz, Glas oder Kunststoff eingebracht sein; es sind jedoch auch alle anderen strukturierbaren Materialien denkbar.
Durch die Beschichtung einer Kanaloberfläche mit neutralen Lipiden wird es auch möglich, unabhängig von der stationären
Ebene an jeder beliebigen Stelle des Kanals das
Zetapotential von kleinen geladenen Objekten (lOOnm - lOOμ ) zu messen.
Des weiteren ist es möglich durch geladene Makromoleküle eine genau definierte Oberflächenladung zu erzeugen. Insbesondere können verschiedene Regionen innerhalb eines Kanalsystems mit verschiedenen Makromolekülen beschichtet werden, so dass Elektroosmose von unterschiedlicher Stärke erzeugt werden kann.
Zudem kann die auf die Oberfläche aufgebrachte Membran fluide sein.
Durch das Neutralisieren der Oberfläche mittels der beschriebenen Methoden wird des weiteren das Streaming-Potential stark reduziert, bzw. vollständig aufgehoben, so dass keine ungewollten und störenden elektrischen Felder entlang eines Messkanals entstehen.
Eine Oberflächenbeschichtung nach der vorliegenden Erfindung ist bei jeder Art von Objektträgern oder von Probenkammern auf die wässrige Flüssigkeiten aufgebracht werden können anwendbar.
Anwendungsbeispiele :
1.) In einen 100 μm hohen, 1 mm breiten und 5 cm langen Kanal aus Polycarbonat wird Isopropanol gefüllt , welches lOOμg DOPC/ml enthält. Daraufhin wird der Kanal langsam (3 min) mit Wasser gespült, welches 10 mM HEPES Puffer pH 7.0 enthält. An der Wand des Kanals befindet sich nun eine geschlossene Lipidschicht . Werden anschließend neutrale DOPC Vesikel in den Kanal gefüllt, bewegen sich diese bei
gleichzeitigem Anlegen eines elektrisches Feld
(100V/5cm) nicht. Das bedeutet, es entsteht keine
Elektroosmose .
!.) In einen 100 μm hohen, 1 mm breiten und 5 cm langen Kanal aus Glas wird Wasser gefüllt, welches lOOμg/ml SOPC- Vesikel, 60 mM NaCl und 10 mM Tris enthält. Diese Lösung verbleibt zwischen 2min- 3h in dem Kanal. Danach wird gründlich mit Wasser mit 10 mM HEPES bei einem pH-Wert von 7 gespült. Auch hier stellt sich eine Ladungsneutralität der Wand ein. Werden Glaskugeln mit einer definierten Oberflächenladung und einem Durchmesser von lμ in den Kanal gefüllt, kann das von der Salzkonzentration abhängige Zetapotential der Glaskugeln im gesamten Kanal unabhängig von dem Abstand Glaskugel zur Kanalwand gemessen werden, d. h. es ist keine Beschränkung auf die stationäre Ebene nötig. So beträgt das Zetapotential einer sauberen Glaskugel in ImM NaCl lOmM HEPES pH 7.0 etwa 50 (+ 5)mV.
.) Auf einen 3 x 3 cm großen Glasträger wird Isopropanol gefüllt , welches lOOμg DOPC/ml enthält. Daraufhin wird die Oberfläche solange mit Wasser gespült, welches 10 mM HEPES pH 7.0 enthält, bis kein Isopropanol mehr in der Lösung vorhanden ist. Werden anschließend neutrale DOPC Vesikel in die Lösung über der Oberfläche gegeben, bewegen sich diese bei gleichzeitigem Anlegen eines elektrischen Feldes (100V/5cm) nicht. Das bedeutet es entsteht keine Elektroosmose .