Energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse von chemischen Substanzen
Die vorliegende Erfindung betrifft die Unterscheidung und Klassifizierung mittels Röntgenfluoreszenzanalyse von chemischen Substanzen, deren Röntgenfluoreszenzlinien nicht detektiert werden können und die somit nicht durch energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse (EDRFA) allein klassifizierbar sind, durch die Verpackung hindurch und ohne eine Probenentnahme durchführen zu müssen.
Vielerorts ist eine schnelle Identitätsprüfung von Laborchemikalien notwendig. Hauptsächlich gilt dies in chemischen Firmen innerhalb des sogenannten Stoffstrommanagements. Stoffstrom bedeutet in diesem Fall zurückgenommene Chemikalien, die von den Endverbrauchern oder Zwischenhändlern an die chemische Fabrik zurückgegeben werden.
Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist jeder Stoffstrom solange als Abfall zu betrachten, bis eine Kontrolle jeden Stoffstrom plausibel cha- rakterisiert. Erst dann kann der Stoffstrom als Produkt bzw. Rohstoff, Sekundärrohstoff oder endgültig als Abfall bezeichnet werden.
Nach der Zurücknahme der Chemikalien werden diese entsprechend dokumentiert, auf ihre Zusammensetzung hin kontrolliert und dann gegebenenfalls als Sekundärrohstoffe in der Produktion wieder verwendet.
Die energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse (EDRFA) ist eine schnelle Anaiysenmethode zur qualitativen und quantitativen Bestimmung von Elementen in Substanzen. Die Bestimmung erfolgt über die Auswertung der Röntgenfluoreszenzlinien. Die Röntgenfluoreszenzlinien der Elemente mit Ordnungszahlen zwischen 21 und 92 können durch einen PE(Polyethylen)-Behälter detektiert und zugeordnet werden. Ein Großteil der Substanzen besteht allerdings aus Elementen mit Ordnungszahlen zwischen 1 und 20. Eine Charakterisierung dieser Elemente und somit dieser Substanzen ist mit der herkömmlichen EDRFA- Auswertung (Röntgenfluoreszenzlinienbestimmung und -auswertung) aufgrund fehlender Röntgenfluoreszenzlinien nicht möglich.
Eine Aussage über die Substanz und ihre Zusammensetzung kann über die kohärente (Rayleigh-Streuung) und inkohärente (Compton-Streuung) Streuung von Röntgenstrahlen in der Substanz getroffen werden. Korrelationen zwischen der mittleren Ordnungszahl und dem Verhältnis zwi- sehen kohärenter und inkohärenter Streustrahlung sind bekannt und beispielsweise von H. Kunzendorf in Nuclear Instruments and methods, 99 (1972) 61 1-612 beschrieben. Die auf der inelastischen Streustrahlung basierenden Matrixkorrektur von Röntgenfluoreszenzlinien wird von verschiedenen EDRFA-Anbietem für die quantitative Auswertung be- nutzt.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung liegt nun darin, Substanzen, deren Röntgenfluoreszenzlinien nicht detektiert werden können und die somit nicht durch energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse (EDRFA) allein klassifizierbar sind, gefahrlos, ohne zusätzliche, andere Analysenmethoden und ohne eine Probenentnahme vornehmen zu müssen, zu charakterisieren und voneinander zu unterscheiden.
Es wurde nun überraschenderweise gefunden, dass es doch möglich ist, die energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse auch zur Klassifizierung und Identifizierung von chemischen Substanzen mit der Ordnungszahl 1 bis 20 heranzuziehen, und zwar durch die Anwendung von multivariaten, statistischen Verfahren auf die erhaltenen Mess-Signale des gesamten Compton und Rayleigh-Streubereichs.
Bisher konnten diese Substanzen, deren Röntgenfluoreszenzlinien nicht detektiert werden können, sondern nur einen Compton- und Rayleigh- Streubereich aufweisen, nicht voneinander unterschieden werden, sondern wurden gemeinsam in ein Zuordnungsfeld eingeordnet. Wollte man genauer wissen, welche einzelnen Elemente oder Substanzen vorhan- den waren, mussten weitere, konventionelle Analysen durchgeführt werden.
Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Klassifizierung und Identifizierung durch energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse von chemischen Substanzen, deren Röntgenfluoreszenzlinien nicht detektiert werden können und die somit nicht durch energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse (EDRFA) allein klassifizierbar sind, welches
dadurch gekennzeichnet ist, dass die zu analysierende Probe in ihrer ursprünglichen Verpackung oder als solche ohne vorherige Aufbereitung in einem Probengefäß
a) in einer Röntgenfluoreszenzanlage vor der Messöffnung in einer Probenkammer positioniert wird, dann vermessen wird und
b) durch Anwendung von multivariaten, statistischen Verfahren auf die erhaltenen Mess-Signale, d.h. des Compton- und Rayleigh- Streubereichs, klassifiziert und identifiziert wird.
Als multivariate, statistische Verfahren werden die Hauptkomponentenanalyse (PCA - Principal Component Analysis) für das Erkennen der Unterschiede der Substanzen und/oder die Regularized Discriminance Analysis (RDA) für die Unterscheidung und Klassifizierung der Substanzen angewandt.
Die Identitätsprüfung von Laborchemikalien ist, wie schon erwähnt, besonders wichtig bei der Zurücknahme von Chemikalien. Wie aus den Statistiken zu erkennen ist, sind es vor allem Kleinpackungen, die in großen Mengen an die chemischen Betriebe zurückgeschickt werden. Daher werden Substanzen in Kleinpackungen oftmals auf einer Kleinpackungsortieranlage (KSA) dokumentiert und analysiert. Im Fall der Analyse von unterschiedlichen Substanzströmen muss jede einzelne Substanz in ihrer Verpackung analysiert werden. Ein Öffnen der Verpak- kung und eine Probenentnahme darf aufgrund der auszuschließenden Gefährdung von Mensch und Umwelt beim Umgang mit alten Chemikalien (Kreislaufwirtschafts- und Abfallvermeidungsgesetz (Krw-/AbfG) 1994 (BGBI. I, 1354); Verordnung Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft 1993 (ABI. L 30, 1 ); Verordnung zur Einfürung des Europäischen Abfallkatalogs (EAK-Verordnung) 1996 (BGBI. I 1428); Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen (BestbüAbfV) 1996 (BGBI. I 1366); Verordnung zur Bestimmung von überwachungsbedürftigen Abfällen zur Verwertung
(BestbüAbfV) 1996 (BGBI. I 1377); Zweite allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Abfall) 1991 (GMBI. S. 139, ber. 496); Ver-
ordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (GefStoffV) 1993 (BGBI. I 1782) nicht in dem Raum, in dem die Sortieranlage ist und die Analysen durchgeführt werden, erfolgen. Als geeignete Methode für die Analyse durch die ungeöffnete Verpackung hat sich die energiedispersive Rönt- genfluoreszenzanalyse (EDRFA) herauskristallisiert.
Die Analyse erfolgt also vorzugsweise durch die Verpackung hindurch, wobei verschiedene Verpackungsmaterialien (Glas- oder Polyethylen- verpackung) vorliegen können und entsprechend bei der Zuordnung be- rücksichtigt werden müssen.
Bei der Kontrolle dieser Substanzen wird nicht die vollständige Identifizierung der Substanzen inklusive Aussage über Haupt- und Nebenbestandteile angestrebt. Erwartet wird jedoch eine plausible Zuordnung des durch die Verpackung aufgenommenen Substanzspektrums zu dem Spektrum des auf dem Verpackungsetikett vermerkten Substanznamen. Diese Art der Analytik wird als Zuordnungsanalytik bezeichnet.
Substanzen, die Elemente mit einer Ordnungszahl (OZ) > 22 (Ti) enthalten, können in Abhängigkeit der Verpackungsgröße durch die PE- Verpackung anhand ihrer Elementlinien charakterisiert werden. Die Erkennung der Peaks, Ermittlung der Peakparameter (Peaklage, - halbwertsbreite, -fläche) erfolgt, ebenso wie der spätere Abgleich der RFA-Daten mit den Informationen aus der Datenbank, automatisch. Diese Substanzgruppen können, auch das ist neu, ebenfalls mit multivaria- ten, statistischen Methoden deutlich besser unterschieden werden. Hierzu wird der Röntgenfluoreszenzbereich des Elements mit einer OZ > 22 und der Compton- und Rayleigh-Streubereich mit den multivariaten statistischen Methoden berechnet.
Wie jedoch schon erwähnt, besteht ein Großteil der Substanzen aus Elementen mit Ordnungszahlen zwischen 1 und 20, die keine detektier- baren Röntgenfluoreszenzlinien aufweisen. Eine Charakterisierung dieser Elemente und somit der Substanz (wie z.B. zwischen NaCI und NaCN oder K2CO3 und KF) ist mit einer herkömmlichen EDRFA- Auswertung aufgrund fehlender Röntgenfluoreszenzlinien nicht möglich. Die RFA-Messung solcher Substanzen liefern lediglich Streustrahlungsspektren, die keine Zuordnung mit der herkömmlichen EDRFA-
Auswertung zulassen. Diese Substanzen wurden daher bisher in ein gemeinsames "Zuordnungsfeld" eingeordnet.
Dies bedeutet jedoch, dass hier nur eine sehr grobe Einteilung stattfinden kann. Für eine genauere Klassifizierung, müssen in diesen Fällen weitere Analysenmethoden herangezogen werden, teilweise mit vorheriger Probenentnahme und Aufbereitung der Probe. Diese weiteren Untersuchungen sind jedoch zeitaufwendig und kostenspielig. Durch die vorliegende Erfindung können nun diese zusätzlichen Analysen vermieden werden.
Erfindungsgemäß lässt sich nun für diese Substanzen innerhalb dem Zuordnungsfeld, welches mit der herkömmlichen Röntgenfluores- zenz(RFA)-Auswertung definiert wird, eine weitere Unterscheidung durch die Anwendung multivariater, statistischer Verfahren auf den Compton- und Rayleigh-Streubereich realisieren.
Als multivariate, statistische Verfahren kommen hier vorzugsweise die Haupkomponentenanalyse (PCA) und die regulierende Diskriminanza- nalyse (RDA) in Betracht. Diese Verfahren sind dem Fachmann als sol- ehe bekannt und in vielen Literaturstellen ausführlich behandelt (als Beispiel sei für die RDA zitiert: J.H. Friedman, J. Amer. Statistical Associa- tion, 1989. Vol. 84, No. 405, 165-175).
Durch die direkte Anwendung mulitvariater statistischer Verfahren auf den Compton- und Rayleigh-Streubereich kann eine weitere Zuordnung erfolgen. Erfindungsgemäß kann man die verschiedenen Verfahren jeweils alleine auf die Streuspektren anwenden oder auch beide nacheinander.
Mit Hilfe der Hauptkomponentenanalyse werden in den durch die herkömmliche RFA-Auswertung definierten Klassen weitere Unterklassen erkennbar. Mit PCA können spektrale Unterschiede der einzelnen Substanzen in der PCA-Darstellung sichtbar gemacht werden. In Beispiel 1 (Abbildung 1 ) ist das Ergebnis aus der PCA-Auswertung in Form eines "Score-Plots" dargestellt. Hier wurde der Streustrahlungsbereich von 20 Substanzen (in PE-Probengefäß), die keine Röntgenfluoreszenzsignale liefern, mit der Hauptkomponentenanalyse berechnet.
Mit Diskriminanzanalyseverfahren werden mathematische Modelle für die Substanzklassen aufgestellt - mit diesen Modellen können später Substanzen einer Klasse zugeordnet werden.
Klassen von aufgenommenen Spektren unterschiedlicher Substanzen werden mit der PCA visualisiert, anschließend deren Klassen mit der RDA berechnet. Das bedeutet, dass in die RDA sowohl der Spektralbereich oder die für den Spektralbereich errechneten Hauptkomponenten als Variablen angewendet werden können. Die Anzahl der verwendeten Hauptkomponenten wird nach dem sogenannten "Eigenwert-1 -Kriterium" oder durch eine Kreuzvalidierung ermittelt.
Im Folgenden sind die einzelnen Schritte von der Spektrenaufnahme bis zur Klassifizierung beschrieben.
Zunächst wird die zu analysierende Probe in ihrer ursprünglichen Verpackung - ein Öffnen der Packung ist also nicht notwendig und eine Probenentnahme entfällt - oder als solche ohne vorherige Aufbereitung in einem Probengefäß in der Röntgenfluoreszenzanlage vor der Messöffnung in einer Probenkammer positioniert wird.
Die Verpackung oder das Probengefäß, in welchem sich die zu analysierenden Probe befindet, kann aus einem Material ausgewählt aus der Gruppe Poiyethylen, Glas, Aluminium, Papier und Pappe, bestehen.
Nun erfolgt die Aufnahme des EDRFA-Spektrums. Danach wird, wenn keine Röntgenfluoreszenzlinien der Elemente aus der Substanz vorhanden sind, der Compton- und Rayleigh-Streubereich von 19,6 bis 26,3 keV (Anmerkung: dieser Bereich gilt nur für eine Anregung mit einer Ag- Röhre, s. Tabelle 1 ; bei Verwendung anderer Anregungsquellen liegt dieser Streubereich in einem der Anregungsquelle entsprechenden Bereich) für die multivariaten, statistischen Berechnungen (PCA.RDA) herausgesucht. Anschließend wird - falls gewünscht - die Berechnung der Hauptkomponenten mit der PCA für die neue Substanz in dem neuen Modell (inkl. Substanz), indem das Spektrum der Substanz enthalten ist, durchgeführt. Dieser Schritt ist optional.
Im nächsten Schritt werden die Klassen mit einem Lerndatensatz (Spektralbereiche oder optional die aus dem vorherigen Schritt ermittelten Hauptkomponenten) in der RDA aufgestellt und definiert.
Danach erfolgt eine Klassifizierung/Einordnung der neuen Substanz
(Testdatensatz, d.h. Spektralbereich oder Hauptkomponenten) in eine Klasse aus dem Lerndatensatz (optional können anstelle des Spektrums auch die Hauptkomponenten aus der PCA für die Klassifizierung herangezogen werden). Die Soll-Klasse muss natürlich in dem Lerndatensatz enthalten sein. Die Klassifizierung erfolgt nach den in der Literatur beschriebenen Berechnungen. Folgende Literaturstellen seien dafür beispielhaft zitiert:
Friedman, J.H., "Regularized Disciminant Analysis" in J. Am. Stat. As- soc. (1989) 84, 165-175; Frank, I.E., Friedman, J.H., Classification: "oldtimers and newcomers" in J. Chemom. (1989) 33, 463-75; Wu, W., Mallet, Y., Walczak, B., Penninckx, W., Massart, D.L., Heuerding, S., Erni, F., "Comparison of regularized discriminant analysis, linear discri- minant analysis and quadratic discriminant analysis, applied to NIR da- ta" in Anal. Chim. Acta (1996) 3293, 257-265; Baldovin, A., Wen, W., Massart, D. L., Turello, A. "Regularized discriminant analysis RDA - Mo- deling for the binary discrimination between pollution types" in Chemom. Intell. Lab. Syst. (1997) 381 , 25-37.
Im letzten Schritt erfolgt dann der Vergleich zwischen der dem Spektrum zugeordneten Klasse und der tatsächlichen Klasse bzw. dem auf dem Etikett beschriebenen Substanznamen. Ist das Ergebnis übereinstimmend, wird die Substanz weiterbearbeitet in Form von Einlagerung und Einsatz in der Produktion.
Vorzugsweise wird diese ganze Auswertung automatisch durch die Anwendung einer entsprechend angepassten Software durchgeführt, was die ganze Analysendauer und Berechnungszeit wesentlich beschleunigt. Der PCA- und RDA-Algorithmus ist kommerziell erhältlich und kann in die spätere Auswerte-Datenverarbeitung implementiert werden.
Die zu analysierenden Substanzen in ihren Verpackungen gelangen üblicherweise auf einem Transportband zur EDRFA-Anlage. Das Positio-
nieren der Verpackung vor der Messöffnung, das Aufnehmen des EDRFA-Spektrums, die Auswertung der Spektren, die anschließende Spektrenzuordnung und das Repositionieren der Verpackung auf dem Transportband werden vollautomatisch durchgeführt. Dementsprechend muss die EDRFA-Anlage und die dazugehörenden Komponenten (Probenkammer, Schnittstellen zur Substanzdatenbank, Steuerung der EDRFA) so ausgelegt sein, dass eine automatische Ansteuerung der einzelnen Komponenten möglich ist.
Gegenstand der Erfindung ist daher auch, dass das Verfahren innerhalb einer automatisierten Anlage zur Sortierung und Zuordnung von alten oder neuen Verpackungen, die chemische Substanzen enthalten, eingesetzt wird.
Die automatisierte Anlage besteht vorzugsweise aus folgenden Komponenten bzw. Schritten:
- Transportband für die zu analysierenden Substanzen in ihren Verpackungen;
- EDRFA-Anlage;
- Positionierung der Verpackung vor der Messöffnung in einer Probenkammer, wobei die Probenkammer die Verpackung vollständig umschließt;
- Messung;
- Spektrenauswertung und Zuordnung
- weitere Auswertung durch Anwendung multivariater, statistischer Verfahren und erneute, genauere Zuordnung;
- Repositionieren der Verpackung auf dem Transportband.
Vorzugsweise wird eine Röntgenfluoreszenzanalysen-Apparatur, beste- hend aus einer Röntgenröhre, einem Generator, einem energieauflösenden Detektor und Auswerteeleketronik, verwendet.
In einer bevorzugten Ausführung wird folgende Konfiguration der EDRFA-Anlage gewählt: Röntgenröhre mit Generator und Halbleiterde- tektor, die Messgeometrie, das heißt der Winkel zwischen Anregungsquelle, Probe und Detektor, wird variabel zwischen 45° und 90° gewählt,
sodass die Compton- und Rayleigh-Streulinien im Detektor aufgelöst sind.
Die Probenkammer muss die Packung vollständig umschließen, da im Umgang mit ionisierender Strahlung nach der Röntgenverordnung Schutzmechanismen eingehalten werden müssen. Es muss gewährleistet sein, dass die austretende Röntgenstrahlung einen definierten Grenzwert nicht überschreitet. Die Probenkammer ist vorzugsweise aus einem Material, das den Spektrenuntergrund (Streuung) in der Probenkammer nicht erhöht, automatisch zu öffnen sowie zu schließen ist und an der EDRFA-Apparatur adaptierbar ist.
Die Parameter für einen Routinebetrieb, also Röntgenröhrenspannung und -Stromstärke, Primärstrahlfiltermaterial und -dicke, Detektorblendenöffnung, Lagekoordinaten für die Packung vor der EDRFA- Messöffnung, können je nach Bedarf und Anforderungen experimentell ermittel und eingestellt werden. Für eine spätere Zuordnung der Spektren zu den Substanzen sind jeweils auch die Verpackungsgrößen, - materialien und Packungspositionen zu berücksichtigen.
Da mit einer großen Anzahl von zurückgenommenen Packungen zu rechnen ist, sollte auch die Analysendauer von kurzer Dauer sein. Erfindungsgemäß beträgt die Messzeit zur Aufnahme der Spektren vorzugsweise < 30 Sekunden.
In Beispiel A, Tabelle 1 wird eine bevorzugte Konfiguration mit den Parametern zur Messung und Auswertung beschrieben. Dies soll lediglich eine beispielhafte, in keinster Weise limitierende Aufzählung sein. In Beispiel A sind ebenfalls die bevorzugten, allgemeinen Messbedingungen für die Versuche aufgelistet.
In Schema 1 ist die EDRFA-Messgeometrie und Koordinatensystem für die Verpackungspositionierung für eine erfindungsgemäße bevorzugte
Ausführungsform zu sehen.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine schnelle, sichere und effektive Analysenmethode zur Identifikation von chemischen Substanzen durch die Verpackung hindurch zur Verfügung gestellt. Die EDRFA wird im Prinzip auf solche Substanzen aus Elementen mit Ordnungs-
zahlen zwischen 1 und 20, die bisher auf diese Weise nicht zu unterscheiden waren, erweitert . Dadurch kann bei der Zurücknahme von Chemikalien eine wesentlich verbesserte Charakterisierung und Zuordnung erreicht werden, ohne dass weitere Analysenmethoden, mit auf- wendigen Probenaufbereitungen und Probenentnahmen, herangezogen werden müssen.
Auch ohne weitere Ausführungen wird davon ausgegangen, dass ein Fachmann die obige Beschreibung in weitesten Umfang nutzen kann. Die bevorzugten Ausführungsformen sind deswegen lediglich als beschreibende, keineswegs als in irgendeine Weise limitierende Offenbarung aufzufassen.
Die vollständige Offenbarung aller vor- und nachstehend aufgeführten Anmeldungen und Veröffentlichungen sind durch Bezugnahme in diese Anmeldung eingeführt.
Die folgenden Beispiele sollen zur näheren Erläuterung der Erfindung dienen.
Beispiel A
In Tabelle 1 ist die Konfiguration mit den Parametern zur Messung und Auswertung beschrieben, die in den folgenden Beispielen angewendet wurde.
Tabelle 1 Ausstattung der EDRFA-Anlage für die abfallspezifische Zuordnung in der Rücknahme von Substanzen
Modell Beschreibung
Vorverstärker mit FET-Eingangsstufe, gepulster, optoelektronischer Rückkopplung,
Eintauchkryostat mit 25 μm Eintrittsfenster aus Be, 30 I Flüssiggasbehälter
RS-3001 Röntgengenerator, Röhrenhaube mit einem Fenster, 5 m HV- Kabel, Adapter und Röhrenhaubenhalterung
RACK-300 Analog-Elektronik im 19" Einschub mit Analog-Netzteil, Aktivfilterverstärker mit Dreiecksimpulsformung, Baseline-Restorer,
Impuls-Pileup-Rejektor und Impulsstreicher, Detektorhochspannungsversorgung, kontinuierlich einstellbar von 0 - 1000 V
TSI-MCA Analog/Digitalwandler und Impulshöhenanalysator für ISA-Bus
TSI-AQL Programmpaket für die EDRFA unter MS Windows TM
ICP-300A Industrie-PC im 19"-Gehäuse mit 250 W Netzteil, Zusatzlüfter, passiver Busplatine mit 8 ISA-, 2 ISA/PCI- und 4 PCI- Steckplätzen, Einplatinenrechner mit Pentium/133 CPU, 256 kB cache, 32 MB RAM, 2 x ser., 1 x par. Schnittstelle E-IDE- Schnittstelle, 1 ,44 MB Diskettenlaufwerk, 1 ,2 GB Festplatte, CD-ROM Laufwerk, PCI-Grafikkarte Matrox-Millenium (2 MB), MF-Tastatur, MS Maus, MS DOS 6.22 und MS Windows 3.11™
EIZO-57S SVGA Farbvideomonitor mit 43,2 cm (17") großer Bildröhre, TOC 95 Modell Eizo Flexscan T57S
Geräteschrank in 19" Norm zur Aufnahme des Röntgengene- rators, der Anlagenelektronik und des Industrie-PC
Primärstrahlkollimator (3 mm Strahldurchmesser, Material: AI)
Primärstrahlfϊlter (Materialien Cu, Mo, Ag)
Modell Beschreibung
WECO KL Umwälzkühler (Fa. GWK) 04
SCAN for Software-Paket zur chemometrischen Klassifizierung von Windows®, Substanzen, Fa. Minitab Version 1.1
Die Messbedingungen für die Versuche der Substanzklassizifierung können folgendermaßen ausgewählt werden:
Röhrenhochspannung 45 kV
Röhrenstromstärke 4 mA
Primärstrahlkollimatordurchmesser 2mm
Primärstrahlfiltermaterial Ag
Primärstrahlfilterdicke 0, 12 mm
Detektorblendenmaterial AI
Detektorblendenöffnung 3 mm
Detektorzeitkonstante 2 μs
Höhe Röntgenstrahl - Verpackungsboden 1 ,5 cm
Messzeit für die Klassifizierungs-Versuche 20 s
Verpackungsposition vor der EDRFA-Meßöffnung 10/0 (in mm, rechts vom Detektormittelpunkt)
Winkel (Primärstrahl - Probe - Detektor) ca. 60°
Beispiel 1
Die Messparameter und -bedingungen sind Beispiel A zu entnehmen.
1 .1
Der Compton- und Rayleigh-Streustrahlungsbereich (19,7 - 26,2 keV) von 20 Substanzen, die kein Röntgenfluoreszenzsignal liefern, werden mit der Haupkomponentenanalyse (PCA) berechnet. In Abbildung 1 ist das Ergebnis aus der PCA-Auswertung in Form eines "Score-Plots" dargestellt.
1.2
Die Ergebnisse aus der RDA (Regularized Discriminance Analysis) - Berechnung für die in 1.1 gemessenen 20 Substanzen sind in Abbildung 2 (berechnet mit dem Compton- und Rayleigh-Streubereich) und in Abbildung 3 (berechnet mit den ersten drei Hauptkomponenten aus der PCA) dargestellt.
1.3
In Tabelle 2 sind die unterschiedlichen Substanzen aus dieser Messreihe mit ihren physikalischen Daten aufgelistet.
Tabelle 2 Unterschiedliche Substanzen und ihre physikalischen Daten aus der Kein-Element-Gruppe (Messreihe 1 )
Beispiel 2
Die Messparameter und -bedingungen sind Beispiel A zu entnehmen.
2.1
In diesem Beispiel wurden 5 Chromverbindungen untersucht. Es wurden sowohl der Elementlinien- als auch der Compton- und Rayleigh- Streubereich mit der Haupkomponentenanalyse (PCA) ausgewertet. In Abbildung 4 ist das Ergebnis aus der PCA-Auswertung in Form eines "Score-Plots" dargestellt.
2.2
Die Ergebnisse aus der RDA (Regularized Discriminance Analysis) - Berechnung für diese Versuchreihe (s. Punkt 1.2) sind in Abbildungen 5 und 6 dargestellt.
2.3
In Tabelle 3 sind die untersuchten Substanzen aus der Gruppe Chrom und ihre physikalischen Daten aufgelistet.
Tabelle 3: Untersuchte Substanzen aus der Gruppe Chrom und ihre Physikalischen Daten (Messreihe 2)
Beispiel 3
3.1
Die Messreihe 3 wurde mit Substanzen aus der Gruppe Eisen durchgeführt nach den in Beispiel A beschriebenen Messparametern und -bedingungen.
In diesem Beispiel wurden 7 Eisenverbindungen untersucht. Es wurden sowohl der Elementlinien- als auch der Compton- und Rayleigh-
Streubereich mit der Haupkomponentenanalyse (PCA) ausgewertet. In Abbildung 7 ist das Ergebnis aus der PCA-Auswertung in Form eines "Score-Plots" dargestellt.
3.2
Die Ergebnisse aus der RDA (Regularized Discriminance Analysis) - Berechnung für diese Versuchreihe (s. Punkt 1.2) sind in Abbildungen 8 und 9 dargestellt.
3.3
In der Tabelle 4 sind die physikalischen Daten dieser Messreihe zu sehen.
Tabelle 4: Untersuchte Substanzen aus der Gruppe Eisen und ihre physikalischen Daten (Messreihe 3)
Die Beispiele mit den PCA-Berechnungen zeigen, dass sich in dem neu- en Datenraum, der durch die Hauptkomponenten aufgespannt wird, 20 Substanzen aus der Kein-Element-Gruppe und ausgewählte Substanzen
aus den Ein-Element-Gruppen Chrom und Eisen voneinander trennen lassen. Diese Trennung wird mit der herkömmlichen EDRFA-Auswertung der durch die Verpackung aufgenommenen Spektren nicht erreicht.
Die bestmögliche Auftrennung der Substanzen in dem neuen Datenraum und die geringste Streuung innerhalb der Gruppen wird für die Kein- Element-Gruppe durch die PCA-Berechnung unter Berücksichtigung des Compton- und Rayleigh-Streubereichs errreicht. Für die Ein-Element- Gruppen wird eine gute Auftrennung der Gruppen untereinander und ei- ne geringe Streuung innerhalb der Gruppen durch die PCA-Berechnung mittels Kombination des Fluoreszenzlinienbereiches des Elements und des Compton- und Rayleigh-Streubereichs erzielt.
Die Beispiele mit den RDA-Berechnungen zeigen, dass durch die Verpackung aufgenommene EDRFA-Spektren mit Hilfe des jeweiligen RDA- Modells voneinander unterscheidbar sind, wenn die Spektren für die RDA erkennbare spektrale Ähnlichkeiten aufweisen. Für die EinElement-Gruppen Chrom und Eisen ist eine Zuordnung der Substanzen zu einer zuvor definierten Klasse sowohl mit dem Spektralbereich (Fluoreszenzlinien-, Compton- und Rayleigh-Streubereich) als auch mit den signifikanten HK aus der PCA als Variablen möglich. Für die Eisen- Gruppe ist die Klassifizierung mit dem Spektralbereich sogar besser (berechnet durch eine interne Kreuzvalidierung des Eisen-Datensatzes).
Die RDA-Klassifizierung der Substanzen der Kein-Element-Gruppe zu ih- ren Klassen funktioniert ebenfalls.
Schema 1: