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Verfahren zum Brechen mäßig stabiler kolloidaler Systeme
In der Technik
spielen kolloidale Lösungen eine hervorragende Rolle, und es ergibt sich vielfach
die Aufgabe, diese Systeme zu brechen. Es sind bereits eine ganze Anzahl von Mitteln
bekannt, um in Form eines kolloidalen Systems vorliegende Feststoffe oder Flüssigkeiten
abzuscheiden. In manchen Fällen genügt es, eine Änderung der pn-Stufe herbeizuführen,
da bei Überschreitung des isoelektrischen Punktes eine Zusammenballung der kolloid
verteilten Substanzen und eine Abtrennung von dem Dispersionsmittel eintritt. In
anderen Fällen kann man durch Zusatz von Neutralelektrolyten, insbesondere solchen
mit mehrfach geladenen Ionen, eine Umladung und damit eine Ausflockung erreichen.
Durch Wärmezufuhr wird das Brechen kolloidaler Systeme im allgemeinen begünstigt.
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In gewissen Fällen werden auch Emulsionsspalter zu dem gleichen Zweck
mit Erfolg angewendet.
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Es wurde nun gefunden, daß man an Stelle oder in Verbindung mit den
vorerwähnten Mitteln auch Austauschadsorbentien mit Erfolg zum Brechen mäßig stabiler
kolloidaler Systeme anwenden kann. Als Austauscher im Sinne der vorliegenden Erfindung
sind die als Wasserstoff-, Hydroxylionen- bzw.
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Neutralaustauscher bekanntenAustauschadsorbentien, insbesondere auf
Kohle- und Kunststoffbasis, zu verstehen. Die Anwendung dieser Austauscher erfolgt
entweder
in Filtern bekannter Bauart oder auch in der Weise, daß man die Austauscher mit
den kolloidalen Lösungen innig verrührt. Im ersteren Fall scheidet sich der disperse
Stoff im allgemeinen in einer zusammenhängenden Schicht auf dem Filterbett aus und
kann in Form einer Haut abgezogen oder aber durch Rückspülung von dem Austauschermaterial
abgetrennt werden. Im zweiten Fall, bei welchem der Austauscher unter Bewegung mit
dem kolloidalen System in Berührung gebracht wird, scheidet sich der ausgeschiedene
Stoff in der Regel in Form von Flocken ab, die sich von dem Austauschermaterial
ablösen und nach Beendigung des Brechungsvorganges leicht abgetrennt werden können.
Je nach Art des zu brechenden Systems verwendet man die Austauschadsorbentien als
Wasserstoff- oder Hydroxylionenaustauscher oder aber in Form ihrer salzartigen Verbindungen.
Die Spaltungswfrkung, welche die vorerwähnten Austanschadsorbentien auf kolloidale
Systeme ausüben, ist in vielen Fällen besonders überraschend. So wird beispielsweise
mitunter durch Inberühmngbringen mit einem Wasserstoftionenaustauscher eine Flockung
erzielt, wie sie sonst nur durch vergleichsweise sehr hohe Dosen an Säure erreicht
werden kann. Ganz abgesehen davon, daß durch hohe Säurekonzentrationen vielfach
das Koagulat geschädigt wird, macht häufig auch die Verwertung des Filtrates infolge
der vorherigen Zugabe hoher Mengen von Flockungsmitteln erhebliche Schwierigkeiten.
Es kommt hinzu, daß die mittels Austauschadsorbentien geflockten Feststoffe sich
gegenüber solchen unter Zugabe größerer Chemil;alienmengen gefällten meist in vorteilhafter
Weise durch ausgezeichnete Filtrierbarkeit unterscheiden.
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In manchen Fällen wird die Flockung beschleunigt, wenn das System,
bevor es mit dem Austauscher in Berührung kommt, durch eine pu-inderung nahe an
seinen isoelektrischen Punkt gebracht wird. Beispielsweise wird vorher eine kleine
Menge Säure zugesetzt, die indessen nicht ausreichen würde, um für sich allein das
System instabil zu machen. Es kann hierdurch vielfach erreicht werden, daß der Austauscher
praktisch unbegrenzt lange wirksam bleibt, also eine rein katalytische Wirkung ausübt.
Hierzu genügt es, die Wasserstoffionenkonzentration des dispergierenden Mediums
so einzustellen, daß das lonengleichgewicht an dem z. B. als Wasserstoffionenaustauscher
eingesetzten Adsorbens praktisch unverändert bleibt.
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Durch diese Maßnahme können erhebliche Einsparungen an Fällungsmitteln
erreicht werden.
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Ein weiterer Vorteil des Verfahrens gemäß der Erfindung besteht auch
darin, daß Veränderungen der abgeschiedenen Kolloide vermieden werden, wie sie durch
Zusatz groß er Mengen bekannter Floclcungsmittel bzw. lange Einxvirkungszeiten häufig
hervorgerufen werden.
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Durch Erwärmen des Systems bei der Behandlung mit dem Austauschadsorbens
kann die Flockung bzw.
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Abtrennung der dispersen Phase weiter beschleunigt werden, doch ist
bei Verwendung von Austauschadsorbentien zum Brechen disperser Systeme eine wesentlich
niedrigere Temperatur als sonst ausreichend.
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Beispiel I Eine schwach saure, frisch gefällte kolloidale wäßrige
Lösung von Chlorsilber, die unter normalen Bedingungen viele Stunden trübe bleibt
und beim Filtrieren, z. B. über Papier, ein trübes Filtrat liefert, wird über einen
als Wasserstoffionenaustauscher vorliegenden Kationenaustauscher auf Kresol-w- Sulfonsäurebasis
filtriert. Das Filtrat läuft optisch völlig klar ab, der Chlorsilberuiederscblag
scheidet sich in Form einer gut ablösbaren Haut auf dem Filterbett ab.
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Beispiel 2 Eine Sole, die einer Ölsonde entstammt und bei der Aufspaltung
des Rohöles mit den üblichen Mitteln von dem Ö1 abgetrennt und abgezogen worden
ist, enthält 24 g Kochsalz pro Liter und neben geringen Mengen Calcium, Magnesium,
Ammonium, Carbonat und Sulfat 42 mg Jod pro Liter in Form von Natriumjodid.
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Diese Sole wird zunächst mit Salz- bzw. Schwefelsäure schwach sauer
gestellt (pH etwa 5) und hierauf mit der auf das Jod berechneten Menge Silbernitrat
in geringem Überschuß (IIoO/, der Theorie) versetzt.
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Hierbei scheidet sich eine starke Trübung von Jodsilber neben wenig
Chlorsilber aus. Die Trübe wird über ein Filter, das mit einem Kresol-æ-Sulfonsäureharz
mittlerer Körnung beschickt ist, geführt. Hierbei scheidet sich auf der Oberfläche
des Filterbettes das Jodsilber in flockiger, gut filtrierbarer Form ab, während
ein wasserklares Filtrat abläuft. Nachdem der Niederschlag eine genügende Stärke
erreicht hat bzw. der Filterwiderstand angestiegen ist, wird die gebildete Oberflächenschicht
entfernt und in be-Iiannter Weise auf Jod und Silbernitrat, das zur Fällung zurückgeht,
verarbeitet. Es gelingt auf diesem Wege, das Jod aus der Sole nahezu quantitativ
zu gewinnen unter praktisch restloser Rückgewinnung und Kreislaufführung des Silbers.
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Mit ähnlichem Erfolg wie ein Wasserstoffionenaustauscher kann im
vorliegenden Fall ein Hydroxylionenaustauscher verwendet werden.
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In gewissen Fällen, wo die Ölwässer Reste von ungesättigten Kohlenwasserstoffen
oder sonstigen Stoffen stark reduzierenden Charakters enthalten, ist es zweclsmäßig,
mittels eines besonderen Filters zunächst die Ölspuren zu entfernen bzw. diese Stoffe
durch Zugabe beschränkter Mengen eines Oxydationsmittels zu zerstören, um eine Reduktion
des alsdann zugesetzten Silbernitrates zu metallischem Silber zu vermeiden.
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Beispiel 3 Eine Emulsion von Benzol in Wasser, die mit Hilfe eines
alkalischen Emulgators stabilisiert ist, wird über einen Wasserstoffionenaustauscher
auf Kohlebasis filtriert. Im Filtrat treten Wasser und Benzol in klare Schichten
getrennt in Erscheinung.
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Beispiel 4 Zu einem mittels eines sauren Emulgators hergestellten
Latex von synthetischem Kautschuk wird unter Rühren ein Hydroxylionenaustauscher
hinzu-
gefügt. Das Kautschukmaterial wird ausgeflockt und durch
Rückspülen von dem Austauschermaterial abgetrennt; es zeichnet sich durch eine leichte
Löslichkeit aus, die gegebenenfalls auch zur Trennung von dem Austauschermaterial
ausgenutzt werden kann.
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Beispiel 5 Eine kolloidale wäßrige Eisenhydroxydlösung wird über
einen mit Chlorionen beladenen Anionenaustauscher filtriert. Das Filtrat ist völlig
eisenfrei.