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Verfahren zur Herstellung kautschukelastischer Produkte Die Umsetzung
von Glykolen mit Dicarbonsäuren führt in der Regel nicht zu so hochmolekularen Produkten,
wie sie bei der Umsetzung von Diaminen mit Dicarbonsäuren erhältlich sind und als
lineare Superpolymere bezeichnet werden. Um nun auch Polyester für solche Anwendungsgebiete
brauchbar zu machen, denen nur die linearen Superpolymeren zugänglich sind, ist
bereits vorgeschlagen worden, ihr Molekulargewicht durch Umsetzung mit Diisocyanaten
zu erhöhen. Es ist anzunehmen, daß hierbei dank der reaktionsfähigen Endgruppen
der Polyester unter dem Einfluß der Diisocyanate ein Kettenwachstum eintritt. Bei
dieser nachträglichen Molekülvergrößerung von linearen Polyestern zeigte sich, daß
der lineare Charakter, der sich u. a. in einem relativ scharfen Erweichungspunkt
und in der Kaltreckbarkeit äußert, unter bestimmten Umständen zugunsten eines kautschukelastischen
Zustandes v erlorengehen kann. Diese Erscheinung war bisher stets an die Voraussetzung
geknüpft, daß die Polyester noch andere reaktionsfähige Wasserstoffatome als an
den Endgruppen besitzen oder doch zumindest solche im Laufe der Umsetzung mit den
Diisocyanaten bilden. Derartige reaktionsfähige Gruppen an anderen Punkten als an
den Enden der Kette können beispielsweise durch Einkondensation einer geringen Menge
einer trifunktionellen Hydroxyl- oder Carboxylverbindung in den Polyester entstanden
sein. Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß die Polyester Carbonamidgruppen
enthalten, welche im Polyester entweder von vornherein durch Kondensation von Aminen
enthalten waren oder bei der nachträglichen Einwirkung von Isocyanaten auf Carboxylendgruppen
des Polyesters gebildet werden können.
In allen genannten Fällen
ist bei der Einwirkung von Diisocyanaten neben der Möglichkeit zur Kettenverlängerung
auch die Möglichkeit zu Vernetzungen gegeben, worauf dann der kautschukelastische
Zustand zurückzuführen ist.
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Es wurde nun die überraschende Beobachtung gemacht, daß man, ausgehend
von Polyestern und Düsocyanaten, einen kautschukelastischen Zustand auch dann erhält,
wenn man a) als Polyester solche verwendet, welche außer in den Endgruppen keine
an Isocyanate addierende Wasserstoffatome tragen bzw. im Laufe der Umsetzung mit
Isocyanaten bilden und für deren Aufbau ganz oder überwiegend Komponenten mit höchstens
sieben Kettengliedern benutzt wurden, und b) als Diisocyanate solche der carbo-
oder heterocyclischen Reihe anwendet, welche wenigstens zwei o-kondensierte Ringe
enthalten.
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Die für dieses Verfahren verwendeten Polyester werden beispielsweise
aus folgenden Komponenten aufgebaut: a) Säuren: Malonsäure, Bernsteinsäure, Adipinsäure,
Methyladipinsäure, Maleinsäure, Dihydromuconsäure, Thiodipropionsäure, Diäthylätherdicarbonsäure
; b) Glykole: Äthylenglykol, 1, 3-Propylenglykol, 1, 3-Butylenglykol, i, 4-Butylenglykol,
i, 6-Hexandiol, Methylhexan-i, 6-diol, Buten-(2)-diol-(1, 4), Diäthylenglykol, Thiodiglykol,
2, 2'-Dimethyl-1, 3-propylenglykol; c) Oxysäuren : soweit sie nicht durch Ringbildung
einer Polyesterbildung ausweichen.
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Das neue Verfahren bezieht sich nicht nur auf reine Polyester, sondern
auch auf sog. Mischester, die mehrere der obengenannten Komponenten enthalten. Das
Molekulargewicht der Ester soll mindestens etwa iooo sein. Die Mengenverhältnisse
von Glykolen und Säuren werden zweckmäßig so gewählt, daß die Polyester eine OH-Zahl
von etwa 2o bis 5o und keine nennenswerte Säurezahl tragen. Als Düsocyanate mit
mindestens zwei o-kondensierten Ringsystemen seien genannt die Diisocyanate der
Naphthalinreihe, wie Naphthalin-i, 5- bzw. -2, 6- oder -2, 7-diisocyanat, Anthracendiisocyanate,
Anthrachinondiisocyanate, Fluorendiisocyanat, Diisocyanate des Phenanthrens, Pyrens
und Chrysens sowie deren Alkyl- oder Arylderivate, Diphenylensulfondiisocyanat,
Diphenylmethansulfondiisocyanat, N-Äthylcarbazol-3, 6-diisocyanat, N-(Isocyanato-propyl)-carbazol-isocyanat,
Diphenylenoxyddiisocyanat, Diphenylensulfiddiisocyanat, Octohydroanthracen-9; io-diisocyanat.
Diese Diisocyanate, die auch Halogenatome tragen können, waren bisher weitgehend
unbekannt. Sie wurden nachden üblichen Methoden hergestellt und stellen meist kristallisierte
Substanzen mit relativ hohem Schmelzpunkt dar. Es ist überraschend, daß sie sich
auch dann zu homogenen Kunststoffen umsetzen lassen, wenn ihr Schmelzpunktüber der
Kondensationstemperatur liegt.
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Die Umsetzung zwischen den linearen Polyestern und den genannten Diisocyanaten
erfolgt zweckmäßig in zwei Stufen. Man arbeitet beispielsweise in der Art, daß man
das Diisocyanat zunächst in die auf 8o bis ioo° geheizte Schmelze des Polyesters
einträgt. Hierbei nimmt die Viskosität rasch zu, so daß man die Umsetzung auf dem
Kneter oder auf einer geheizten Walze zu Ende führen muß. Die Diisocyanate werden
hierbei zweckmäßig im Überschuß gegenüber der aus der Zahl der reaktionsfähigen
Endgruppen des Polyesters errechneten Menge angewandt. Die bei dieser Operation
erhältlichen Vorkondensate sind noch vorwiegend thermoplastisch und können bei Temperaturen
über izo° in einen dem vulkanisierten Kautschuk ähnelnden Zustand übergeführt werden,
wobei man vorteilhaft unter Druck und unter gleichzeitiger Formgebung arbeitet.
Die Vorkondensate können auch nach dem Spritzverfahren verarbeitet werden. Die Auskondensation
bei den erwähnten höherenTemperaturen kann durch aktive Füllstoffe und Katalysatoren,
wie tert. Basen, Fe-Salze, beschleunigt werden. Diese können ebenso wie sonstige
Füll- und Zusatzstoffe auf der Walze eingearbeitet werden. Die erhältlichen Endprodukte
stellen in ungefülltem Zustand mehr oder minder durchsichtige Körper dar. Selbst
im ungefüllten Zustand zeigen sie eine hohe Reißfestigkeit und Kerbzähigkeit und
besonders bei Verwendung von Mischestern auch sehr gute Dehnungswerte. Das Füllvermögen
der neuen kautschukelastischen Produkte ist sehr groß. Sogar mit erheblichen Mengen
sog. inaktiver Füllstoffe bleiben die guten Eigenschaften der neuen Stoffe weitgehend
erhalten. Sie erweichen erst bei Temperaturen weit über 15o°. Alle Produkte zeichnen
sich durch eine gute Lagerbeständigkeit aus.
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Zur Erreichung besonderer Effekte können selbstverständlich auch Mischungen
der erwähnten Diisocyanate untereinander oder mit anderen Diisocyanaten zur Anwendung
kommen.
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A. Herstellung der zur Kondensation verwendeten Polyester Die Polyester
werden durch thermische Veresterung der Komponenten hergestellt. Die Kondensation
wird in einem verschlossenen Rührgefäß unter Überleitung von Kohlensäure und allmählicher
Temperatursteigerung durchgeführt. Bei 12o bis 13o° beginnt die Veresterung, und
nach etwa io bis 15 Stunden ist die berechnete Menge Wasser abgespalten. Sodann
wird noch io Stunden auf 22o° erwärmt und bei der gleichen Temperatur zur Entfernung
niedermolekularer Anteile 6 Stunden im Vakuum erhitzt. Die Kondensationsprodukte
sind bei Verwendung von Glykol und Adipinsäure wachsartige Produkte, bei Verwendung
von mehr als zwei Komponenten halbfeste bis flüssige Produkte, die eine O H-Zahl
von 25 bis 45 und eine Säurezahl kleiner als i besitzen. Zur Erreichung einer möglichst
niederen Säurezahl ist es zweckmäßig, einen Überschuß an Glykol von io bis 15 °/o
anzuwenden. B. Herstellung der Diisocyanate Man phosgeniert in üblicher Weise die
Chlorhydrate von Diaminen der isocyclischen oder heterocyclischen Reihe mit mindestens
zwei kondensierten Ringen in einem indifferenten Lösungsmittel, wie Toluol, Chlorbenzol,
Dichlorbenzol, Chlornaphthalin, bei Temperaturen von ioo bis 2oo°, bis die Salzsäureentwicklung
aufhört, oder man legt Phosgen in einem indifferenten Lösungsmittel in der Kälte
vor, trägt das Diamin ebenfalls in der Kälte ein und phosgeniert dann unter langsamer
Steigerung der Temperatur.
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Es folgen die Konstanten der in den folgenden Beispielen verwendeten
Isocyanate:
Fp. des |
Dii.socyanat Fp. Dimethyl- |
urethans |
1Taphthylen-i, 4-diisocyanat 67bis7o' 22obis22i' |
_ -1, 5- - 128° 233bis236' |
(Zersetzung) |
_ -2,6- _ i52bisi54° 2q4bis246' |
_ _2, 7_ _ I52bisi53' |
Fluoren-2, 7-diisocvanat i28bisi3o, |
Chry sen-2, 8-diisocyanat 274' |
Pyren-2, 8-diisocyanat 234° |
Diphenylensulfondiisocyanat 288 bis 290' |
Dipheny1methansulfon- |
diisocvanat i66bis z68' |
Beispiel i In 4oo g eines Glykoladipinsäurepolyesters (O H-Zahl 31,9, Säurezahl
1,5) werden unter gutem Rühren und Überleiten von Kohlensäure bei ioo bis
130' 56 g Naphthylen-i, 5-diisocyanat auf einmal eingetragen. Man steigert
die Temperatur auf 14o bis 16o', wobei die Viskosität stark zunimmt. Nach etwa 25
Minuten ist ein sehr zähes, thermoplastisches Produkt entstanden, was beim Erkalten
bröcklig wird. Es wird auf der heißen Walze zum Fell verarbeitet, das zunächst stark
klebt und sich nach 25 bis
30 Minuten von der geheizten Walze ablöst. Nach
dem Verpressen bei i5o bis 170' erhält man ein hochelastisches, kautschukartiges
Material mit folgenden Prüfwerten:
Festigkeit: 478 kg(cm2 Struktur: 52,5 kg bei 4140/0 |
Dehnung |
Dehnung: 686 0/0 Rückprallelastizität: 6o |
Kälteverhalten: Ein Prüfkörper von 3 mm Dicke hält bei -5o' 7ooo Knickungen aus,
ohne zu brechen.
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Der kautschukartige Zustand bleibt in dem weiten Temperaturbereich
von etwa-36" bis +i5o' erhalten. Beim Abkühlen auf -70' erhält man ein reckbares
Material, das beim Auftauen bei etwa -4o' wieder in den ursprünglichen Zustand zusammenschnurrt.
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Verwendet man an Stelle des I, 5-Naphthylendiisocyanats solche Diisocyanate,
die noch gegeneinander frei bewegliche Kohlenstoff-Kohlenstoff-Glieder oder Benzolkerne
mit freier Drehbarkeit enthalten, wie z. B. das i, 4-Butandiisocyanat, i, 6-Hexandiisocy
anat, 4, 4' - Diphenylmethandiisocyanat, 4, 4'-Dicyclohexylmethandiisocyanat, 4,
4'-Diphenyldiisocyanat, oder solche mit kleinerem Molekularvolumen, z. B. 2, 4-Toluylendiisocyanat,
i-Chlor-2, 4-toluylendiisocyanat, so erhält man nur lederharte und orientierbare
Materialien.
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Ersetzt man obigen linearen Polyester teilweise durch einen schwach
vernetzbaren Polyester, wie z. B. aus 25 Mol Adipinsäure +25 Mol Glykol +i Mol Trimothylolpropan,
so erhält man ebenfalls sehr hochwertige kautschukelastische Produkte, die eine
verbesserte bleibende Dehnung, aber eine etwas geringere Kerbzähigkeit besitzen.
Den gleichen Effekt kann man auch durch einen sehr geringen Zusatz von Triisocvanaten
erzielen.
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Setzt man vergleichsweise die analog hergestellten Sebacinsäuregly
kolpolyester mit den unterschiedlichsten Durchschnittsmolekulargewichten mit den
Naphthylendiisocyanaten um, so erhält man bei gewöhnlicher Temperatur harte Materialien
ohne kautschukelastische Eigenschaften, die sich auf das Drei- bis Vierfache ihrer
ursprünglichen Länge recken lassen.
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a) 400g des gleichen Gly koladipinsäurepolyesters werden mit 6o g
N aphthylen-2, 7-diisocyanat umgesetzt. Die Kondensationsdauer beträgt etwa 45 Minuten.
Nach dem Walzen und Verpressen entstand eine einwandfreie kautschukartige Platte,
deren Prüfung folgende Werte ergab
Festigkeit: 402 kg/cm= Struktur: 39,2 kg bei 459 "./" |
Dehnung |
Dehnung: 785 010 |
b) 58 g Naphthvlen-i, 4-diisocyanat -- 400 g Glykoladipinsäurepolyester ergeben
nach dem Verpressen ein Material von praktisch den gleichen Eigenschaften mit folgenden
Prüfwerten:
Festigkeit: 315 kg/cm= Struktur: 32,1 kg bei 5040,.'0 |
Dehnung |
Dehnung: 756 0;'0 |
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt man mit Naphthylen-2, 6-diisocvanat, Fluoren-2,
7-diisocyanat und Pyren-3, 8-diisocyanat.
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Beispiel 2 Addiert man in analoger Weise an Zoo g des Glykoladipinsäurepolyesters
36,8 g Chrysen-2, 8-diisocyanat, so entsteht ein ganz ähnliches kautschukelastisches
Produkt mit einer Festigkeit von 299 kg,'cm= und einer Dehnung von 684 0/0.
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Beispiel 3 Ein gemäß den allgemeinen Ausführungen hergestellter Mischester
aus 365g Adipinsäure, 295 g Bernsteinsäure und 358,6 g Glykol mit der OH-Zahl
35,1 und der Säurezahl 0,5 wird mit Diphenylmethansulfondiisocyanat im Kneter
bei i3o- umgesetzt. Auf ioo g Polyester werden 18 g des Diisocyanats verwendet.
Die Kondensationsdauer beträgt 9 Stunden. Das heiß gewalzte Material wurde unter
den üblichen Bedingungen bei i7o' verpreßt. Die Prüfung der erhaltenen kautschukelastischen
Platte ergab folgende Werte:
Festigkeit: 25o kg(cm2 Dehnung- 617",'" |
Beispiel 4 An 200g des im Beispiel 3 beschriebenen Mischesters, der auch Maleinsäure
enthalten kann, werden 36g Diphenylensulfondiisocy anat addiert. Die Kondensation
wird bei 170' ausgeführt und ist nach etwa 2 Stunden beendet. Das Material läßt
sich bei 170' bleibend verformen und besitzt eine Festigkeit von 174,51ig!cm= und
eine Dehnung von cq2q[0,". Die Struktur beträgt io kg bei 504 0;'0 Dehnung.
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Beispiel 5 Ein nach Beispiel i a aus Gly koladipinsäurepoly -ester
und Naphthylen-2, 7-isocyanat erhaltenes Produkt wird auf der Walze mit 45 0/ 0
Talkum gefüllt
und bei z7o° verpreßt. Man erhält eine lederartiges
Material, dessen Prüfung folgende Werte ergab
Festigkeit: 313 kg Struktur: 37,4 kg bei 178 °/o |
Dehnung |
Dehnung: 396 |
Die neuen kautschukelastischen Produkte weisen gegenüber dem Natur- und dem synthetischen
Kautschuk auch den großen Vorteil auf, _daß man von verhältnismäßig niedrigmolekularen
Bausteinen ausgeht. Das erleichtert ungemein das Einarbeiten von Füllstoffen und
gestattet auch, die Materialien in Formen zu gießen und dann durch Erhitzen auf
höhere Temperatur bleibend zu verformen. Die Füllstoffmenge kann bis zu 8o °/o unter
weitgehender Erhaltung der Festigkeitswerte gesteigert werden.