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Verfahren zur Herstellung von Polymerisationsprodukten Es wurde gefunden,
daß Dihydromuconsäure und ihre Derivate einschließlich der Nitrile sowie a- und
a, a'-substituierte Homologen dieser Verbindungen und deren Derivate in technisch
vielseitig verwendbare Polymerisate übergeführt werden können. Die Polymerisation
dieser Verbindungen kann durch Einwirkung von Wärme in Gegenwart oder Abwesenheit
von beschleunigend wirkenden Stoffen erfolgen. Als Beschleuniger können besonders
peroxydartige Verbindungen, wie Peroxyde organischer, aliphatischer und aromatischer
Säuren, besonders Benzoylperoxyd und dessen Substitutionsprodukte, wie z. B. o-,
m-oder p-Chlorbenzoylperoxyd, Toluylperoxyd, aber auch Alkylperoxyde, weiter Verbindungen,
wie Aluminiumchlorid, Zinkchlorid, Zinntetrachlorid oder Borfluorid, die für die
Friedel-Craftssche Synthese Verwendung finden, ferner Säuren, z. B. Schwefelsäure,
Phosphorsäure, angewendet werden. Die Polymerisation kann bei gewöhnlichem, vermindertem
oder bei erhöhtem Druck erfolgen. In vielen Fällen ist es möglich, in Gegenwart
von Lösungsmittel oder Nichtlösungsmittel, wie Wasser, z. B. auch nach dem Perl-und
Emulsionspolymerisationsverfahren zu arbeiten. Je nach den Bedingungen entstehen
niedermolekulare oder höhermolekulare Polymerisate, die als Weichmacher, Harze,
Lackrohstoffe oder als Zwischenprodukte für die Herstellung komplizierterer organischer
Verbindungen usw. vielseitiger Verwendung fähig sind.
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Als Derivate der Dihydromuconsäure sind vor allem die Ester, Nitrile
und Amide zu nennen, auch
gemischte und saure Derivate sind brauchbar.
Unter den Homologen sind in erster Linie die a-Methylverbindungen, insbesondere
die a, a'-Dimethyldihydromuconsäure, zu nennen.
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Dihydromuconsäure, ihre Derivate und Homologen sind auch mit anderen
ungesättigten Verbindungen, mischpolymerisierbar, z. B. mit Styrol-, Acryl- und
Methacrylverbindungen, Vinylacetat und Vinylchlorid. Die Mischpolymerisierbarkeit
ist nicht bei allen genannten Verbindungen gleichmäßig vorhanden. Sie muß jeweils
durch Versuch festgestellt werden. Häufig wird der Polymerisationsverlauf anderer
polymerisierbarer. Verbindungen in charakteristischer und technisch wertvoller Weise
beeinflußt. Vor. allem wird die oft zu heftig verlaufende Polymerisationsreaktion
von Acryl- und Methacrylverbindungen gebremst und der explosionsartige Verlauf in
einen geregelten übergeführt. Auch das Molekulargewicht der entstehenden Polymerisate
wird in charakteristischer Weise beeinflußt. Im allgemeinen wird es herabgesetzt,
so daß diese Stoffe auch als Polymerisationsregler gute Dienste leisten.
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Je nach den Bedingungen und den verwendeten Ausgangsstoffen erhält
man Produkte von sehr verschiedenen Eigenschaften. Dimethyldihydromuconsäure polymerisiert
mit Benzoylperoxyd in der Wärme leicht zu einer glasklaren, harten Masse, die in
heißem Wasser löslich ist und deren Alkali- und Ammonsalze auch in kaltem Wasser
leicht löslich sind. Die Lösungen zeigen erhöhte Viskosität. Sie liefern beim Eintrocknen
glasklare, harte Filme, mit Weichmachern geschmeidige feste Filme.
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Der Dimethylester der Säure läßt sich mit Benzoylperoxyd beispielsweise
bei iio° zu einem bei gewöhnlicher Temperatur kolophoniumähnlichen, klar durchsichtigen
Harz polymerisieren, das bei Temperaturen über ioo° bis zur beginnenden Zähflüssigkeit
erweicht, in vielen organischen Lösungsmitteln löslich ist, in Wasser, Benzin, Mineralöl
und ähnlichen Stoffen aber unlöslich ist:' Die Ester der höheren Alkohole, z. B.
des Butylalkohols, können beispielsweise in salbenartige Massen, die in Benzin löslich
sind und ihre Konsistenz auch bei Temperaturen unter - 2o° beibehalten, übergeführt
werden. Das Dinitril liefert ein hartes, bei + ioo° mit dem Nagel eindrückbares,
bräunlich verfärbtes Polymerisat.
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Man kann die Polymerisation auch so leiten, daß mehr oder weniger
niedrigmolekulare Produkte entstehen, beispielsweise durch Anwendung höherer Temperaturen
und durch Wahl geeigneter Katalysatoren. Die obengenannten Katalysatoren Zinkchlorid,
Zinntetrachlorid, Borfluorid, Schwefelsäure, Phosphorsäure usw. liefern Umsetzungsprodukte
mit besonders niedrigem Polymerisationsgrad. Man kann so ölartige bis zähflüssige
Substanzen erhalten, in denen sich noch Doppelbindungen nachweisen lassen, die durch
Hydrierung abgesättigt werden können. Man kann auch so arbeiten, daß man zunächst
bei hoher Temperatur und gegebenenfalls in Gegenwart der genannten Katalysatoren,
die niedrigmolekulare Produkte erzeugen, arbeitet und das entstehende niedrigmolekulare
Produkt dann bei niedrigeren Temperaturen z. B. mit Benzoylperoxyd weiterpolymerisiert.
Diese Arbeitsweise ist möglich, weil die zuerst entstandenen niedrigmolekularen
Polymerisate selbst noch polymerisationsfähig sind.
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Weitere neue Möglichkeiten ergeben sich durch die Mischpolymerisation
mit anderen ungesättigten Verbindungen. Auch hier lassen sich hoch- und niedrigmolekulare
Mischpolymerisate erzeugen. Es ist sehr überraschend, daß Mischpolymerisation eintritt,
da ja offenbar der Reaktionsmechanismus der Polymerisation solcher ungesättigter
organischer Verbindungen, wie der Acrylverbindungen und des Styrols, ein anderer
ist. Auch bei den Mischpolymerisaten kann man je nach den Reaktionsbedingungen auf
solche hohen, mittleren oder niedrigen Polymerisationsgrades hinarbeiten. Die Mischpolymerisate
zeigen neue und unerwartete Eigenschaften, beispielsweise liefernAcrylester in Mischpolymerisation
mit Dimethyldihydromuconsäuxedimethylester Polymerisate, die härter und zäher sind
als die Polymerisate der reinen Acrylsäureester. Mit Methacrylsäuremethylester dagegen
erhält man Mischpolymerisate, die gegenüber dem reinen Polymethylmethacrylat weicher
und dehnbarer sind und einen niedrigeren Erweichungspunkt besitzen.
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Acrylsäurenitril, das für sich allein polymerisiert nur pulverartige
Massen liefert, gibt glasartige,. harte und klare Mischpolymerisate mit Dimethyldihydromuconsäuredimethylester.
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Manche Mischungen leicht polymerisierbarer Monomerer, die. keine echten
Mischpolymerisate ergeben, können in Gegenwart der Dihydromuconsäureverbindungen
zur Bildung echter 'ivEschpolymerisate veranlaßt werden.
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Die beschriebenen Polymerisate und Mischpolymerisate zeigen technisch
wertvolle Eigenschaften und sind vielseitiger Verwendung fähig. Sie können als Kunststoffe
zur Herstellung von Werkstoffen und glasartigen Produkten dienen und sind für die
Herstellung von Filmen, Lacken, - künstlichen. Fasern in der Textil- und Lederindustrie
sowie in der Elektrotechnik verwendbar. Besonders die beschriebenen niedrigmolekularen
ölartigen Produkte sind, gegebenenfalls nach Hydrierung der in ihnen noch vorhandenen
Doppelbindungen, wertvolle Weichmacher, die eine ausgezeichnete Verträglichkeit
mit vielen Natur- und Kunstharzen aufweisen und die wegen ihrer hervorragenden Stabilität
und schweren Flüchtigkeit auf vielen Gebieten anwendbar sind.
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Viele Produkte zeichnen sich durch besondere Geschmeidigkeit, Haftfestigkeit
auf Unterlagen, Verträglichkeit mit anderen Harzen, Klarheit und Witterungsbeständigkeit
aus. Polymerisatdispersionen, die die genannten Mischpolymerisate enthalten, zeichnen
sich häufig durch besonders gute Stabilität aus.
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Mit dem Ausdruck Polymerisation soll nicht irgendein bestimmter Reaktionsmechanismus
festgelegt sein; es ist möglich, daß die als Polymerisation bezeichneten Vorgänge
auch als Kondensationen bzw. als kondensierende Polymerisationen zu bezeichnen sind.
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Beispiele i. a, ß-Dihydromuconsäuremonomethylester (F.6o°) wird mit
10/, Dibenzoylperoxyd verschmolzen und
bei ioo° polymerisiert. Es
entsteht ein leicht gelbliches, klares, .hartes, benzinunlösliches Harz. Dabei nimmt
n211 von 1,509 für das monomere Material bis auf 1,537 für das Polymerisat zu.
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2. a, a'-Dimethyldihydromuconsäuredimethylester wird unter Zusatz
von i,o °/o Dibenzoylperoxyd bei ioo bis iio' der Polymerisation unterworfen. Man
erhält ein leicht gelbliches Harz, das bereits bei 36' erweicht und bei 85' zähflüssig
ist. Es ist löslich in Benzol, in Estern, Ketonen und Chlorkohlenwasserstoffen,
unlöslich in Aliphaten. n D = 1,473 für das Polymerisat.
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3. a, ä - Dimethyldihydromuconsäuredibutylester wird wie in Beispiel
i polymerisiert. Es entsteht ein bei gewöhnlicher Temperatur zähflüssiges Produkt,
das auch bei - 2o' noch weich ist. Es ist in den meisten organischen Lösungsmitteln
löslich und mit vielen Harzen verträglich.
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q. a, a'-Dimethyldihydromuconsäure (F. 88 bis 8g') wird mit i,o °/o
Dibenzoylperoxyd verschmolzen und bei ioo' polymerisiert. Man erhält ein klares,
hartes Harz, das in heißem Wasser, Methanol und Äthanol löslich ist und mit wäßrigen
Alkalien Alkalisalzlösungen von erhöhter Viskosität ergibt, die zu glasklaren Filmen
auftrocknen.
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5. Eine Mischung aus 7o Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester und
3o Gewichtsteilen a, ä -Dimethyldihydromuconsäuredimethylester wird unter
Zusatz von o,2 Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd polymerisiert. Man erhältoein vollständig
klares, in der Hitze noch weiches, bei gewöhnlicher Temperatur festes und sehr zähes
Produkt, das zähe, feste Filme liefert.
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6. Eine Mischung aus 6o Teilen Methacrylsäuremethylester und q.o Teilen
a, a =Dimethyldihydromuconsäuredimethylester, die o,8 Teile Dibenzoylperoxyd enthält,
wird in Zoo Teilen Wasser, dem o,1 Teile polyacrylsaures Natrium zugesetzt sind,
durch Rühren fein verteilt. Unter Rühren wird q. Stunden auf 76 bis 8o' erwärmt.
Man erhält ein feinkörniges, perlförmiges Polymerisat, das klare Lösungen liefert.
Die 25°/oige Toluollösung hat eine Ausflußzeit aus dem DIN-Einheitsbecher von 27
Sekunden. Das Polymerisat ist für die Herstellung von Lacken ausgezeichnet geeignet.
Es ist mit vielen anderen Lackrohstoffen verträglich.
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7. Eine Mischung aus 7o Gewichtsteilen Methacrylsäurebutylester und
3o Gewichtsteilen a, a =Dimethyldihydromuconsäuredimethylester . wird mit
o,2 Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd polymerisiert. Man erhält ein klares, weiches
Polymerisat, das sich besonders als Rohstoff zur Herstellung von Lacken eignet,
ferner für Kunstleder oder als Zwischenschicht für Sicherheitsglas.
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B. Eine Mischung aus 5o Gewichtsteilen Acrylsäuremethylester und 5o
Gewichtsteilen a, a'-Dimethyldihydromuconsäuredimethylester wird mit o,a Gewichtsteilen
Dibenzoylperoxyd polymerisiert. Es entsteht ein glasklares, hartes und sehr zähes
Harz, das in den üblichen organischen Lösungsmitteln löslich ist.
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g. Eine Mischung aus 8o Gewichtsteilen Acrylsäurenitril und 2o Gewichtsteilen
a, a'-Dimethyldihydromuconsäuredimethylester wird mit o,8 Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd
in wäßriger Phase entsprechend Beispiel 6 bei 7o' polymerisiert. Man erhält feine
Perlen, die zur Herstellung von Preßmassen von besonderer Festigkeit und guter Lösungsmittelbeständigkeit
geeignet sind.
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io. Eine Mischung aus 7o Gewichtsteilen Acrylsäurenitril und 3o Gewichtsteilen
a, a'-Dimethyldihydromuconsäuredibutylester, mit o,5 Gewichtsteilen Dibenzoylperoxyd
polymerisiert, ergibt ein gelbes, klares, festes, sehr zähes Harz.
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ii. Man polymerisiert a, a'-Dimethyldihydromuconsäuredinitril unter
Zusatz von 0,5 °/o Dibenzoylperoxyd. Es entsteht ein in der Hitze noch mit
dem Fingernagel eindrückbares, in der Kälte hartes, etwas bräunlich gefärbtes Polymerisat.
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12. 75 Teile Vinylacetat, i50 Teile Methacrylsäuremethylester, 25
Teile Dimethyldihydromuconsäuredimethylester und 2 Teile Benzoylperoxyd werden in
einer Aufschlämmung von io Teilen Magnesiumcarbonat in 50o Teilen Wasser fein verteilt.
Unter Rühren wird 6 Stunden auf 7o bis 75' erwärmt. Man erhält ein homogenes Mischpolymerisat
in Form von feinen Perlen, das sich zu einer klaren Platte verpressen läßt. Es ist
nicht möglich, ein homogenes Mischpolymerisat aus Vinylacetat und Methacrylsäuremethylester
unter den angegebenen Bedingungen ohne Zusatz des Dimethyldihydromuconsäuredimethylesters
zu erhalten.
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13. 16o Teile Methacrylsäuremethylester und q.o Teile Dimethyldihydromuconsäuredimethylester
werden in einer Lösung von i Teil Türkischrotöl und 0,4 Teilen Kaliumpersulfat in
Zoo Teilen Wasser emulgiert. Die Emulsion wird 2 Stunden auf 75° erwärmt. Man erhält
in ruhiger Polymerisation eine 50 °/o Trockensubstanz aufweisende, latexähnliche
Dispersion des Polymerisats. Es ist nicht möglich, die Polymerisation des Methacrylsäuremethylesters
ohne Zusatz von Dimethyldihydromuconsäuredimethylester in einer Konzentration von
50 °/o durchzuführen, da der Reaktionsverlauf zu heftig ist und ein großer Teil
des entstehenden Polymerisats nicht in dispergierter Form anfallen würde.
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1q.. a, a'-Dimethyldihydromuconsäuredimethylester wird in einem Autoklav
6 Stunden auf 22o° erhitzt. Es entsteht dabei ein gelbliches Öl von noch schwach
ungesättigtem Charakter, das bei 0,5 mm zum größten Teil bei 211 bis 2i3°
destilliert und n20 D = 1,4671 hat.
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Das Öl läßt sich leicht katalytisch hydrieren und ist danach als Weichmacher
mit besonders guter Verträglichkeit anwendbar.
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15. Das nach Beispiel 14 hergestellte unhydrierte Öl wird mit i0/,
Dibenzoylperoxyd versetzt und 96
Stunden bei ioo' polymerisiert. Die Viskosität
des Materials nimmt zu, und der Brechungsindex steigt von 1,4671 bis auf i,47zo
an. Das so erhaltene, nicht mehr destillierbare zähe Öl eignet sich vorzüglich als
Weichmacher mit ausgezeichneter Verträglichkeit.