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Überzugsmasse zum Flammspritzen Es ist bekannt, daß man gewisse thermoplastische
Kunststoffe nach dem sog. Flammspritzverfahren verarbeiten kann. Bei diesem Verfahren
wird der Kunststoff in geschmolzener oder pulverisierter Form durch eine Flamme
auf eine Oberfläche geblasen, die mit einer Schutzschicht versehen werden soll.
Von Kunststoffen ist vor allem das Polyäthylen heran-;;ezogen worden. Es ist aber
bekanntgeworden, daß inan auch andere thermoplastische Kunststoffe, darunter Acrylharze,
nach diesem Verfahren verarbeiten kann. Die bisher erprobten thermoplastisehen Kunststoffe
erfüllen jedoch noch keineswegs alle Anforderungen, die an Schutzüberzüge gestellt
werden. Polyäthylen 'hat zwar sehr gute chemische Widerstandsfähigkeit, ist aber
mechanisch unzureichend, zu weich und zu temperaturempfindlich. Härtere Überzüge
kann man aus Polymerisaten und Mischpolymerisateii von Styrol, Acryl- und Methacrylsäureverbin:dungen
erhalten. Es hat sich aber herausgestellt, daß derartige Überzüge besonders hei
größeren Objekten und stärkeren Temperaturschwankungen zu Rißbildung neigen und
daß es sehr schwierig ist, genügend zähe, schlagfeste; auch bei Biegebeanspruchung
ausreichend geschmeidige Überzüge mit guter Oberflächenhärte damit herzustellen.
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Es wurde nun gefunden, daß sich überraschend gute Überzüge, die die
genannten Nachteile nicht aufweisen und darüber hinaus eine Reihe von Vorteilen
besitzen, aus Massen herstellen lassen, die Acrylnitril in Form seiner Polymerisate
und Mischpolymerisate enthalten. Besonders leicht zu verarbeiten sind Massen, in
denen der Acrylnitrilanteil bis zu etwa 6o% im Mischpolymerisat ausmacht, z. B.
Misc'hpolymerisate mit Acryl- und Met'hacrylverbindungen, Vinyläthern, substituierten
Vinylaminen,
Styrol, Vinylestern, insbesondere -acetat und dessen Umwandlungsprodukten. Unter
diesen Mischpolymerisaten sind besonders solche mit Acrylestern; vor allem dem Methyl-,
Äthyl- und hutylester wegen der außerordentlichen Geschmeidigkeit und Zähigkeit
hervorzuheben. Polynierisate mit höherem Gehalt an Acrylnitril als 6o% sind etwas
schwieriger zu verarbeiten, weil sie schwer schmelzen und leicht härten. Bei solchen
Polymerisaten ist es -vorteilhaft, Quellungsmittel oder andere wenigstens in der
Hitze lösend wirkende Zusätze mitzuverwenden, die bei der Verarbeitung evtl. wieder
ganz oder teilweise, z. B. durch Verdampfung oder Verbrennung, entfernt werden oder
aber auch im Überzug verbleiben kiinnen. Als geeignete Mittel dieser Art sind z.
B. \-Formylamine oder Amide, wie Dimethylformamid und N-Formylmorpholin, Nitrophenole,
cyclische Sulfoxyverbindungen, wie Tetramethylensulfoii, Cyanhydrine, wie Cyclohexanoncyanhydrin
tind Äthyleiicyanhydrin, zu nennen. Auf diese \\'eise lassen sich auch Überzüge
mit sehr hohem Acrylnitrilgehalt oder aus praktisch reinem Polyacrylnitril herstellen,
die durch besondere Temperaturbeständigkeit, mechanische Festigkeit und Widerstandsfähigkeit
gegen Lösungsmittel usw. ausgezeichnet sind.
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Andererseits wurde gefunden, daß auch Massen finit relativ geringem
Acrylnitrilgehalt, z. B. von io Oder 20%, lrereitsEigenschaften aufweisen, die eine
entscheidende Verbesserung gegenüber acryliiitrilfreien Polyinerisaten bedeuten
und vor allem mechanisch und 'hinsichtlich ihrer Geschmeidigkeit, l@iiltefestigkeit
und Haftfestigkeit außerordentliche Vorteile aufweisen.
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Durch Zusatz von Weichmachungsmitteln, Füllstoffen und Farbstoffen
und durch Kombination mit anderen harzartigen Verbindungen lassen sich die I:igenscliaften
der Massen besonderen Bedürfnissen c#iitsprecliend verändern.
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Als Verfahren zur Verarbeitung der Massen kommt nicht nur das bisher
in erster Linie bekanntgewordene Versprühen der pulverförmigen Produkte durch Flammen
in Betracht, es gibt auch analoge Verarbeitungsmöglichkeiten, bei denen beispielsweise
das pulverförmige Material nicht in die Flamme, sondern in die Verbrennungsgase
der l,' lamme oder in hocherhitzte Gase anderer Art eingeführt werden.
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=\uch Verfahren, bei denen die Materialzufuhr in Forni eines Stabes
erfolgt, der in der Flamme zersprüht wird, kommen in Betracht, doch 'hat sich gerade
in vorliegendem Fall die Verarbeitung von feinen Pulvern als besonders geeignet
erwiesen. Die (rl)erzüge sind besonders als Schutzschichten auf Metall, insbesondere
Eisen und Aluminium wichtig. Die Massen lassen sich aber auch auf viele andere Oberflächen,
wie Stein, Holz, Pappe u. dgl., aufhringen. Sie sind auch als Grundierung bzw. Zwischenschicht
für weitere Schutzschichten wertvoll, insbesondere weil sie die Spannungen zwischen
l.Tnterlage und Oberschicht aufnehmen können, das Reißen anderer darüherliegender
Schichten, z. B. bei Temperaturwechseln vermeiden helfen und die Haltefestigkeit
verbessern.
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Die Herstellung der Massen für das Flammspritzverfahren kann auf beliebige
Weise erfolgen. Besonders günstig in der Anwendung erweisen sich Produkte, die nach
dem Suspensions- oder Etnulsionspolymerisationsverfa:hren unmittelbar in feiner
Körnung 'hergestellt werden können. Es ist aber auch möglich, die Massen auf jede
beliebige andere Weise herzustellen und gegebenenfalls auf die ge-. wünschte Körnung
zu vermahlen. Der Polymerisationsgrad der Massen läßt sich in vielen .Fällen nicht
oder nicht einwandfrei bestimmen, da auch in den für Polyacrylnitril besonders geeigneten
Lösungsmitteln nicht lösliche Polymerisate gut verarbeitbar sind. Niedrigviskose,
einwandfrei lösliche Polymerisate liefern besonders leicht fließende, hochglänzende
und glatte Überzüge. 'Die Widerstandsfähigkeit gegen Chemikalien und Lösungsmittel
läßt sich durch die Wahl der oben angegebenen Mischpolymerisatkomponenten in weiten
Grenzen beeinflussen.
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Die Tatsache, daß gerade polyacrylnitrilhaltige Massen zum Flammspritzen
besonders gut geeignet sind, ist in höchstem Maße überraschend, weil Acrylnitril
und seine Mischpolymerisate an sich schon sehr schwer verarbeitbare Stoffe sind.
Diese Polymerisate unterliegen zudem bei höheren Temperaturen einer . Härtung, die°
einen noch weitergehenden Verlust der thermoplastischen Eigenschaften zur Folge
hat und die Schmelzbarkeit der Massen beseitigt. Dieser Prozeß ist von einer Verfärbung
der Polymerisate begleitet, die bei Massen mit geringen Acrylnitrilgehalten gelbe
bis braune, hei hohem Acrylnitrilge'halt zu dunkelbraunen bis fast schwarzen Überzügen
führen kann. Trotzdem sind -dergrtige Überzüge keineswegs infolge Zersetzung unbrauchbar,
sie sind vielmehr überraschenderweise porenfrei undweisenEigenschaften auf, die
sich mit anderen Polymerisaten und Massen nicht annähernd erreichen lassen. Beispiele
i. Ein Mischpolymerisat aus 30% Acrylnitril und 70% Acrylsäureäthylester, das in
Aceton eine spezifische Viskosität von #7 dp/c 0,20 bis 0,25 besitzt und
ih einer Korngröße von höchstens o,2 mm Durchmesser vorliegt, wird in einer Flammspritzpistole
mit Acetylen-Luft-Gemisch auf ein 2 mm dickes Eisenblech verspritzt. Es bildet sich
ein gelbbrauner, porenfreier Überzug mit glänzender, glatter Oberfläche, der bei
Biegen und Knicken des Bleches nicht reißt und durch Schlag selbst bei einer Temperatur
von -5o° nicht springt.
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Der Überzug ist gegen Säuren, Wasser und viele organische Lösungsmittel
beständig. Gegen alkalische Beanspruchung, z. B. durch verdünnte Natronlauge, ist
er nicht beständig. Auf diesen Überzug lassen sich andere Schutzschichten, insbesondere
auch ' alkalibeständ'ige, auf beliebige Weise, z. B. durch Flammspritzen, aufbringen.
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2. Wird ein Mischpolymerisat aus 40% Acrylnitril, 20% Acrylsäureäthylester
und 40% Acrylsä
urebtitylester in der gleichen Weise wie nach Beispiel
i verspritzt, so wird ein Überzug erhalten, der außer einer ausgezeichneten Knick-
und Biegefestigkeit auch gegen alkalische Beanspruchung weitgehend beständig ist.
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3. Ein Nlisclipolymerisat atts 50% Acrylnitril, 2o% Styrol und 30%
Acrylsäureät'hylester gibt auf Aliiniinitini verspritzt einen glatten, glänzenden
lrberzug von brauner Farbe, welcher praktisch gegeli fast alle gebräuchlichen Lösungsmittel
beständig ist.
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.f. Ein gleirlier Überzug wie bei Beispiel 3 wird erbalten mit 300/0
:lcrylnitril. 50% Styrol und 20% @crylsätireätliylester. Dieses Mischpolymerisat
l;ißt sich sehr leicht verspritzen und gibt einen \erli:iltnisniäßig hellen und
harten Film. Durch entsprechende Pigmcntierung lassen sich z. B. elfenbeinfarbene,
emailartig wirkende Überzüge erhalten.
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5. Ein Mischpolymerisat aus 30% Acrylnitril, 5o0/0 @,'iiiylisolitityl'it'Iier
und 20% AcrylsäureinetliyIester wird wie in Beispiel i verspritzt und liefert einen
sehr geschmeidigen, haftfesten t @lierztig.
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(i. Hin %lisc'Iipolyiiierisat aus io% Acryltiitril, -4o% \letliacrylsäuremetliylester
und 500/0 Methacr@lsüurel>uty@ester, wie nach Beispiel i verspritzt, führt zu einem
hellbraunen, harten, nicht reißenden l'I>erzug von glatter, glänzender Oberfläche.
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7. Hin @lischpolymerisat aus 30% Acrylnitril, 4o"/o _\crylsäurenietliylester,
29% Vinylidencblorid tind i % Bleioleat wird durch eine Propan-Luft-Flaninie auf
i@luminium verspritzt.
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B. l:in Mischpolymerisat aus 40% Acrylnitril, 4o% .\cryls<iureätliylester
und 20% Vinvlacetat wird nach ßeislüel i verspritzt. g. Ein Mischpolymerisat von
30% Acrylnitril, 5o% Butadien und 2o% Methacrylsäuremethylester, nach Beispiel i
verspritzt, führt zu einem zähen, mechanisch widerstandsfähigen Überzug.
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io. Ein auf Aluminium gut haftender Überzug wird erzielt, wenn ein
Mischpolymerisat aus 400/0 _lcrylnitril, 37% Acrylsäurebutylester, 2o% Methacrylsäuremethylester
und 3% Methacrylsäure verspritzt wird. Eine gleiche Wirkung wird erzielt, wenn Acrylsäure
an Stelle von Methacrylsäure' verwendet wird.
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i i. Eine pulverförmige Masse aus 7o Teilen eines Mischpolymerisats
aus 85% Acrylnitril, 15% Acrylsäureäthylester und 3o Teilen Dimethylformamid, durch
die Flammgase einer Propylen-- Luft-Flamme verspritzt, liefert einen harten, tiefbraunen,
matten Überzug, der gegen praktisch alle Lösungsmittel beständig ist.
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12. Polyacrylnitrilpulver mit einer spezifischen Viskosität von o,15
in Dimethylformamid wird mit einem Zusatz von 3o Teilen Tetramethylensulfon versehen
und entsprechend Beispiel i i verspritzt.
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13. Ein Misc'hpolymerisat aus 40% Acrylsäurenitril und 6o% Acrylsäureäthylester
wird in 3 mm dicker Schicht allseitig auf einen i mm starken Aluminiumring gespritzt
und dient als Dichtung bei Rohrverflanschungen.