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Verfahren und Wannenofen zum Erschmelzen von Glas in ununterbrochen
betriebenen Wannenöfen Bei den besonderen Schmelz- und Arbeitsverhältnissen des
Herstellens von Glas in Wannenöfen galt es bisher, im Gegensatz zum Hafenofenverfahren,
in der Praxis als Regel, beim Schmelzen und Läutern des flüssigen Wannenglases sorgfältig
alles zu vermeiden, was eine künstliche Durchmischung und erhebliche Beunruhigung
der Schmelze herbeiführen könnte. Denn es ist weder erwünscht noch praktisch möglich,
den gesamten Wanneninhalt völlig zu durchmischen, weil das den Wänden und dem Boden
der Wanne zunächstliegende Glas bekanntlich mehr oder weniger erstarrt oder strengflüssig
ist und absichtlich in diesem Zustande erhalten wird zwecks Schonung der Wand- und
Bodensteine der Wanne. Eine völlige Durchmischung, wie es beim Schmelzen in verhältnismäßig
kleinen Glashäfen üblich und vorteilhaft ist, würde zudem die obere, heiße und dünnflüssige,
der Arbeitsstelle zuströmende Glas-Schicht durch das darunterliegende, wesentlich
kältere und unter Umständen teilweise entglaste Bodenglas verderben können. Die
Homogenisierung von `Vannenglas wird auch dadurch erschwert, daß die oberste strömende
Glasschicht sogar in jedem einzelnen Ofenquerschnitt der Wanne in Größe, Form usw.
sich andauernd verändert und sehr schwankende Eigenschaften aufweist. Insbesondere
ist dieoberste schwimmende Glasschicht verschieden heiß und wechselt häufig die
Bewegungsrichtungen.
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Um die oft unbefriedigende Beschaffenheit und Schmelzgeschwindigkeit
des Wannenglases zu verbessern, ist bisher hauptsächlich eine Steigerung der Ofentemperatur
namentlich bei Maschinenwannen vorgenommen worden. Aber dies führt bekanntlich zu
häufigen Reparaturen und unwirtschaftlichen Betriebsstörungen, auch ist das Glas
oft ungleichmäßig und fehlerhaft, weil die dünnflüssige und heiße Oberschicht leicht
Teile des Bodenglases ablösen und mitreißen kann, ohne daß bei der geringen Glasbewegung
eine vollständige Vergleichmäßigung auf dem Wege bis zur Entnahmestelle noch möglich
wäre. -Man hat daher (z. B. Dralle »Die Glasfabrikation« zgzr, Band II, Seite zorg,
a. Absatz sowie im amerikanischen Patent 1414 oo8) den Vorschlag gemacht, das Wannenglas
im letzten Betriebsabschnitt unmittelbar vor den Arbeitsstellen zu durchmischen,
wie es für optisches Glas im Hafenofenbetrieb an sich bekannt ist. Jedoch ist damit
aus den eingangs erwähnten Gründen im allgemeinen die Gefahr einer Glasverschlechterung
durch Vermischen mit aufgewühltem Bodenglas durchaus nicht behoben, da im letzten
Betriebsabschnitt sich Ungleichmäßigkeiten des sich bereits abkühlenden Glasflusses
nur noch langsam und unvollkommen beseitigen lassen.
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Das vorliegende Verfahren besteht darin, daß man das Glasbad der Wanne
außer in dem der Abkühlung des fertigen Glases auf Arbeitstemperatur dienenden Ofenabschnitt,
ständig oder in ausreichend häufiger Wiederholung, unter ausreichend dichter Anordnung
der Mischstellen und in gleichbleibendem Tiefenbereiche des Glasstromes durchmischt.
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Wenn dabei zunächst und vorübergehend Bodenglas mit aufgerührt wird,
bis sich schließlich
ein gewisser Beharrungszustand des Strombereichs
herausgebildet hat, so bietet sich dem dünnflüssigen und nunmehr verhältnismäßig
rasch bewegten Glasfluß in den zum Schmelzen und Läutern dienenden heißen Betriebsabschnitten
noch hinreichend Zeit und Gelegenheit, sich genügend zu vergleichmäßigen. Die Gefahr,
durch Aufrühren des Bodenglases das Erzeugnis endgültig zu verschlechtern, ist also
bei vorliegendem Verfahren nicht sehr groß und kann praktisch dadurch beseitigt
werden, daß man den Bewegungs- bzw. Wirkungsbereich der einzelnen Mischstellen durch
Anordnen einer Vielzahl derselben entsprechend verkleinert. Denn bei hinreichend
kleinem Wirkungsradius vermag die betreffende Mischstelle auch bei sehr hoher Ofentemperatur
nach Erreichung eines durchschnittlichen Beharrungszustandes der Schmelze offenbar
keine sehr großen Mengen des Bodenglases aufzuspülen, plötzlich und im ganzen loszulösen
und in den Schmelzstrom hineinzuziehen.
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Gleichwohl kann dabei nunmehr die Bewegungs- und Mischgeschwindigkeit
der einzelnen Schmelzflußteilchen in den heißgehenden Betriebsabschnitten im Durchschnitt
um ein Vielfaches gesteigert werden, so daß sich vorteilhafteÄnderungen des Wannenschmelzverfahrens,
namentlich eine Verbesserung der Glasbeschaffenheit uud der Schmelzleistung bei
Verringerung der Schmelzzeit, der Ofengröße und der Brennstoffkosten, gegebenenfalls
auch der Ofentemperaturen, ergeben. Gegenüber dieser künstlich und planmäßig hervorgerufenen,
verhältnismäßig raschen Mischbewegung des heißflüssigen Wannenglases kann die ganz
langsame, willkürlich und ungleichförmig durch Wärmeunterschiede und Glasentnahme
hervorgerufene Eigenbewegung der Schmelze in den in Rede stehenden Betriebsabschnitten
der Wanne nunmehr von untergeordneter Bedeutung sein.
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Der Glasstrom kann je nach der Lage der Entnahmestelle, der Temperaturverteilung
und der jeweils zu schmelzenden Glasmengen sehr verschieden verlaufen. Man kann
seinen Verlauf zum mindesten an und nahe der Oberfläche deutlich sichtbar machen
durch Einlegen von besonderen Schwimmkörpern, welche völlig oder nahezu das gleiche
spezifische Gewicht wie die flüssige Schmelze besitzen und zweclnäßig einen nichtschmelzenden
Mantel aus Zirkonerde, Siliciumcarbid usw. erhalten, wobei die Eintauchtiefe durch
entsprechende Wahl des spezifischen Gewichts des Schwimmermasse geregelt werden
kann. Man erhält so in praktisch hinreichender Weise einen unmittelbaren, anschaulichen
Einblick in den Strombereich im ganzen, in seine verschiedenen Übergänge und Abstufungen
sowie in die verwickelten Bewegungen des Wannenglases für die betreffenden Ofentemperaturen.
Die zweckmäßigste Anordnung, Tätigkeit und Tiefenlage der Mischvorrichtungen wird
vorteilhaft unter Benutzung der erwähnten Schwimmkörper gewählt und jeweils entsprechend
eingestellt, um einen günstigenStrömungsverlauf zu erzielen und alsdann möglichst
aufr echtzuerhalten.
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Wenn durch die wesentlich beschleunigte Glasbewegung ein rascher Verbrauch
der Steine der Seitenwände befürchtet wird, so kann man durch geeignete Materialien
(z. B. durchWannensteine aus Zirkonerde, Siliciumcarbid usw.) oder durch ein Fernhalten
der Schmelzflußwirbel von den Seitenwänden (etwa durch starke Kühlung oder durch
Abfangen der Wirbel) dies vermeiden.
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Die Erfindung soll an Hand der schematischen Zeichnungen näher erläutert
und ergänzt werden.
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In Längsschnittfigur i und in Grundrißfigur a ist die Glaswanne a
durch mehrere, in an sich bekannter Weise auf dem Glasspiegel schwimmende Brückensteine
b" b2 und b3 in mehrere Betriebsabschnitte zerlegt. Im Abschnitt I wird das Gemenge
niedergeschmolzen; imAbschnittII wird die Glasbildung vollendet; im Abschnitt III
wird das Glas geläutert und gelangt im Abschnitt IV zur Entnahme. Die sich in .
der Wannenmitte gegeneinander stützendenBrückensteine b sind als -Hohlkörper ausgebildet,
damit die von beiden Seiten der Wanne aus hineingepreßte (heiße) Luft durch die
zahlreichen, mit den Brückensteinen verbundenen Düsenrohre c wunschgemäß in Form
von Blasenströmen in die Wannenschmelze hineingelangt und die flüssige Glasmasse
durchmischt. Die Erzeugung von in Querreihen aufsteigenden Blasenströmen ist durch
einen früheren Vorschlag des Erfinders (s. Patentschrift 303o8) bekannt geworden
und ist an sich nicht -Gegenstand vorliegender Erfindung. Der größere Teil der aus
schmelzbeständigem Material bestehenden Rohrstücke c ist in der Zeichnung Fig. i
schräg nach rechts unten mündend angeordnet, damit der Reaktionsdruck der Gasblasen
mithilft, die schleusenartig wirkende Schwimmbrücke geschlossen zu halten. Für die
Abdichtung des als Kugelgelenk ausgebildeten Druckleitungsanschlusses der Brückensteine,
welche an und in der Seitenwand der Wanne nur verhältnismäßig niedrigen Temperaturen
ausgesetzt sind, kann man erforderlichenfalls feinen Ouarzsand, Asbest usw. als
Dichtungsmittel verwenden. Da die erforderliche Menge und die spezifische Wärmekapazität
von Luft oder sonstigen geeignet erscheinenden Gasen nicht sehr groß ist, so ist
ein Kaltblasen der Schmelze nicht zu befürchten, zumal man j a auch vorgewärmte
oder heizende Gase verwenden kann. Ein Auswechseln der Schwimmbrücken und ein Verändern
ihrer Lage oder sonstige Änderungen, auch das Anwenden mehrerer Mischvorrichtungen
im
einzelnen Wannenabschnitt lassen sich ohne Betriebsstörungen
vornehmen, etwa von nichtgezeichneten Öffnungen der Seitenwände aus. Auch vermag
man infolge der Eigenart des. Wannenschmelzverfahrens, daß das nahe den Boden- oder
Seitenwandungen befindliche Glas dickflüssig oder erstarrt ist, z. B. die Seitenwände
unterhalb des Glasspiegels zu durchbohren und Rohre u. dgl. langsam in die Glasschmelze
einzuführen, wenn man durch hinreichende Abkühlung der betreffenden Stelle dafür
sorgt, daß die benachbarte Glasmasse nicht flüssig wird und nicht durch die Wandung
hindurchbrechen kann (Fug. 3 und q.).
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Im Wannenabschnitte I findet eine wesentliche Beschleunigung und Erleichterung
des Niederschmelzens statt, falls man es für zweckmäßig hält, bereits in diesem
Wannenabschnitte ein künstliches Mischen, welches die günstige Wirkung der aufsteigenden
Luft- oder Gasbläschen kräftig unterstützt, herbeizuführen. Auch vermag man beim
Durchrühren im Schmelzraum mehr vorgeschmolzenes Glas (Brocken, verglaste Rohstoffe
usw.) für sich allein oder jedenfalls ohne die übliche überwiegende Beimengung von
Gemenge dennoch zu gutem, gleichmäßig zusammengesetztem Wannenglase zu verarbeiten.
Zudem brauchen die Scherben oder das vorgeschmolzene Glas nicht mehr zerkleinert
und innig mit Gemenge zur Vermeidung von Streifen und Rampen vermischt zu werden.
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Im Teile II der Wanne besteht die Wirkung einer gründlichen Durchmischung
vor allem darin, die noch vorhandenen Kieselsäurekörner, Steine und die sonstigen
Einschlüsse zu beseitigen. Diese kommen viel schneller und sicherer als bisher zur
Auflösung oder Ausscheidung.
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Im Läuterungsbereich III der Wanne wird bei vorliegendem Verfahren
eine hinreichend vergleichmäßigte Schmelze erhalten, da ähnlich wie bei durchmischtem
Hafenglase alle Ungleichmäßigkeiten des Glasflusses beseitigt werden. Durch eine
künstliche Durchmischung findet ein vollkommener Ausgleich der Glasstoffe und der
Wärme statt und die Ausscheidung von blasenbildenden Gasen wird außerordentlich
begünstigt.
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In dem Wannenabschnitt IV wird zweckmäßig bei den üblichen Ofenformen
eine künstliche Durchmischung unterlassen, um die erreichte Vergleichmäßigung der
Schmelze aufrechtzuerhalten und das Bodenglas dortselbst nicht aufzurühren. Dagegen
kann es häufig vorteilhaft sein, die Abkühlung der Schmelze auf Arbeitstemperatur
in geeigneter Weise künstlich zu beschleunigen.
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Die zahlreichen Vorteile, welche ein gut vergleichmäßigtes, hochwertiges
und durch Leistungssteigerung des Ofens sowie durch Brennstoffersparnis verbilligtes
Wannenglas für die verschiedensten Verwendungszwecke, auch- z.'B. zur Verbilligung
von Wasserglas, bietet, sind naheliegend.
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Eine hohe Ofentemperatur ist offenbar bei vorliegendem Verfahren im
allgemeinen durch= aus nicht notwendig, obwohl sie_naturgemäß.in vielen Fällen zur
Erzielung einer möglichst großen Schmelzmenge vorteilhaft erscheint.
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In konstruktiver Hinsicht ergibt sich die Möglichkeit, den fließenden
Glasstrom in der Wannenmitte wesentlich dicker als bisher zu halten, so daß bei
gegebener Ofenleistung die Wanne verhältnismäßig klein ausgeführt werden kann.
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In Fig. 3 und Querschnittsfigur 4. wird-in .die Wanne a ständig dasRohgut
(Gemenge; Brocken, vorgeschmolzenes flüssiges oder erstarrtes Rohglas usw.) bei
d zugeführt und als fertiges Glas bei e entnommen. Mittels der durch die Seitenwände
reihenweise hindurchgeführten Rohrstücke c werden in die flüssige Glasschicht heiße
Blasenströme hineingedrückt. Die Glasteilchen erhalten dabei eine durch die eingezeichneten
Pfeile angedeutete Spiralbewegung quer zur Richtung der Blasenreihe und der Gesamtströmung.
Vor den Schwimmern f , welche auch durch Einbuchtungen der Wandungen ersetzt werden
können, und am Wannenrande sammeln sich selbsttätig etwaige Glasunreinheiten(Gallen)
an und können von dort leicht abgezogen werden.
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Zwischen den zahlreichen Mischstufen wird in der Regel nur ein sanfter
und allmählicher Übergang bestehen. Dennoch läßt sich auf den sehr langen, planmäßig
geordneten Umwegen der Glasteilchen von d nach e eine einwandfreie Durchmischung
und Wärmeausgleichung erzielen. Es erscheint bei geeigneter Ausführung ausgeschlossen,
daß etwa von d aus ein Glasteil - ohne die vorgeschriebene planmäßige Bahn in vielen
Spiralen erledigt zu haben - etwa durch Zufall oder durch unvorhergesehene Strömungswirbel
direkt nach c gelangen und dort die fertigen Schmelzteile verschlechtern kann. Durch
Ein- oder Ausschalten oder sonstiges Regeln von einzelnen Düsen oder reihenförmig
angeordneten Düsengruppen läßt sich die Form, Größe und Wirkung der einzelnen Durchmischungsstufen
und der verhältnismäßig großen Schmelzwege mannigfaltig in bequemer Weise ändern.
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Gegebenenfalls kann man das Verfahren nur auf einen Teil, etwa auf
den Niederschmelzraum oder auf den Läuterungsabschnitt der `Wanne, allein anwenden.
Erwähnt sei ferner, daß die Wannenschmelze z. B. mittels sogenannter Oberflächenverbrennungsdüsen,
welche durch die aus ihren Poren dringenden Flammengase vor dem chemischen Angriff
der Schmelze umhüllt und geschützt gehalten werden, von innen aus erhitzt werden
kann.
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In der Querschnittfigur.5 ist die Anwendung mehrerer Blasenreihen,
welche vom Boden der
.Wanne aus durch eine eingebaute Längsbrücke
hindurch eingeleitet werden, veranschaulicht.
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Es ändert an dem Wesen und der Wirkung des Verfahrens nichts Wesentliches,
wenn die Zuführung von Rohglas oder Zuschlägen postenweise oder die Blasenerzeugung
in gewissen Zeit-oder Raumabständen vorgenommen wird, falls nur im ganzen betrachtet
die Arbeitsweise der mit einer oder mehreren künstlichen Durchmischungsstufen versehenen
Wanne kontinuierlich ist. Auch ist es für den Grundgedanken des Verfahrens unwesentlich,
wenn die Durchmischung der Glasströmung in den heißgehenden Betriebsabschnitten
der Wanne statt durch eingepreßte Gasblasen durch mechanische Rührer oder durch
sonstige; geeignet erscheinende physikalische oder chemische Mittel erfolgt.