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Gewinnung von Kupfer oder Blei aus ihren oxydischen, oxydierten oder
gerösteten Erzen Die Anwendung von Thiosulfatlösungen als Lösungsmittel für die
in Erzen enthaltenen wertvollen Metalle ist bisher praktisch auf die Behandlung
von Gold- und Silbererzen beschränkt geblieben.
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Gemäß der Erfindung wird eine Lösung eines löslichen Thiosulfats in
Verbindung mit Schwefeldioxyd benutzt, um oxydische, oxydierte oder geröstete Erze
zwecks Extraktion des darin enthaltenen Kupfers oder Bleis zu behandeln. Das Schwefeldioxyd
hat die Wirkung, das Kupfer in ein in Thiosulfatlösung leicht lösliches Cuprosulfit
und das Blei in ebenfalls in Thiosulfatlösung leicht lösliches Sulfit und Sulfat
umzuwandeln. Nach einer abgeänderten Ausführungsform wird die Behandlung mit Schwefeldioxyd
fortgelassen, wenn das Blei in dem zu behandelnden Gtit im wesentlichen vollständig
als Bleisulfat anwesend ist.
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Das Gut kann zuerst mit einer Lösung von Schwefeldioxyd und dann mit
einer Lösung eines Thiosulfats, vorzugsweise eines Alkali-oder Erdalkalithiosulfats
oder einer Mischung der letzteren, behandelt werden, 'oder man kann auch das Gut
mit einer Lösung behandeln, die sowohl Thiosulfat als Schwefeldioxyd enthält. Letztere
Arbeitsweise ist vorzuziehen, wenn es sich um Kupfer handelt. Etwa anwesendes Zink
kann durch beide Behandlungsweisen extrahiert werden, da aber Zink bekanntlich auch
mittels einer wäßrigen Lösung von Schwefeldioxyd ausgezogen werden kann, so ist
es möglich, durch Behandlung zinkhaltigen Guts, z. B. von Blei-Zink-Erzen, mit Schwefeldioxydlösung
zuerst die Hauptmenge des Zinks zu extrahieren, während das Blei in dem unlöslichen
Rückstand bleibt und später durch die Thiosulfatlösung ausgelaugt wird. Wenn man
indessen die letztere Lösung zur Extraktion des Bleis benutzt, ist es zweckmäßig,
daß sie Schwefeldioxyd enthält, weil die vorhergehende Behandlung mit diesem Reagens
unter Umständen nicht die Gesamtmenge des Bleis in Sulfit oder Sulfat umgewandelt
hat.
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Gemäß der Erfindung wird das in geeigneter Weise zerkleinerte oxydische
oder oxydierte oder geröstete Erz mit einer wäßrigen Lösung des Reagens durch Kolieren,
_ Umrühren oder in anderer Weise in Berührung gebracht. Wenn das Reagens Thiosulfat
in
Gegenwart von Schwefeldioxyd ist, so kann man das Schwefeldioxyd
in der Th.iosulfatlösung lösen, ehe diese mit dem Erz in Berührung gebracht wird,
oder man kann das Schwefeldioxyd in eine Mischung der Thiosulfatlösung mit dem Erz
einleiten.
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Im allgemeinen steigt die lösende Wirkung auf die wertvollen Metalle
mit der Konzentration des Lösungsmittels bezüglich seines Gehalts sowohl an Schwefeldioxyd
als an Thiosulfat, ferner auch innerhalb gewisser Grenzen mit der Temperatur der
Lösung. Ein Arbeiten unter Druck ist nicht ausgeschlossen.
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Die Konzentration der Thiosulfatlösung hängt in erster Linie von den
Kosten ab und die Konzentration des Schwefeldioxyds hauptsächlich von der Menge
dieses Gases, die aus einer in bestimmter Stärke vorliegenden Mischung mit Luft
unter den herrschenden Temperaturbedingungen herausgelöst werden kann.
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Die gelösten Metalle können gefällt werden, indem man zu der Lösung
Schwefelwasserstoff, ein Sulfid, ein Polysulfid, ein Carbonat, ein Hydroxyd oder
ein Oxyd eines Alkali- oder Erdalkalimetalls zusetzt. Die Thiosulfatlösung kann
im allgemeinen wiederverwendet werden. Bei Benutzung von Schwefelwasserstoff wird
das Thdosulfat mehr oder weniger unter Abscheidung von Schwefel zersetzt. Es kann
regeneriert werden, indem man es in Gegenwart von schwefliger Säure mit Kalk .erhitzt.
Beispiel z Ein westaustralisches oxydiertes Kupfererz, das etwa 9o % seines Kupfers
als Carbonat und to-% als Silikate enthielt, wurde zerkleinert und durch ein Sieb
von 1-14 Zoll (6 mm) Maschenweite gesiebt. Zur Erleichterung einer schnellen Filtration
wurde dann alles Feingut durch eine zweite Siebung durch ein Sieb von l1", Zoll
(2,5 mm) Maschenweite entfernt. 300 kg dieses Produkts mit einem Gehalt von
6,27% Kupfer wurden auf eine Filterunterlage gebracht, die auf einem Doppelboden
in einem hölzernen Auslaugungsgefäß ruhte; Die Auslaugelösung wurde folgendermaßen
hergestellt: Es wurde eine wäßrige Lösung. von Calcium- und Natriumthiosulfat benutzt,
die ursprünglich eine Natriumthiosulfatlösung mit einem Gehalt von i 5 % Na2S203
# H20 gewesen war, die zum Auslaugen von Kupfererz benutzt worden und aus der das
Kupfer mittels Kalks gefällt war, so daß sich in der Lösung etwas Calciumth.iosulfat
gebildet hatte. Diese Lösung wurde mit Schwefeldioxyd gesättigt, indem Luft mit
einem Gehalt von 2,5 %. Schwefeldioxyd hindurchgeleitet wurde. Dalci wurde dafür
gesorgt, daß die Menge des Calciumthiosulfats in der Auslaugelösung größer war als
die zur Verbindung mit dem gesamten anwesenden Kupfer in Form von Kupferthiosulfat
erforderliche. Diese Vorsichtsmaßregel ist notwendig, um die Anwesenheit von Natriumsulfat
bei der späteren Ausfällung des Kupfers 'durch Kalk zu vermeiden, weil sonst hierdurch
der Kupferniederschlag durch Calciumsulfat verunreinigt werden würde.
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Die so hergestellte Lösung wurde wiederholt langsam durch das Erz
in dem Auslaugegefäß hindurchkolieren gelassen, wodurch die Strömung durch einen
Absperrhahn geregelt wurde. Vor jedem Durchgang der Lösung durch das Erz wurde sie
von neuem mit Schwefeldioxyd beladen, indem nochmals Luft mit einem Gehalt von 2,5
% Schwefeldioxyd hindurchgeleitet wurde.
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Die ausgelaugten Rückstände wurden dann durch Hindurchkolieren von
Wasser gewaschen, und auf diese Weise wurde das gelöste Kupfer und das Natriumthiosulfat
wiedergewonnen. Die Rückstände enthielten o,226-%. Kupfer, woraus sich ergibt, daß
96,4 %. des Kupfergehalts des Erzes ausgelaugt worden waren.
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Vor der Ausfällung des Kupfers ließ man die Auslaugelösung ihren überschüssigen
Gehalt an Schwefeldioxyd abgeben, indem man sie durch eine frische Erzbeschickung
hindurchgehen ließ, ohne sie vorher nochmals mit Schwefeldioxyd beladen zu haben.
Hierdurch wird die Anwendung von Wärme zum Austreiben des Schwefeldioxyds vermieden,
und man hat einen weiteren .Vorteil, falls Calciumthiosulfat anwesend ist, weil
sich letzteres bei erhöhten Temperaturen zersetzt.
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Das gelöste Kupfer wurde dann aus der Lösung durch Zusatz von Kalk
als Hydroxyd gefällt.
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Man kann das Kupfer auch in Form des Sulfids fällen, indem man Natriummonasulfid
zusetzt, das seinerseits durch Reduktion des Natriumsulfats mit Kohlenstoff erhalten
werden kann. Natriumsulfat bildet ein Nebenprodukt des Verfahrens, wenn Natriumthäosulfat
allein benutzt, d. h. kein Kalk als Fällmittel verwendet wird.
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Eine Analyse der .Lösung, aus der das Kupfer mittels Natriumsulfids
ausgefällt war, zeigte keinen chemischen Verbrauch des Thiosulfats, sondern eine
Bildung von Natriumsulfat. Beispiel e Das Ausgangsmaterial war ein geröstetes silberhaltiges
Blei-Zink-Erz mit einem Gehalt von 15,5'°/o Blei, 2,7,5 % Zink, von denen
2,2 °4 wasserlöslich waren, und 8o2 g. Silber
auf iooo kg. Das ursprüngliche
sulfidische Erz war zwecks Herstellung von Schwefelsäure geröstet worden, und zwar
war es stark übergeröstet worden, d. h. ohne Regelung der Temperatur und des Luftzutritts.
Infolgedessen hatten sich Zinkferr ite und andere schwer lösliche -Zinkverbindungen
gebildet.
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Dieses geröstete Produkt wurde zerkleinert, so daß es durch ein Sieb
von 2o Maschen auf i Zoll Länge (64 Maschen auf i qcm) hindurchging, und 20o kg
davon wurden, wie in Beispiel i beschrieben, auf eine Filterunterlage gebracht.
Eine Menge schwefliger Säure, die durch Durchleiten von Luft mit einem Gehalt von
5 °/o Schwefeldioxyd-durch Wasser hergestellt war, wurde während 30 Stunden wiederholt
durch das Blei-Zink-Produkt hindurchkolieren gelassen. Die Strömung der Lösung wurde
mittels eines Absperrhahns geregelt. Vor jedem Durchgang der Auslaugelösung durch
das Erz wurde Luft mit einem Gehalt von 5 °@" Schwefeldioxyd hindurchgeleitet.
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Der Erzrückstand, der 73,3 kg wog, wurde dann gewaschen, indem man
Wasser hindurchkolieren ließ, um das gelöste Zink zu gewinnen. Nach Trocknung, Wägung
und Entnahme einer Probe wurde er wiederum in das Auslaugegefäß gebracht und war
dann fertig zum Auslaugen des Bleis und Silbers.
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Die Probe des Erzrückstandes enthielt 11,21 % Zink und 41,31 % Blei.
Es waren also 84,98'/, des Zinks ausgelaugt worden, und 1,8-°[o des gesamten Bleigehalts
war in Lösung gegangen. Silber war nicht gelöst worden.
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Die zinkhaltige Lösung wurde zur Reinigung und Ausfällung des Zinks
zurückgestellt.
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Der bleihaltige Erzrückstand, der das Blei in Form eines Gemisches
von Sulfit und Sulfat enthielt, -wurde dann mit einer wäßrigen Lösung von Natrium-
und Calciumthiosulfat behandelt, die durch Durchleiten von Luft mit einem Gehalt
von 5 % Schwefeldioxyd beladen -war. Diese Lösung hatte ursprünglich einen Gehalt
von 15 °1o Na,S203 # 5 HZH und -war zum Lösen einer vorhergehenden Menge von bleihaltigem
Rückstand benutzt worden; das Blei war mittels Kalks ausgefällt worden, so daß sich
eine gewisse Menge von Calciumthiosulfat gebildet hatte.
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Die Auslaugelösung wurde wiederholt durch den bleihaltigen Rückstand
hindurchkolieren gelassen und vor jedem Durchgang von neuem mit Schwefeldioxyd beladen.
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Nach dieser Behandlung wogen die Rückstände 3i,2 kg und enthielten
praktisch kein Blei und 576,9g Silber auf ioookg, entsprechend einer Extraktion
von i oo % des Bleigehalts und 88,780,7o des Silbergehalts. Die Blei- und silberhaltige
Thiosulfatlauge wurde dann langsam durch eine andere Menge an unausgelaugtem Blei-
und silberhaltigem Rückstand hindurchkolieren gelassen, um dabei ihren Überschuß
an Schwefeldioxvd abzugeben. Dies geschah, weil eine bfeithiosulfathaltige Lösung
nicht genügend erhitzt werden kann, um das überschüssige Schwefeldioxyd auszutreiben,
ohne daß sich das Bleithiosulfat teilweise zersetzt.
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Das Blei aus der bleihaltigen Thiosulfatlösung, die von dem überschüssigen
Schwefeldioxyd durch Berührung mit frischem Erz befreit worden ist, wird durch Zusatz
von Kalk als Hydroxyd gefällt. Diese Arbeitsweise ist notwendig, weil die Bleithiosulfatlösung
nicht zur Entfernung des Schwefeldioxyds erhitzt werden kann, ohne daß sie sich
teilweise zersetzt.
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Zur Auslaugung kann auch das billigere Calciumthiosulfat ohne Zusatz
von Natriumthiosulfat benutzt werden. In diesem Falle wird aber das ausgefällte
Bleihydroxyd etwas durch Calciumsulfat verunreinigt.
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Die Gegenwart von Schwefeldioxyd in der Auslaugelösung für Bleiverbindungen
kann vermieden werden, wenn man Erzrückstände oder andere metallurgische Produkte
zu behandeln hat, die das Blei als Sulfat enthalten, z. B. Erze, die mit Schwefelsäure
zwecks Extraktion von Zink ausgelaugt worden sind. In den meisten Fällen ist aber
die Anwesenheit von Schwefeldioxyd nötig, besonders wenn die Auslaugung der Erze
schnell verlaufen soll.
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Nach der Ausfällung des Bleis wird das in der Lösung enthaltene Silber
in üblicher Weise gefällt, indem man eine bleifreie und Natriumsulfid enthaltende
Thiosulfatlösung zusetzt.