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Verfahren zum Bäuchen und Bleichen von Geweben und Garnen in Strang-
bzw. Kettenstrangform. Bei den Bäuch- und Bleichverfahren gemäß vorliegender Erfindung
wird Rohgewebe oder Rohgarn in wesentlich kürzerer Zeit und unter größerer Schonung
der Faser als bei den bekannten Verfahren gereinigt und vollständig gebleicht.
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Die Bäuchung erfolgt als Vorbehandlung bei gewöhnlichem Druck durch
sorgfältige und möglichst gleichmäßige Durchtränkung der breit geführten Ware mittels
einer alkalischen Sauerstoff-Seifenflotte, die eine hinreichende Menge eines Sauerstoff
aktivierenden Mittelg enthält, und Einlegen der so durchtränkten Ware in gut isolierte
Behälter für a bis 3 Tage. Die Ware wird darauf zunächst heiß; dann kalt auf Strangwaschmaschinen
gewaschen.
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Eine Einweichflotte für stark geschlichtete Ware enthält beispielsweise
berechnet auf das
Warengewicht: bis zu 2,5 Prozent freies Alkali,
0,07 Prozent aktiven Sauerstoff, 3 Prozent Harzseifen, 12 Prozent alte Seifenlauge
(von der später beschriebenen Sauerstoffbehandlung) bei einem Flottenverhältnis
von etwa 2,5 zu i nach dem Abquetschen der Einweichflotte, so daß also 11 dieser
Flotte in dem Behälter im Höchstfalle etwa io g Alkali usw. enthält. Die Wirkung
des aktiven Superoxydsauerstoffs wird durch das in der Harzseife enthaltene Terpentinöl
unterstützt. Reicht der Gehalt der Harzseife an Terpentinöl hierzu nicht aus, was
leicht am Erfolg der Wirkung (Reaktionsumschlag nach spätestens 24 Stunden) festzustellen
ist, so wird noch etwas Terpentinöl, Tetralin o. dgl. m. zugesetzt. Die Flottentemperatur
beim Durchtränken wird zweckmäßig bei 30° C aber niemals über 50° C gewählt. Die
Temperatur steigt im Bäuchbehälter allmählich auf 55° C, überschreitet diese Temperatur
aber nicht. Der Umschlag der alkalischen Reaktion nach sauer erfolgt normalerweise
bereits nach 12 Stunden.
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Die Wirkung dieser Vorbehandlung besteht in vollständiger Vermorschung
der Schalenreste, Aufschließung der Nichtzellulosen und Auflockerung des Fasergefüges,
Das anschließende Bleichverfahren zerfällt in zwei Haupt- und mehrere Zwischenverfahren,
die sämtlich in einem Operationsgefäß ohne Umpacken vorgenommen werden. Als geeignet
für die Durchführung des Verfahrens hat sich die in Patent 311546 beschriebene Mohrsche
Vorrichtung erwiesen. Es eignet sich aber auch jede andere Einrichtung, sofern sie
im wesentlichen der beigegebenen schematischen Zeichnung und Beschreibung entspricht.
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Wesentlich für derartige Einrichtungen sind a) eine Kochvorrichtung,
bestehend aus einem Kocher i, einem Vorwärmer 3, einer Pumpe 6 und einem Rohrnetz,
das eine Flottenkreisung in beliebiger Richtung und die zwangläufige Verdrängung
der Flotte durch Frischflotte und Was- er gestattet; b) eine unabhängig von der
Flottenkreisung arbeitende zweite Vereinigung von Behältern und Rohrleitungen, in
die eine Gaspumpe so eingeschaltet ist, daß durch sie Druckstöße oder Druckentlastungen
auf die dem Kocher zu- oder von ihm weggeleitete Flotte ausgeübt werden können.
Dieser Teil der Vorrichtung besteht aus der Gaspumpe 5 nebst Saug- 7 und Druckventil
8, einem dem Vorwärmer entsprechenden Hilfsgefäß 2, einem weiteren Gefäß 4, das
zur gelegentlichen Trennung von Flotte und Gas dient, und einer Anzahl Hähne; c)
eine Herrichtung des Vorwärmers und des ihm entsprechenden Hilfsgefäßes, die das
Ansammeln einer größeren Flottenmenge vor dem Eintreten oder Austreten der Flotte
in den bzw. aus dem Kocher gestattet. Die Anordnung ist im vorliegenden Beispiel
so getroffen, daß die die Flotte zu- und ableitenden Rohre fast bis zum Boden des
Vorwärmers bzw. des Hilfsgefäßes 2 geführt wurden; d) die Möglichkeit der wahlweisen
Flotten-und Gaszuführung zu den oberen und unteren Räumen von Vorwärmer und Hilfsgefäß
2. Die Rohrführung bis zu den Verteilungsstellen im Innern der Gefäße 3 und 2 deuten
eine einfache aber hinreichende Lösung an.
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Der erste Teil des Bleichverfahrens wird unter Verwendung von freiem
Chlor oder Hypochlorit als Bleichmittel durchgeführt. Er verläuft etwas verschieden,
je nachdem mit Chlorgas, Chlorwasser oder Hypochloritlaugen gearbeitet wird. In
jedem Falle wird die Ware zunächst unter Zuspeisung von Hypochloritlauge (i g akt.
Chlor im Liter), zum wenigsten aber feucht in den Kessel eingerüsselt. Die zugespeiste
Flotte wird dann vom unteren Teile des Kochers über Hahn 22, Hilfsgefäß 2, Hahn
12, Pumpe 6 und Hahn 1o abgepumpt, während zwecks festeren Einlagerns der Ware in
den Kocher im oberen Teile von Hilfsgefäß 2 mittels der Gaspumpe ein Unterdruck
erzeugt wird. Sobald der Kocher mit Ware gefüllt ist, läßt man Hypochloritlauge
(i bis i,25 g akt. Chlor im Liter) oder Wasser über Hahn 16, Pumpe 6 und Hahn 21
langsam von unten nach oben durch die Ware kreisen, bis die Flotte über Hahn
30 und 31 nach Vorwärmer 3 ablaufend den Vorwärmer bis zur gewünschten Höhe
füllt, schließt dann Hahn 16, öffnet Hahn 14 und kreist weiter, bis das Gasvolumen
im Vorwärmer stetig geworden ist. Im hier gedachten Arbeitsstadium ist also das
Gefäßsystem und die Ware mit nicht alkalisierter Hypochloritflotte von etwa i g
akt. Chlor im Liter oder jedenfalls mit Wasser bis auf die oberen Teile der Hilfsgefäße
2 und 3, die Gase enthalten, angefüllt.
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Die Richtung der kreisenden Flotte wird nunmehr gewendet, indem man
Hahn 14 und 21 schließt und Hahn 22 und 12 öffnet.
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Damit zwischen dem oberen und unteren Teile des Hauptgefäßes i ein
Druckgefälle von etwa 0,5 Atm., höchstens jedoch von o,6 Atm. zustande kommt,
wird im Vorwärmer 3 ein entsprechender Überdruck erzeugt. Dies geschieht entweder
mittels der Pumpen oder aber mittels Gaszuführung zum Vorwärmer. Das Gas wird gegebenenfalls
beim Reduktionsventil 34 eingeführt und über Ventil 7, Pumpe 5,
Ventil 8 und
Hähne 23 und 27 zum Vorwärmer geleitet. Da es sich beim vorliegenden Verfahren nicht
um siedende, sondern um weit unterhalb des Siedepunktes erwärmte Flotten handelt,
so macht die Herstellung und Erhaltung des Druckgefälles in keinem Falle besondere
Schwierigkeiten. Eine entsprechende Mehrleistung der Flottenpumpe reicht im allgemeinen
vollständig
aus, so daß die Gaspumpe vor allem für die Erteilung von Druckstößen ausgenutzt
werden kann, also zwecks Herstellung und Erhaltung des Druckgefälles nur gelegentlich
und vorübergehend herangezogen wird, gewöhnlich wenn die mit Gas meist übersättigten
Flotten ihrerseits Druckverschiebungen bewirken.
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Sämtliche Flotten, die zur Durchführung der einzelnen Operationsstadien
dienen, also auch saure, Seifen- und Waschflotten, werden über Hahn 16, Pumpe 6
und Hahn 24 und 28 zum Vorwärmer, das .entstehende Gemisch von diesem über Hahn
3z und 3o zum Kocher und das dem zugeführten Flottenvolumen entsprechende Volumen
alter Flotte über Hahn 32 und io zum Abfluß geleitet. Das Zumischen wird zeitweise
nach Bedarf vorgenommen. Erreicht die Konzentration im Vorwärmer 3 die der Faser
gefährlichen bekannten Grenzen, so wird die ursprüngliche Flottenkreisung über Hilfsgefäß
2 vorübergehend wieder hergestellt.
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Während der Flottenkreisung werden Druckstöße mittels der Gaspumpe
erteilt, denen Druckentlastungen automatisch vorhergehen. Besteht im oberen Teile
des Kochers ein Überdruck, so erfolgt die Druckentlastung in Hilfsgefäß 2, indem
die Gaspumpe über Hahn 18 und i9 sowie Ventil 7 ansaugt und darauf den Druckstoß
über Ventil 8, Hahn 26 und 27 nach dem oberen Teile von Vorwärmer 3 gibt. Wird umgekehrt
hier entlastet und der Stoß nach Hilfsgefäß 2 geleitet, so schließt man Hahn i9
und 26 und öffnet Hahn 2o und 25.
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In jedem Falle soll die Flotte während der Kreisung möglichst rasch
bis auf einen Gehalt von o,oz g freien molekularen Chlors im Liter gebracht und
etwa i12 Stunden unter Erteilung von Druckstößen kreisend gehalten werden, einerlei
ob Chlorgas, Chlorwasser oder Hypochloritlaugen verwendet wurden. Nur wenn aus besonderen
Gründen (z. B. Türkischrotbordüren) ausschließlich mit alkalischen Flotten gearbeitet
werden muß, ist von der Verwendung molekularen Chlors abzusehen, dafür aber die
Konzentration des Hypochlorits bis auf 3 g akt. Chlors im Liter zu steigern.
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Im einzelnen gestaltet sich der Vorgang unter Verwendung von Chlorgas,
Chlorwasser oder Hypochloritlaugen folgendermaßen: Chlorgas kann entweder durch
Zuleiten von Bombenchlor oder durch Ansäuren der Hypochloritflotte mittels Salzsäure
zur Einwirkung auf das Bleichgut gebracht werden. Wird Bombenchlor verwendet, so
bringt man dieses zunächst mittels der Gaspumpe in beschriebener Weise in den Vorwärmer
3, während die Gesamtflotte mittels der Pumpe 6 im Gefäßnetz, und zwar im Kocher
von oben her im Kreisen erhalten wird. Das Chlor erzeugt eine geringe, mittels der
Gaspumpe regelbare Drucksteigerung'im Vorwärmer 3 und dem oberen Teile des Kochers
i, wird aber in der Hauptsache von der Flotte aufgenommen und mitgeführt. Erzeugt
man das Chlor durch Ansäuren, so erhöht man zunächst die Konzentration der Hypochloritflotte
durch- Zupumpen einer stärkeren. Flotte auf 1,5 g akt. Chlors im Liter und führt
nun mittels der Pumpe 6 über den Vorwärmer 3 verdünnte Salzsäure zur kreisenden
Flotte.
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Chlorwasser wird ebenfalls der kreisenden Flotte in der angegebenen
Weise zugemischt. Wurde die Ware nur feucht eingelegt und zunächst mit Wasser aufgefüllt,
so muß die Flotte nachträglich je nach der Menge des im Flottenkreislauf befindlichen
Chlors mit Alkali oder auch alkalischer Hypochloritflotte auf eine vom Verfahren
verlangte Konzentration an molekularem Chlor und Hypochlorit gebracht werden.
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Die kreisende Flotte wird gegen Schluß des ersten Teils des Bleichverfahrens
schwach alkalisiert und durch Wasser verdrängt. Die Temperatur darf während der
ganzen Dauer dieses Teils des Verfahrens i8° C nicht überschreiten.
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Die Wirkung dieser Behandlung entspricht der einer normalen sogenannten
Halbbleiche. Der zweite Teil des Bleichverfahrens besteht in der Behandlung des
Bleichguts mit einer alkalischen Seifen-Sauerstoffflotte. Die Frischflotte wird
so bemessen, daß sie im Liter enthält: 2 g akt. Sauerstoff (aus z. B. Natriumsuperoxyd),
g g Harzseifen (aus Kolophonium und Natronlauge), 5 g OH' (aus Seife und Peroxyd
abgestumpft). Außerdem werden je nach den Wasserverhältnissen und der Beschaffenheit
der Ware bis zu io g Wasserglas (normal 6 g) und bis zu 3 g (normal i g) Netzmittel
zugesetzt (ungereinigte hydrierte Kohlenwasserstoffe, Türkischrotöle u. dgl.: m.),
die gleichzeitig aktivierend - wirken. Man bringt 'unter Verdrängung des letzten
Waschwassers des ersten Bleichvorgangs bzw. nach vorhergehendem Säuren die Sauerstoffflotte
in der beschriebenen. Weise in den Flottenkreislauf, wärmt mittels des Vorwärmers
auf q0° C an und bestimmt die Sauerstoffentwicklung aus dem Titerabfall in üblicher
Weise. Ist der Abfall nicht deutlich, oder zeigt die Flotte nicht den richtigen
Schaum (sämig), so setzt man etwas Terpentinöl (beispielsweise 0,75 g im
Liter) zu. Die Temperatur wird langsam bis auf 6o° C gesteigert, die Flottenkreisung
unter fortgesetzter Erteilung von Druckstößen i2o bis 150 Minuten fortgesetzt. Alsdann
wird die Flotte durch Waschwasser verdrängt und der Kesselinhalt ausgefahren.
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Schließlich wird die nunmehr vollgebleichte Ware noch im Strange geseift
und gewaschen.
Beispiel. AngewandteWare:3ooo kgBaumwollrohgewebe.
m$ ` 16o g roh, 5,2 Prozent Schlichte (Kohlehydrat), 2 Prozent mineralische Bestandteile.
Vorbehandlung.
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Flotte
17,6 kg Na OH, |
74,2 kg Harzseife (1,4 Prozent OH'), |
6oo 1 Wasser, |
8 kg Na. 08, |
360 kg alte Seifenlauge, |
86oo 1 Wasser. |
Zeit p Reaktion |
rmur |
beim Im rägnieren 450 C alkalisch |
nach Stunden 430 C schwach alkalisch |
- 9 - 49° C neutral |
- 1o - 50° C schwach sauer |
- 14 - 53° C sauer |
Gesamtdauer 24 Stunden. Hauptbehandlung.
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1. Rüsselflotte o,96 g Chlor aus Chlorsoda (1,2 Prozent OH') im Liter,
Ergänzungsflotte 16 g Chlor aus Chlorsoda (i,2 Prozent OH') im Liter, Säure 6 g
H' im Liter, Kreisungsflotte 14000 1 (nach dem Säuren o,o6 g H' im Liter, realkalisiert
8 g OH' im Liter), Druck im Hauptgefäß: oben 2,3 bis 2,7 Atm., unten i,8 bis 2,1
Atm., Temperatur i2 bis 14' C, Gesamtdauer 31/8 Stunden. Waschsäure: o,8 g H' im
Liter. 11. Flotte:
ioo kg Na8 08, |
11,7 kg Harzseife, |
13 000 1 Wasser, J |
7o kg Wasserglas, |
12 kg Türkischrotöl, |
2 kg Tetrahn. |
Druck im Hauptgefäß: oben bis 1,2 Atm., unten bis
0,7 Atm., Temperatur 62
bis 64° C, Gesamtdauer i8/4 Stunden. Die Vorteile des beschriebenen Verfahrens gegenüber
der bekannten Thies-Herzig-Bleiche zeigt folgende Zusammenstellung Festigkeit nach
der Behandlung -i- 6 Prozent (-E- io Prozent), nach 15o Bleichwäschen - 25 Prozent
(- 23 Prozent).
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Gewicht Bleichverluste 5 Prozent Maximum (12 Prozent).
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Weiß wie bei den besten Kontrollmustern rein und nicht nachgilbend.
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Elastizität nach der Behandlung 1- 2 Prozent (- 4 Prozent), nach 15o
Bleichwäschen -f- 3 Prozent (- 2 Prozent).
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Gehalt an zersetzter Zellulose O (etwas Hydratzellulose).
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Die geklammerten Vergleichsdaten entstammen Parallelversuchen mit
der Thies-Herzig-Bleiche.