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Verfahren zur kontinuierlichen Fermentation von Mikroor-
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ganismen mit gleichzeitiger Umsetzung von Saccharose in Isomaltulose
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur kontinuierlichen Fermentation von
Mikroorganismen mit gleichzeitiger Umsetzung von Saccharose in Isomaltulose (Palatinose,
a-D-Glucopyranosido-1,6-fructose).
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Isomaltulose ist ein Zwischenprodukt zur Herstellung von Glucopyranosido-1,6-mannit
(DT-OS 2 520 173) und Glucopyranosido-1,6-sorbit (Isomaltit, DT-PS 2 217 628). Beide
Substanzen können als Zuckeraustauschstoffe eingesetzt werden.
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Nach der deutschen Patentschrift 1 049 800 ist bekannt, daß Saccharose
enzymatisch in Isomaltulose umgewandelt wird. Die Enzyme dazu sind mikrobiellen
Ursprungs. Neben Protaminobacter rubrum sind weitere Bakterien wie Erwinia carotovora,
Serratia marcescens, Serratia plymuthica und Leuconostoc mesentheroides zu dieser
Umlagerung befähigt (S.Schmidt-Berg-Lorenz, W.Mauch, Zeitschrift für die Zuckerindustrie
14, 625 - 627 (1964); F.H.
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Stodola 126th Meeting Amer. Chem. Soc., Sept. 1954, Abstracts of Papers,
S. 5 D; W.Mauch, S.Schmidt-Berg-Lorenz, Zeitschrift f.d. Zuckerindustrie 14, 309
- 315 und 375 - 383 (1964)).
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Weiterhin ist nach der deutschen Patentschrift 2 217 628 bekannt,
daß die enzymatische Umwandlung von Saccharose in Isomaltulose mit einer 15-40 %igen
Lösung unter starkem Rühren und aeroben Bedingungen bei 20 - 370C chargenweise oder
kontinuierlich durchgeführt werden kann. Nach Beendigung der enzymatischen Reaktion
wird nach obiger Patentschrift die Bakteriensuspension über einen Separator abgetrennt
und bis zu sechsmal wieder verwendet. Bei der kontinuierlichen Umsetzung der Saccharose
werden nach der gleichen Patentschrift die Bakterien auf einer speziellen Nährlösung
angezüchtet und kontinuierlich abgezogen. Die Umsetzung erfolgt dann in einem zweiten
Kesselkaskadensystem, in dem Bakterienkultur und Dicksaft aus der Zuckerfabrikation
oder eine andere zuckerhaltige Lösung gehalten werden.
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Die getrennte Züchtung der Mikroorganismen von der enzymatischen Umsetzung
der Saccharose ist aber aus verschiedenen Gründen unbefriedigend: a) Die Mikroorganismen
werden in einem eigenen Medium angezogen, das erhöhte Kosten verursacht.
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b) Die Kultur lösung und auch der Fermenter müssen unabhängig vom
Reaktorkesselsystem, in dem die enzymatische Umlagerung erfolgt, sterilisiert und
steril gehalten werden.
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c) Die Züchtung der Mikroorganismen in einer Nährlösung, die unterschiedlich
von der späteren Umsatzlösung ist, birgt die Gefahr, daß die Mikroorganismen während
der Fermentation nach anderen Kriterien als dem der maximalen Umsatzrate selektioniert
werden.
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d) Das Abtrennen der Mikroorganismen und die Wiederverwendung für
weitere enzymatische Umsetzungen ist im technischen Maßstab mit einer hohen Infektionsgefahr
verbunden.
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Es wurde nun gefunden, daß die Züchtung von isomaltulosebildenden
Mikroorganismen mit gleichzeitiger Umsetzung von Saccharose in Isomaltulose kontinuierlich
durchgeführt werden kann.
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Unter isomaltulosebildenden Mikroorganismen wurden hier vor allem
Protaminobacter rubrum, außerdem Serratia plymuthica, Serratia marcescens, Erwinia
carotovora und Leuconostoc mesentheroides verstanden.
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Es war überraschend und nicht zu erwarten, daß isomaltulosebildende
Mikroorganismen, z.B. Protaminobacter rubrum, in saccharosehaltigen Pflanzensäften,
die z.B. bei der Rohr- und Rübenzuckerherstellung als Zwischenprodukt anfallen und
damit billiger als reine Saccharoselösung sind, während des Wachstums gleichzeitig
Saccharose in Isomaltulose überführen. Dabei ist gemäß der Erfindung das Wachstum
der Organismen mit der Umsetzungsrate so gekoppelt, daß der gesamte Prozeß, d.h.
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Wachstum und Umsetzung, nur über einen kritischen Parameter, wie z.B.
C02-Gehalt in der Abluft, Sauerstoffpartialdruck in der Kultur lösung oder aber
über die Umsetzungsrate gesteuert werden kann.
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Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist der folgende: Während der
Umlagerung zu Isomaltulose entstehen geringe Mengen Fructose und Glukose, die den
Mikroorganismen als Kohlenhydrate für ihren Stoffwechsel dienen. Es müssen nach
dem Verfahren keine weiteren Kohlenhydratquellen für das Wachstum zugesetzt
werden.
Gleichzeitig wird ein weitgehender Abbau dieser unerwünschten Nebenprodukte erzielt.
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Bei der kontinuierlichen Isomaltulose-Fermentation verwendet man als
Ausgangslösung Dünnsaft/Dicksaft- und/oder Dünnsaft/ Kläre-Gemische aus einer Zuckerfabrik
mit einem Trockensubstanzgehalt von 5 - 30 %, sorzugsweise von 20 - 27 %. Der Saccharosegehalt,
bezogen auf Trockengewicht, beträgt 90 -98 %, vorzugsweise 94 - 96 %.
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Um ein optimales Wachstum der Bakterienkultur zu erlangen, werden
Phosphat-Ionen in Form von Salzen wie z.B. (NH4)2HP04 oder K2HPO4 in Konzentrationen
von 0,05 - 1 g/l, vorzugsweise von 0,1 - 0,5 g/l, zugegeben. Normalerweise enthalten
die Zwischenprodukte der Zuckerfabrikation nach der Saftreinigung noch einen Rest-CaO-Gehalt
von 40 - 150 mg auf 100 g TS. Durch 3-die Zugabe von Po4 wird dieser Rest-Ca0-Gehalt
als Calciumphosphat gefällt und somit geht ein Teil des zugesetzten Phosphates für
die Zellvermehrung verloren.
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Daher wird vorteilhafterweise die zur Fermentation gelangende Zuckerlösung
über einen Basenaustauscher enthärtet, wodurch 3-der Zusatz an P04 -Ionen gesenkt
werden kann.
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Die Nährlösung wurde batchweise oder kontinuierlich sterilisiert;
eine pH-Korrektur ist nicht nötig, wenn der pH-Wert der verwendeten Zuckerlösung
zwischen 7,5 und 8,5 liegt.
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Der Fermenter wird mit 0,1 - 10 % Impfmaterial, angezogen in der gleichen
Nährlösung mit Erlenmeyer-Kolben auf der Schüttelmaschine, beimpft und bei einer
Temperatur von 18 - 329C, vorzugsweise bei 300C, mit einer Belüftungsrate von 0,2
- 1,0
Volumen Luft pro Volumen Nährlösung mal Minute (vvm), vorzugsweise
0,4 vvm, bei ausreichender Rührung bebrütet.
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9 Nach Erreichen einer ausreichenden Zelldichte, z.B. 109 Keime pro
ml wird die Fermentaticn kontinuierlich durchgeführt, d.h.
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pro Zeiteinheit werden gleiche Anteile der Kulturlösung entnommen
und frische, sterile, nicht beimpfte Nährlösung aus einem Vorratstank zugefügt.
Bei einer optimalen Verdünnungs-1 rate, die zwischen 0,05 und 0,3 Stunden 1, vorzugsweise
bei 0,2 Stunden 1 liegt, kommt es nicht zu einem Auswaschen der Bakterien. Die Bakterien
wachsen im "Steady state" so schnell, daß eine 90 - 100 %ige Umsetzung in Isomaltulose
erzielt wird. Eine Stabilisierung des pH-Wertes während der Umsetzung ist in der
Regel. nicht erforderlich.
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Die Verdünnungsrate und damit der Abfluß der Kulturlösung aus der
kontinuierlichen Fermentation wird unter anderem mit sterilisierbaren Sauerstoffelektroden
über den Sauerstoffpartialdruck in der Kulturlösung oder über den CO2-Gehalt in
der Abluft oder über weitere physiologische Parameter gesteuert. Eine weitere Möglichkeit
der Steuerung der kontinuierlichen Fermentation ist die Kontrolle der Umsatzrate
von Saccharose in Isomaltulose durch Bestimmung des Reduktionsvermögens der Fermentationslösung.
(Bekanntlich beträgt das Reduktionsvermögen der Isomaltulose 52 % dessen der Glukose,
während Saccharose keine reduzierenden Eigenschaften besitzt.) Eine zweite Möglichkeit
der Kontrolle der Umsetzungsrate ist der quantitative Nachweis von Isomaltulose
neben Saccharose mit Hilfe der Hochdruckflüssigkeitschromatographie.
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Die aus dem Fermenter abgezogene Nährlösung wird anschließend von
den Mikroorganismen z.B. mit einem Separator getrennt
und weiter
aufgearbeitet. Die abgeschleuderte Bakterienmasse wird ein zweitesmal mit Wasser
aufgeschwemmt, zentrifugiert und kann unter anderem als Viehfutter verwendet werden.
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Falls die aus dem Fermenter abgezogene Kulturlösung nur z.B.
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zu 90 z umgesetzt ist, wird durch die Mikroorganismen ohne erneute
Zufuhr von Sauerstoff im Leitungssystem bis zum Separator die vollständige Umsetzung
durchgeführt.
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Beispiel 1 a) Von einer Abimpfung des Stammes Protaminobacter rubrum
werden Zellen mit 10 ml einer sterilen Mischung von einem Teil Dicksaft (TS = 65
%) und zwei Teilen Leitungswasser plus 0,5 g/l (NH4)2HP04 (falls erforderlich mit
HCl auf pH 7,2 eingestellt) abgeschwemmt. Diese Suspension dient als Impfgut für
die Schüttelmaschinen-Vorkultur in 1 1 -Kolben mit 200 ml Nährlösung obiger Zusammensetzung
(Sterilisation 20 min. bei 1210C). Nach einer 30-stündigen Bebrütungszeit bei 290C
werden mit je 20 Kolben (4 1) 16 1 Nährlösung obiger Zusammensetzung in einem 30-l-Kleinfermenter
beimpft und bei 180C mit 20 1 Luft pro Minute und einer Rührgeschwindigkeit von
350 Upm fermentiert.
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Die Umsetzung der Saccharose in Isomaltulose wird durch die quantitative
Bestimmung des Reduktionsverhaltens der Nährlösung mit Hilfe von Müller'sche Lösung
(Zeitschrift Wirt. Zuckerind. Techn. T. 86, S. 130 und S. 322 (1936) und Zeitschrift
Wirt. Zuckerind. Techn. T. 88, S. 280 (1938) verfolgt. Die Keimzahl wird mikrobiologisch
be-9 stimmt. Nach Erreichen von 1 109 Keimen/ml wird mit einer stündlichen Verdünnungsrate
von 0,09 h eine 100 %ige Umsetzung erzielt.
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b) Impfgut und Vorkultur vom Stamm Protaminobacter rubrum werden entsprechend
Beispiel a) bis zum 30-l-Maßstab hergestellt, jedoch jeweils bei Temperaturen Von
290C. 20 1 angewachsende Nährlösung aus dem Kleinfermenter dienen als Impfmaterial
für einen 300-1-Fermenter mit 180 1 Nährlösung (Dicksaft-Saccharose-Wasser-Gemisch
mit 25 % Trockensubstanzgehalt und einer Reinheit von 96 %, bezogen
auf
TS). Der Fermenter läuft mit einer Belüftungsrate von 200 1 Luft/min., einer Temperatur
von 290C und einer Rührgeschwindigkeit von 200 Upm.
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Nach einer Anwachsphase von 7 Stunden wird mit einer Verdünnungsrate
von 0,O9h 1 eine 100 %ige Umsatzrate erzielt.
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c) Impfgut und Vorkultur vom Stamm Protaminobacter rubrum werden entsprechend
Beispiel a) bis zur Schüttelkultur hergestellt. Mit 2 1 Impfgut von der Schüttelmaschine
(=1 %) wird ein Fermenter entsprechend b) angeimpft, Fermentationsbedingungen entsprechend
Beispiel b). Nach der Anwachsphase von 15 Stunden wird mit einer Verdünnungsrate
von 0,2 h 1 eine 100 %ige Umsatzrate erzielt.
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d) Impfgut und Vorkultur vom Stamm Protaminobacter rubrum werden entsprechend
Beispiel a) bis zur Schüttelkultur hergestellt. Mit 0,2 1 Impfgut wird ein Fermenter
entsprechend Beispiel b) angeimpft (0,1 %), Fermentationsbedingungen entsprechend
Beispiel b). Nach einer Anwachsphase von 23 Stunden wird mit einer Verdünnungsrate
von 0,25 h 1 ein 90 %iger Umsatz erzielt. Beim anschließenden Transport der abgezogenen
Nährlösung zum Separator setzt sich ohne zusätzliche Belüftung die Umsetzung fort,
so daß in den von den Bakterien getrennten Nährlösungen keine Saccharose mit Hilfe
der Flüssigkeitshochdruckchromatographie mehr nachweisbar ist.
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e) Ein 3000-1-Fermenter wird mit 1800 1 Nährlösung (Dicksaft-Saccharose-Wasser-Gemisch,
25 z Trockensubstanzgehalt,
Reinheit 98 %) und 200 1 Impfgut aus
einer weiteren 2000-1-Fermentation gefahren. Die Temperatur beträgt 3O0C.
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Die Belüftungsrate 0,4 vvm, die Rührgeschwindigkeit 140 Upm.
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Die Fermentation wird über den C02-Gthalt in der Abluft verfolgt.
Nach Erreichen von 2,6 % CO in der Abluft wird mit einer Verdünnungsrate von 0,13
h gefahren, wobei in der abfließenden Kulturlösung keine Saccharose, sondern nur
noch Isomaltulose nachgewiesen wird.
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Beispiel 2 a) Von einer Abimpfung des Stammes Serratla plymuthica
(ATCC 15 928) werden Zellen mit 10 ml einer Dicksaftlösung (25 % TS-Gehalt, 96 %
Reinheit, 0,5 g/l (NH4)2HP04-Zusatz) abgeschwemmt. Diese Suspension dient als Impfgut
für eine Schüttelmaschinen-Vorkultur in einem 1-l-Kolben mit 200 ml steriler Nährlösung
entsprechender~Zusammensetzung. Nach 30-stündiger Bebrütungszeit bei 290C werden
mit je 20 Kolben (4 1) 16 1 Nährlösung obiger Zusammensetzung in einem 30-l-Kleinfermenter
beimpft und bei 29 0C mit 20 1 Luft/min. und einer Rührgeschwindigkeit von 350 Upm
fermentiert. Nach Erreichen einer bestimmten 9 Keimzahl, z.B. 4 x 109 Keimen/ml,
wird mit einer stündlichen Verdünnungsrate von 0,14 h 1 eine 100 %ige Umsetzung
erreicht.
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b) Impfgut und Vorkultur vom Stamm Serratia plymuthica werden entsprechend
Beispiel 2a) hergestellt, jedoch mit einer Nährlösung von 98 %iger Reinheit. Bei
gleichen Fermentationsbedingungen wie unter 2a) aufgeführt, wird mit einer stündlichen
Verdünnungsrate von 0,9 h 1 eine 100 %ige Umsetzung erreicht.