DE2632115C2 - - Google Patents
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Description
Die Erfindung betrifft 1-Desoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-
ketosen, ein Verfahren zu deren Herstellung und ihre Verwendung
als aktive Substanzen in pharmazeutischen Zusammensetzungen bzw.
Arzneimitteln.
Bisher wurde eine Vielzahl von physiologischen, pharmakologischen
und chemischen Untersuchungen an Serotonin oder 5-Hydroxytryptamin
(nachfolgend manchmal als "5-HT" abgekürzt)
durchgeführt, insbesondere um die physiologische Rolle dieses
biogenen Amins kennenzulernen. Insbesondere wurde festgestellt,
daß eine große Anzahl pathologischer Zustände sich unter anderem
bei den Patienten, die darunter leiden, in eine Störung
des Serotoninmetabolismus überträgt, eine Störung, die sich
beispielsweise mit einer Verringerung oder im Gegensatz einer
Steigerung des Serotoninspiegels in dem Serum oder in der cerebrospinalen
Flüssigkeit manifestiert.
Die vorstehenden Untersuchungen führten dazu, daß eine
große Anzahl von Derivaten des Serotonins bereits untersucht
wurde. Unter diesen Verbindungen wurden lediglich zwei Kohlenhydratderivate
erwähnt.
Eines dieser Derivate ist das O-(β-D-Glucopyranosyl)-
serotonin der nachstehenden Formel:
Diese Verbindung weist, bezogen auf das Serotonin, eine
gesteigerte Löslichkeit in Wasser auf, zeigt jedoch darüber hinaus
pharmakologische Eigenschaften, die den bekannten Eigenschaften
der O-Äther des Serotonins sehr nahe kommen.
Das andere bekannte Kohlenhydratderivat von Serotonin ist
das N-Glucosid des Serotonins der Formel
Das Interesse an dieser Verbindung ist begrenzt, da sie
in wäßriger Lösung bereits bei Raumtemperatur leicht zu 5-HT
und D-Glucose hydrolysiert wird.
Gemäß der vorliegenden Erfindung wurden nunmehr neue
Kohlenhydratderivate des Serotonins geschaffen, die stabil, wasserlöslich
und gleichzeitig starke Reduktionsmittel sind und die
darüber hinaus eine geringe Sensibilität gegen die Einwirkung von
Oxydationsmitteln besitzen.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen entsprechen
(falls die Kohlenhydratgruppe in der offenen Form vorliegt)
der folgenden allgemeinen Formel (I):
worin R ein Wasserstoffatom oder eine Hydroxygruppe darstellt
und n die Bedeutung von Null oder einer der ganzen Zahlen 1, 2
oder 3 hat, wenn R eine Hydroxygruppe darstellt, oder die Bedeutung
einer der ganzen Zahlen 1, 2 oder 3 hat, wenn R ein Wasserstoffatom
bedeutet, sowie deren physiologisch verträgliche
Salze.
Bevorzugte erfindungsgemäße Verbindungen sind diejenigen,
worin n eine der ganzen Zahlen 2 oder 3 darstellt, wenn R eine
Hydroxylgruppe bedeutet, oder die ganze Zahl 3 bedeutet, wenn
R ein Wasserstoffatom bedeutet.
Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung
von neuen Verbindungen gemäß Anspruch 1 durch Umsetzung von Serotonin mit der entsprechenden
Aldose der Formel:
worin R und n die vorstehend angegebenen Bedeutungen aufweisen,
das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Reaktionsteilnehmer oder das erhaltene
Reaktionsprodukt in an sich bekannter Weise mit einem Protonendonator
unter Bedingungen zusammenbringt, die die direkte Bildung
eines N-substituierten 1-Amino-1-desoxy-2-ketose-Derivats des
Serotonins, ausgehend von den vorstehenden Reagenzien, oder die
Isomerisierung des entsprechenden N-substituierten Aldosylamins,
ebenfalls abgeleitet vom Serotonin, das sich gegebenenfalls zunächst
aus den genannten Reagenzien gebildet hat, zu der vorstehenden
N-substituierten 1-Amino-2-ketose gestatten.
Man wendet insbesondere Bedingungen von Verfahren an,
bei denen eine Aldose mit einem primären Amin unter Bedingungen
umgesetzt wird, die die sogenannte "Amadori-Umlagerung" gestatten,
d. h. die Isomerisierung des erhaltenen Aldosylamins zu einer
1-Amino-1-desoxy-2-ketose. Diese Bedingungen für eine Reaktion,
die auch Reaktion vom Typ "Amadori" genannt wird, werden insbesondere
in "Methods in Carbohydrate Chemistry, Vol. 2, Academic
Press, N.Y. 1963, Seite 99" beschrieben.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Verfahrens wird die Umsetzung in Anwesenheit eines sauren
Katalysators durchgeführt. Der saure Katalysator wird insbesondere
unter solchen ausgewählt, die eine ausreichende Acidität aufweisen,
um einer wäßrigen Lösung einen pH-Wert von etwa 3,5 bis
etwa 5,5 zu verleihen. Er wird auch in Mengen eingesetzt, die,
falls das verwendete Milieu wäßrig ist, die Erzielung dieses
pH-Werts gestatten. Die Säure kann jede organische Säure oder
Mineralsäure bzw. anorganische Säure sein, die den vorstehenden
Bedingungen entspricht, oder es können Salze mit saurer Reaktion
verwendet werden. Das Serotonin kann selbst zuerst in ein derartiges
Salz mit saurer Reaktion umgewandelt werden.
Vorzugsweise wird die Reaktion aufgrund der Hydrolyserisiken
des entsprechenden Aldosylamins in Anwesenheit von Wasser,
in einem Milieu eines wasserfreien, gegenüber den Reagenzien
inerten Lösungsmittels durchgeführt.
Vorteilhaft wird die Reaktion in dem Milieu eines wasserfreien
Alkohols wie Methanol, Äthanol, Propanol oder einem
anderen Lösungsmittel wie beispielsweise Dioxan, Dimethylformamid
oder Acetonitril durchgeführt.
Allgemein kann die Menge der verwendeten Säure sehr
einfach bestimmt werden, beispielsweise durch Befeuchten eines
Universal-Indikatorpapiers mit dem Reaktionsmedium und anschließendes
Aufbringen eines Wassertropfens auf das derart
befeuchtete Papier. Die Menge der in dem wasserfreien Milieu
verwendeten Säure reicht aus, wenn der zugefügte Wassertropfen
auf dem Indikatorpapier einen pH-Wert zwischen etwa 3,5 und
etwa 5,5 annimmt.
Man kann auch auf andere Protonendonatoren zurückgreifen,
beispielsweise auf eine Verbindung, die eine aktive Methylengruppe
(= C-CH₂-C =) aufweist, beispielsweise ein Äthylmalonat,
2,4-Pentandion, Phenylaceton, Diphenylmethan oder Malonsäure,
in Anwesenheit einer katalytischen Menge eines sekundären Amins
in einem inerten Lösungsmittel.
In allen Fällen kann die Umsetzung bei einer Temperatur
von Raumtemperatur bis zur Rückflußtemperatur des Lösungsmittels,
vorzugsweise bei der letztgenannten Temperatur durchgeführt
werden.
Allgemein kann man unter den in der vorstehend angegebenen
Literaturstelle aufgeführten Bedingungen oder auch unter den
von John E. Hodge "The Amadori rearrangement" in "Advances in
Carbohydrate Chemistry", Band 10, Acad. Press 1965, Seite 169, beschriebenen
Bedingungen arbeiten. Angewendet beispielsweise auf
das Serotonin und eine Aldose wie die D-Glucose führen die vorstehend
angegebenen Reaktionsbedingungen zu einem Kohlenhydratderivat
des Serotonins, das sich von der Ketose ableitet, die
der eingesetzten Aldose entspricht. Beispielsweise wird die Umsetzung
von Serotonin und D-Glucose durch die folgende chemische
Gleichung veranschaulicht:
Führt man die gleiche Reaktion in neutralem Milieu durch, so
erhält man die oben beschriebene bekannte Verbindung, die jedoch
instabil ist.
Die Anwesenheit des Protonendonators beim erfindungsgemäßen Verfahren ist daher von wesentlicher Bedeutung.
Man kann zwar im Prinzip verschiedenste anorganische oder
organische Säuren oder saure Salze von 5-HT verwenden, vorzugsweise
verwendet man jedoch Säuren oder Salze, die die Stabilisierung
des Serotonins in situ, insbesondere im Hinblick auf
die Gefahr der teilweisen Umlagerung von 5-HT in Anwesenheit
eines Aldehyds in ein Tetrahydronorharman-Derivat der Formel:
worin n und R die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, ermöglichen.
Eine besonders vorteilhafte Säure, die alle vorstehenden
Bedingungen erfüllt, ist die Oxalsäure. Man kann das Serotonin
auch vorher in sein Oxalat umwandeln.
Allgemein erhält man das gleiche Ergebnis, wenn man auf
Polycarbonsäuren, insbesondere Tricarbonsäuren oder Dicarbonsäuren
zurückgreift. Vorteilhafte Repräsentanten dieser Polycarbonsäuren
sind beispielsweise Weinsäure, Maleinsäure, Apfelsäure,
Zitronensäure usw. Man erhält in allen Fällen mit den
Polycarbonsäuren Produkte, die sich vom Tetrahydronorharman
unterscheiden. Auf jeden Fall sei festgestellt, daß es, falls
man andere Säuren, beispielsweise anorganische Säuren wie Chlorwasserstoffsäure,
verwendet, leicht ist, gegebenenfalls gebildete
Tetrahydronorharman-Derivate aufgrund ihrer physikalischen
Eigenschaften wie ihrer Löslichkeiten in Lösungsmitteln, die
gänzlich unterschiedlich von denen der vorstehenden Derivate
sind, abzutrennen. Es ist auch möglich, Lösungen der entsprechenden
Salze des Serotonins zu verwenden. Unter den erfindungsgemäß
hauptsächlich verwendeten Aldosen kann man nennen: Glycerose,
Threose, Erythrose, Ribose, Arabinose, Xylose, Lyxose, Gulose,
Idose, Glucose, Mannose, Galactose, Talose, Allose, Altrose,
Rhamnose, Fucose, Epirhamnose (wobei jede der genannten Aldosen
der D- oder der L-Reihe angehören kann). Es versteht sich, daß
die epimeren Zucker, die sich nur durch die Konfiguration am
2-Kohlenstoffatom unterscheiden, die gleichen Endprodukte ergeben.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen weisen eine ausgeprägte
Reduktionswirkung auf. Sie reduzieren insbesondere das
Tillmans-Reagens, d. h. das 2,6-Dichlorphenol-Indophenol (H.V.
Euleur, H. Hasselquist, H. Wahlstam, Arkiv S. Kemi, 12, 85
(1957)), obwohl die Zucker, von denen sie sich ableiten, gegenüber
diesem Reagens wirkungslos sind. Ihr Reduktionsvermögen
gegenüber dem Tillmans-Reagens ist im allgemeinen gleich oder
beträchtlicher als das der Ascorbinsäure.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen weisen bedeutende
pharmakologische und therapeutische Eigenschaften auf. Insbesondere
werden sie aufgrund ihres beträchtlichen Reduktionsvermögens
nur schwach durch Monoaminoxydase (MAO) oxydiert, die eines
der am Metabolismus des Serotonins teilnehmenden Mittel darstellt.
Sie können daher verwendet werden, um den Serotoningehalt
im Organismus konstant zu halten, wenn die Neigung besteht, daß
dieses einem zu raschen Metabolismus unterliegt. Die erfindungsgemäßen
Verbindungen weisen eine mitogene Wirkung auf, wenn
sie mit Zellen in Kontakt gebracht werden, die einer Bestrahlung
ausgesetzt wurden. Sie sind daher wirksam als Bestrahlungsschutzmittel
bzw. Radioprotektoren.
Darüber hinaus inhibieren sie die durch Serotonin bewirkte
Aggregation der Blutplättchen. Aufgrund der Antiaggregationswirkung
für Blutplättchen ist ihre Anwendung bei der Behandlung
von Thrombosen, insbesondere arterieller Art, in Betracht zu
ziehen.
Darüber hinaus verhindern sie die Aufnahme von Serotonin
in die Blutplättchen, wodurch sie zur Behandlung von Schocks
interessant sind, die bekanntlich häufig mit einer Freisetzung
von Serotonin in das Blut einhergehen.
Weitere Charakteristika der Erfindung sind aus der Beschreibung
und insbesondere aus der Herstellung der erfindungsgemäßen
Verbindungen, ihren physiko-chemischen und pharmakologischen
Eigenschaften ersichtlich.
0,532 g (0,002 Mol) Serotoninoxalat und 0,360 g (0,002 Mol) wasserfreie
D-Glucose werden in 40 ml absolutem Äthanol 60 Minuten
lang zum Rückfluß gebracht. Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur
fällt eine blaßgelbe Substanz aus und wird abfiltriert.
Durch Zusatz von 60 ml wasserfreiem Äthylacetat fällt man den
größten Teil des Produkts aus und erhält nach dem Filtrieren
0,225 g eines mikrokristallinen blaßgelben oder weißen Pulvers,
das man durch Umkristallisieren aus heißem Äthanol, gegebenenfalls
unter Zusatz von wasserfreiem Äthylacetat reinigen
kann.
Charakteristika des Oxalats des Produkts (der Formel IVa oder
IVb) F = 98-102°C; [α] = -14° (c = 1, Wasser).
Durch Neutralisieren, insbesondere mit Calciumhydroxid oder
durch Leiten über ein Ionenaustauscherharz vom Typ Amberlite®
oder analogen Ionenaustauscherharzen erhält man leicht die Base.
Die 1-Desoxy-1-(5-hydroxy-tryptamino)-D-fructose
ist leicht in Wasser löslich; sie löst sich langsam in Äthanol
und ist unlöslich in Äthylacetat, Äthyläther und Aceton.
Die 1-Desoxy-1-(5-hydroxy-tryptamino)-D-fructose ist
in wäßriger Lösung stabil. Das Oxalat geht keine Mutarotation
ein.
Unter den gleichen Bedingungen wurden Serotoninderivate hergestellt,
die in der linken Spalte der nachstehenden Tabelle
aufgeführt sind, worin auch die als Reaktionskomponente eingesetzten
Aldosen, der Schmelzpunkt und das Reduktionsvermögen,
gemessen mit dem Tillmans-Reagens, des erhaltenen Produkts
aufgeführt sind.
Die eingesetzten Aldosen besitzen jeweils die folgenden Formeln:
Die Resultate der folgenden pharmakologischen Untersuchungen,
die mit dem Oxalat der 1-Desoxy-1-(5-hydroxy-tryptamino)-D-
fructose durchgeführt wurden, sind repräsentativ für die Eigenschaften
der Familie der neuen, vorstehend definierten erfindungsgemäßen
Verbindungen.
Die pharmakologischen Untersuchungen
wurden mit dem Oxalat der 1-Desoxy-1-(5-hydroxy-tryptamino)-
D-fructose, im folgenden abgekürzt als "5-HTF", im folgenden
auch "Fructoserotonin" genannt, und mit dem Oxalat des
Serotonins (5-HT) als Vergleichssubstanz durchgeführt.
Albinoratten mit einer Diät ad libitum und einem Gewicht
von 100 bis 150 g wurden durch Köpfen getötet. Das Gehirn
wurde rasch entnommen und mittels eines Homogenisators
in einer Lösung von mit Eis gekühlter
0,25 m-Saccharose homogenisiert. Das so erhaltene
Homogenisat des Gehirns wurde mit einer Lösung von 0,25 m Saccharose
auf 15% (Gew/Vol) verdünnt, und die erhaltene Suspension wurde
als Quelle für MAO verwendet.
Die MAO-Aktivität des Gehirnhomogenisats der Ratte wurde
nach der üblichen manometrischen Technik von Warburg unter Anwendung
von Substraten von 5-HT und 5-HTF bestimmt.
Die Adsorption von Sauerstoff während der oxydativen
Desaminierung von 5-HT und 5-HTF wurde als Index für die enzymatische
Aktivität verwendet. Die Reaktionsmischung enthielt
66 mMol Phosphatpuffer (pH 7,4), 10 mMol 5-HT oder 5-HTF und
einen Homogenisatanteil, der 100 mg des frischen Gewebes entsprach.
Das enzymatische System wurde bei 27°C unter Sauerstoff
in gasförmiger Phase während zwei Stunden inkubiert. Die
Sauerstoffabsorption wurde alle 30 Minuten abgelesen. Die erhaltenen
Ergebnisse wurden in die Figur eingetragen,
worin die Volumina an absorbiertem Sauerstoff in Mikroliter
(Ordinate) in Funktion zur Zeit in Minuten (Abszisse) für das
das Fructoserotonin enthaltende Milieu (Kurve A) und das das
Serotonin enthaltende Milieu (Kurve B) angegeben sind.
Die Untersuchung dieser Kurven gestattet die Feststellung,
daß der Sauerstoffverbrauch durch MAO in Anwesenheit von
5-HTF geringer als in Anwesenheit von 5-HT ist, d. h. daß 5-HTF
durch MAO weniger leicht metabolisiert wird als 5-HT.
Albinoratten aus dem Tierbestand wurden durch Köpfen
getötet. Die Leber wurde entnommen und in einer Lösung von
0,25 m-Saccharose in der Kälte mit Hilfe eines
Homogenisators homogenisiert. Das Homogenisat wurde
mit einer 0,25 m-Saccharoselösung auf 10% (Gew/Vol) verdünnt und
bei 7357 gal während 20 Minuten in einer gekühlten Zentrifuge
zentrifugiert. Nach Entfernen des Rückstands wurde die überstehende
Flüssigkeit (750 g) bei 147 140 gal während 30 Minuten in
der Kälte zentrifugiert, und der Rückstand (Mitochondrien-
Fraktion) wurde in einer Lösung von 0,25 m-Saccharose dispergiert
und erneut während 30 Minuten bei 147 140 gal sedimentiert. Der
Rückstand wurde in einer 0,25 m-Saccharoselösung suspendiert, so
daß man ein Mitochondrien-Präparat von 10% (Gew/Vol) erhielt.
Die Aktivität von MAO gegenüber 5-HT oder 5-HTF wurde
nach der Methode von Parmar (Biochem. Pharmacol. 15, 1497 (1966))
bestimmt. Die Versuchsmischung enthielt 0,5 ml 0,1 m-Phosphatpuffer
vom pH-Wert 7,4, 0,2 ml des Mitochondrien-Konzentrats,
variable Konzentrationen von 5-HT und 5-HTF (1,25 bis 15 mMol)
und Wasser zur Erzielung eines Gesamtvolumens von 1,0 ml. Die
Umsetzung wurde durch Zugabe des Substrats in Gang gesetzt.
Die Röhrchen wurden bei 37°C während 30 Minuten inkubiert. Die
Kontrollröhrchen enthielten sämtliche Bestandteile außer dem
Substrat, das nach Unterbrechung der Umsetzung durch Zugabe von
1,0 ml 10%iger Trichloressigsäure zugefügt wurde. Die Röhrchen
wurden zentrifugiert und aliquote Fraktionen wurden entnommen
und in geeigneter Weise behandelt, um die Serotoninwirkung
durch die Methode von Udenfried, Weißbach und Clark (J.Biol.
Chem. 915, 337 (1955)) zu bewerten.
Unter Anwendung der Konzentrationen von 1,25 bis 15 mMol
von 5-HT oder 5-HTF wurden Kurven aufgestellt, die der Wirksamkeit
des Substrats entsprachen, die ein hyperbelartiges Aussehen
hatten und einer klassischen Kinetik vom Typ Michaelis entsprachen.
Die Michaelis-Konstante (Km), bestimmt in an sich bekannter
Weise, liegt für 5-HTF 1,5fach über der von 5-HT, was eine
Affinität von 5-HTF gegenüber MAO anzeigt, die unter der von
5-HT liegt. Man kann daher schließen, daß das MAO 5-HT rascher
metabolisiert als 5-HTF.
Die erhaltenen Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle
aufgeführt:
Es zeigt sich schließlich, daß 5-HTF eine 100fach
geringere Wirkung auf den Uterus der Ratte ausübt, als 5-HT allein.
Diese Wirkung von 5-HTF wird wie die des Serotonins
selbst durch Methylsergid inhibiert.
Die vorstehenden Untersuchungen zeigen, daß 5-HTF deutlich
weniger leicht metabolisiert wird als 5-HT, insbesondere
in einem oxydierenden Milieu unter Bedingungen, die als repräsentativ
für die im Organismus angesehen werden können. 5-HTF
stellt daher einen nützlichen Ersatz für das Serotonin bei der
Behandlung von Erkrankungen dar, die einen übermäßigen Metabolismus
des Serotonins mit sich bringen.
Das Fructoserotonin wurde an einem an Blutplättchen
reichen Plasma im Aggregometer
untersucht. Diese Vorrichtung erlaubt die Bestimmung von Blutplättchen-
Aggregationen durch Photometrie mit Hilfe eines automatischen
Aufzeichnungsgeräts. Ein an Blutplättchen reiches
Plasma ist wenig transparent. Tritt eine Aggregation auf, so
wird es klarer, und das Licht kann hindurchtreten.
5-HTF kann bei genügend hohen Konzentrationsniveaus eine
Aggregation bewirken. Dies ist jedoch nicht bei Dosierungen
der Fall, die bei der folgenden Untersuchung verwendet wurden:
Zu 0,3 ml von an Blutplättchen reichem Plasma fügt man
90 Mikroliter Michaelis-Puffer. Man rührt
zwei Stunden bei 37°C und fügt 10 Mikroliter einer Lösung von
Fructoserotonin mit einer Konzentration von 4 · 10-3 zu, was zu
einer Endkonzentration von 1 · 10-4 führt.
Man arbeitet wie unter 1. vorstehend angegeben, ersetzt
jedoch 5-HTF durch 5-HT und erhält eine starke Aggregation der
Blutplättchen.
Man inkubiert 0,3 ml von an Blutplättchen reichem Plasma,
80 Mikroliter Puffer und 10 Mikroliter Fructoserotonin mit einer
Konzentration von 4 · 10-3 während drei Minuten bei 37°C ohne
zu rühren. Nach zweiminütigem Rühren bzw. Bewegen fügt man Serotonin
in einer Konzentration von 4 · 10-3 zu. Man stellt keine
Aggregation fest. Die Aggregation durch das Serotonin wird völlig
inhibiert.
Man kann die Hypothese aufstellen, daß die in Gegenwart
von 5-HTF in einer Dosierung, bei der 5-HTF selbst keine Blut
plättchen-Aggregation bewirkt, bewirkte Abwesenheit einer Blut
plättchen-Aggregation durch 5-HT, dem Besetzen der Rezeptorstellen
der Blutplättchen-Membran mit 5-HTF zuzuschreiben ist, an
die normalerweise das Serotonin unter Bewirkung einer Aggregation
der Plättchen fixiert wird. Durch die Inhibierung der
Aggregation von Blutplättchen, die durch die Serotonin-Kohlenhydrat-
Derivate vom Typ "Amadori-Verbindungen" bewirkt wird,
macht diese Verbindungen nützlich zur Behandlung von Erkrankungen,
die durch die Aggregation von Blutplättchen hervorgerufen werden,
insbesondere thrombolytische Zustände und ganz besonders
Schocks, die bekanntlich eine Freisetzung des Serotonins mit
sich bringen, was zu einer Aggregationsbildung der Plättchen
führt.
Die Einbringung von 5-HTF in Zellkulturen von Ascites
Ehrlich von Zellstämmen des Knochenmarks der Maus und von Thymuszellen
der Maus führt nach der Bestrahlung zu einer rascheren
Mitose in den 5-HTF enthaltenden Kulturen als der von Kulturen
von Kontrollzellen, die unter den gleichen Inkubierungsbedingungen
gehalten wurden. Hieraus ergibt sich die mögliche Verwendung
von 5-HTF als wirksames Prinzip in Arzneimitteln zur Verhütung
oder zum Schutz von Patienten, die einer Radiotherapie unterzogen
wurden, gegen schädliche Auswirkungen der Bestrahlungen.
Es sei auch festgestellt, daß 5-HTF aufgrund seiner
Zusammensetzung völlig unschädlich ist, da es aus einem Kohlenhydratderivat
und Serotonin besteht. Man weiß als allgemeine
Regel, daß Kohlenhydratderivate einer gegebenen Verbindung im
allgemeinen niemals toxischer sind als die Verbindung selbst.
Dies hat sich insbesondere für die Kohlenhydratderivate des
Serotonins bestätigt.
Andere Kohlenhydratderivate des Serotonins, insbesondere
die des vorstehenden Beispiels 2, weisen Eigenschaften auf, die
denen von 5-HTF gänzlich analog sind, insbesondere bei pharmakologischen
Untersuchungen, deren Resultate vorstehend insbesondere
für das 5-HTF aufgezeigt wurden.
Die Erfindung betrifft selbstverständlich auch die Salze
und insbesondere die physiologisch verträglichen bzw. verwendbaren
Salze der erfindungsgemäßen Derivate. Diese Salze können in
jeder an sich bekannten Weise bzw. in jeder üblichen Weise erhalten
werden, beispielsweise über die doppelte Umsetzung bzw.
doppelte Zersetzung (beispielsweise die Umsetzung des Oxalats
eines Kohlenhydratderivats von Serotonin mit einem Calciumsalz,
dessen Anion das Oxalation ersetzen soll) oder über die Zwischenstufe
der freien Base.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen oder ihre physiologisch
verträglichen bzw. verwendbaren Salze können die wirksamen
Prinzipien von Arzneimitteln bilden, die auf allen Wegen, insbesondere
auf oralem Wege (da die Verbindungen insbesondere gegen
Säuren stabil sind, wodurch sie die Magenschwelle überschreiten
können), auf rektalem Wege oder parenteralem Wege verabreicht
werden.
Sie können mit allen festen oder flüssigen pharmazeutisch
verwendbaren Exzipienten vereint werden, die eine Verabreichung
auf oralem Wege ermöglichen, können auch mit sämtlichen
zur rektalen Verabreichung geeigneten Vehikeln vom Typ
der Glyceride oder Analoga vereint werden, die insbesondere bei
einer Temperatur zwischen Raumtemperatur und 37°C erweichen
oder schmelzen können, und können in allen injizierbaren Vehikeln,
insbesondere in injizierbaren wäßrigen sterilen isotonischen
Lösungen, gelöst oder suspendiert werden.
Es versteht sich, daß die Erfindung nicht auf die vorstehenden
Beispiele beschränkt ist, die lediglich zur Erläuterung
dienen sollten.
Claims (5)
1. 1-Desoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-ketosen, die, falls
die Kohlenhydratgruppe in ihrer offenen Form vorliegt, der allgemeinen
Formel (I)
entsprechen, worin R ein Wasserstoffatom oder eine Hydroxygruppe
darstellt und n die Bedeutung von Null oder einer
der ganzen Zahlen 1, 2 oder 3 hat, falls R eine Hydroxygruppe
darstellt, oder die Bedeutung einer der ganzen Zahlen
1, 2 oder 3 hat, falls R ein Wasserstoffatom bedeutet,
sowie deren physiologisch verträgliche Salze.
2. 1-Desoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-D-fructose.
3. 1-Desoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-D-tagatose,
1-Desoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-D-ribulose,
1-Desoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-D-xylulose,
1,6-Didesoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-L-tagatose,
1,6-Didesoxy-1-(5-hydroxytryptamino)-L-fructose.
4. Verfahren zur Herstellung der Verbindungen gemäß einem
der Ansprüche 1 bis 3 durch Umsetzung von Serotonin mit einer
Aldose der Formel
worin R und n die in den vorstehenden Ansprüchen angegebenen
Bedeutungen besitzen, dadurch gekennzeichnet,
daß man die Reaktionsteilnehmer oder das erhaltene Reaktionsprodukt
in an sich bekannter Weise mit einem Protonendonator
bzw. einem Protonen liefernden Mittel unter Bedingungen zusammenbringt,
welche die direkte Herstellung eines N-substituierten 1-Amino-1-desoxy-2-ketose-Derivats von Serotonin,
ausgehend von den genannten Reaktionskomponenten oder die
Isomerisierung des entsprechenden N-substituierten Aldosylamins,
das ebenfalls ein Serotoninderivat ist, und gegebenenfalls
zunächst aus den genannten Reaktionskomponenten gebildet
wurde, zur genannten N-substituierten 1-Amino-2-ketose
ermöglichen, und das erhaltene Produkt gegebenenfalls in ein
physiologisch verträgliches Salz überführt.
5. Arzneimittel, enthaltend eine oder mehrere der Verbindungen
gemäß Anspruch 1 bis 3 oder ihre physiologisch
verwendbaren Salze als Wirkstoffe, gegebenenfalls mit
üblichen Hilfs- und Trägerstoffen.
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