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Stand der Technik
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Quadrotoren haben sich als VTOL-Geräte (VTOL, vertical take off and landing) aufgrund ihrer speziellen Vorteile auf bestimmten Einsatzgebieten (z. B. Kamera-Flüge, Spielzeug) etabliert. Der Begriff ”Quadrotor” (bzw. Quadcopter, Quad) bezieht sich generell auf Flugeräte mit horizontaler Rotor/Propeller-Ebene und mehreren Elektroantrieben. Dabei ist die bei Quads sich eingebürgerte Bezeichnung ”Rotor” irreführend, da es sich um Propeller ohne zyklische und kollektive Blattverstellung (vgl. Hubschrauber-Rotor) handelt. Bei der weiteren Beschreibung soll aber hier aus Gründen der Verständlichkeit die Bezeichnung Rotor beibehalten bleiben, auch wenn es sich um Propeller handelt.
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Die hauptsächlichen Vorteile der Quads sind einfache Drehzahlsteuerung der E-Motoren (keine Rotorblattverstellung erforderlich), ideale flugmechanische Hubgeometrie und geringe Herstellkosten. Aufgrund der stabilen Schwebeflugeigenschaft lassen sich automatisierte Flugprofile (z. B. VTOL-Phase, Coming-home-Funktion) mit kostengünstiger Regelung/Steuerung realisieren. Ein weiterer Quad-Vorteil ist der fast geräuschlose und emissionsfreie Schwebeflug. Eine genauere Beschreibung der Quad-Wirkungsweise ist u. a. der
DE 10 2005 014 949 zu entnehmen.
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Bei der Quad-Bauweise hat sich das Konzept mit vier Rotoren in einer sternförmigen Anordnung hinsichtlich gut beherrschbarer Flugmechanik bei geringer mechanischer Komplexität durchgesetzt.
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Als entscheidende Nachteile der Quadrotoren sind allerdings geringe Reichweite und Fluggeschwindigkeit zu nennen, was auf die begrenzte Batteriekapazität und den mangelnden Vorwärtsflug-Antrieb zurückzuführen ist. Außerdem vermindert das ungünstige Verhältnis Gewicht zu Leistung der Batterie die Nutzlast. Somit können verschiedene Missionen von den Quads nicht wahrgenommen werden. Hier sind andere Fluggeräte im Vorteil, vor allem Flächen- oder Verbundflugzeuge mit VTOL-Antrieben: Kipprotoren, Kipp-Propeller, Kippflügler, Bläser im Flügel (z. B.
DE 299 16 203 ), Verbund-Hubschrauber/Tragschrauber. Aber auch diese Typen sind mehr oder weniger mit Schwierigkeiten behaftet wie z. B. hoher mechanischer Aufwand (Blattverstellung, Wellensystem, Stellzylinder etc.), komplexe Steuerung, großer Wartungsaufwand, hohe Strahlflächenbelastung (geringer spezifischer Schub), Rotorabwind beaufschlagt Flügel und mindert Hubkraft. Zur Vermeidung dieser Nachteile hat die Firma Arcturus/USA (
Flight-Magazin, 29. Apr. 2014, S. 16; vgl. Zeichnung Fig. 1d) eine Drohne vorgestellt, welche eine Kombination von Flächenflugzeug und Quad darstellt. Dabei wird bei dieser Konfiguration lediglich eine vorhandene Flugzeugzelle durch einen Quadrotor ergänzt, ohne dass dabei die Kombination Flugzeugzelle/Quadrotor den technischen Möglichkeiten entsprechend optimal ausgelegt worden wäre, so dass sich hier offensichtliche Nachteile ergeben (s. Beschreibung
1d).
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Aufgabenstellung
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Nach vorstehender Analyse von VTOL-Geräten ist es Aufgabe der Erfindung, die Kombination Flugzeugzelle/Quadrotor hinsichtlich Aerodynamik und Gewicht gegenüber dem Stand der Technik zu verbessern, um damit den Flugbereich hinsichtlich Geschwindigkeit, Einsatzradius und Flugdauer zu erweitern. Als Anwendungsgebiete kommen vielfältige Drohnenmissionen aber auch – je nach zukünftiger Batterieentwicklung – der Leichtflugzeugbau infrage.
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Beschreibung
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In Anlehnung an den Begriff ”Verbund-Hubschrauber” (Hubschrauber mit getrenntem Vorwärtsflug-Antrieb und ggfs. Flügel) wird hier für die Kombination einer Flugzeugzelle mit einem Quadrotor, plus getrennten Antrieb für den Vorwärtsflug, die Bezeichnung ”Verbund-Quadrotor” vorgeschlagen.
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Der erfindungsgemäße Verbund-Quadrotor ist entsprechend dem Patentanspruch 1 durch zwei schlanke Tragholme gekennzeichnet, welche in einer Doppelfunktion die aerodynamischen Flächen (Flügel, Leitwerke) verbinden und zugleich als Basis für die Rotorantriebe dienen. Mit diesem Konzept wird erreicht, dass Oberfläche, Gewicht und Widerstand minimiert werden können. Dabei ersetzen die beiden Tragholme den konventionellen Rumpf als Leitwerksträger, während zur Aufnahme der Nutzlast ein am Flügel bzw. Entenleitwerk montierter Profiltropfen vorgesehen ist. Desweiteren gewährleisten die Tragholme auch die Ausbildung einer Enten-/Tandemkonfiguration; ebenso ist ein Nurflügel-Quad möglich.
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Der Verbund-Quad verfügt typischerweise über elektrisch betriebene Hubrotoren, ergänzt durch einen davon getrennten Antrieb für den Vorwärtsflug. Für eine längere Flugdauer kommt hierfür gegenüber dem E-Antrieb am ehesten ein Verbrennungsmotor infrage. Dieser ist vorzugsweise am Heck des o. g. Profiltropfens zwischen den Tragholmen montierbar, um so im Falle einer Drohnenanwendung den vorne installierten Sensoren ein ungestörtes Sichtfeld zu gewährleisten.
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Systembedingt muß beim Verbund-Quadrotor der Schubmittelpunkt der Rotoren sich mit dem Schwerpunkt der Flugzeugzelle decken. Hierfür ist die Länge der Tragholme anzupassen oder es wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, dass die Hubeinheiten vor und hinter dem Schwerpunkt bezüglich Rotordurchmesser oder/und Antriebsleistung unterschiedlich ausgelegt werden. Damit ist eine Verschiebung des Schubmittelpunkts möglich und die Tragholmlänge ist minimierbar (vgl. im Gegensatz dazu 1d).
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Außerdem sei erwähnt, dass die Installation der Hubeinheiten auf den Tragholmen Rotoren mit großen Durchmessern erlauben, was geringe Strahlflächenbelastung (hoher spezifischer Schub) ergibt. Zudem werden keine aerodynamischen Flächen vom Rotorabwind beaufschlagt, wodurch die volle Hubkraft erhalten bleibt.
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Zeichnungen
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Die Erfindung ist anhand von Zeichnungen dargestellt und näher beschrieben. Die Figuren zeigen:
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1 den Stand der Technik mit Beispielen 1a–1d.
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2 den erfindungsgemäßen Verbund-Quadrotor in einer Drohnenausführung
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3 Konfigurationsmöglichkeiten
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4 eine Nurflügelkonfiguration
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5 eine Ausführung der Erfindung als Leichtflugzeug
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In 1 wird zum Stand der Technik eine Auswahl von VTOL-Geräten skizzenmäßig dargestellt.
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Fig. 1a
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Die Zeichnung zeigt den typischen Aufbau eines Quadrotors mit vier elektrisch angetriebenen Hubeinheiten an den Enden der Auslegerarme und das zentrale Gehäuse für Steuerung und Batterien. Mit dieser Auslegung sind Flugdauer und Reichweite aber beschränkt, so dass nur kurze Einsätze im Nahbereich möglich sind.
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Fig. 1b
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In der Skizze ist das Spielzeugmodell ”Raptor Dogfight Quadcopter F2” dargestellt. Dabei ist die einem Quadrotor umgebende Flugzeugzelle lediglich Attrappe zur Vortäuschung eines VTOL-Flugzeugs. Letztlich sind alle Flugmanöver vom eingebauten Quadrotor abhängig, da ein Vortriebspropeller fehlt. Schließlich liefern die in der Zelle integrierten kleinen Propeller wegen hoher Strahlflächenbelastung nur wenig spezifischen Schub.
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Fig. 1c
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Die Systemzeichnung zeigt eine Zweiseitenansicht der ”Panther”-Drohne der Fa IAI/Israel (Flight-Magazin, 11. Febr. 2014, S. 15). Die VTOL-Drohne verfügt über drei elektrisch angetriebene Kipp-Propeller. Für den Reichweitenflug wird dabei nur ein Teil der Batteriekapazität eingesetzt, was gegenüber anderen VTOL-Geräten günstig ist. Nachteilig wirkt sich aus, dass ein Teil des Propellerabwinds den Flügel beaufschlagt und so die Hubeffizienz mindert. Außerdem muß der Schwenkwinkel der Propellergondeln in der Transitionsphase mit der Vorwärtsgeschwindigkeit synchronisiert werden, was eine komplexere Regelung und Mechanik bedingt.
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Fig. 1d
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Dargestellt ist eine Skizze der o. g. Drohne der Fa Arcturus/USA, wobei ein Quadrotorsystem in einer vorhandenen Flugzeugzelle integriert ist. Ersichtlich ist, dass der Schubmittelpunkt im Schwerpunkt liegt und deshalb die vorderen Rotorträger länger als die hinteren Träger ausgebildet sein müssen. Bei der strukturellen Integration bleibt auch der voluminöse Rumpf als Leitwerksträger erhalten, was Gewicht und Oberfläche verursacht und die Aerodynamik verschlechtert. Außerdem läßt die Rumpfkonstruktion den Einbau einer Druckschraube im Heck eher nicht zu (Schwerpunktproblem), was den Sensoren im Vorderrumpf wegen dem vorne liegenden Antrieb nur ein beschränktes Sichtfeld gibt.
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Fig. 2
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Die Zeichnung zeigt den erfindungsgemäßen Verbund-Quadrotor in einer Drohnenausführung. Die beiden zur Längsachse (1) parallelen Tragholme (2) verbinden die aerodynamischen Flächen Flügel (4) und Leitwerke (5), wobei jeweils der Tragholmkonus (2') schlank und widerstandsarm ausbildbar ist. Auf den Tragholmen (2) sind die Elektro-Hubmotoren (3) installiert, deren Rotoren die Rotor/Propellerkreisflächen (6) bilden. Ersichtlich ist, dass der Rotorabwind die aerodynamischen Flächen (4, 5) nicht tangiert. Je nach Auslegung der Strahlflächenbelastung kann der Rotordurchmesser vergrößert werden, ohne dass zwar die Länge, aber nicht das Konzept der Tragholme geändert werden müßte.
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Die Schubresultierende der Hubmotoren (3) ist mit der Lage des Schwerpunktes (7) der Flugzeugzelle identisch. Dieser liegt bei etwa 25% der mittleren Flügeltiefe (8). Damit ist ein stabiles Flugverhalten in der VTOL-Phase als auch im Normalflug gewährleistet, was hier durch leichte Pfeilung des Flügels (4) erreicht wird.
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Zur Unterbringung der erforderlichen Flugsysteme (Steuerung, Regelung, z. T. Energieversorgung) dient die zentral und widerstandsarm angeordnete Rumpfgondel (10). Für den Vorwärtsflug ist ein vom Rotor-Hubsystem getrennter Antrieb (9) vorgesehen, welcher vorzugweise als Druckschraubenantrieb am Heck der Rumpfgondel (10) installiert ist. Damit ist für die vorne liegende Sensoren ein gutes Sichtfeld gegeben. So können mit dem erfindungsgemäßen Konzept eines Verbund-Quadrotors bei dem hauptsächlichen Kriterien aerodynamischer Widerstand, Gewicht und Sensorwirksamkeit Verbesserung erzielt werden.
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Fig. 3
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Als Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ist ein Enten-/Tandemflugzeug dargestellt. Die beiden Tragholme (2) verbinden Flügel (4) und Leitwerk/Tandemflügel (5). Die Holme (2) dienen dabei als Basis für die Hubmotoren (3), wobei die Rotorkreisflächen (6) zwischen den aerodynamischen Flächen so platziert sind, dass der Rotorabwind nicht störend wirkt. Konfigurationsbedingt liegt hier der Schubmittelpunkt (7) bzw. der Schwerpunkt zwischen den aerodynamischen Flächen (4, 5), womit die Flugstabilität in allen Flugphasen sichergestellt ist. Als Vorteil dieser Flugzeugkonfiguration ist die gegenüber dem Normalflugzeug kompaktere Bauweise zu nennen. Außerdem liegen die Rotoren zwischen den aerodynamischen Flächen (4, 5), was im Bodenbetrieb mehr Sicherheit gegen Verletzung bietet.
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Fig. 4
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Dargestellt ist ein Nurflügel (4) integriert mit zwei Tragholmen (2) und darauf befestigten Hubmotoren (3, 3'). Zur Anpassung der Hubresultierenden an die Schwerpunktposition (7) sind die vorderen Hubmotoren (3') mit einer geringeren Leistung und Rotorkreisfläche (6') versehen. Mit dieser erfindungsgemäßen Einrichtung ist es möglich, neben der Beeinflussung der Rotorgeometrie die Länge der Tragholme (2) zu minimieren.
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Fig. 5
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Die Zeichnung zeigt in der Draufsicht eine Version des Verbund-Quadrotor in einer Ausführung als zweisitziges Leichtflugzeug. Der Antrieb (9) für den Vorwärtsflug kann neben der Position am Heck der Rumpfgondel (10) auch an anderer Stelle montiert sein, hier z. B. am Flügel (4). Die Kabine für die Piloten befindet sich in der Rumpfgondel (10). Infolge der vorhandenen Quadrotor-Technologie kann die VTOL-Phase völlig automatisiert erfolgen, was den Piloten entlastet. Auch kann die sonst übliche Landeklappe entfallen. Bezüglich Ausfallsicherheit der elektrischen Hubmotoren bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: Verbindungs-Wellensystem, Autorotation (Propellerblattverstellung erforderlich), Horizontallandung.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Flugzeuglängsachse (= Symmetrieachse)
- 2
- Tragholm
- 2'
- Tragholmkonus
- 3, 3'
- Elektrohubmotor
- 4
- Flügel
- 5
- Höhenleitwerk
- 5'
- Enten-/Tandemflügel
- 6, 6'
- Rotor/Propeller-Kreisfläche
- 7
- Schwerpunkt = Rotorschubmittelpunkt
- 8
- Mittlere Flügeltiefe
- 9
- Antrieb Vorwärtsflug
- 10
- Rumpfgondel
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005014949 [0002]
- DE 29916203 [0004]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Flight-Magazin, 29. Apr. 2014, S. 16; vgl. Zeichnung Fig. 1d [0004]
- Flight-Magazin, 11. Febr. 2014, S. 15 [0020]