DE19855929C2

DE19855929C2 - Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von Formteilen

Info

Publication number: DE19855929C2
Application number: DE1998155929
Authority: DE
Inventors: Bernhard Beer
Original assignee: IBS Brocke GmbH and Co KG
Current assignee: Polytec Automotive GmbH and Co KG
Priority date: 1998-12-04
Filing date: 1998-12-04
Publication date: 2000-10-26
Anticipated expiration: 2018-12-05
Also published as: DE19855929A1

Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Formteilen aus hinterspritztem oder hinterpreßtem Dekormate rial in einem Formhohlraum, der von einem mehrteiligen Werk zeug gebildet wird, wobei die Formteile nach dem Hinter spritzen bzw. Hinterpressen während einer Kühlphase im Form hohlraum verbleiben.

Ferner betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Her stellen von Formteilen aus hinterspritztem oder hinterpreß tem Dekormaterial mit einem mehrteiligen Werkzeug, das einen Formhohlraum bildet, wobei einer der Werkzeugteile eine An lagefläche für die Dekor-Oberfläche der Formteile definiert.

An Formteile aus hinterspritztem oder hinterpreßtem De kormaterial werden zunehmend höhere Qualitätsansprüche ge stellt. Dies gilt nicht nur für das Aussehen und die Struk tur der Dekor-Oberfläche, sondern auch für deren Haptik.

Hochwertiges Dekormaterial kann eine äußerst empfindli che Dekor-Oberfläche aufweisen. Dies gilt vor allem für Le der und ähnlich genarbte Strukturen sowie ferner auch für Textilien und textilähnliche Strukuren.

Bisher war es vor allen Dingen bei besonders empfindli chen Dekormaterialien nicht möglich, die hohe Qualität des Ausgangsmaterials auf das fertige Formteil zu übertragen.

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, hier Ab hilfe zu schaffen und eine Möglichkeit zu besonders schonen dem Hinterspritzen und Hinterpressen empfindlicher Dekorma terialien vorzusehen.

Zur Lösung dieser Aufgabe ist das eingangs genannte Ver fahren erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß während mindestens eines Teils der Kühlphase ein Gasdruck auf die Dekor-Oberfläche der Formteile ausgeübt wird.

Die eingangs genannte Vorrichtung ist zur Lösung dieser Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß derje nige Werkzeugteil, der die Anlagefläche für die Dekor-Ober fläche der Formteile definiert, eine Gasführung aufweist, die in der Anlagefläche mündet und an eine Druckgasquelle anschließbar ist.

Zwar ist es bekannt, ein fluides Kühlmedium zwischen Formwand und Werkstückwand zu spritzen, jedoch mit dem Ziel, selektiv gekühlte und verfestigte Oberflächenbereiche zu erzeugen, die ein frühzeitiges Ausstoßen aus dem Werkzeug ermöglichen (DE-AS 26 40 607, DE-OS 25 40 519) bzw. Einfall stellen während der Kühlphase zu vermeiden (WO 93/01039).

Der Erfindung hingegen liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die Beeinträchtigung der Dekor-Oberfläche empfindlicher Dekormaterialien beim Hinterspritzen oder Hinterpressen maßgeblich von der Zeitdauer der Einwirkung von Druck und Temperatur abhängt. Auf dieser Basis besteht die Grundidee der Erfindung darin, die Druckeinwirkung während der Kühl phase zu vermindern. Dabei macht sich die Erfindung die natürliche Schrumpfung des thermoplastischen Materials wäh rend der Kühlphase zunutze. Der auf die Dekor-Oberfläche der Formteile einwirkende Gasdruck kompensiert die Schrumpfung und löst die Dekor-Oberfläche von der Anlagefläche ab. Der dazu erforderliche Druck ist erheblich geringer als der Spritz- oder Preßdruck und der gegebenenfalls über die Düse aufgebrachte Nachdruck zur Kompensation der Schrumpfung. Immerhin beträgt die Schrumpfung größenordnungsmäßig bis zu 2%.

Im Ergebnis wird die Dekor-Oberfläche der Formteile nur kurzfristig, d. h., lediglich während des Spritz- oder Preß vorganges und ggf. während des Beginns der Kühlphase an die zugehörige Anlagefläche angepreßt. Diese kurze Zeitspanne reicht nicht aus, die Dekor-Oberfläche nachhaltig zu beein trächtigen. Es können also sehr hochwertige Dekormaterialien mit besonders empfindlichen Oberflächen zu Formteilen von Spitzenqualität verarbeitet werden.

Aus Gründen der Haptik besteht das Dekormaterial häufig aus zwei Schichten, nämlich einer äußeren, die Dekor-Ober fläche bildenden Schicht und einer inneren Schicht, die mit dem thermoplastischen Kunststoff in Berührung tritt und eine gewisse Elastizität besitzt. Für die innere Schicht kommt überwiegend geschäumtes Material in Frage. Auch das ge schäumte Material ist druckempfindlich. Wird nämlich die Zellstruktur zerquetscht, so geht die Elastizität verloren. Positive Auswirkungen auf die Haptik sind dann nicht mehr vorhanden. Auch diesbezüglich entfaltet die Erfindung ihre Vorteile, da nämlich die Zellstruktur der inneren Schicht vor einer Zerstörung geschützt wird.

Der auf der Dekor-Oberfläche erzeugte Gasdruck führt zu einer sehr gleichmäßigen Flächenbelastung des Dekormateri als. Bei strukturierten Oberflächen werden die Kräfte nicht nur in die "Wellenkämme", sondern auch die "Wellentäler" eingeleitet. Ganz besonders vorteilhaft ist es, die Erfin dung auf gasdurchlässiges Dekormaterial anzuwenden. Das ein geblasene Gas durchdringt das Dekormaterial und leitet die aufgebrachten Kräfte direkt in den thermoplastischen Kunst stoff ein. Die Schonung des Dekormaterials, ob ein- oder zweischichtig, ist optimal.

In Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, die den Formhohlraum bildenden Werkzeugteile vor dem Ende der Kühlphase geringfügig voneinander zu entfernen. Dieser Vor gang kann direkt mit dem Beginn der Kühlphase oder auch spä ter einsetzen. Er trägt in Verbindung mit dem gleichzeitig einwirkenden Gasdruck dazu bei, das Schwinden des thermopla stischen Materials zu kompensieren und die Dekor-Oberfläche sanft in Richtung auf das Innere des Formhohlraums zu ent spannen.

Die im zugehörigen Werkzeugteil angeordnete Gasführung kann in Weiterbildung der Erfindung einen porösen Körper aufweisen, der mindestens einen Teil der Anlagefläche für die Dekor-Oberfläche der Formteile bildet. Der poröse Körper sitzt in einer entsprechenden Ausnehmung des Werkzeugteils, wobei diese Ausnehmung ihrerseits an die Druckgasquelle an geschlossen ist. Der poröse Körper sorgt für eine sehr gleichmäßige Verteilung des Druckgases.

Alternativ besteht die besonders einfache Möglichkeit, als Gasführung eine Injektionsnadel zu verwenden.

In aller Regel wird die Gasführung etwa senkrecht zu der vom Werkzeugteil definierten Anlagefläche verlaufen.

Geneigte Anordnungen sind gleichermaßen möglich. Auch kann die Gasführung als Rinne in der Teilungsebene des Werk zeugs verlaufen.

Sofern mit einem Tauchkantenwerkzeug gearbeitet wird, bleibt der Formhohlraum auch dann abgedichtet, wenn die Werkzeugteile geringfügig voneinander entfernt werden, um die Entlastung des Dekormaterials zu unterstützen. Ist das Werkzeug hingegen in einer Ebene geteilt, so würde eine ge ringfügige Öffnungsbewegung die Dichtwirkung des Dekormate rials aufheben, sofern nicht, wie es in Weiterbildung der Erfindung vorgeschlagen wird, eine um den Formhohlraum her umlaufende Dichtung vorgesehen ist, die eine geringfügige Öffnungsbewegung der Werkzeugteile kompensiert.

Die Erfindung wird im folgenden anhand bevorzugter Aus führungsbeispiele im Zusammenhang mit der beiliegenden Zeichnung näher erläutert. Die Zeichnung zeigt in:

Fig. 1 eine Vorrichtung nach einer ersten Ausführungs form in einer ersten Verfahrensstufe;

Fig. 2 die Vorrichtung nach Fig. 1 in einer zweiten Verfahrensstufe;

Fig. 3 die Vorrichtung nach Fig. 1 in einer dritten Verfahrensstufe;

Fig. 4 eine Vorrichtung nach einer zweiten Ausführungs form.

Fig. 1 zeigt ein mehrteiliges Werkzeug mit einem oberen Werkzeugteil 1 und einem unteren Werkzeugteil 2. Die Werk zeugteile definieren einen Formhohlraum 3 zum Hinterspritzen eines aus zwei Schichten bestehenden Dekormaterials 4. Letz teres wird in das Werkzeug eingelegt, wobei seine Dekor- Oberfläche sich an eine Anlagefläche 5 anlegt, welche vom oberen Werkzeugteil 1 definiert wird.

Rechts und links des Werkzeugs ist das Dekormaterial 4 in unverpreßtem Zustand dargestellt. Sobald, wie im linken Teil von Fig. 1 gezeigt, thermoplastisches Material 6 in den Formhohlraum 3 eingespritzt wird, vermindert sich die Dicke des Dekormaterials 4.

Fig. 2 zeigt den Zustand nach Beendigung des Hinter spritzens, also zu Beginn der Kühlphase.

Während der Kühlphase ergibt sich ein Zustand, wie er in Fig. 3 dargestellt ist. In der Anlagefläche 5 des oberen Werkzeugteils 1 mündet eine Gasführung, die im vorliegenden Fall als Injektionsnadel 7 ausgebildet ist. Durch diese In jektionsnadel wird Gas in den Formhohlraum eingeblasen. Das thermoplastische Material 6 schrumpft während der Kühlung, wobei der Druck zwischen der Anlagefläche 5 und der Dekor- Oberfläche des Dekormaterials 4 diese Schrumpfung kompen siert. Bei textilen Strukturen des Dekormaterials wird letz teres von dem eingeblasenen Gas durchdrungen. Das Gas wirkt also unter Schonung der textilen Struktur direkt auf das thermoplastische Material 6 ein.

Wesentlich ist, daß die Dekor-Oberfläche des Dekormate rials 4 nur kurzzeitig mit dem hohen Spritzdruck an die An lagefläche 5 angepreßt wird. Die mit der Kühlphase einset zende, durch den geringeren Druck des eingeblasenen Gases bewirkte Entlastung führt dazu, daß die Dekor-Oberfläche sehr schonend behandelt wird. Selbst bei empfindlichsten Strukturen treten keine Beschädigungen auf.

Wie angedeutet, besteht das Dekormaterial 4 im vorlie genden Fall aus zwei Schichten, von denen die äußere die De kor-Oberfläche bildet, während die innere mit dem thermopla stischen Kunststoff in Berührung tritt. Die innere Schicht, nämlich die Unterware, besitzt eine elastische Zellstruktur, die die Haptik der Formteile verbessert. Das eingeblasene Gas schützt die Unterware vor einer Beschädigung der Zell struktur, und zwar vor allen Dingen dann, wenn Unterware und Oberware gasdurchlässig sind.

Bei der Vorrichtung nach Fig. 4 handelt es sich um ein Tauchkantenwerkzeug, bei dem die im oberen Werkzeugteil 1 vorgesehene Gasführung als poröser Körper 8 ausgebildet ist, der einen Teil der Anlagefläche 5 bildet. Durch den porösen Körper 8 hindurch wird das Gas sehr gleichmäßig verteilt zwischen die Anlagefläche 5 und die Dekor-Oberfläche einge blasen.

Im linken Teil von Fig. 4 ist der Zustand direkt nach Beendigung des Hinterspritzens gezeigt, also zu Beginn der Kühlphase. Der rechte Teil von Fig. 4 zeigt den Zustand während der Kühlphase.

Wie im mittleren Bereich von Fig. 4 dargestellt, ist der untere Werkzeugteil 2 in der Kühlphase um einen gering fügigen Abstand a abgesenkt worden, um die Entlastung des Dekormaterials 4 während der Kühlphase zu unterstützen.

Eine ähnliche Öffnungsbewegung ist auch bei der Vorrich tung nach den Fig. 1 bis 3 möglich. Dabei verliert die zwischen den Werkzeugteilen 1 und 2 eingespannte Dekorware 4 ihre Dichtwirkung. Dies wird kompensiert durch eine der Öff nungsbewegung folgende Dichtung 9, die um den Formhohlraum 3 herumläuft. Eine derartige Dichtung ist bei der Vorrichtung nach Fig. 4 überflüssig.

Die Dichtung 9 ist in den Fig. 1 bis 3 lediglich schematisch angedeutet. Es kann sich beispielsweise um eine Gummi-Hohlringdichtung oder um eine aufblasbare Hohlring dichtung handeln.

Die Ausführungsbeispiele betreffen das Hinterspritzen von Dekormaterial. Gleiche Vorteile ergeben sich beim Hin terpressen.

Im Rahmen der Erfindung sind durchaus Abwandlungsmög lichkeiten gegeben. So können die Injektionsnadel 7 und der poröse Körper 8 miteinander kombiniert werden. Als Gas kön nen sämtliche verträglichen Gase in den Formhohlraum einge blasen werden, beispielsweise Stickstoff oder Luft. Die An wendbarkeit der Erfindung umfaßt sämtliche Dekormaterialien, vorzugsweise allerdings solche mit strukturierter Oberfläche und vor allen Dingen gasdurchlässiger Struktur.

Claims

1. Verfahren zum Herstellen von Formteilen aus hinter spritztem oder hintergepreßtem Dekormaterial in einem Form hohlraum, der von einem mehrteiligen Werkzeug gebildet wird, wobei die Formteile nach dem Hinterspritzen bzw. Hinterpres sen während einer Kühlphase im Formhohlraum verbleiben, dadurch gekennzeichnet, daß während mindestens eines Teils der Kühlphase ein Gasdruck auf die Dekor-Oberfläche der Formteile ausgeübt wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß gasdurchlässiges Dekormaterial verwendet wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn zeichnet, daß die den Formhohlraum bildenden Werkzeugteile vor dem Ende der Kühlphase geringfügig voneinander entfernt werden.

4. Vorrichtung zum Herstellen von Formteilen aus hinter spritztem oder hinterpreßtem Dekormaterial (4) mit einem mehrteiligen Werkzeug, das einen Formhohlraum (3) bildet, wobei einer (1) der Werkzeugteile (1, 2) eine Anlagefläche (5) für die Dekor-Oberfläche der Formteile definiert, dadurch gekennzeichnet, daß derjenige Werkzeugteil (1), der die Anlagefläche (5) für die Dekor-Oberfläche der Formteile definiert, eine Gas führung aufweist, die in der Anlagefläche (5) mündet und an eine Druckgasquelle anschließbar ist.

5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Gasführung einen porösen Körper (8) aufweist, der mindestens einen Teil der Anlagefläche (5) für die Dekor- Oberfläche der Formteile bildet.

6. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Gasführung von einer Injektionsnadel (7) gebildet wird.

7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 6, gekenn zeichnet durch eine um den Formhohlraum (3) herumlaufende, eine geringfügige Öffnungsbewegung der Werkzeugteile (1, 2) kompensierende Dichtung (9).