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Plastischer Sprengstoff Während der Jahre 1935 bis 1939 wurde in größeren
Mengen ein Sprengstoff hergestellt, welcher aus einer Mischung von Ammoniumnitrat
und wenigstens einem Alkylammoniumnitrat bestand. Die Herstellung dieses Sprengstoffes
wurde insbesondere deshalb aufgegeben, weil er, neben seinen zahlreichen guten Eigenschaften
(leichte und billige Herstellung in großen Mengen, gute Stabilität), ausgesprochen
zur Hygroskopizität neigt, was seinen Gebrauch und seine Lagerung nur in geschmolzenem
Zustand und in undurchlässigen Behältern gestattet. Ohne diese Vorsichtsmaßnahme
würde er bei feuchtem Wetter so viel Wasser aufnehmen, daß seine Detonationsfähigkeit
derart vermindert würde, daß die Explosionswelle nicht mehr von einer Patrone zur
anderen weitergeleitet würde, besonders wenn letztere ein Kaliber von weniger als
30 mm haben.
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In der deutschen Patentschrift 1009 990 wird ein plastischer Sicherheitssprengstoff
beschrieben, welcher aus 20 bis 45 % eines brisanten Sprengstoffes, 10 bis 70 %
eines Alkali- oder Erdalkalinitrats, 3 bis 25% Wasser und 0,3 bis 10% eines Gelbildners
besteht, jedoch im Gegensatz zum erstgenannten Sprengstoff keine Alkalyammoniumnitrate
enthält.
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Wasserhaltige Sprengstoffmischungen, wie sie etwa in der genannten
deutschen Patentschrift angeführt worden sind, benötigen einen verhältnismäßig hohen
Anteil an hochbrisantem Sprengstoff, damit trotz des Wassergehaltes eine sichere
Zündung erfolgt. Eine sichere Zündung ist im Bergbau zur Vermeidung von Blindgängern,
welche beim erneuten Anbohren einer Stollenstirne mit den bekannten verheerenden
Folgen losgehen können, besonders wichtig. Der hohe Anteil an hochbrisantem Sprengstoff
gewährleistet wohl eine ziemlich sichere Zündung, er setzt aber dafür die Sicherheit
der Handhabung des Sprengstoffes (Herstellung, Verpackung, Transport) infolge der
großen Schlagempfindlichkeit des hochbrisanten Sprengstoffes herab. Ferner bewirkt
der hohe Anteil an hochbrisantem Sprengstoff, daß die nie zu vermeidenden Blindgänger
beim Anbohren durch einen Preßlnftbohrer sicher losgehen.
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Es war somit dieAufgabe gestellt, einen plastischen Sprengstoff zu
finden, welcher beim Zünden sicher detoniert, d. h., welcher praktisch zu keinen
Blindgängern Anlaß gibt und gleichzeitig eine sehr hohe Sicherheit der Handhabung
bietet. Dazu sollen Blindgänger, wenn sie aus irgendwelchen Gründen doch einmal
auftreten, beim Anbohren mit einem Preßluftbohrer nicht losgehen.
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Die vorliegende Erfindung stellt eine Kombination der eingangs erwähnten
bekannten Lehren dar. Durch diese Kombination werden überraschende Vorteile erreicht.
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Die Erfindung betrifft einen plastischen, aus der Dispersion eines
festen Explosivstoffes großer Detonationsgeschwindigkeit in einer teigigen Masse
aus einem Ammonium-, Alkali- oder Erdalkalinitrat, einem wasserlöslichen Geliermittel
und Wasser bestehenden Sprengstoff, welcher dadurch gekennzeichnet ist, daß er zusätzlich
ein Alkylammoniuinnitrat enthält.
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Zweckmäßig enthält der Sprengstoff etwa 8 bis 25 0/0 Explosivstoff
von hoher Detonationsgeschwindigkeit, etwa 6 bis 10 % Alkylammoniumnitrat und etwa
5 bis 15 % Wasser.
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Als Explosivstoff mit hoher Detonationsgeschwindigkeit verwendet man
vor allem Nitropentaerythrit oder Cyclotrimethylentrinitramin (Hexogen), während
als Geliermittel vor allem Glucoside oder Extrakte aus Johannisbrotbaumrinde oder
andere bekannte wasserlösliche Geliermittel in Frage kommen.
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Versuche haben gezeigt, daß, sobald der Sprengstoff außer einigen
Prozent Wasser 6 bis 7 % Alkylammoniumnitrate und etwa l % oder sogar weniger Glucoside
enthält, praktisch von ihm kein Wasser mehr aufgenommen wird, wenn man ihn feuchter
Luft, sogar während mehreren Tagen, aussetzt. Zwischen der Hygroskopizität der genannten
Nitrate und dem Dampfdruck ihrer Lösung im Sprengstoff bildet sich
ein
gewisses Gleichgewicht aus, sogar in Gegenwart einer sehr großen Menge Ammoniumnitrat.
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Der erfindungsgemäße Zusatz von Alkylammoniumnitraten ermöglicht es,
daß man die Menge des an sich notwendigen hochbrisanten- Sprengstoffes stark herabsetzen
kann, ohne daß die Sicherheit der Zündung beeinträchtigt wird. Somit können Blindgänger
praktisch vermieden werden. Gleichzeitig wird jedoch infolge der geringen Menge
an hochbrisantem Sprengstoff die Sicherheit der Handhabung wesentlich erhöht, wodurch
beispielsweise Herstellung, Verpackung, Transport und Aufbewahren des Sprengstoffes
wesentlich gefahrloser werden. Außerdem kann man durch den geringen Anteil an hochbrisantem
Sprengstoff, dessen Anwesenheit, wie schon gesagt, unvermeidlich ist, erreichen,
daß Blindgänger, falls sie trotz allem irgendeinmal auftreten, beim Anbohren mit
einem nicht allzu schweren Preßluftbohrer nicht losgehen, was eine ganz erhebliche
Erhöhung der Sicherheit im Stollen und somit einen technischen Fortschritt von großer
Tragweite darstellt.
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Der Zusatz von Äthanolammoniumnitraten (es kommt sowohl Mono-, Di-
und Triäthanolamin in Frage) erscheint ganz besonders günstig. Eine wäßrige Lösung
eines oder mehrerer dieser Nitrate ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für Ammoniumnitrat.
Bei Raumtemperatur vermag eine 50%ige wäßrige Lösung eines solchen Nitrats viel
mehr als ihr eigenes Gewicht an Ammoniumnitrat zu lösen. So ist es beispielsweise
möglich, aus 7,5 Teilen Nitrat eines Äthanolamins, 7,5 Teilen Wasser und 20 Teilen
trockenem Ammoniumnitrat 35 Teile einer Sirupösen Flüssigkeit zu erhalten. Fügt
man zu diesem Sirup noch 20 Teile hochbrisanten Sprengstoff (Nitropentaerythrit
oder Hexogen), 39 Gewichtsteile pulverisiertes trockenes Ammoniumnitrat und 1 Teil
eines Glucosinds oder anderen Gelierungsmittels, so erhält man nach angemessenem
Kneten des Ganzen einen Sprengstoff mit den obengenannten vorzüglichen Eigenschaften,
dessen Plastizität hervorragend ist und durchaus derjenigen der üblichen gelatinierten
Dynamite (auf der Basis flüssiger Salpetersäureester) entspricht. Ein solcher Sprengstoff
ist hervorragend für alle Sprengarbeiten geeignet.
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Der neue plastische Sprengstoff, dessen Dichte praktisch von der gleichen
Größenordnung wie diejenige der gewöhnlichen gelatinierten Dynamite ist, weist gegenüber
den letzteren den Vorteil auf, keine flüssigen Salpetersäureester aufzuweisen, und
er kann überall durch einfaches Mischen der Bestandteile hergestellt werden.
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Während der Herstellung ist es nicht mehr nötig, die einzelnen Komponenten
zu trocknen. Es genügt, den Wassergehalt der Komponenten zu berücksichtigen und
das Alkylammoniumnitrat entsprechend dem Wassergehalt der übrigen, nicht trockenen
Komponenten mit Wasser zu verdünnen.
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Die vollständige Abwesenheit von flüssigen Salpetersäureestern stellt
einen gewaltigen Fortschritt in bezug auf die allgemeine Sicherheit bei der Fabrikation
und der Handhabung der Sprengstoffe sowie in hygienischer Hinsicht dar. Das letztere
gilt sowohl für das Personal der Sprengstoffabriken wie auch für die Tunnelarbeiter,
welche mit den erfindungsgemäßen Sprengstoffen zu tun haben. Bei diesen treten kein
Unwohlsein und Kopfweh, keine Cyanose und Idiosynkrasieerscheinungen oder Anfänge
von Vergiftungen usw. mehr auf. Alle diese übel, welche mit der Handhabung von plastischen
Dynamiten auf der Grundlage von flüssigen Salpetersäureestern verbunden sind, kommen
nicht mehr vor.
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Die erfindungsgemäßen Sprengstoffe sind dank ihrem Wassergehalt nur
schwer brennbar, jedenfalls bedeutend schwerer als die üblichen plastischen Dynamite
unter gleichen Bedingungen.
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Der Wassergehalt inVerbindung mit der Anwesenheit von Alkylammoniumnitraten
bewirkt, daß sie nicht gefrieren und sogar bei sehr tiefen Temperaturen (unterhalb
- 20° C) plastisch bleiben.
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Man kann dem Sprengstoff ferner noch Metallpulver (z. B. Aluminium)
beimischen, um die Temperatur und damit die Wirkung der Explosionsgase zu erhöhen.
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Die folgenden Beispiele zeigenAusführungsformen der Erfindung.
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Beispiel 1
Brisanter plastischer Sprengstoff |
Gewichtsprozent |
Ammoniumnitrat . . . . . .... . . . . .. .. 64,5 |
Diäthanolammoniumnitrat ........ 8 |
Wasser .... ..................... 3 |
Aluminiumpulver ................ 4 |
Johannisbrotbaumrindenextrakt, |
trocken ....................... 0,5 |
Nitropentaerythrit in Kristallen von |
0,25 mm ...................... 20 |
100,0 |
Dieser Sprengstoff gibt im Trautzl-Block eine Nettoausbuchtung von 410 em3. Seine
Dichte in der Patrone beträgt 1,38. Seine Sauerstoffbilanz ist -f- 0,5 0/0. Die
Übertragung der Explosionswelle in freier Luft erfolgt sicher über 20 mm von Patrone
zu Patrone vom Durchmesser 30 mm, sie ist unsicher bei einem Abstand von 25 mm und
mehr.
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Beispiel 2
Weniger brisanter Sprengstoff als derjenige |
des Beispiels 1 |
Gewichtsprozent |
Ammoniumnitrat ................. 66,5 |
Triäthanolammoniumnitrat ........ 9 |
Wasser .......................... 4 |
Johannisbrotbaumrindenextrakt, |
trocken ....................... 0,5 |
Nitropentaerythrit ................ 20 |
100,0 |
Dieser Sprengstoff gibt im Trautzl-Block eine Nettoausbuchtung von 375 cm3. Seine
Dichte in der Patrone beträgt 1,35. Seine Sauerstoffbilanz ist -1-1%. Die Übertragung
der Explosionswelle in freier Luft ist von der gleichen Größenordnung wie diejenige
des Sprengstoffes gemäß Beispiel 1.