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Verfahren zur Beseitigung von Abfallsubstanzen, insbesondere von radioaktiven
Abfallsubstanzen und radioaktiv oder sonstwie verseuchten Gegenständen In der technischen
und wissenschaftlichen Praxis entstehen mitunter Substanzen, die bereits in geringen
Mengen sehr gefährlich sind und diese Gefahren oft Tiber große Zeiträume beibehalten.
Dies gilt insbesondere für verschiedene radioaktive Isotope. Besonders diejenigen
Isotope, deren Halb.wertszeit einerseits genügend lange ist, um sich vor ihrem Zerfall
mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf unsere Lebensräume verteilen zu können, andererseits
aber auch genügend kurz ist, um noch mit erheblicher Wahrscheinlichkeit innerhalb
der Lebenszeit dieser und kommender Generationen zu zerfallen, stellen eine Gefahr
für. die Organismen dar.. Es besteht daher das. Problem, derartige Substanzen und
hiermit verseuchte Gegenstände mit an Vollkommenheit grenzender Sicherheit zubeseitigen.
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Bisher werden solche Objekte entweder in das Meer versenkt oder in
Bergschächten vergraben, wobei man sie in pa.sseitde Behälter einschließt. Die Sicherheit
dieser Maßnahme ist jedoch. umstritten und ist nach dem augenblicklichen Stand der
Erkenntnis der Größe der Gefahr nicht angemessen. Einerseits sind die konkrete Meeresbodenbeschaffenheit
und die Meeresströinungen nicht genügend bekannt, so daß - insbesondere in Hinsicht
auf die Gefahr von Seebeben - ein Übertritt solcher Substanzen in das freie :Teerwasser
droht. Andererseits sind Erdbewegungen und Grundwassereinbrüche -insbesondere in
Hinsicht auf Erdbeben -- nicht genügend beherrschbar, so daß ein Übertritt solcher
Substanzen in das freie Grundwasser droht. Außerdem ist die Technologie solcher
Maßnahinen, insbesondere was die Haltbarkeit der Behälter und die Einbringung der
Behälter anlangt, äußerst kompliziert und für die Beseitigung großer Mengen im Verkehr
verteilter Substanzen und Gegenstände praktisch kaum durchführbar.
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Zur Durchführung dieser bisherigen Verfahren wurden die Empfehlungen
herausgegeben, es mögen als Ablagerungsstätten für in gelöster Form vorliegende
Abfallsubstanzen die großen und verlassenen arktischen Gebiete von Kanada, Grönland,
Nord-Sibirien oder der Antarktis und womöglich sonstige Wüsten und Steppen benutzt
werden, oder es mögen Flüssigkeiten in oberflächliche Gruben womöglich in verlassenen
sonst wertlosen oder in dauernd gefrorenen Gebieten verbracht werden. Diese an sich
naheliegenden Empfehlungen bringen jedoch ohne besondere weitere Ausnutzung bestimmter
Umstände noch lzeine Sicherheiten, die darüber hinausgingen, daß die zu beseitigenden
Substanzen und Gegenstände eben abseits in sonst möglichst unbrauchbare undunbewohnbare
Gegenden- verbracht werden und daß bei Normaltemperatur flüssige Substanzen in einem
Temperaturbereich beseitigt werden, in welchem diese Substanzen durch Dauerfrierung
weniger flüchtig sind. Es ist jedoch - darüber hinausgehend - möglich, durch eine
bestimmte Nutzung der Eiseigenschaften unter ganz bestimmten, in arktischen und
antarktischen Gebieten gegebenen Verhältnissen noch wesentlich erhöhte Sicherheiten
zu erzielen. Die vorliegende Erfindung gibt an, welche Art von Eiseigenschaften
und Eisverhältnissen und wie diese Eiseigenschaften und Eisverhältnisse zu benutzen
sind, um die erforderlichen, gesteigerten Sicherheiten - sogar noch ökonomisch vorteilhaft
- zu erzielen.
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Der Grundgedanke des in den Patentansprüchen gekennzeichneten erfindungsgemäßen
Verfahrens besteht darin, die zu beseitigenden Objekte in arktisches oder antarktisches
Eis einzusenken, das an seiner jeweiligen Oberfläche fortwährenden Massenzuwachs
aus der Atmosphäre erfährt.
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Die Eigenschaften des Eises tragen in folgender Weise zur Erfüllung
des Zweckes dieses Verfahrens bei Die relativ hohe Löslichkeit von Gasen, Flüssigkeiten
und Festkörpern in Eis bewirkt eine gute Aufnahme von solchen zu beseitigenden Substanzen,
die entweder etwa unmittelbar mit dem Eis in Berührung sind, sich von verseuchten
Gegenständen abspalten, aus etwaigen Behältern austreten oder sekundär durch die
Wirkung der zu beseitigenden Substanzen entstehen. Die Eisviskosität ist einerseits
so hoch, daß sie ein Schweben der zu beseitigenden Objekte mit relativ sehr geringer
gewichtsbedingter Senkung mit der Zeit bewirkt, wobei die zu beseitigenden Objekte
und deren sekundäre Produkte nicht aus den sie unmittelbar umgebenden Eisschichten
gelangen. Die Eisviskosität ist andererseits aber auch so nieder, daß etwa Risse
und
Spalten wieder selbständig zusammenfließen und Spannungen sich
ausgleichen, so daß etwa auch schwere Erschütterungen, wie Beben, Explosionen usw.
den hermetischen Abschluß der zu beseitigenden Objekte nicht beeinträchtigen. Obgleich
also das Wasser der gefährlichste Überträger der zu beseitigenden Substanzen ist,
ist Eis gemäß dem Erfindungsgedanken zurFesthaltung undBeseitigung derartigerSubstanzen
besonders gut geeignet. Das erfindungsgemäße Verfahren der Einsenkung in Eis erweist
sich somit entgegen allem Anschein als sehr zweckmäßig.
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Die Einsenkung der zu beseitigenden Objekte in solches Eis mit fortgesetztem
oberflächlichem Massenzuwachs erzielt folgende Wirkung; um diese Wirkung in jedem
Falle zu erzielen, ist es von Vorteil, sofort mit der Einsenkung schon eine wenn
auch nur geringfügige anfängliche Einsenktiefe zu bewerkstelligen: `'flenn etwa
in einer gewissen anfänglichen Einsenktiefe Substanzen in das Eis gelangen, so läuft
deren Diffusionswelle mit der Quadratwurzel der Zeit, während der oberflächliche
Eiszuwachs etwa linear mit der Zeit läuft. Die Substanz kann daher nicht im Laufe
fier Zeit vollständig durch die Oberfläche ausdiffundieren, sondern dieAusdiffusion
klingt nach dem Überschreiten eines gewissen Maximalwertes exponentiell sehr rasch
ab. Die Gesamtmenge der durch die Eisoberfläche ausdiffundierenden Substanz kann
hierbei - auch über alle Zeiten integriert - extrem klein gehalten werden, wenn
nur das Verhältnis der anfänglichen Einsenktiefe mal oberflächlichem Eiszuwachs
zur betreffenden Diffusionskonstante in Eis entsprechend groß wird. Da dieses Verhältnis
als negativer Exponent einer Exponentialfunktion eingeht, ist praktisch jedes geforderte
Maß an gesamter Ausdiffusion untersehreitbar. Darüber hinaus ist ein oberflächlicher
Eiszuwachs auch dadurch zweckmäßig, daß die zu beseitigenden Objekte hierdurch ganz
allgemein immer weiter unter die Oberfläche gelangen und somit von größeren Massen
umschlossen werden. Desgleichen ist --- auch bei an sich genügend niedriger Diffusion
-ein sofortiges Einsenken auf eine gewisse anfängliche `riefe insofern zweckmäßig,
als die Objekte hierdurch dem unmittelbaren Zugriff der freien Atmosphäre entzogen
sind. Das erfindungsgemäß fortgeführte Verfahren der Einsenkung in Eis mit fortgesetztem
oberflächlichem Zuwachs erweist sich somit als besonders zuverlässig, obgleich solches
bei vergleichsweise hohen Diffusionskonstanten scheinbar widersinnig ist.
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Weiterhin schlägt die Erfindung vor, für dieses Verfahren natürliche
Eismassen zu benutzen, die sich mit Kilometer-Mächtigkeit über Festland lagern und
an ihrer Oberfläche dauernd weiteren Massenzuwachs durch die atmosphärischen Niederschläge
erhalten. Beispiele derartiger Eismassen wären etwa das Grönlandeis oder das Südpolareis.
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Durch Benutzung derartiger Eismassen vereinfacht sich die praktische
Durchführung des allgemeinen erfindungsgemäßen Verfahrens sehr. Der Gedanke ist
hierbei folgender: Der fortwährende -.Massenzuwachs an der Eisoberfläche durch vertikale
Niederschläge hat sich im Laufe der jüngsten Erdgeschichte praktisch auf ein Gleichgewicht
mit dem fortwährenden Massenverlust durch horizontalen Abfluß eingestellt. Dieser
horizontale Abtluß ist hierbei zum weitaus größeren Teil eine hochvisl:ose Eisbewegung
mit Randgletscherbildung und zum geringen Teil - und nur bei großen Eistiefen -eine
durch die Erdwärme verursachte Eisabschmelzung am Festlandboden mit Schmelzwasserbildung.
Dieser Umstand bewirkt aber, daß anfänglich oberflächliche Eisschichten von selbst
zu immer tieferen Schichten absinken und mehr oder minder seitlich abwandern.
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Es genügt somit, die zu beseitigenden Substanzen einfach auf die Oberfläche
oder besser sofort wenig unter die Oberfläche einer derartigen Eismasse zu bringen,
von wo ab sie dann von selbst schon nach kurzer Zeit von hinreichenden und mit der
Zeit sich dauernd noch vergrößernden Eisschichten umschlossen werden. Die Zeiträume,
während derer diese Substanzen auf diese Weise festgehalten werden, bestimmt sich
durch die horizontale Laufzeit der betreffenden Eisschicht bis zum Eisrand und durch
die vertikale Fallzeit der Objekte bis zum Festlandboden. Die horizontale Laufzeit
ist dabei naturgemäß um so länger, je näher man die Objekte an die Stellen der Eisoberfläche
bringt, an denen die horizontale Eisabwanderung verschwindet. Diese Stellen sind
bei ungestörter Eisoberfläche zugleich die Stellen höchster absoluter Erhebung,
so daß diese verhältnismäßig einfach aufzufinden und mit hinreichender Genauigkeit
praktisch zu treffen sind. Die vertikale Fallzeit, die im wesentlichen durch den
Niederschlag und die Eistiefe bestimmt wird, ist in der Regel ebenfalls in der Nähe
dieser Stellen minimaler horizontaler Abwanderung und höchster absoluter Erhebung
am längsten. Für große Eismassen ergeben sich auf diese Weise Lauf- und Fallzeiten
von geschichtlicher Dauer. Am Beispiel des Grönland- oder Südpolareises ergeben
sich auch dann, wenn diese Stellen weit weniger genau getroffen werden als dies
praktisch ohne Schwierigkeit möglich ist, Zeiträume in Größenordnungen von 104 Jahren.
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Durch diesen zusätzlichen erfindungsgemäßen Vorschlag, derartige gegebene
Eismassen für das allgemeinere erfindungsgemäße Vorhaben zu benutzen, werden die
zu beseitigenden Objekte in praktisch einfachster Weise mit einer wirklich an Vollkommenheit
grenzenden Sicherheit und für weitaus genügende Zeiträume aus dem allgemeinen Kreislauf
beseitigt.
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Die praktischeDurchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann somit
darin bestehen, daß die Objekte in genannter Weise auf der Eisoberfläche einfach
von dort aus abgestellt oder aus der Luft abgeworfen werden. Nichtstaubende, nichtsublimierende,
nichtverdampfende und insbesondere nicht in Eis abdiffundierende feste zu beseitigende
Objekte können in der Regel ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen in genannter Weise abgestellt
oder abgeworfen werden. Flüchtige oder abdiffundierende Substanzen können in passenden
Kunststoffumhüllungen und/oder anderen Behältern abgestellt oder abgeworfen werden.
Empfindliche derartige Objektekönnen aus der Luft mit Fallschirmen abgeworfen werden.
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Für viele Fälle ist es besonders zweckmäßig, als Behälter Fliegerbomben
zu verwenden, die die zu beseitigenden Objekte aufnehmen. Diese Bomben lassen sich,
passend gepanzert, etwa auch verhältnismäßig gefahrlos etwa in Instituten, Betrieben,
Kliniken usw. aufstellen und unmittelbar als Abfallbehälter benutzen. Solche Bomben
haben bei Abwurf in den verhältnismäßig tiefen Schnee- und Firnschichten eine Einschlagtiefe,
die meist als anfängliche Einsenktiefe bereits ausreicht. Auf diese Weise ist es
überhaupt erst möglich, nicht nur Abfälle großer Anlagen, sondern auch die Masse
der im Verkehr verteilten gefährlichen Objekte wirtschaftlich und sicher zu beseitigen.
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Die Haltbarkeit etwaig notwendiger Umhüllungen oder Behälter braucht
nur für die verhältnismäßig kurze Zeit bis zu genügender Einsenkung unter die
jeweilige
Eisoberfläche gewährleistet zu sein.Wenn etwa eine genügende sofortige Einsenkung
nicht gewährleistet und ein selbständiges Absinkenlassen durch den Oberflächenzuwachs
zu riskant ist, ist es zweckmäßig, ein anfänglich beschleunigtes Absinken der Objekte
herbeizuführen. Dies läßt sich unter anderem durch Beifügung von schmelzpunkterniedrigenden
Stoffen erreichen, die etwa die zu beseitigenden Objekte als Mantel umgeben oder
speziell bei Bomben diesen als Gußmasse anhaften. An Stelle dessen oder zusätzlich
hierzu kann auch durch anfänglich erhöhte Wärmeentwicklung für anfänglich beschleunigtes
Absinken gesorgt werden.
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Eine fortschreitende Durchschmelzung durch dauernde starke radioaktive
Erwärmung ist dadurch vermeidbar, daß die räumliche Abmessung des betreffenden Objektes
so auf die Wärmeentwicklung abgestellt wird, daß die Wärmeleitfähigkeit des Eises
nirgends im Eis die Schmelztemperatur des Eises überschreiten läßt. Dies ist in
den allermeisten Fällen von selbst gegeben. In besonders kritischen Fällen sind
die zu beseitigenden Objekte entsprechend aufzuteilen.
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Die Ansammlung von Knallgas, das durch radiolytische Spaltung erzeugt
wird, ist durch Stoffe, die auf die Verbrennung von Knallgas katalysierend wirken,
vermeidbar. Diese vorzugsweise in löslicher Form einzuführenden katalytisch wirkenden
Stoffe können - je nach Erfordernis - etwa den schmelzpunkterniedrigenden Stoffen
beigefügt und/oder dem Inhalt der Behälter oder Bomben beigegeben werden. Die Behälter-
oder Bombenwände sind zweckmäßig selbst katalytisch wirksam einzurichten. Das Entweichen
von solchem Spaltknallgas ist insbesondere bei Abfallbehältern zu vermeiden, die
in Instituten, Betrieben, Kliniken usw. aufgestellt sind, da das Knallgas radioaktive
Substanzen mit sich führen könnte.