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Zur autonomen oder halbautonomen Steuerung von Fahrzeugen kommen Fahrerassistenzvorrichtungen zum Einsatz. Diese können Fahrtrajektorien berechnen. Ein Verfahren zur Fahrtrajektorienplanung ist aus der
EP 3 291 202 A1 bekannt. Die
DE 10 2019 102939 A1 offenbart ein System für die Bewegungsplanung von autonomen Fahrzeugen.
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In heutigen Fahrerassistenzsystemen werden z.B. auf der Manöverebene viele Entscheidungen getroffen, auch der für den Trajektorienplaner relevante Verkehrsteilnehmer wird bereits je nach Manöver ausgewählt. Das bedeutet, dass im schlimmsten Fall, wenn das Szenario auf Manöverebene nicht gut gelöst ist, der Trajektorienplaner den relevanten Verkehrsteilnehmer nicht kennt und eine falsche Fahrtrajektorie erstellt. Ein Beispiel ist ein Abstandsregeltempomat, welcher auf Basis des nächsten Fahrzeug in der Fahrspur regelt, wobei ein Motorrad, das auf der rechten Fahrspur fährt, nicht als relevantes Objekt markiert wird. Es besteht damit eine Kollisionsgefahr bei unerwarteten Manövern des Motorrads.
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Ein Model Predictive Planner (MPP) wird verwendet, um eine optimale Fahrtrajektorie sowohl für Komfortfälle, z.B. gleichmäßiges Fahren auf einer Spur oder systeminitiierter Spurwechsel, als auch für Notsituationen zu ermitteln. Ein MPP enthält ein Fahrzeugmodell, Informationen über die Fähigkeiten der Aktuatoren und die Straßenreibung und kann daher die Befahrbarkeit einer Fahrtrajektorie im Voraus berechnen. Darüber hinaus kann ein MPP die Fahrtrajektorie nach mehreren Kriterien optimieren, z. B. bezüglich Geschwindigkeitsabweichung, Querbeschleunigung und Querruck, oder Längsbeschleunigung und Längsruck.
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Für verschiedene Fahrmanöver, z.B. Spurhalten, Spurwechsel, Abbremsen auf eine bestimmte Geschwindigkeit und dergleichen, können unterschiedliche Fahrtrajektorien berechnet werden.
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Die Bewegungsplanung für ein autonomes Fahrzeug kann hierarchisch erfolgen, z.B. kann bei der Routenplanung die gesamte Fahrt auf Basis einer Karte geplant werden. Ein globaler Planer kann die nächsten Kilometer zum Erreichen der Zielspur der Navigation auf Basis einer Karte planen. Ein Manöverplaner kann das nächste Manöver für die nächsten Sekunden auf Basis der Umgebungswahrnehmung und optional durch eine Karte erweitert planen. Mögliche Manöver umfassen etwa Fahrspurwechsel oder Halten der Spur. Ein Fahrtrajektorienplaner kann für die nächsten Sekunden räumliche Koordinaten mit Zeitstempel ermitteln, welche für das Fahrzeug befahrbar sind.
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Bei einem intelligenten Manöverlevel wird z.B. eine Graphen-basierte Suche entlang des Straßenmodells für eine vorgegebene Dauer durchgeführt, um die beste Manöversequenz zu ermitteln. Die Fahrtrajektorie kann z.B. durch eine einfache Spline-Interpolation ermittelt werden.
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Bei einem einfachen Manöverlevel entscheidet eine Zustandsmaschine durch Heuristiken zwischen Fahrmanövern, etwa Spurhalten oder Spurwechsel. Die beste Fahrtrajektorie wird z.B. durch Lösen eines Optimierungsproblems ermittelt.
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Graphenbasierte Algorithmen für die Manöverplanung haben jedoch einen hohen Rechenaufwand und können nicht für alle Szenarien eine Lösung in einer festen Laufzeit garantieren.
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Intelligente Lösungen können auf Manöverplanungsebene mit einer Vielzahl von Entscheidungsbäumen, also etwa Regelkatalogen oder Zustandsautomaten, sehr komplex werden und somit in der realen Welt nicht zu handhaben sein. Ein Regelkatalog kann beispielsweise für ein unerwartetes Szenario keine Regel aufweisen, sodass es keine adäquate Reaktion gibt.
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Es ist daher eine Aufgabe der Erfindung, auf einfache Weise eine optimale Fahrtrajektorie zu finden.
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Diese Aufgabe wird durch ein Fahrerassistenzsystem und ein Verfahren zum Steuern eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche gelöst.
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Weitere bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Gemäß einem ersten Aspekt schafft die vorliegende Erfindung demnach ein Fahrerassistenzsystem für ein Kraftfahrzeug, mit einer Manöverplanungseinrichtung, einer Fahrtrajektorienplanungseinrichtung und einer Schnittstelle. Die Manöverplanungseinrichtung ist dazu ausgebildet, basierend auf einem Fahrbahnmodel, einer Objektliste und Fahrinformationen eine Liste an Fahrmanövern zu generieren. Die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung ist dazu ausgebildet, für jedes Fahrmanöver der Liste an Fahrmanövern mit Hilfe einer ersten Kostenfunktion eine Fahrtrajektorie zu berechnen, wobei die Manöverplanungseinrichtung weiter dazu ausgebildet ist, durch Auswertung einer zweiten Kostenfunktion eine zu befahrende Fahrtrajektorie der von der Fahrtrajektorienplanungseinrichtung berechneten Fahrtrajektorien auszuwählen. Die Schnittstelle ist dazu ausgebildet, die ausgewählte Fahrtrajektorie auszugeben.
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Gemäß einem zweiten Aspekt schafft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Steuern eines Kraftfahrzeugs. Eine Liste an Fahrmanövern wird basierend auf einem Fahrbahnmodel, einer Objektliste und Fahrinformationen generiert. Eine Fahrtrajektorie wird für jedes Fahrmanöver der Liste an Fahrmanövern mit Hilfe einer ersten Kostenfunktion berechnet. Eine zu befahrende Fahrtrajektorie der berechneten Fahrtrajektorien wird durch Auswertung einer zweiten Kostenfunktion ausgewählt. Das Kraftfahrzeug wird gemäß der ausgewählten zu befahrenden Fahrtrajektorie durch mindestens eine Aktuatoreinrichtung angesteuert.
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Systeme, die mit Regelkatalogen für erkannte Szenarien arbeiten, haben den Nachteil, dass sämtliche zu beherrschenden Szenarien während der Entwicklung betrachtet sein müssen, damit eine Regel für die Fahrzeugreaktion existiert.
Die Erfindung stellt sicher, dass sich ein automatisiertes Fahrzeug in jedem Szenario optimal verhält, d.h. auch für Szenarien, die während der Entwicklung nicht explizit betrachtet wurden, gibt es eine optimale Lösung. Auch in Notfallsituationen wird stets die sicherste Fahrtrajektorie ermittelt.
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Das Verfahren hat weiter die geringstmögliche Komplexität, um optimale Lösungen zu finden. Dies wird durch eine Aufteilung in einen Fahrtrajektorienplaner, welcher die optimale Fahrtrajektorie für Manöver ermittelt, mit einem so einfach wie möglich ausgestalteten Manöverplaner-Level ermöglicht.
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Die Erfindung ist insbesondere vorteilhaft für alle Fahrerassistenzsystem (ADAS)-Funktionen, insbesondere für den Automatisierungsgrad SAE Level 2 und höher.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems ist die Schnittstelle dazu ausgebildet, mindestens ein Ansteuersignal an mindestens eine Aktuatoreinrichtung zum Ansteuern des Kraftfahrzeugs gemäß der ausgewählten zu befahrenden Fahrtrajektorie auszugeben.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems hängt die erste Kostenfunktion von mindestens einem Komfortparameter ab, wobei der mindestens eine Komfortparameter zumindest eines umfasst von einer Querbeschleunigung, einem Querruck, einer Längsbeschleunigung und einem Längsruck. Dadurch können für den Fahrer unangenehme Beschleunigungen oder Rucke ausgeschlossen werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems ist die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung dazu ausgebildet, das Optimieren der Fahrtrajektorie mit Hilfe der ersten Kostenfunktion unter Berücksichtigung von mindestens einer Nebenbedingung durchzuführen, wobei die mindestens eine Nebenbedingung in Abhängigkeit von dem Fahrbahnmodell und/oder einem Abstand zu Objekten erzeugt wird. Dadurch können unzulässige Fahrtrajektorien ausgeschlossen werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems ist die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung dazu ausgebildet, das Optimieren der Fahrtrajektorie mit Hilfe der ersten Kostenfunktion unter Berücksichtigung eines Zustandes und/oder des geschätzten zukünftigen Potentials der mindestens einen Aktuatoreinrichtung durchzuführen. Somit können nur Fahrtrajektorien ermittelt werden, welche durch die Aktuatoreinrichtung auch tatsächlich angesteuert werden können.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems hängt die zweite Kostenfunktion von mindestens einem Fahrerwunsch eines Fahrers des Kraftfahrzeugs ab. Dabei kann es sich etwa um einen Spurwechselwunsch (etwa durch Blinkersetzen) handeln.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems ist die Manöverplanungseinrichtung dazu ausgebildet, die Fahrmanöver weiter basierend auf globalen Fahrplaninformationen zu erstellen. Beispielsweise können nur solche Manöver oder Fahrtrajektorien ausgewählt werden, welche das Erreichen des vorgegebenen Fahrtziels ermöglichen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems ist die Manöverplanungseinrichtung dazu ausgebildet, basierend auf kooperativen Fahrstrategien die Fahrmanöver zu erstellen und/oder die zu befahrende Fahrtrajektorie auszuwählen. Dadurch kann ein für alle Verkehrsteilnehmer vorteilhaftes Steuern des Kraftfahrzeugs erreicht werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems ist die Manöverplanungseinrichtung dazu ausgebildet, die zu befahrende Fahrtrajektorie unter Verwendung eines Kollisionsminderungsverfahrens auszuwählen. Falls eine Kollision nicht zu vermeiden ist, kann etwa die Kollision mit dem geringsten zu erwartenden Schaden ausgewählt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst das Fahrerassistenzsystem eine Sicherheitsfahrtrajektorien-Planungseinrichtung, welche dazu ausgebildet ist, eine Sicherheitsfahrtrajektorie zum sicheren Manövrieren des Kraftfahrzeugs zu ermitteln. Dabei kann es sich etwa um eine Notbremsung handeln.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems umfasst die Objektliste weitere Verkehrsteilnehmer und die Prädiktion von deren Bewegung in einem Umfeld des Kraftfahrzeugs. Die Objektliste kann auch Hindernisse und dergleichen umfassen. Die Objekte und ihre prädizierten Bewegungen werden beim Erzeugen der Manöver und/oder Trajektorien berücksichtigt, sodass etwa nur derartige Manöver und/oder Trajektorien ermittelt werden, welche nicht mit den Verkehrsteilnehmern oder Objekten kollidieren.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems umfassen die Fahrinformationen eine aktuelle Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung und/oder Pose des Kraftfahrzeugs. Diese Informationen dienen als Ausgangspunkt der zu berechnenden Fahrtrajektorien.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems umfassen die Fahrmanöver zumindest eines von einem Spurwechsel (fahrerinitiiert, systeminitiiert und optional auch nach Navigationsziel), einem Spurhalten, einem Notbremsen in einer aktuellen Fahrspur des Kraftfahrzeugs, einem Notausweichen in der aktuellen Fahrspur des Kraftfahrzeugs, einem Notausweichen in eine der aktuellen Fahrspur des Kraftfahrzeugs benachbarte Fahrspur, Fahren auf einer Fahrspur mit Verkehrsteilnehmern inklusive Geschwindigkeitsregelung und automatischem Anhalten und Losfahren, optional auch inklusive Fahrer-Überholmanöver und Spurhaltung, Kollisionsminderung, kooperatives Fahren, Fahren auf Autobahnkreuzen (inkl. Fahrspurwechsel), Umgang mit Ampeln in der Stadt, etwa geradeaus fahren bei grüner Ampel, Umgang mit innerstädtischen Kreuzungen, etwa Abbiegen bei Ampeln.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems umfassen die Fahrmanöver eine vorgegebene Setzgeschwindigkeit. Es können da nur solche Fahrtrajektorien berechnet werden, welche die vorgegebene Setzgeschwindigkeit nicht überschreiten.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Fahrerassistenzsystems hängt die erste Kostenfunktion von mindestens einem Sicherheitsparameter ab. Der mindestens eine Sicherheitsparameter umfasst etwa eine zulässige Höchstgeschwindigkeit, einen Mindestabstand zu Objekten und dergleichen.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand der in den schematischen Figuren der Zeichnungen angegebenen Ausführungsbeispiele näher erläutert.
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Es zeigen:
- 1 ein Blockdiagramm eines Fahrerassistenzsystems gemäß einer Ausführungsform der Erfindung; und
- 2 Ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Steuern eines Kraftfahrzeugs gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Sofern sinnvoll lassen sich die beschriebenen Ausgestaltungen und Weiterbildungen beliebig miteinander kombinieren. Weitere mögliche Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmale der Erfindung.
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Die beiliegenden Zeichnungen sollen ein weiteres Verständnis der Ausführungsformen der Erfindung vermitteln. Sie veranschaulichen Ausführungsformen und dienen im Zusammenhang mit der Beschreibung der Erklärung von Prinzipien und Konzepten der Erfindung. Andere Ausführungsformen und viele der genannten Vorteile ergeben sich im Hinblick auf die Zeichnungen. Die Elemente der Zeichnungen sind nicht notwendigerweise maßstabsgetreu zueinander gezeigt.
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1 zeigt ein Blockdiagramm eines Fahrerassistenzsystems mit einer Manöverplanungseinrichtung 2, einer Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 und einer Schnittstelle 9.
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Die Manöverplanungseinrichtung 2 empfängt Informationen 10, welche ein Fahrbahnmodel, eine Objektliste und Fahrinformationen umfassen. Das Fahrbahnmodel umfasst etwa Abmessungen und räumliche Anordnungen von Straßen, Fahrspuren und dergleichen. Die Objektliste umfasst weitere Verkehrsteilnehmer und Hindernisse im Umfeld des Kraftfahrzeugs. Die Fahrinformationen umfassen etwa eine aktuelle Geschwindigkeit und eine aktuelle Beschleunigung des Kraftfahrzeugs. Die Informationen 10 können mittels Sensoren des Kraftfahrzeugs erzeugt worden sein, etwa Radarsensoren, Kameras, Lasersensoren oder Ultraschallsensoren.
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Die Manöverplanungseinrichtung 2 erzeugt eine Liste mit einer Vielzahl von Fahrmanövern anhand der Informationen 10 und der Informationen weiterer Einrichtungen, wie einer Manöver-Prüfeinrichtung 5, eines Modus- und Zustandsmanagers 6, einer globale-Planung-Einrichtung 7 und einer Kollisionsverhinderung-Einrichtung 8, welche weiter unten beschrieben werden, In Abhängigkeit von vorhandenen Fahrspuren und dem Fahrbahnverlauf sowie anderen Verkehrsteilnehmer erzeugt die Manöverplanungseinrichtung 2 alle möglichen Fahrmanöver, etwa Spurwechsel, Spurhalten, Notbremsen in einer aktuellen Fahrspur des Kraftfahrzeugs, Notausweichen in der aktuellen Fahrspur des Kraftfahrzeugs und Notausweichen in eine der aktuellen Fahrspur des Kraftfahrzeugs benachbarte Fahrspur.
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Die Manöverplanungseinrichtung 2 umfasst eine Manöverzustands-Einrichtung 21, welche alle erforderlichen Fahrtrajektorienanforderungen für die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 erzeugt. Beispielsweise wird dabei eine Setzgeschwindigkeit vorgegeben.
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Die Liste mit den Fahrmanövern wird an die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 übertragen. Die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 berechnet für jedes Fahrmanöver der Liste an Fahrmanövern durch Optimieren einer ersten Kostenfunktion (numerische Optimierung) genau eine Fahrtrajektorie.
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Die erste Kostenfunktion kann von Komfortparameter und Sicherheitsparametern abhängen. Die Komfortparameter dienen dazu, eine zu starke Beschleunigung oder einen zu starken Ruck zu verhindern, welche der Fahrer als unangenehm empfinden könnte. Die Komfortparameter können hierzu eine Querbeschleunigung, einen Querruck, eine Längsbeschleunigung und einem Längsruck umfassen. Höheren Werte dieser Komfortparameter entsprechen höhere Kosten in der ersten Kostenfunktion, sodass zu große Werte verhindert werden.
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Die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 kann das Optimieren der ersten Kostenfunktion weiter unter Berücksichtigung von mindestens einer Nebenbedingung durchführen. Die mindestens eine Nebenbedingung kann in Abhängigkeit von dem Fahrbahnmodel erzeugt werden. Beispielsweise kann gefordert werden, dass eine jeweilige Fahrtrajektorie vollständig innerhalb einer vorgegebenen Fahrspur oder innerhalb vorgegebener Fahrspuren liegt. Weiter kann auch eine Maximalgeschwindigkeit übermittelt werden, welche entlang der Fahrtrajektorie einzuhalten ist. Des Weiteren kann ein minimaler Abstand zu Objekten als Nebenbedingung formuliert werden.
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Die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 kann das Optimieren der ersten Kostenfunktion weiter unter Berücksichtigung eines Zustandes der mindestens einen Aktuatoreinrichtung 3 durchführen. Hierzu kann die mindestens eine Aktuatoreinrichtung 3 Informationen an die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 übermitteln, welche die möglichen Ansteuerungsoptionen charakterisieren. Beispielsweise kann eine Aktuatoreinrichtung 3 einen momentanen Lenkwinkel und einen noch maximal zulässigen Lenkwinkel übermitteln. Die Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 ermittelt nur solche Fahrtrajektorien, welche anhand dieser Informationen auch angesteuert werden können.
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Die Fahrtrajektorien können abzufahrende Punkte (etwa zweidimensional: x, y), Krümmungsparameter und Zeitstempel umfassen.
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Die Manöverplanungseinrichtung 2 wählte durch Auswertung einer zweiten Kostenfunktion genau eine zu befahrende Fahrtrajektorie der von der Fahrtrajektorienplanungseinrichtung berechneten Fahrtrajektorien aus. Die Manöverplanungseinrichtung 2 wählt somit letztlich ein Manöver aus, welches die geringsten Kosten gemäß der zweiten Kostenfunktion aufweist. Zusätzlich zu den Kosten der Fahrtrajektorie können auch binäre Informationen, die nicht innerhalb der Kostenfunktion formuliert sind (z.B. Kollision, Verlassen der Spur) mit in die Auswertung einfließen.
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Über die Schnittstelle 9, etwa einen CAN-Bus oder dergleichen, wird die gewählte Fahrtrajektorie ausgegeben. Die Manöverplanungseinrichtung 2 kann eine externe Aktuatoreinrichtung 3 ansteuern (etwa ein elektronisches Bremssystem). Die Aktuatoreinrichtung 3 kann eine allgemeine Software-Komponente zur Bewegungssteuerung und ein Aktuatorsteuergerät umfassen. Die Aktuatoreinrichtung 3 kann basierend auf einem Ansteuersignal der Manöverplanungseinrichtung 2 das Fahrzeug steuern, d.h. etwa beschleunigen, bremsen oder lenken. Das an die Aktuatoreinrichtung 3 ausgegebene Ansteuersignal steuert die Aktuatoreinrichtung 3 derart an, dass das Kraftfahrzeug entlang der ausgewählten zu befahrenden Fahrtrajektorie gelenkt wird, z.B. durch Lenkmomentanforderung, Bremsmomentanforderung und/oder Achsmomentanforderung.
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Weiter umfasst das System einen Modus- und Zustandsmanager 6, welcher von der Manöverplanungseinrichtung 2 über das auszuführende Manöver informiert wird und umgekehrt der Manöverplanungseinrichtung 2 Fahrzeugzustandsinformationen übermittelt, etwa Handlungen des Fahrers (z.B. Setzen eines Blinkers), welche einen Fahrerwunsch des Fahrers anzeigen, welcher bei den Fahrtrajektorien berücksichtigt werden kann. Weitere Informationen können einen Degradierungszustand des Kraftfahrzeugs umfassen. Wird beispielsweise der Ausfall der Seitensensoren gemeldet, kann kein Spurwechsel mehr angefordert werden.
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Die Informationen des Modus- und Zustandsmanagers 6 können von der Manöverplanungseinrichtung 2 zum Erzeugen der Liste von Fahrmanövern berücksichtigt werden. Falls der Modus- und Zustandsmanager 6 beispielsweise einen Fahrerwunsch „Spurwechsel“ ermittelt, fügt die Manöverplanungseinrichtung 2 das Fahrmanöver „Spurwechsel“ zur Liste hinzu.
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Das Fahrerassistenzsystem kann weitere optionale Komponenten umfassen, welche gestrichelt dargestellt sind, und im Folgenden beschrieben werden. Das Fahrerassistenzsystem kann dabei eine beliebige Kombination dieser Komponenten umfassen.
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So kann eine Sicherheitsfahrtrajektorien-Planungseinrichtung 4 vorgesehen sein, welche eine Sicherheitstrajektorien-Berechnungseinrichtung 41 umfasst, welche eine Sicherheitsfahrtrajektorie zum sicheren Manövrieren des Kraftfahrzeugs ermittelt, für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Trajektorie des Fahrtrajektorienplaners 1 Sicherheitskriterien verletzt. Die Sicherheitsfahrtrajektorie kann derart gewählt sein, dass vorgegebene Kriterien eingehalten werden, etwa ein Halten der aktuellen Spur mit Abstandregelung zum vorausfahrenden Fahrzeug. Für die Sicherheitsfahrtrajektorie können Komfortparameter unberücksichtigt gelassen werden, sodass etwa auch höhere negative Beschleunigungen zulässig sind. Die Sicherheitsfahrtrajektorie dient somit dem Erhalt eines sicheren Fahrzustands.
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Weiter ist eine Sicherheit-Prüfeinrichtung 42 vorgesehen, welche die berechnete Sicherheitsfahrtrajektorie sowie die von der Fahrtrajektorienplanungseinrichtung 1 berechneten Fahrtrajektorien auf vorgegebene Sicherheitskriterien überprüft, etwa auf Kollisionsfreiheit oder ob die Fahrtrajektorien jeweils innerhalb der Fahrbahn verlaufen.
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Die Manöverplanungseinrichtung 2 kann eine Fahrtrajektorienliste-Evaluierungseinrichtung 25 umfassen, welche die Fahrtrajektorie auswählt. Die Liste der zur Auswahl stehenden Fahrtrajektorien setzt sich zusammen aus den jeweils für ein Manöver optimierten Fahrtrajektorien und der Sicherheitsfahrtrajektorie. Die Fahrtrajektorienliste-Evaluierungseinrichtung 25 übermittelt die ausgewählte Fahrtrajektorie über die Schnittstelle 9 an die mindestens eine Aktuatoreinrichtung 3.
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Weiter kann eine Kollisionsverhinderung-Einrichtung 8 vorgesehen sein, welche basierend auf dem Fahrbahnmodel, der Objektliste und den Fahrinformationen berechnet, ob eine Kollision bevorsteht. In Abhängigkeit von dieser Auswertung empfiehlt die Kollisionsverhinderung-Einrichtung 8 der Manöverplanungeinrichtung 2 ein Manöver (etwa eine Notbremsung oder ein Ausweichmanöver) und/oder gibt für die Manöverplanungseinrichtung 2 höhere Begrenzungen z.B. in Längs- und Querbeschleunigung frei.
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Die Informationen der Kollisionsverhinderung-Einrichtung 8 können von der Manöverplanungseinrichtung 2 zum Erzeugen der Liste von Fahrmanövern berücksichtigt werden. Falls die Kollisionsverhinderung-Einrichtung 8 beispielsweise ermittelt, dass eine Kollision bevorsteht, fügt die Manöverplanungseinrichtung 2 die Fahrmanöver „Notausweichen“ und „Notbremsen“ zur Liste hinzu.
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Weiter kann die Manöverplanungseinrichtung 2 eine Aggregierte-Kosten-Einrichtung 24 umfassen, welche die aggregierten Kosten der Fahrtrajektorien mit Hilfe der zweiten Kostenfunktion ermittelt, wobei etwa auch Informationen über mögliche Kollisionen einberechnet werden.
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Die Manöverplanungseinrichtung 2 kann bei der Auswahl der Manöver auch Informationen von einer globale-Planung-Einrichtung 7 umfassen, wobei etwa die Route eines Navigationsgeräts des Kraftfahrzeugs umfasst sein kann. Beispielsweise können bei der Auswahl der Manöver Distanzen zur nächsten Abfahrt berücksichtigt werden, sodass nur solche Manöver vorgeschlagen werden, welche es ermöglichen, die nächste Abfahrt zu befahren.
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Weiter kann eine Manöver-Prüfeinrichtung 5 vorgesehen sein, welche beispielsweise anhand von Verkehrsregeln überprüft, welche Manöver zulässig sind und eine Liste der zulässigen Manöver an die Manöver-Planungseinrichtung 2 übermittelt.
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Weiter kann die Manöverplanungeinrichtung 2 eine Kooperatives-Fahren-Einrichtung 22 umfassen, sodass beim Ermitteln der Fahrmanöver und/oder beim Auswählen der Fahrtrajektorien kooperative Fahrstrategien berücksichtigt werden.
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Weiter kann die Manöverplanungseinrichtung 2 eine Kollisionsminderung-Einrichtung 23 umfassen, welche die Fahrtrajektorien unter Verwendung eines Kollisionsminderungsverfahrens bewertet, sodass die zu befahrende Fahrtrajektorie unter Berücksichtigung einer Kollisionsminderung bei einer bevorstehenden Kollision ausgewählt wird. Beispielsweise kann die Fahrtrajektorie mit der geringsten Unfallschwere ermittelt werden, falls nur kollidierende Fahrtrajektorien in der Liste verbleiben. Optional kann auch die Fahrtrajektorie mit der minimalen erwarteten Unfallschwere ausgewählt werden (z.B. eine Notbremsung auf der Fahrspur, seitliche Verschiebung zum Aufprall auf ein vorausfahrendes Objekt mit hundertprozentiger Überlappung von vorderer Stoßstange und hinterer Stoßstange). Es kann auch die Zeit bis zum Aufprall für die Aktoren maximiert werden, etwa zur Airbag-Konditionierung oder Beifahrerpositionierung.
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2 zeigt ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Steuern eines Kraftfahrzeugs, welche insbesondere mit dem oben beschriebenen Fahrerassistenzsystem durchgeführt werden kann.
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In einem ersten Verfahrensschritt S1 wird eine Liste an Fahrmanövern basierend auf einem Fahrbahnmodel, einer Objektliste und Fahrinformationen generiert. Dabei können globalen Fahrplaninformationen und/oder Fahrerwünsche berücksichtigt werden.
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In einem zweiten Verfahrensschritt S2 wird eine Fahrtrajektorie für jedes Fahrmanöver der Liste an Fahrmanövern mit Hilfe einer ersten Kostenfunktion berechnet. Die erste Kostenfunktion kann dabei von Komfortparametern und Sicherheitsparametern abhängen, wobei bei der Optimierung Nebenbedingungen berücksichtigt werden können. Insbesondere kann ein Zustand von Aktuatoreinrichtungen 3 des Kraftfahrzeugs berücksichtigt werden.
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In einem dritten Verfahrensschritt S3 wird eine zu befahrende Fahrtrajektorie der berechneten Fahrtrajektorien mit Hilfe einer zweiten Kostenfunktion ausgewählt. Dabei kann ein Kollisionsminderungsverfahren verwendet werden. Die zu befahrende Fahrtrajektorie kann auch basierend auf kooperativen Fahrstrategien ausgewählt werden.
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Zusätzlich kann möglich sein, dass eine Sicherheitsfahrtrajektorie ermittelt wird und die zu befahrende Fahrtrajektorie aus den berechneten Fahrtrajektorien und der Sicherheitsfahrtrajektorie ausgewählt wird.
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Das Kraftfahrzeug in einem vierten Verfahrensschritt S4 gemäß der ausgewählten zu befahrenden Fahrtrajektorie durch mindestens eine Aktuatoreinrichtung 3 angesteuert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrtrajektorienplanungseinrichtung
- 2
- Manöverplanungseinrichtung
- 3
- Aktuatoreinrichtung
- 4
- Sicherheitsfahrtrajektorien-Planungseinrichtung
- 5
- Manöver-Prüfeinrichtung
- 6
- Modus- und Zustandsmanager
- 7
- globale-Planung-Einrichtung
- 8
- Kollisionsverhinderung-Einrichtung
- 9
- Schnittstelle
- 10
- Informationen
- 21
- Manöverzustand-Einrichtung
- 22
- Kooperatives-Fahren-Einrichtung
- 23
- Kollisionsminderung-Einrichtung
- 24
- Aggregierte-Kosten-Einrichtung
- 25
- Fahrtrajektorienliste-Evaluierungseinrichtung
- 41
- Sicherheitstrajektorien-Berechnungseinrichtung
- 42
- Sicherheit-Prüfeinrichtung
- S1-S4
- Verfahrensschritte
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 3291202 A1 [0001]
- DE 102019102939 A1 [0001]