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Die vorliegende Erfindung betrifft ein aktives Sturz-Verstellsystem für ein Fahrwerk eines Kraftfahrzeugs. Derartige aktive Sturz-Verstellsysteme verändern den Radsturz in Abhängigkeit von der jeweiligen Fahrsituation, beispielsweise bei Kurvenfahrt, Vollbremsungen oder Beschleunigungen.
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Aus
DE 199 42 890 A1 beispielsweise ist eine Verstellvorrichtung bekannt geworden, die zwischen einem Fahrzeugkarosserieabschnitt und einem Federbein angeordnet ist. Sie ist zur Veränderung der wirksamen Länge des Federbeins und des Spreizwinkels während des Fahrbetriebes bewegbar. Die Bewegung umfasst eine Richtungskomponente in Fahrzeugvertikalrichtung oder eine Richtungskomponente quer zu einer Fahrzeuglängsachse und eine Richtungskomponente in Fahrzeugvertikalrichtung. Diese Anordnung im oberen Federbeinlager ermöglicht eine zielgerichtete Verstellung des Spreizwinkels und damit des Sturzes des betreffenden Rades. Ein integrales Einstellelement ist als drehbares, an dem Fahrzeugkarosserieabschnitt anbringbares Exzenterelement ausgebildet, an dem der Anlenkpunkt des Federbeins exzentrisch zu dessen Drehachse vorgesehen ist. Für eine nebenwirkungsfreie Sturzverstellung müssen in der Regel mehr als ein Fahrwerkslenker (meist zwei) verändert werden.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein aktives Sturz-Verstellsystem für ein Fahrwerk eines Kraftfahrzeugs bereitzustellen, dass kostengünstig herstellbar ist und eine Sturzverstellung bei Fahrwerken mit wenigstens zwei Fahrwerkslenkern erlaubt.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein aktives Sturz-Verstellsystem für ein Fahrwerk eines Kraftfahrzeugs, wobei ein Hebelgetriebe, welches eingangsseitig mittels einer Antriebseinheit betätigt wird und ausgangsseitig ein erstes Anbindungselement und ein zweites Anbindungselement zur Verstellung der Position von Lenkeraugen bereitstellt, wobei die Antriebseinheit und die Anbindungselemente, über eine Koppelwelle miteinander wirkverbunden sind, so dass eine Aktuierung des Hebelgetriebes über die Antriebseinheit eine Verlagerung der Lenkeraugen bewirkt, wodurch der Sturzwinkel eines Fahrzeugrades aktiv einstellbar ist.
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Hierdurch wird der Vorteil erzielt, dass über die Koppelwelle beide Querlenkenker am Rad oder sogar beide Querlenker beider Räder gleichzeitig verstellbar sind. Dadurch ist beispielsweise nur eine Motor-Leistungselektronik-Einheit notwendig, wodurch Kosten minimiert werden.
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Das Hebelgetriebe und seine Schwenkmechanismen benötigen nur wenig massive Bauteile, was sich auch gewichtsreduzierend auswirkt, und erlauben auch größere Exzentrizitäten im Vergleich zu einem normalen Exzenter. Kernkomponente des Hebelgetriebes ist die Koppelwelle, wodurch die Wirkung der Antriebseinheit zu den beiden Orten (Lenkeraugen) der Lenkerverstellung geführt wird. Durch die so bewirkte Verlagerung/Verschiebung der Lenkeraugen kann z.B. der Sturzwinkel eines Rades dynamisch (während sich der Wankwinkel bei Kurvenfahrt oder der Nickwinkel beim Bremsen aufbaut) variiert werden. So kann eine optimale Traktion der Räder mit der Fahrbahn erzielt werden, d.h. höhere Kurvengeschwindigkeiten, kürzere Bremswege usw..
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Der erfindungsgemäße Verstellmechanismus bedient sich also keiner Längenänderung der Lenker sondern verwendet eine synchronisierte Gelenkpunkt-Verlagerung. Die Verlagerung beider Lenkerpunkte (Lenkeraugen) wird durch die Koppelwelle synchron erzielt, wobei die Koppelwelle in der Nähe beider Lenkergelenke vorbeiläuft und die Koppelwelle in der Nähe jedes Lenkerauges einen Anbindungselement aufweist, durch den die Aktuierung erzielt wird.
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Bevorzugt ist die Kopplungswelle in der Nähe mindestens eines Lenkeraugen gegenüber dem Fahrzeugrahmen gelagert ist. Die Kopplungswelle wird dann durch eine bevorzugt elektromotorischen Antriebseinheit ggf. unter Zwischenschaltung eines Stellgetriebes geschwenkt oder gedreht.
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Die Kopplungswelle bzw. ihre Drehachse ist bevorzugt im Wesentlichen in Fahrzeug-Längsrichtung orientiert, weil sie in der Nähe der Gelenkaugen eines Querlenkers entlanglläuft. Die Kopplungswelle und/oder die Antriebseinheit kann sich auf beiden Seiten des Radgehäuses befinden. Die Hebel o.ä. greifen ggf. durch das Radgehäuse hindurch. Die Kopplungswelle kann vorteilhaft auch leicht schräg nach oben/unten verlaufen, da ggf. auch die Lenkergelenkpunkte nicht auf gleicher Höhe sind. Die Kopplungswelle kann für hohes Momente (bereits übersetztes Aktormoment) vorgesehen sein, oder für niedriges Moment (Aktormoment wird erst danach übersetzt z.B. mit einem Lineargetriebe, oder Schneckengetriebe). Die Anwendung des Sturz-Verstellsystems ist für eine Vorderachse oder Hinterachse denkbar, auch wenn die Figuren sich auf eine Vorderachse beziehen.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass die Antriebseinheit einen elektrischen Motor, insbesondere einen elektrischen Motor mit einem Rotor, umfasst. Der elektrische Motor kann auch als ein Linearantrieb ausgebildet sein.
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Es kann gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterentwicklung der Erfindung auch vorgesehen sein, dass die Antriebseinheit ein mit dem elektrischen Motor gekoppeltes Getriebe aufweist, welches ausgangsseitig mit der Koppelwelle verbunden ist.
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Des Weiteren kann es gemäß einer ebenfalls vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung vorgesehen sein, dass das Getriebe als Planetengetriebe ausgebildet ist und die Koppelwelle zum Rotor des elektrischen Motors koaxial angeordnet ist.
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Gemäß einer weiteren besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung kann es vorgesehen sein, dass das Getriebe als Stirnradgetriebe ausgebildet ist und die Koppelwelle zum Rotor des elektrischen Motors achsparallel angeordnet ist.
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Des Weiteren kann die Erfindung auch dahingehend weiterentwickelt sein, dass das Getriebe als Schneckengetriebe ausgebildet ist und die Koppelwelle zum Rotor des elektrischen Motors einen Winkel von >0° und 180<° aufweist.
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In einer ebenfalls bevorzugten Ausgestaltungsvariante der Erfindung kann auch vorgesehen sein, dass das Getriebe als Lineargetriebe ausgebildet ist, welches eine Drehbewegung des Rotors des elektrischen Motors in eine translatorische Bewegung wandelt.
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Auch kann es vorteilhaft sein, die Erfindung dahingehend weiterzuentwickeln, dass das erste Anbindungselement und/oder das zweite Anbindungselement ausgewählt ist aus der Gruppe der Hebelarme, Gewinde und/oder Zahnsegmente, welche bevorzugt direkt mit den Lenkeraugen zusammenwirken.
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Gemäß einer weiteren zu bevorzugenden Ausgestaltung des Erfindungsgegenstandes kann vorgesehen sein, dass zwischen dem ersten Anbindungselement und/oder dem zweiten Anbindungselement und einem der Lenkeraugen ein Zwischenelement, insbesondere ein Kipphebel, angeordnet ist.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Figuren ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens näher erläutert werden.
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Es zeigt:
- 1 eine erste Ausführungsform des Sturz-Verstellsystems in einer schematischen Perspektivdarstellung,
- 2 eine zweite Ausführungsform des Sturz-Verstellsystems in einer schematischen Perspektivdarstellung mit freigestelltem Hebelgetriebe,
- 3 eine dritte Ausführungsform des Sturz-Verstellsystems in einer schematischen Perspektivdarstellung,
- 4 eine zweite und eine dritte Ausführungsform eines Hebelgetriebes in jeweils einer schematischen Perspektivdarstellung,
- 5 eine vierte Ausführungsform des Sturz-Verstellsystems in einer schematischen Perspektivdarstellung,
- 6 eine vierte und eine fünfte Ausführungsform eines Hebelgetriebes in jeweils einer schematischen Perspektivdarstellung,
- 7 eine Koppelwelle mit einer Lagerung in zwei Ausführungsformen in jeweils einer perspektivischen Ansicht,
- 8 das Sturz-Verstellsystem aus der 3 in einer perspektivischen Detailansicht,
- 9 das Sturz-Verstellsystem aus der 5 in einer perspektivischen Detailansicht,
- 10 eine fünfte Ausführungsform des Sturz-Verstellsystems in einer schematischen Perspektivdarstellung.
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Die 1 zeigt ein aktives Sturz-Verstellsystem 1 für ein Fahrwerk eines Kraftfahrzeugs, wobei ein Hebelgetriebe 2, welches eingangsseitig mittels einer Antriebseinheit 3 betätigt wird und ausgangsseitig ein erstes Anbindungselement 4 und ein zweites Anbindungselement 5 zur Verstellung der Position von Lenkeraugen 11 bereitstellt. Die Antriebseinheit 3 und die Anbindungselemente 4,5 sind über eine Koppelwelle 6 miteinander wirkverbunden, so dass eine Aktuierung des Hebelgetriebes 2 über die Antriebseinheit 3 eine Verlagerung der Lenkeraugen 11 bewirkt, wodurch der Sturzwinkel eines Fahrzeugrades 7 aktiv einstellbar ist. Die Koppelwelle 6 läuft hinter dem Federbein 14 durch.
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Die Antriebseinheit 3 umfasst einen elektrischen Motor 8 mit einem Rotor 10. Das erste Anbindungselement 4 und das zweite Anbindungselement 5 sind als Hebelarme ausgebildet, welche direkt mit den Lenkeraugen 11 der oberen Querlenker zusammenwirken.
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Durch die Antriebseinheit 3 wird die Koppelwelle 6 verschwenkt. Mit den zwei als Hebelarme ausgeführten Anbindungselementen 4,5 wird daraus eine Translation erzeugt, durch die beide Lenkeraugen 11 verlagert werden. Diese Verlagerung findet seitwärts, also vom/zum Fahrzeugrad 7 statt, womit der Sturzwinkel des Rades 7 angepasst wird. Die als Hebelarme ausgebildeten Anbindungselemente 4,5 sind als Exzenter zu verstehen, die direkt die Lenkeraugen 11 des Lenkers bewegen. Grundsätzlich kann auch nur ein Lenkerauge 11 aktuiert sein, was exemplarisch in der Ausführungsform der 10 gezeigt ist.
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Wie beispielsweise den 2-3 entnehmbar ist, kann die Antriebseinheit 3 ein mit dem elektrischen Motor 8 gekoppeltes Getriebe 9 aufweisen, welches ihrerseits ausgangsseitig mit der Koppelwelle 6 verbunden ist. Wie in der 2 auch gezeigt, kann das Getriebe 9 als Lineargetriebe ausgebildet sein, welches eine Drehbewegung des Rotors 10 des elektrischen Motors 8 in eine translatorische Bewegung wandelt. Beispielsweise kann das Lineargetriebe als Trapezgewinde, Planetenwälzgewindetrieb, Kugelgewindetrieb oder dergleichen ausgebildet sein. Das Lineargetriebe oder ein weiteres Linearbetriebe kann ggf. auch zur Aktuierung beider Radaufhängungen verwendet werden. Die Koppelwelle 6 ist mittels einer Kugelgelenkverbindung mit der Antriebseinheit 3 gekoppelt.
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Wie in der 3 dargestellt, kann das Getriebe 9 als Planetengetriebe ausgebildet sein, wobei dann die Koppelwelle 6 zum Rotor 10 des elektrischen Motors 8 koaxial angeordnet ist. In der 4a ist eine Ausführungsform eines Hebelgetriebes 2 gezeigt, bei der das Getriebe 9 als Schneckengetriebe ausgebildet ist und die Koppelwelle 6 zum Rotor 10 des elektrischen Motors 8 einen Winkel von >0° und <180° aufweist. Die 4 zeigt in der des Weiteren, dass das Getriebe 9 als Stirnradgetriebe ausgebildet sein kann und die Koppelwelle 6 zum Rotor 10 des elektrischen Motors 8 achsparallel angeordnet ist.
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In der 5 ist eine Ausführungsform gezeigt, bei der zwischen dem ersten Anbindungselement 4 und einem der Lenkeraugen 11 ein Zwischenelement 12, insbesondere ein Kipphebel 13, angeordnet ist. Das entsprechende Hebelgetriebe 2 ist auch nochmal in der 6a gezeigt.
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In der 6b ist eine weitere mögliche Konfiguration des Hebelgetriebes 2 gezeigt, bei dem Koppelwelle 6 als doppelter Schnecken- oder Spindeltrieb ausgebildet ist. Durch diesen Schnecken- oder Spindeltrieb werden die Lenkeraugen 11 linear seitwärts (nach vorne oder hinten) geschoben.
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7 zeigt mögliche Lagerungen der Koppelwelle 6. In der oberen Abbildung sind zwei als Gleitlager ausgeführte Lager 17 zu erkennen, die eine drehbare radiale wie axiale Lagerung der Koppelwelle 6 erlauben. Die Lager 17 sind in der unmittelbaren Nähe der Anbindungselemente 4,5 positioniert. In der unteren Abbildung der 7 ist eine der Lagerungen 17 durch die Antriebseinheit 3 ersetzt worden, die ebenfalls eine Lagerung der Koppelwelle 6 erlaubt.
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Die 8 zeigt das aus der 3 bekannte Sturz-Verstellsystem 1 in einer auskonstruierten perspektivischen Detailansicht. 9 zeigt das Sturz-Verstellsystem 1 aus der 5 ebenfalls in einer auskonstruierten perspektivischen Detailansicht. Insofern wird auf die vorangestellten Erläuterungen zu den 3 und 5 verwiesen.
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10 zeigt eine fünfte Ausführungsform des Sturz-Verstellsystems 1 in einer schematischen Perspektivdarstellung. Diese Ausführungsform kann insbesondere für eine Einzelaktuierung eines Lenkerauges 11 vorgesehen werden, wobei dann ein Kipphebel 13 direkt mit einer als Linearaktor konfigurierten Antriebseinheit 3 angetrieben werden kann.
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Die Erfindung ist nicht auf die in den Figuren dargestellten Ausführungsformen beschränkt. Die vorstehende Beschreibung ist daher nicht als beschränkend, sondern als erläuternd anzusehen. Die nachfolgenden Patentansprüche sind so zu verstehen, dass ein genanntes Merkmal in zumindest einer Ausführungsform der Erfindung vorhanden ist. Dies schließt die Anwesenheit weiterer Merkmale nicht aus. Sofern die Patentansprüche und die vorstehende Beschreibung ‚erste‘ und ‚zweite‘ Merkmal definieren, so dient diese Bezeichnung der Unterscheidung zweier gleichartiger Merkmale, ohne eine Rangfolge festzulegen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Sturz-Verstellsystem
- 2
- Hebelgetriebe
- 3
- Antriebseinheit
- 4
- erstes Anbindungselement
- 5
- zweites Anbindungselement
- 6
- Koppelwelle
- 7
- Fahrzeugrad
- 8
- Motor
- 9
- Getriebe
- 10
- Rotor
- 11
- Lenkeraugen
- 12
- Zwischenelement
- 13
- Kipphebel
- 14
- Federbein
- 15
- Querlenker
- 16
- Gelenk
- 17
- Lager
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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