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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Umformung eines Halbzeugs und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Dabei besteht das Halbzeug aus einem niedriglegierten Stahl, in dem mindestens 0,2 Masse-% Kohlenstoff und mindestens 0,5 Masse-% Silizium enthalten sind. Außer diesen sollten weitere Legierungselemente mit einem Gesamtmassenanteil kleiner 5,0 Masse-% enthalten sein. Silizium sollte aber mit maximal 2,5 Masse-% enthalten sein.
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Im Spannungsfeld zwischen effektivem Leichtbau mit Hilfe von höchstfesten Werkstoffen und kosteneffizienter, massentauglicher Produktion nehmen niedriglegierte Stähle eine besondere Stellung ein. Durch den geringen Anteil oder sogar das Fehlen von kostenintensiven Legierungselementen, wie Nickel, Mangan, Kobalt und Bor sind diese Stähle von höchstem Interesse. Mithilfe von intelligenten Wärmebehandlungsstrategien, wie dem Vergüten können maßgeschneiderte und anwendungsrelevante Festigkeits- und Umformeigenschaften eingestellt werden. Dabei werden häufig auch mehrphasige Gefüge aus beispielsweise Martensit, Bainit und Ferrit/Perlit erzeugt, um die gewünschten mechanischen Eigenschaften zu erreichen. Allerdings sind insbesondere bei höchstfesten Zuständen mit martensitischen Gefügen und Festigkeiten oberhalb von 1500 MPa bislang enge Grenzen hinsichtlich der Umformbarkeit dieser Werkstoffe vorhanden. Typischerweise besitzen derart vergütete, niedriglegierte Stähle Bruchdehnungen von nur einigen wenigen Prozent. Das spröde Versagensverhalten stellt eine essentielle Einschränkung sowohl für den Einsatz als auch die Weiterverarbeitung solcher Stähle dar. In den vergangenen etwa 15 Jahren wurde eine Wärmebehandlungsstrategie erforscht, die es erlaubt, ultrahochfeste niedriglegierte Stähle mit vergleichsweise sehr hoher Umformbarkeit zu erzeugen. Mit Hilfe der „Quenching- and Partitioning“ (Q&P)-Wärmebehandungsstrategie werden niedriglegierte Vergütungsstähle durch die Erzeugung von Mikrostrukturen, die eine Mischung aus Martensit und Restaustenit enthalten, so optimiert, dass außergewöhnliche Eigenschaftskombinationen eingestellt werden. Bei den Q&P-Stählen kann grundsätzlich auf kostenintensive Legierungselemente verzichtet werden, lediglich Kohlenstoff und ein ausreichender Gehalt an Silizium (ca. 1 - 2,5 Masse-%) sind für die Realisierung dieser Wärmebehandlungsstrategie erforderlich. Silizium verhindert dabei effektiv die Bildung von Eisenkarbiden, sodass der vorhandene Kohlenstoff für die Stabilisierung des Restaustenits zur Verfügung steht. Die Q&P-Verarbeitung beginnt typischerweise mit dem Austenitisieren, gefolgt von einem Abschrecken (Quenching) unterhalb der Martensit-Start-Temperatur des untersuchten Stahls. Die Abschrecktemperatur (etwa 200 °C und damit oberhalb der Martensit-Finish-Temperatur) wirkt sich direkt auf den Anteil des Restaustenits aus. Die anschließende, dem klassischen Anlassen ähnliche, Wärmebehandlung beinhaltet die diffusionskontrollierte Verteilung (Partitioning) des Kohlenstoffs von übersättigtem Martensit hin zum Restaustenit, was zu seiner (teilweisen) Stabilisierung führt. Die damit maßgeschneidert erzeugbaren Gefüge, bestehen aus hartem Martensit und duktilem, stabilisierten Restaustenit, sind die Grundlage für die unkonventionellen Eigenschaftskombinationen mit extremen Festigkeiten (Rm ≥ 2000 MPa) und hoher Duktilität (A ≥ 10 %). In dem Temperaturbereich zwischen Martensit-Start- und Martensit-Finish-Temperatur ist eine Bildung von Martensit möglich.
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Unterhalb der Martensit-Start-Temperatur (Ms) kann eine Partitionierung (250 °C), die zur Stabilisierung des Restaustenits führt, durchgeführt werden. Unabhängig davon hat sich gezeigt, dass sich die Umformbarkeit eines Q&Pwärmebehandelten Stahls ab einer moderat erhöhten Umformtemperatur (200 °C bis 250 °C) in Kombination mit einer geringen Umformgeschwindigkeit (Dehnrate < 0,1 1/s) um ein Vielfaches steigern lässt, sodass Bruchdehnungen von knapp 25 % erreicht werden können. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Erhöhung der Umformbarkeit durch eine geringe und nahezu konstante Verfestigungsrate ohne einen nennenswerten Verlust an Festigkeit erreicht werden kann. Dieses mechanische Verhalten lässt sich durch ein komplexes Zusammenspiel von teils thermisch aktivierbaren Verformungsmechanismen innerhalb der unterschiedlichen Gefügebestandteile (Martensit und Restaustenit) mikrostrukturell erklären und damit werkstofftechnisch gezielt weiter optimieren und für die Anwendung nutzbar machen.
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Insbesondere die hohe, einschnürungsfreie Umformbarkeit bei moderat erhöhten Umformtemperaturen stellt ein enormes Potenzial für die wirtschaftliche Herstellung komplexer Bauteile aus ultrahochfesten Stählen dar. Die hohe Attraktivität ist neben den exzellenten mechanischen Eigenschaften der Q&P Stähle auch dadurch gegeben, dass weder die benötigten Legierungselemente für die Erzeugung dieser Stahllegierungen noch die notwendige Wärmebehandlungsstrategie im industriellen Maßstab erhöhte Produktionskosten erzeugen würde, da der Q&P-Wärmebehandlungsprozess in seinem Handling der konventionellen Wärmebehandlung des Vergütens stark ähnelt.
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Das Problem, das es jedoch für die Produktionstechnik zu lösen gilt, ist die Notwendigkeit sehr verschiedene Abkühlraten während des Prozesses zu realisieren. Ebenfalls ist die wirtschaftliche Integration der Partitionierung des Werkstoffes in die Prozesskette sehr herausfordernd. Für konventionelles Presshärten von Blechen gibt es bereits Ansätze die verfolgt werden, um diese Probleme anzugehen. Sollen jedoch Hohlprofile, wie Rohre oder andere Hohlkörper nach der Q&P-Route umgeformt werden, gibt es aktuell keine Möglichkeit das Abschrecken und die Partitionierung prozesssicher in einem Werkzeug zu realisieren. Eine langsame Umformung während der Partitionierung, um die Effekte der deutlich erhöhten Umformbarkeit auszunutzen, kann aktuell ebenfalls nicht durchgeführt werden.
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Die vorliegende Erfindung soll hier ansetzen und die Realisierung verschiedener Q&P-Routen (verschiedene Abkühlraten, integrierte Partitionierung und Umformung bei variablen Dehnraten) innerhalb eines Umformwerkzeugs, insbesondere eines wirkmedienbasierten Umformwerkzeuges für die Innenhochdruckumformung (IHU) ermöglichen, um somit Rohre und Hohlprofile mit höchsten Festigkeiten, lokal eigenschaftsoptimiert und wirtschaftlich fertigen zu können.
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Aktuell können verschiedene Stähle (bevorzugt Mangan-Bor-Stähle; z. B. der 22MnB5) innerhalb eines Werkzeuges ausschließlich pressgehärtet werden, d.h., dass die Stähle in einem Ofen austenitisiert (in der Regel T > 900 °C), dann in das Werkzeug eingelegt und während des Umformprozesses bis unterhalb der Mf-Temperatur abgeschreckt werden. Falls eine zusätzliche Partitionierung für die Q&P-Route durchgeführt werden soll, dann muss das bereits umgeformte Werkstück oberhalb der Mf-Temperatur (ca. 200 °C) aus dem Werkzeug entnommen werden und direkt in einen Ofen für eine definierte Temperatur abgelegt werden. Der thermische Eintrag führt allerdings zu einem Verzug, was sich folglich sehr negativ auf die Bauteilqualität auswirkt, vor allem, wenn durch die Umformung lokal unterschiedliche Umformgrade resultieren.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, Möglichkeiten anzugeben mit denen eine formgetreue Umformung von Halbzeugen aus niedriglegierten Stählen möglich wird und die erhaltenen umgeformten Werkstücke trotz fehlender kostenintensiver Legierungselemente eine erhöhte Festigkeit aufweisen, wobei dies mit einem geringen Aufwand für die Durchführung der Umformung verbunden sein sollte.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe mit einem Verfahren, das die Merkmale des Anspruchs 1 aufweist, gelöst. Anspruch 8 betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen können mit in abhängigen Ansprüchen bezeichneten Merkmalen realisiert werden.
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Bei dem Verfahren wird so vorgegangen, dass das mindestens seine Austenitisierungstemperatur aufweisende Halbzeug in ein mindestens zweiteiliges Umformwerkzeug eingesetzt und bei Einhaltung einer Abkühlrate zwischen mindestens 30 K/s und maximal 100 K/s und einer erhöhten Dehnrate zwischen 1 1/s und 100 1/s grob umgeformt wird. Dabei sollte bis zum Erreichen der Martensit-Start-Temperatur (Ms) eine Verformung erreicht werden, die mindestens 80 % der insgesamt durchzuführenden Verformung am Werkstück entspricht.
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Ab Erreichen einer Halbzeugtemperatur, die maximal 20 % minimal 10 % kleiner als die Martensit-Start-Temperatur ist, soll sich die Abkühlrate und Dehnrate im Halbzeug ändern. Die Umformung wird dabei mit einer Dehnrate kleiner 0,1 1/s fortgeführt (verantwortlich für ein zusätzlich erhöhtes Umformvermögen) und das Halbzeug langsam endkonturnah ausgeformt. Die Abkühlrate muss auf einen Wert kleiner 10 K/s reduziert werden, sodass zwischen der Martensit-Start- und Finish-Temperatur genügend Zeit für eine diffusionskontrollierte homogene Verteilung des Kohlenstoffs im Halbzeugvolumen gegeben ist.
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Der Umformvorgang ist bei dem unterschreiten der Martensit-Finish-Temperatur beendet. Ein aus dem Halbzeug erhaltenes umgeformtes Werkstück wird nach Erreichen einer Temperatur, die kleiner als die Martensit-Finish-Temperatur (MF) des Werkstoffs ist, aus dem Werkzeug entnommen.
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Die Martensit-Start-Temperatur ist die Temperatur bei der bei einer Abkühlung die Martensitbildung beginnt. Sie ist größer als die Martensit-Finish-Temperatur, bei der die Martensitbildung nach einer weiteren Abkühlung beendet wird.
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Umformung und Temperaturbehandlung werden also innerhalb des einen Umformwerkzeugs durchgeführt. Die nach der Umformung erreichte Kontur des Werkstücks kann auch während der Temperaturbehandlung, bei der im Wesentlichen nur noch der Diffusionsausgleich von Kohlnestoff im Werkstoffvolumen des bereits umgeformten Werkstücks erfolgt, erhalten bleiben, da es sich ja noch im Umformwerkzeug befindet und es sich nicht verziehen kann.
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Die erhöhte Dehnrate, die oberhalb der Martensit-Start-Temperatur eingehalten werden sollte, muss deutlich höher sein, als die Dehnrate, die während der Martensitbildung eingehalten werden soll.
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Die jeweilige Abkühlrate kann insbesondere durch Variation der Flächenpressung zwischen Halbzeugoberfläche und Werkzeugoberfläche verändert werden. Dies ist allein oder zusätzlich dazu auch durch eine alternierende Einstellung von isotroper zu anisotroper thermischer Leitfähigkeit des Umformwerkzeugs möglich.
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Die Flächenpressung kann durch möglichst lokal spezifische Druckkraftwirkung zwischen den sich berührenden Oberflächen von Halbzeug und Umformwerkzeug beeinflusst werden.
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Die Umschaltung von anisotroper zu isotroper thermischen Leitfähigkeit am Werkzeug kann beispielsweise mit sogenannten schaltbaren Beschichtungen der Werkzeughälften erreicht werden. Hierbei kann durch Anlegen einer elektrischen Spannung an die Schicht die Orientierung des Kristallgitters definiert verändert werden. Dies führt auch zu richtungsabhängigen thermischen Eigenschaften (Wärmeleitfähigkeit) der Beschichtung. So können gezielt die lokalen Abkühlraten am Halbzeug durch unterschiedlich starke Wärmeleitung in das Umformwerkzeug beeinflusst werden. Am Anfang des Prozesses wird dabei das Kristallgitter der Schicht so ausgerichtet, dass eine sehr gute Wärmeleitung zwischen Umformwerkzeug und Halbzeug stattfinden kann. Dies führt zu der gewünschten hohen Abkühlrate (zwischen 30 K/S - 100 K/s) des Halbzeugs. Beim Überschreiten der Martensit-Start-Temperatur wird dann die Kristallstruktur der Beschichtung durch die anliegende elektrische Spannung so verändert, dass sich eine wesentlich schlechtere Wärmeleitung (weniger als 10 W/mK) zwischen Umformwerkzeug und Halbzeug einstellt. Dies führt zu den deutlich geringeren Abkühlraten von unter 10 K/s, die für die Partitionerung des Werkstoffes zwischen Martensit-Start- und Finish-Temperatur nötig sind.
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Bei einer Umformung von als Hohlprofil oder Hohlkörper ausgebildeten Halbzeugen kann mittels sich verändernder Druckerhöhung im Inneren des jeweiligen Hohlprofils oder Hohlkörpers der Druck des komprimierten Mediums gepulst verändert werden, um die Dehnrate und die Abkühlrate aktiv zu beeinflussen. Dabei kann man die Pulsung mit unterschiedlichen Amplituden wählen. Analog kann man, beispielsweise bei der Umformung von Blechen die auf die Oberfläche des Halbzeugs wirkenden Druckkräfte abwechselnd mehrfach erhöhen und wieder absenken. Bei einer Verringerung der Flächenpressung kann ein vorab verformter Bereich des jeweiligen Halbzeugs sich infolge elastischer Rückstellung relaxieren. Im Anschluss daran wird bei einer Erhöhung der Flächenpressung die Umformung weiter durchgeführt und die Abkühlrate kann wieder erhöht werden.
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Es besteht dabei also die Möglichkeit den Druck des komprimierten Mediums und die Pulsdauer einzelner Druckpulse zu verändern und den jeweiligen erforderlichen Umformanforderungen und Abkühlraten im zeitlichen Verlauf unter Berücksichtigung der momentanen Temperatur des Halbzeugwerkstoffs anzupassen.
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Als zu komprimierendes Medium kann man ein Gas, wie z.B. Stickstoff oder Argon aber auch eine Flüssigkeit einsetzen.
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Im Temperaturbereich zwischen Martensit-Start- und Martensit-Finsih-Temperatur sollte bei der Umformung eine Dehnrate zwischen und 10-3 1/s und 0,1 1/s eingehalten werden.
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Man kann das Umformwerkzeug mit einem integrierten Kühlsystem kühlen. Das Kühlsystem kann vorteilhaft so ausgebildet sein, dass Bereiche des Werkzeugs mit denen eine Umformung bzw. eine größere Umformung als in anderen Bereichen des Halbzeugs erreicht werden soll, stärker gekühlt werden. Dies kann beispielsweise mit Kühlkanälen erreicht werden, durch die ein Kühlmedium strömt. Durch diese Kühlkanäle kann ein größerer Volumenstrom an Kühlmedium geführt werden, als in Bereichen in denen keine oder nur eine geringe Umformung erreicht werden soll. Es können dort auch mehrere kleinere Kühlkanäle vorhanden sein.
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An einer Vorrichtung, die zur Durchführung des Verfahrens ausgebildet ist, kann eine Einrichtung zur definierten Beeinflussung der Flächenpressung zwischen der umzuformenden Oberfläche des Halbzeugs und der zur Formgebung bei der Umformung des Halbzeugs ausgebildeten Werkzeugoberfläche und/oder zur aktiven Beeinflussung der richtungsabhängigen isotropen bzw. anisotropen thermischen Leitfähigkeit vorhanden sein.
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Es besteht dabei auch die Möglichkeit, dass Oberflächenbereiche des Werkzeugs mit denen keine oder nur eine geringe Umformung durchgeführt werden soll, mit einer thermisch isolierenden Beschichtung versehen sind. Dies kann Beispielsweise eine keramische oder glaskeramische Beschichtung sein.
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Mit der hier thematisierten Erfindung ist es möglich, während der Durchführung einer IHU oder der Umformung eines Bleches als Halbzeug die vollständige Q&P Wärmebehandlungsroute mit unterschiedlichen Abkühlraten und Dehnraten einstufig in einem Umformwerkzeug durchzuführen, sodass Werkstücke mit höchsten Festigkeiten (Rm >> 1500 MPa) und Bruchdehnungen (A > 10 %), z. B. für crashrelevante Anwendungen mit sehr hohen nötigen Energieaufnahmen für das Bauteil, wirtschaftlich gefertigt werden können. Zusätzlich kann mit einem speziell modifizierten Werkzeug ein weiterer Prozessschritt realisiert werden, der eine zusätzlich Umformbarkeit des Werkstoffes erzielt und somit höhere Umformgrade des Werkstoffes innerhalb der Q&P-Route möglich macht.
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Mit der Erfindung können mit entsprechend ausgebildeten und temperierten Umformwerkzeugen mittels eines steuerbarem lokalen Wärmeaustauschs, das folglich unterschiedliche Abkühl- und Dehnraten im Werkstoff herbeiführt, durch eine Variation des Innendruckes, des Wirkmediums, wirkender Druckkräfte und weiteren Parametern, Werkstücke aus niedriglegiertem Stahl mit verbesserten Eigenschaften erhalten werden. Ein Umformwerkzeug sollte im Vergleich zu anderen etablierten Konzepten nicht isotherm sondern wechseltemperiert sein. Als Werkstücke können insbesondere Rohre, Hohlkörper oder Hohlprofile im Fokus der mit der Erfindung erreichten Umformung liegen, wobei dies auch auf Umformwerkzeuge zur Blechfertigung übertragen werden kann.
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Durch druckgesteuerte Wärmeübergangswiderstände im Halbzeug können für lokal unterschiedliche und variierbare Abkühlraten, wie hohe Abkühlraten mit hoher Flächenpressung realisiert werden, wenn aufgrund eines hohen Innendrucks beim Innenhochdruckumformen oder Druckkräften am Umformwerkzeug wirken.
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Kleinere Abkühlraten können durch eine Verringerung des Innendruckes bzw. kleinerer auf die Halbzeugoberfläche wirkender Druckkräfte und der damit verbunden geringeren Flächenpressung bzw. der damit verbunden Rückfederung (Relaxation) durch die Werkstoffelastizität erreicht werden.
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Es kann auch eine Steuerung der Flächenpressung und der Abkühlrate durch einen temporär wirkenden Unterdruck und damit eine Verringerung der Abkühlrate erreicht werden.
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Wie bereits angesprochen, kann auch eine Beeinflussung der Abkühlrate über „schaltbare Wärmeleitung“ mittels einer Werkzeugbeschichtung erreicht werden. Dazu kann man neuartige Werkzeugstähle und Beschichtungen an einem Umformwerkzeug einsetzen, die eine Erhöhung oder Reduzierung der Wärmeübergänge bzw. der Wärmeleitung als Funktion der Richtung (längs, quer) ermöglichen, sodass unterschiedliche Bereiche eines Umformwerkzeugs mit unterschiedlichen isotropen bzw. anisotropen Wärmeleitungen erhalten werden können.
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Für geregelte Umformbedingungen (Druck, Temperatur, Dehnrate, Wirbelstromprüfung für Werkstoffumwandlung), um die Eigenschaften im Werkstoff oder eine eventuelle Eigenschaftsgradierung gezielt zu überwachen, zu steuern und ggf. auch zu regeln, kann man geeignete Sensoren vorsehen, mit denen insbesondere der zeitliche Temperaturverlauf am umzuformenden bzw. umgeformten Halbzeug und der momentan erreichte Verformungsgrad bzw. die momentan erreichte Verformung erfasst werden können.
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Mit den vorgesehenen Modifikationen innerhalb des Werkzeuges und der Proessführung ist es möglich, die Q&P-Wärmebehandlung, für dafür vorgesehene Stähle (Siliziumgehalt > 0,5 Masse-%), für Halbzeuge zu realisieren. Ziel ist es dabei zwingend eine schnelle Abkühlung (>30 K/s) ausgehend von einer Temperatur, die kleiner als die Austenitisierungstemperatur ist, bis zu einer Temperatur, die etwas kleiner als die Martensit-Start-Temperatur ist, zu realisieren. Anschließend muss eine deutlich niedrigere Abkühlrate (so gering wie möglich; mindestens < 10 K/s) eingestellt (mit den erwähnten Modifikationen) werden, sodass das Halbzeug im weiterhin geschlossenen Umformwerkzeug, unter Druck und anliegender Flächenpressung (folglich nur minimaler bis kein Bauteilverzug) eine maximal mögliche Zeit (das Ziel ist hierbei eine Zeit von 30 s bis 180 s) zwischen der Martensit-Start und der Martensit-Finish-Temperatur im Werkzeug partitionieren kann. Wird die Martensit-Finish-Temperatur unterschritten, ist das sogenannte Presspartitionieren und folglich auch die Q&P-Wärmebehandlung beendet und das umgeformte Werkstück kann entnommen werden.
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Für die zusätzlich nutzbare erhöhte Umformbarkeit wird das Halbzeug mit dem speziell modifizierten Umformwerkzeug unter die Ms-Temperatur abgeschreckt und dann bei sehr geringen Dehnraten (10-3 bis 0,1 1/s) und einer deutlich reduzierten Abkühlrate (so gering wie möglich; < 10 K/s) weiter umgeformt bevor die Mf-Temperatur unterschritten wird. Die deutlich erhöhte Umformbarkeit während der Partitionierung kann z.B. für eine deutlich bessere Ausformung von Nebenformelementen am Werkstück und zum Kalibrieren enger Radien genutzt werden.
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Die verschiedenen Q&P-Prozessrouten (Presspartitionieren; Presspartitionieren und langsames Umformen während des Partitionierens) innerhalb eines Umformwerkzeuges mit lokal unterschiedlichen Abkühlraten zu realisieren, führt zu völlig neuen Werkstückeigenschaften (hohe lokale Umformgrade, Design, „tailored properties“) mit außergewöhnlichen Eigenschaftsprofilen (extreme Festigkeit bei hoher Duktilität).
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Die Erfindung ermöglicht es erstmals die Q&P-Prozessroute innerhalb eines Umformwerkzeuges zu realisieren und somit höchstfeste Werkstücke mit sehr hoher Duktilität zu erhalten. Dabei können lokal definiert unterschiedliche Abkühlraten und folglich auch einsatzoptimierte lokal definierte Eigenschaftsprofile durch die angedachten Modifikationen am Umformwerkzeug im erfindungsgemäß umgeformten Werkstück erzeugt werden. Durch die gezielte und langsame Umformung zwischen Ms- und Mf-Temperatur können zusätzlich sehr hohe Umformgrade für die Ausformung von weiteren Nebenformelementen realisiert werden. Es entfällt die separate Partitionierung in einem Ofen. Zudem beleibt das Werkstück auch beim hier integrierten Partitionieren durch das Umformwerkzeug umschlossen und durch den Innendruck bzw. Druckkräfte des Umformwerkzeugs gestützt und so kann ungewollter und ungleichmäßiger Verzug auf ein Minimum reduziert und dieser kann vorher bestimmt und in der Werkzeuggravur vorgehalten werden, sodass eine sehr hohe Bauteilqualität/Präzision erreicht wird.
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Das technische Anwendungsgebiet für die Technologie der einstufigen Q&P-Wärmebehandlung innerhalb eines Werkzeugs ist sehr weitläufig. Dieses ergibt sich, da aufgrund der gezielt einstellbaren Abkühlraten im Umformwerkzeug jedes Werkstück mit außergewöhnlichen und lokal optimierten Eigenschaftsprofilen ausgebildet werden kann. Die extremen Festigkeiten bei einer gleichzeitig sehr hohen Duktilität der Werkstücke, prädestiniert sie aufgrund ihrer sehr hohen Energieaufnahme für jeglichen crashrelevanten Anwendungsfall in der Fahrzeugindustrie. Mit einem einstufigen Umformwerkzeug für die komplette Q&P-Route können die Werkstücke zusätzlich mit sehr geringen Prozesszeiten und aufgrund der permanent anliegenden Flächenpressung mit sehr guter Maßhaltigkeit gefertigt werden. Ebenfalls können bereits für Großserien etablierte Maschinen adaptiert und für die Q&P-Route erweitert werden. So wird erwartet, dass eine neuartige Werkstückklasse der Q&P-Stähle (hochkomplexe Geometrie, ultrahochfest und duktil) etabliert und sehr kostengünstig hergestellt werden kann. Mit diesen Vorteilen erschließt sich auch ein weitläufiger Anwenderkreis. Dieser beginnt bei den Automobilherstellern selbst und setzt sich über die verschiedenen System lieferanten fort.