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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung einer Temperatur einer Düsenkuppe eines Injektors in einem Verbrennungsmotor und eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens.
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Stand der Technik
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Injektoren, die auch als Einspritzdüsen bezeichnet werden, werden in Dieselmotoren als Einspritzventile verwendet. Injektoren bestehen grundsätzlich aus einem Düsenkörper und einer Düsennadel. Um eine Einspritzung zu bewirken, muss die Düsennadel aus ihrem Sitz gedrückt werden. Zum Beeinflussen der Bewegung der Düsennadel ist typischerweise ein aktives Element vorgesehen. Dieses aktive Element wird auch als Aktor bezeichnet. In modernen Injektoren werden als Aktoren entweder Magnetspulen oder Piezoelemente eingesetzt.
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Für viele Funktionen von Einspritzsystemen und insbesondere von Dieseleinspritzsystemen ist es vorteilhaft, die Temperaturen im Einspritzsystem zu kennen. So ermöglicht die Kenntnis der Temperaturen im Einspritzsystem bspw. die vorgesteuerte Kompensation von Temperatureffekten auf die eingespritzte Kraftstoffmenge und erhöht somit die Zumessgenauigkeit des Einspritzsystems.
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Um die interessierenden Temperaturen zu bestimmen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, diese Temperaturen mit Temperatursensoren zu messen. Der Einbau solcher Sensoren erhöht jedoch die Kosten für das Einspritzsystem signifikant. Außerdem ist zu beachten, dass die interessierenden Temperaturen nicht ohne Weiteres messtechnisch zu erfassen sind. So sind insbesondere Messungen der Kraftstofftemperaturen in den Hochdruckleitungen von Dieseleinspritzsystemen bei Kraftstoffdrücken von deutlich mehr als 2000 bar schwierig.
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Die Druckschrift
DE 10 2007 053 082 A1 beschreibt ein Verfahren zur Ermittlung einer Kraftstofftemperatur in einem Hochdruckbereich eines Common-Rail-Einspritzsystems. Bei diesem Verfahren wird zunächst eine Kraftstofftemperatur in einem Niederdruckbereich des Einspritzsystems ermittelt und anschließend die gesuchte Kraftstofftemperatur im Hochdruckbereich ausgehend von der Kraftstofftemperatur im Niederdruckbereich berechnet, wozu eine nichtstationäre Energiebilanz herangezogen wird. Dieser nichtstationären Energiebilanz liegt ein Modell des thermischen Verhaltens des Einspritzsystems zugrunde. In der Druckschrift ist allerdings keine Möglichkeit zur Modellierung der Düsenkuppentemperatur im Injektor und auch kein Verfahren zur Modellierung der Zulaufspalttemperatur beschrieben.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren in Anspruch 1, eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 8, ein Computerprogramm gemäß Anspruch 9 und ein maschinenlesbares Speichermedium nach Anspruch 10 vorgestellt. Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und aus der Beschreibung.
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Das beschriebene Verfahren dient zum Bestimmen einer Temperatur einer Düsenkuppe eines Injektors in einem Verbrennungsmotor. Bei dem Verfahren werden ein erster Wärmeübergang zu einem Zulaufspalt, ein zweiter Wärmeübergang zu einem Brennraum und ein dritter Wärmeübergang zu einem durch die Düsenkuppe strömenden Kraftstoff berücksichtigt.
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Das vorgestellte Verfahren ermöglicht somit die Modellierung und damit Berechnung der lokal in einem Injektor auftretende Düsenkuppentemperatur. Auf Grundlage dessen kann die lokal in dem Injektor auftretende Zulaufspalttemperatur modelliert und damit berechnet werden. Bei der Berechnung der Düsenkuppentemperatur können insbesondere, aber nicht ausschließlich, Wärmeübergänge zum Zulaufspalt, zum Brennraum und zum durch die Düsenkuppe strömenden Kraftstoff betrachtet werden.
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Bei der Berechnung der Zulaufspalttemperatur können insbesondere, aber nicht ausschließlich, Wärmeübergänge zur Düsenkuppe, zum Brennraum und zum durch den Zulaufspalt strömenden Kraftstoff betrachtet werden. Bei der Berechnung des Wärmeübergangs zwischen Brennraum und Düsenkuppe kann insbesondere, aber nicht ausschließlich, die Motordrehzahl berücksichtigt werden. Bei der Berechnung der Wärmeübergänge zum Kraftstoff können insbesondere, aber nicht ausschließlich, die kraftstoffführenden Bohrungen als quasistationär durchströmte Rohre mit konstanter Wandtemperatur betrachtet werden.
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Mithilfe des vorgestellten Modells können nunmehr die Düsenkuppentemperatur und die Zulaufspalttemperatur eines Dieselinjektors permanent im Motorsteuergerät berechnet werden.
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Die beschriebene Anordnung dient zum Durchführen des Verfahrens und ist bspw. in einer Hardware und/oder Software implementiert. Die Anordnung ist bspw. in einem Steuergerät eines Kraftfahrzeugs integriert oder als solches ausgebildet.
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Das vorgestellte Verfahren beruht in Ausgestaltung auf einem Brennraumdruckmodell CPM (Combustion Pressure Model). Zur korrekten Berechnung der Drücke im Brennraum modelliert das CPM ebenfalls eine repräsentative Temperatur im Brennraum. Dieses Brennraumtemperaturmodell ist zumindest in Ausgestaltung eine Voraussetzung des hierin vorgestellten Düsenkuppenmodells.
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Das CPM-Verfahren, das regelmäßig eine Voraussetzung für das hierin beschriebene Verfahren darstellt, dient somit zum Modellieren eines Drucks in einem Zylinder einer Verbrennungsmaschine. Dabei wird Kraftstoff über zumindest einen Injektor in den Zylinder eingespritzt. Ein Kolben im Zylinder wird zyklisch von einer Welle angetrieben und vergrößert oder verkleinert dabei das Volumen des Brennraums im Zylinder. Um den Druck im Zylinder zu modellieren, wird zuvor die verbrannte Masse des Kraftstoffs an allen notwendigen Winkeln berechnet. Dieses Verfahren umfasst eine Reihe von Schritten:
- Es wird eine durch den zumindest einen Injektor eingespritzte Kraftstoffmasse aus einem Modell für den zumindest einen Injektor ermittelt. Hierfür kann ein an sich bekanntes Modell für den zumindest einen Injektor bereitgestellt werden, mit dem der Kraftstofffluss beschrieben werden kann. Der Kraftstofffluss kann dann integriert werden, um die eingespritzte Kraftstoffmasse an allen Berechnungsschritten über einem Zyklus zu erhalten. Die eingespritzte Kraftstoffmasse durchläuft eine Filterung, um eine für die Verbrennung zur Verfügung stehende Kraftstoffmasse zu ermitteln und eine Kraftstoffverteilung in einem Brennraum des Zylinders zu beschreiben und um die Geschwindigkeit der Verbrennung des Kraftstoffs zu ermitteln.
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Insbesondere wird bei der Filterung des Kraftstoffflusses eine Verbrennungsgeschwindigkeit abhängig von Abgas, das einerseits durch eine Abgasrückführung in die Verbrennungsmaschine zurückgeführt wird und andererseits durch die Verbrennung selbst bewirkt wird, berechnet. Das rückgeführte Abgas und die Frischluftmasse haben Einfluss auf die Druckentwicklung im Zylinder insbesondere während der Verbrennung. Zudem bremst ein hoher Anteil von Abgas im Zylinder die Verbrennungsgeschwindigkeit. Die Sauerstoffmoleküle werden von dem Abgas gegenüber den Kraftstoffmolekülen regelrecht abgeschirmt. Die Auswirkungen des Abgases können als multiplikativer Faktor bei der Filterungsstärke einfließen. Je höher die Abgasrate ist, desto größer ist der Faktor und desto höher ist die Zeitkonstante bei der Filterung. Der Faktor kann in Abhängigkeit von der Abgasrate in einer Kennlinie gespeichert werden. Es gibt hier ebenso eine Abhängigkeit vom Kraftstoffdruck bzw. Raildruck auf die Verbrennungsgeschwindigkeit: Je höher der Raildruck, desto besser die Zerstäubung und daher desto schneller die Verbrennung.
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Des Weiteren wird die Wahrscheinlichkeit für den Start einer Verbrennung des Kraftstoffs im Brennraum abhängig von einem Winkel der Welle bei der Einspritzung und der kumulierten eingespritzten Masse des Kraftstoffs ermittelt.
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Der Winkel der Welle bei jedem Einspritzungsanfang wird als „Einspritzwinkel“ bezeichnet und wird ausgehend vom oberen Totpunkt als 0° angegeben. Bei sehr frühen Einspritzwinkeln, daher unter -40° CA (CA: crank angle), und bei späten Einspritzwinkeln, daher über +10° CA, ist die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung deutlich geringer. Auch für den Fall, dass eine kleine Masse an Kraftstoff eingespritzt wird, ist die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung herabgesetzt. Dies gilt vor allem dann, wenn zuvor keine Einspritzung stattgefunden hat. Besonders für den Fall, dass eine kleine Masse bei einem sehr frühen Einspritzwinkel oder bei einem späten Einspritzwinkel eingespritzt wurde, ist die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung sehr gering. Ein ungewollter oder falscher Start der Verbrennung kann zur drastischen Emissionserhöhung führen. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung besonders hoch, wenn die Einspritzung in einem Bereich zwischen -10° CA und 0° CA, daher dem oberen Totpunkt, stattfindet. Bei mehreren Einspritzungen werden die jeweils eingespritzten Kraftstoffmassen zur kumulierten Kraftstoffmasse aufsummiert. Dementsprechend ändert sich auch die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung der aktuellen Kraftstoffmasse in Abhängigkeit von den vorhergehenden Einspritzungen desselben Zyklus des Zylinders.
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In Ausgestaltung werden die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung in Abhängigkeit vom Einspritzwinkel und der eingespritzten Kraftstoffmasse im Vorhinein aufgenommen und in einem Kennfeld gespeichert. Dadurch sind die Wahrscheinlichkeiten direkt abrufbar, ohne dass eine zusätzliche Berechnung benötigt wird.
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Darüber hinaus wird eine Zeit, bevor die Verbrennung startet, berechnet und zwar abhängig von Einspritzwinkeln mittels Wiebe-Längen für alle Einspritzungen. Bei einer Einspritzung lässt sich, insbesondere bei geringem Druck am Start der Kompression, beobachten, dass der Druck im Zylinder nach einer bestimmten Zeitdauer plötzlich auf einen Druck abfällt, der erreicht würde, wenn der gesamte Kraftstoff eingespritzt wurde und augenblicklich komplett verbrannt wäre. Dabei erfolgt die Berechnung der Wiebe-Längen nicht wie herkömmlich für jede Einspritzung separat, sondern die Wiebe-Längen werden mittels einer Verbrennungsfreigabefunktion (engl.: combustion enabling function) für alle Einspritzungen abhängig voneinander ermittelt. Die Verbrennungsfreigabefunktion ist eine wiebeartige Korrelation, d. h. sie bildet den Verlauf der Wiebe-Funktion nach und repräsentiert die vorstehend genannte bestimmte Zeitdauer und die augenblickliche Verbrennung. Die Wiebe-Länge ist als Zeit definiert, bis die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung, siehe oben, erreicht ist und entspricht somit dieser bestimmten Zeitdauer. Folglich gibt die Wiebe-Länge die Zeitdauer zwischen der Einspritzung und dem voraussichtlichen Start der Verbrennung an. Die Wiebe-Länge ist abhängig zum einen vom anfänglichen Druck im Zylinder, wenn die Ventile des Zylinders geschlossen werden: Je kleiner der anfängliche Druck im Zylinder, desto größer ist die Wiebe-Länge. Zum anderen ist die Wiebe-Länge abhängig vom Einspritzwinkel: Je näher die Einspritzung am oberen Totpunkt erfolgt, desto kleiner ist die Wiebe-Länge.
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Die wiebeartige Verbrennungsfreigabefunktion kann bei mehreren aufeinanderfolgenden Einspritzungen ermittelt werden, solange an dem aktuellen berechneten Winkel keine vollständige Freigabe erreicht ist. Dadurch können Rechenschritte eingespart werden.
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In Ausgestaltung wird die wiebeartige Verbrennungsfreigabefunktion bereits im Vorhinein berechnet und die ermittelten Wiebe-Längen in einem Kennfeld in Abhängigkeit von Einspritzwinkeln und dem anfänglichen Druck gespeichert. Dadurch sind die Wiebe-Längen direkt abrufbar, ohne dass eine zusätzliche Berechnung benötigt wird.
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Aus der für die Verbrennung zur Verfügung stehenden Kraftstoffmasse, siehe oben, der Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung und aus der Wiebe-Länge wird die bei der Verbrennung verbrannte Kraftstoffmasse berechnet. Hierfür wird die derzeitige eingespritzte Kraftstoffmasse mit der Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung multipliziert. Die Wiebe-Länge sorgt für den verzögerten Start der Verbrennung.
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Für mehrere aufeinanderfolgende Einspritzungen in einem Zyklus weist die Wahrscheinlichkeit für den Start der Verbrennung der aktuellen Einspritzungen, wie vorstehend beschrieben, eine Abhängigkeit von vorhergehenden Einspritzungen auf. Die Wiebe-Länge ist für jede Einspritzung angepasst. Wenn die vollständige Freigabe der Verbrennung einmal erreicht ist, dann bleibt die Verbrennung über die weiteren Einspritzungen hinweg aufrechterhalten, bis der Zyklus endet.
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Schließlich fließt die berechnete verbrannte Kraftstoffmasse in ein an sich bekanntes Modell zur Ermittlung des Drucks im Zylinder ein, so dass der modellierte Druck ermittelt wird. Dabei wird insbesondere zuerst die Temperatur ermittelt, die dann für das Düsenkuppentemperaturmodell abgegriffen wird, und es wird danach über die thermische Zustandsgleichung idealer Gase der Druck ermittelt.
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Mittels dieses Verfahrens kann das Modellieren eines Drucks in einem Zylinder einer Verbrennungsmaschine zeitsparend und ressourceneffizient in einem elektronischen Steuergerät durchgeführt werden.
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Es kann der Umstand berücksichtigt werden, dass der eindosierte Kraftstoff verdampft und zum Ort, an dem der Kraftstoff verbrannt wird, gelangen muss. Die Zeit für die Verdampfung des eindosierten Kraftstoffs und die Zeit bis der eindosierte Kraftstoff den Ort, an dem der Kraftstoff verbrannt wird, erreicht, kann als Wartezeit beim Berechnen der Zeit, bevor die Verbrennung startet, berücksichtigt werden. Die Wiebe-Länge wird dann um diese Wartezeit verlängert. Dadurch wird ein genaueres Modell erreicht.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird bei der Berechnung der verbrannten Kraftstoffmasse ein Wärmetransport aus dem Brennraum des Zylinders nur in einem vorgebbaren Bereich um den oberen Totpunkt der Verbrennungsmaschine berücksichtigt. Der Wärmefluss aus dem Brennraum kann ansonsten vernachlässigt werden. Damit kann die Rechnung erleichtert werden, ohne einen zu großen Fehler in das Modell zu integrieren.
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Aus der Zeit, bevor die Verbrennung startet, d. h. mittels der Wiebe-Länge, kann ein Start der Verbrennung nach der Einspritzung ermittelt werden. Ausgehend vom Start der Verbrennung kann aus der Geschwindigkeit der Verbrennung und der verbrannten Kraftstoffmasse dann ein Ende der Verbrennung ermittelt werden. Vor dem Start der Verbrennung und nach dem Ende der Verbrennung kann die Veränderung des Brennraumdrucks durch den Kolben, also die Kompression und Dekompression während eines Zyklus, wenn die Ventile des Zylinders geschlossen sind, als adiabatische Zustandsänderung beschrieben werden.
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Es kann vorgesehen sein, das Drehmoment der Verbrennungsmaschine mittels des vorstehend beschriebenen modellierten Drucks im Zylinder zu berechnen.
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Das vorgestellte Verfahren, das das vorstehend beschriebene CPM-Verfahren verwenden kann, ermöglicht die Bestimmung der Düsenkuppentemperatur und in Ausgestaltung der Zulaufspalttemperatur eines Dieselinjektors in Motorsteuergeräten (ECU) als virtuelle Sensoren. Die bestimmten Temperaturen können dann für weitere Berechnungen bereitgestellt werden. Es wird hierfür kein zusätzlicher Sensor benötigt, das Modell berechnet diese Temperaturen auf Basis von üblicherweise vorhandenen Sensoren, die Motortemperatur, Motordrehzahl, Temperatur der angesaugten Luft, Einspritzmenge usw. erfassen.
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Das vorgestellte Verfahren basiert auf zwei Energiebilanzen:
- 1. Energiebilanz um die Düsenkuppe,
- 2. Energiebilanz um den Zulaufspalt.
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Für die Düsenkuppe werden drei Teilwärmeströme betrachtet. Die Modellierung dieser Wärmeströme und damit die Modellierung der Düsenkuppentemperatur ist erst seit kurzer Zeit möglich, weil die für die Berechnung der Wärmeströme notwendigen Temperaturen erst seit kurzer Zeit im Motorsteuergerät verfügbar sind. Die drei Wärmeübergänge sind:
- 1. Wärmeübergang zum Zulaufspalt,
- 2. Wärmeübergang zum Brennraum,
- 3. Wärmeübergang zum durch die Düsenkuppe strömenden Kraftstoff.
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Insbesondere für den Wärmeübergang zum Brennraum ist eine modellierte Brennraumtemperatur erforderlich. In der erforderlichen Qualität ist die Brennraumtemperatur erst verfügbar, seit im Motorsteuergerät das vorstehend genannte Brennraumdruckmodell CPM gerechnet wird.
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Für den Zulaufspalt werden ebenfalls drei Wärmeströme in Betracht gezogen:
- 1. Wärmeübergang zur Düsenkuppe,
- 2. Wärmeübergang zum Kühlwasser bzw. zum Motor,
- 3. Wärmeübergang zum durch den Zulaufspalt strömenden Kraftstoff.
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Durch die Berücksichtigung der Düsenkuppentemperatur bei der Modellierung der Zulaufspalttemperatur und umgekehrt entsteht eine Kopplung der beiden Teilmodelle. Dies ist allerdings die einzige Möglichkeit, die Vorgänge im Bereich der Düse eines Dieselinjektors annäherungsweise physikalisch richtig abzubilden. Daher ist ein Zulaufspaltmodell ein wesentlicher Bestandteil des hierin vorgestellten Temperaturmodells für die Düsenkuppe.
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Mit diesem Modell ist es nun erstmals möglich, die Düsenkuppen- und Zulaufspalttemperatur eines Dieselinjektors permanent im Motorsteuergerät zu berechnen. Dies ermöglicht auch neue Wege bei der Vorsteuerung von Injektoren. So können die erhaltenen Temperaturen insbesondere bei einem Verfahren zum Modellieren hydraulischer Vorgänge in einem Injektor verwendet werden, bei dem die hydraulischen Vorgänge im Injektor anhand von mindestens einer Größe, die einen Bezug zu einem Druck an mindestens einem Funktionselement hat, modelliert werden, wobei diese mindestens eine Größe unter Berücksichtigung einer lokalen Viskosität des Kraftstoffs bestimmt wird, wobei die lokale Viskosität unter Berücksichtigung einer lokalen Temperatur bestimmt wird. Die Vorsteuerung kann dann auf Grundlage des hydraulischen Modells vorgenommen werden.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beigefügten Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Figurenliste
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- 1 zeigt in schematischer Ansicht einen Dieselinjektor.
- 2 zeigt in einem Graphen die Modellgenauigkeit.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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1 zeigt in einer schematischen Darstellung eine Ausführung eines Injektors, der insgesamt mit der Bezugsziffer 10 bezeichnet ist. Die Darstellung zeigt einen Injektorkörper 12, eine Düsennadel 14, einen Stabfilter am Injektorzulauf16, ein Schaltventil 18, eine Ablauf- (A-) Drossel 20, eine Zulauf- (Z-) Drossel 21, einen Zulaufspalt (ZLS) 22, einen Nadelschaft 24 und eine Düse 30 mit Düsensitz 28. Weiterhin sind ein Steuerraum 32 und eine Düsenkuppe 34 gezeigt.
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Im Folgenden werden beispielhaft einzelne im Injektor 10 betrachtete Stellen im Hinblick darauf betrachtet, wie sich die lokale Viskosität an dieser Stelle auf die Injektorfunktion auswirkt. Um an diesen Stellen die lokale Viskosität berechnen zu können, muss man Annahmen über den lokalen Druck treffen und benötigt zusätzlich eine relativ genaue Temperatur. Zur Bestimmung dieser lokalen Temperatur kann ein leistungsfähiges Temperaturmodell des Injektors 10 verwendet werden.
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Die Viskosität im Zulaufspalt 22 bestimmt die Druckdifferenz zwischen dem Injektorzulauf und dem Druck unter der Nadel 14 während der Einspritzung. Wenn kein Kraftstoff durch den Zulaufspalt 22 strömt, also insbesondere bevor die Nadel 14 öffnet, gibt es auch keine nennenswerte Druckdifferenz zwischen Injektorzulauf und dem Düsensitz. Damit ist klar, dass der Zulaufspalt 22 keinen signifikanten Einfluss auf den Spritzbeginnverzug haben kann.
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Die lokale Viskosität im Zulaufspalt 22 beeinflusst somit hauptsächlich die Nadeldynamik nach dem Öffnen der Düsennadel 14. Je größer der Druck unter der Nadel 14, desto höher ist die Nadelgeschwindigkeit. Bei gegebener Ansteuerdauer des Injektors 10 fliegt die Nadel 14 höher, wenn der Druck unter der Nadel 14 höher ist. Gleichzeitig sorgt ein höherer Druck unter der Nadel 14 für ein langsameres Schließen des Injektors 10.
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Die Viskosität im Zulaufspalt 22 beeinflusst also signifikant die Dauer der Einspritzung und hat zusätzlich noch einen Einfluss auf die Ratenhöhe, insbesondere bei hohen Viskositäten, also bei tiefen Temperaturen.
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Diese Zusammenhänge können auf einer Hydraulik-Prüfbank empirisch vermessen und bspw. in Korrekturkennfeldern abgelegt werden. Abhängig von Solleinspritzmenge, Raildruck und lokaler Viskosität im Zulaufspalt 22 kann man eine Differenz-Spritzdauer zu einem Referenzzustand berechnen. Mit dieser Differenz-Spritzdauer kann man anschließend die Vorsteuerung des Injektors 10 korrigieren.
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Das Schaltventil 18 und die A-Drossel 20 bestimmen primär die Entlastung des Steuerraums oberhalb der Düsennadel 14 vor und während des Öffnens des Schaltventils 18. Eine geringe Viskosität im Schaltventil 18 führt zu einem schnelleren Öffnen desselben. Eine geringe Viskosität in der A-Drossel 20 führt zu einem hohen Massenstrom durch die A-Drossel 20 und somit auch zu einem schnellen Druckabfall im Steuerraum. Ein schneller Druckabfall im Steuerraum führt wiederum zu einem frühen Öffnen der Düsennadel 14.
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Sobald die Nadel 14 sich aus dem Sitz gehoben hat, prägt der Druck im Nadelsitzbereich am unteren Ende der Nadel 14 den Steuerraumdruck auf. Die Viskosität in der A-Drossel 20 dominiert also den Spritzbeginnverzug.
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Zusätzlich hat die Viskosität in der A-Drossel 20 während der Einspritzung einen Einfluss auf die Nadelgeschwindigkeit. Analog zum Zulaufspalt 22 kann man diesen Zusammenhang wieder auf einer Hydraulik-Prüfbank empirisch vermessen und in Korrekturkennfeldern ablegen. Abhängig von Raildruck und lokaler Viskosität in der A-Drossel 20 kann man einen Differenz-Spritzbeginnverzug zu einem Referenzzustand berechnen. Mit diesem Differenz-Spritzbeginnverzug kann man anschließend die Vorsteuerung des Injektors 10 korrigieren.
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Die lokale Viskosität im Düsensitz 28 kann über zwei Mechanismen auf die Injektorfunktion wirken:
- - Spaltströmung im Düsensitz -> Öffnen,
- - Durchströmung der Spritzlöcher während der Einspritzung -> Ratenhöhe.
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Es ist zu beachten, dass beim Abheben der Düsennadel 14 vom Düsensitz eine viskose Spaltströmung entsteht, die den Kraftaufbau auf die Nadel 14 bestimmt. Ist die Viskosität der Spaltströmung hoch, so entsteht ein großer Druckabfall in dieser Spaltströmung, was den Kraftaufbau in der Nadelmitte verzögert. Eine hohe Viskosität führt somit zu einem etwas verzögerten Öffnen und einer geringeren Nadelgeschwindigkeit. Die reduzierte Nadelgeschwindigkeit führt wiederum zu einer geringeren Nadelflughöhe. Dies bedeutet, dass eine hohe Viskosität im Sitzbereich ein verspätetes Öffnen und eine verkürzte Einspritzdauer bedeutet.
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In den allermeisten Betriebspunkten bildet sich eine Art turbulente Rohrströmung in den Spritzlöchern aus. Bei sehr tiefen Temperaturen und entsprechend hohen Viskositäten kann es allerdings sein, dass sich eine laminare Strömung in den Spritzlöchern ausbildet. Eine laminare Spritzlochströmung wiederum führt zu einem reduzierten Massenstrom durch die Spritzlöcher und damit zu einer verringerten Ratenhöhe. Eine sehr hohe Viskosität im Bereich des Düsensitzes 28 führt also zu einer verringerten Ratenhöhe.
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Analog zu Zulaufspalt 22 und A-Drossel 21 kann man diese Zusammenhänge wieder auf einer Hydraulik-Prüfbank empirisch vermessen und in Korrekturfeldern ablegen. Mit diesen Kennfeldern lässt sich wiederum die Vorsteuerung des Injektors in Bezug auf Spritzbeginnverzug, Spritzdauer und Ratenhöhe korrigieren.
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Die lokale Viskosität in der Z-Drossel 21 beeinflusst die Durchströmung der Z-Drossel 21 und damit die Nadelgeschwindigkeit während der Einspritzung. Insbesondere hängt nach Schließen des Ventils die Wiederbefüllung des Steuerraums von der Viskosität in der Z-Drossel 21 ab. Eine langsamere Wiederbefüllung bedeutet ein langsameres Schließen und somit eine längere Spritzdauer.
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Eine hohe Viskosität in der Z-Drossel 21 wirkt folglich dem Effekt einer hohen Viskosität im Zulaufspalt 22 entgegen. Vor allem bei einem Kaltstart aus tiefen Temperaturen ist diese Selbstkompensation des Injektors 10 wirksam. Je nach Injektorauslegung sollte dieser Effekt explizit im Hydraulikmodell des Injektors 10 berücksichtigt oder auch nicht berücksichtigt werden.
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Im Folgenden werden die Teilmodelle, die dem vorgestellten Verfahren zu Grunde liegen, im Detail beschrieben.
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Details zu den einzelnen Wärmeübergängen sind der nachfolgenden Aufstellung zu entnehmen:
- Injektormodell:
- Düsenkuppe: Drei Wärmeübergänge im Modell
- ► Wärmeleitung zum ZLS:
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- ► Kopplung zwischen ZLS-Modell und Düsenkuppenmodell
- ► Wärmeübergang zum Brennraummodell (CPM):
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- ► TCPM ist ein gewichteter Mittelwert aus verschiedenen, vom Brennraumdruckmodell bereitgestellten Temperaturen
- ► Wärmeübergang zum zuströmenden Kraftstoff K (analog Hochdruckleitung & ZLS):
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- ►
- ► Nusselt-Zahl linear vom Massenstrom abhängig:
- ► Energiebilanz um Düsenkuppe, aufgelöst nach Kuppentemperatur:
- ►
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Der Wärmeübergang zwischen Brennraum und Düsenkuppe ist abhängig von der Motordrehzahl. Die physikalische Motivation hierfür sind höhere Geschwindigkeiten des Gases im Brennraum bei höheren Drehzahlen. Diese höheren Gasgeschwindigkeiten verstärken wiederum den Wärmeübergang zwischen Trennraum und Düsenkuppe.
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Das spiegelt sich z. B. darin wider, dass wir in Schubphasen, also ohne Verbrennung, oberhalb der Leerlaufdrehzahl typischerweise höhere Temperaturen an der Düsenkuppe beobachten werden, als im Leerlauf mit Verbrennung. Die Drehzahlabhängigkeit des Wärmeübergangs zwischen Brennraum und Düsenkuppe ermöglicht die korrekte Modellierung dieser Zusammenhänge an der Düsenkuppe.
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Details zu den einzelnen Wärmeübergängen der nachfolgenden Aufstellung zu entnehmen
- Injektormodell:
- Zulaufspalt: Drei Wärmeübergänge im Modell
- ► Wärmeleitung zu Kuppe:
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- ► Kopplung zwischen ZLS-Modell und Düsenkuppenmodell
- ► Wärmeübergang zum Motor (Eng):
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- ► Wärmeübergang zum zuströmenden Kraftstoff K (analog Hochdruckleitung):
- ►
- ►
- ► Nusselt-Zahl linear vom Massenstrom abhängig:
- ► Energiebilanz um Zulaufspalt, aufgelöst nach ZLS-Temperatur:
- ►
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Die Modellierung des Wärmeübergangs zum durchströmenden Kraftstoff erfolgt für die Düsenkuppe und den Zulaufspalt ganz analog, allerdings mit anderen Geometrieparametern und anderen Temperaturen. Für die Düsenkuppe bzw. den Zulaufspalt werden effektiv unterschiedliche Teile des Injektors bzw. der Düse betrachtet.
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Die erreichbare Genauigkeit des Modells ist beispielhaft in 2 dargestellt.
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2 zeigt in einem Graphen 100 die Modellgenauigkeit. In dem Graphen 100, an dessen Abszisse 102 die Zeit [s] und an dessen Ordinate 104 die Temperatur [°C] aufgetragen ist, einen ersten Verlauf 110 der gemessenen Düsenkuppentemperatur, einen zweiten Verlauf 112 der modellierten Düsenkuppentemperatur, einen dritten Verlauf 114 der gemessenen Zulaufspalttemperatur, einen vierten Verlauf 116 der modellierten Zulaufspalttemperatur, einen fünften Verlauf 118 der Injektorzulauftemperatur und einen sechsten Verlauf 120 der gemessenen Kühlwassertemperatur.
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Bei einer zweistündigen Messfahrt betrug der RMS-Messfehler der modellierten Zulaufspalttemperatur, vierter Verlauf 116 in 2, etwa 3 K. Der RMS-Fehler der modellierten Düsenkuppentemperatur, zweiter Verlauf 112 in 2, beträgt etwa 10 K. Zuvor ist eine Parameteridentifikation des Modells auf Basis zweier Messfahrten mit völlig anderen Fahrprofilen durchgeführt worden.
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Das vorgestellte Verfahren kann insbesondere bei servohydraulischen Einspritzsystemen eingesetzt werden. Im Nutzfahrzeugbereich ist eine Verwendung möglich, um während des Einsatzes der Motorbremse eine Bauteilschutzfunktion für die Düsenkuppe realisieren zu können. Überschreitet die modellierte Düsenkuppentemperatur einen applizierbaren Grenzwert, wird das Motorbremsmoment reduziert, um Schäden an der Düse zu vermeiden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007053082 A1 [0005]