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Bei der Platzierung von Kanülen, beispielsweise zur Einleitung einer Anästhesie, ist es wünschenswert, eine Platzierung der Kanüle im Nerv zu vermeiden, da in die Nervenfasern eingesetztes Anästhetikum zu neuronalen Schädigungen führen kann.
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Es ist bereits aus dem Stand der Technik bekannt, dass zu diesem Zweck Nervenstimulationsgeräte verwendet werden können.
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Allgemein macht man sich bei der Nervenstimulation zu Nutze, dass das Zellinnere der Nervenzelle negativ geladen ist und das Ruhepotential der Nervenmembran ca. 80 mV beträgt. Führt man nun eine punktierende Elektrode, die negativ geladen ist, in das Körpergewebe ein, so kann durch eine Ionenbewegung das Membranpotential abgesenkt werden. Erreicht das Membranpotential etwa 55mV, wird die Membran frei permeabel und ein Aktionspotential wird erzeugt. Aus diesem Grund wird bei Nervenstimulationsgeräten die punktierende Elektrode als Kathode betrieben.
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Studien haben jedoch gezeigt, dass der Patientenwiderstand bei intraneuralen, intravaskulären und intrathekalen Punktionen sprunghaft ansteigt, so dass durch Messung und Anzeige und/oder Überwachung des Patientenwiderstands zwischen einer punktierenden Elektrode zum Einführen in das Körpergewebe, beispielsweise einer Nadel oder Kanüle, und einer Gegenelektrode, die beispielsweise auf der Haut angeordnet werden kann, geprüft werden kann, ob die Kanüle in einen Nerv eingeführt ist oder nicht.
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Ein Beispiel für ein Nervenstimulationsgerät, das diese Funktion aufweist, ist das Gerät „MultiStim Switch“ der Anmelderin.
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Allerdings sind Widerstandsmessungen am menschlichen Körper in der Mehrzahl der Fälle problematisch. Die Ergebnisse einer Messung eines Patientenwiderstands sind stark vom jeweiligen Patienten und den aktuellen Bedingungen abhängig, so dass eine zuverlässige Anwendung dieser Methode nur dann möglich ist, wenn tatsächlich der Patientenwiderstand beim Einführen der punktierenden Elektrode zum Einführen in das Körpergewebe kontinuierlich auf seine Änderung hin überwacht wird. In der Praxis erweist es sich für das medizinische Personal aber als schwierig, einerseits sanft, gleichmäßig und gefühlvoll die punktierende Elektrode einzuführen und gleichzeitig kontinuierlich den gerade gemessenen Patientenwiderstand zu überwachen.
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Dementsprechend besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein verbessertes Nervenstimulationsgerät und ein verbessertes Verfahren zum Betrieb eines Nervenstimulationsgeräts bereitzustellen, die eine einfachere und mindestens ebenso zuverlässige Ermittlung, ob eine punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist oder nicht erlauben.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Nervenstimulationsgerät mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und ein Verfahren zum Betrieb eines Nervenstimulationsgeräts mit den Merkmalen des Patentanspruchs 6. Ebenfalls zur Erfindung gehört ein Verfahren zur Ermittlung, ob eine Nadel oder Kanüle in einen Nerv eingeführt ist oder nicht.
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Das erfindungsgemäße Nervenstimulationsgerät weist eine punktierenden Elektrode, die insbesondere als Nadel oder Kanüle ausgeführt sein kann, und eine Gegenelektrode, die insbesondere eine auf der Haut anzuordnende Elektrode sein kann, auf. Dabei sind zumindest in betriebsbereitem Zustand des Nervenstimulationsgeräts die punktierende Elektrode und die Gegenelektrode mit Ausgängen einer Stromquelle leitend verbunden.
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Die Stromquelle kann dabei durch eine Steuerelektronik so angesteuert werden, dass sie Stromimpulse mit einer definierten Impulsamplitude und einer definierten Impulsbreite als Reaktion auf eine benutzerseitige Eingabe an einem oder mehreren Eingabemitteln und/oder beim Ausführen eines benutzerseitig programmierbaren oder fest vorgegebenen Programms an der punktierenden Elektrode bereitstellt.
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Naturgemäß setzt das Auftreten der Stromimpulse die Möglichkeit, dass ein Strom fließen kann voraus, was der Fall ist, wenn die punktierende Elektrode und die Gegenelektrode miteinander elektrisch leitend über einen Körper, insbesondere über einen Teilbereich eines menschlichen Körpers, miteinander verbunden sind, also jeweils in bzw. an dem Körper angeordnet sind.
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Anzumerken ist, dass die Verwendung des Begriffs „Steuerelektronik“ explizit nicht ausschließen soll, dass diese Elektronik auch Regelungsfunktionen hat, beispielsweise um bei der Realisierung eines Rechteckimpulses mit gegebener Impulsbreite die Konstanz der Stromstärke während des Impulses zu gewährleisten.
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Erfindungswesentlich ist, dass das Nervenstimulationsgerät einen Betriebsmodus aufweist, in dem die Stromquelle so angesteuert wird, dass durch die Stromimpulse ermittelbar ist, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist oder nicht, und zwar insbesondere ohne eine Auswertung des Patientenwiderstands, und bevorzugt basierend auf der Beobachtung von Muskelreaktionen, die ein Stromimpuls auslöst oder nicht.
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Eine konkrete Möglichkeit, dies zu realisieren, besteht darin, dass die Stromquelle und/oder die Steuerelektronik so konstruiert sind, dass die punktierende Elektrode in mindestens einem Betriebsmodus des Nervenstimulationsgeräts als reine Anode betreibbar ist.
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Der Begriff „reine Anode“ wird dabei benutzt, um klarzustellen, dass die Ladung der punktierenden Elektrode in diesem Betriebsmodus immer größer oder gleich Null, also positiv oder Null ist, aber nicht immer Null ist. In einem Betriebsmodus, in dem biphasische Impulse erzeugt werden, ist dies offenkundig nicht der Fall.
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Der Effekt, der hier genutzt wird, besteht darin, dass einerseits zwar eine Kathode, die außerhalb eines Nervs angeordnet ist, über den oben erläuterten Mechanismus ein Aktionspotential auslöst, eine Anode aber offensichtlich nicht, andererseits aber eine Anode, die innerhalb eines Nervs angeordnet ist, eine Entladung der im Nerv vorhandenen negativen Ionen bewirkt, so dass das negative Potential des Nervs gegenüber seiner Umgebung zusammenbricht. Dementsprechend kann einfach mit Hilfe eines Stromimpulses, bei dem die punktierende Elektrode als Anode wirkt, ermittelt werden, ob sich die punktierende Elektrode in einem Nerv befindet oder nicht, denn wenn man mit einem solchen positiven Impuls eine Reizantwort hervorruft, weiß man, dass man sich innerhalb des Nervs befinden muss.
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In einer Weiterbildung der soeben beschriebenen Ausführungsform der Erfindung ist es vorgesehen, dass das Nervenstimulationsgerät ein Bedienelement aufweist, mit dem mindestens ein positiver Stromimpuls mit vorgegebener Amplitude und Impulsbreite an der punktierenden Elektrode ausgelöst wird. Dies kann beispielsweise ein Schalter sein, der bei Betätigung einen solchen Stromimpuls an die punktierende Elektrode initiiert, dessen Amplitude und Impulsbreite festgelegt sind, beispielsweise entweder unveränderbar oder durch die aktuelle Schaltstellung von anderen Bedienelementen, mit denen die Amplitude und Impulsbreite des Stromimpulses festgelegt werden kann. Es kann aber auch ein Programmwahlschalter sein, der dann ein in einem Speicher hinterlegtes Programm ablaufen lässt.
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Noch eine andere Möglichkeit besteht darin, dass das Nervenstimulationsgerät ein Bedienelement aufweist, mit dem eine Invertierung des Vorzeichens der von der Stromquelle an der punktierenden Elektrode bereitgestellten Stromimpulse veranlasst wird.
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Eine andere konkrete Möglichkeit dafür, dass durch die Stromimpulse ermittelbar ist, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist oder nicht, sieht vor, dass das Nervenstimulationsgerät ein Programm aufweist, bei dem bei mindestens einer vorgegebenen Impulsbreite die Impulsamplituden aufeinander folgender Impulse streng monoton geändert werden, also immer weiter erhöht oder immer weiter abgesenkt werden.
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Bei dieser konkreten Möglichkeit macht man sich den Effekt zu Nutze, dass die Reizsensitivität gegenüber Impulsamplitude und Impulsdauer bei verschiedenen Entfernungen zwischen der Spitze der punktierenden Elektrode und dem Nerv unterschiedlich variiert, genauer gesagt umso stärker variiert je größer diese Entfernung ist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betrieb eines erfindungsgemäßen Nervenstimulationsgeräts zeichnet sich dadurch aus, dass nach dem Platzieren der punktierenden Elektrode und der Gegenelektrode die Stromquelle so angesteuert wird, dass durch die Stromimpulse ermittelbar ist, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist, oder nicht.
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Dies kann insbesondere dadurch erfolgen, dass zum Ermitteln, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist oder nicht, mindestens ein positiver Stromimpuls mit vorgegebener Amplitude und Impulsbreite an der punktierenden Elektrode ausgelöst wird. Bevorzugt ist dabei vorgesehen, dass der mindestens eine positive Stromimpuls mit vorgegebener Amplitude und Impulsbreite an der punktierenden Elektrode durch Betätigung eines Schalters ausgelöst wird. Es ist aber auch möglich, dass der mindestens eine positive Stromimpuls durch das Ausführen eines Programms des Nervenstimulationsgeräts mit invertierter Amplitude bereitgestellt wird.
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Eine andere vorteilhafte Möglichkeit zu ermitteln, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist oder nicht, besteht darin, dass bei mindestens einer vorgegebenen Impulsbreite die Impulsamplituden aufeinander folgender Impulse streng monoton geändert werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Ermittlung, ob eine Nadel oder Kanüle in einen Nerv eingeführt ist oder nicht, sieht vor, dass eine Nadel oder Kanüle in ein Körperteil eines Patienten einzuführen, wobei diese Nadel oder Kanüle vor oder nach dem Einführen in den Körperteil des Patienten als punktierende Elektrode an ein Nervenstimulationsgerät angeschlossen wird. Nachdem auch eine Gegenelektrode an dem Körperteil des Patienten und an das Nervenstimulationsgerät angeschlossen wurde, was vor oder nach dem Einführen und/oder vor oder nach dem Anschließen der Nadel oder Kanüle geschehen kann, wird die Stromquelle so angesteuert, dass durch die Stromimpulse ermittelbar ist, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist, oder nicht.
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Eine vorteilhafte Möglichkeit dazu besteht darin, mindestens einen positiven Impuls über die punktierende Elektrode in das Körperteil des Patienten einzuleiten und zu beobachten, ob sich eine Reizantwort einstellt. Auf diese Weise kann einfach mit Hilfe eines solchen Stromimpulses, bei dem die punktierende Elektrode als Anode wirkt, ermittelt werden, ob sich die punktierende Elektrode in einem Nerv befindet oder nicht, denn wenn man mit einem solchen positiven Impuls eine Reizantwort hervorruft, weiß man, dass man sich innerhalb des Nervs befinden muss.
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Diese Einleitung des Impulses kann beispielsweise durch Betätigung eines Bedienelements am Nervenstimulationsgerät bewirkt werden.
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Eine andere konkrete Möglichkeit dafür, dass durch die Stromimpulse ermittelbar ist, ob die punktierende Elektrode in einen Nerv eingeführt ist oder nicht, sieht vor, dass ein Programm des Nervenstimulationsgeräts aktiviert wird, bei dem bei mindestens einer vorgegebenen Impulsbreite die Impulsamplituden aufeinander folgender Impulse streng monoton geändert werden, also immer weiter erhöht oder immer weiter abgesenkt werden, während man die jeweils erfolgende Reizantwort beobachtet.
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Bei dieser konkreten Möglichkeit macht man sich den Effekt zu Nutze, dass die Reizsensitivität gegenüber Impulsamplitude und Impulsdauer bei verschiedenen Entfernungen zwischen der Spitze der punktierenden Elektrode und dem Nerv unterschiedlich variiert, genauer gesagt umso stärker variiert je größer diese Entfernung ist. Zeigt sich hier keine Abhängigkeit der Reizantwort beim Ablauf des Programms, so befindet man sich ebenfalls im Nerveninneren.