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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Erfassen eines Zustands und/oder Verhaltens wenigstens eines sich in einem Fahrzeuginnenraum befindlichen Insassen eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, sowie ein Fahrzeug mit einer solchen Vorrichtung.
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Fahrzeuge werden oftmals unter Komfort- und/oder Sicherheitsgesichtspunkten weiterentwickelt. Beispielsweise werden Fahrerassistenzsysteme bereitgestellt, welche dem Fahrer des Fahrzeugs zumindest einen Teil der Fahrzeugführung abnehmen oder unterstützend in die Fahrzeugführung eingreifen können. Zu solchen Fahrerassistenzsystemen zählen im weitesten Sinne auch solche Systeme, welche die Aufmerksamkeit des Fahrers überwachen und gegebenenfalls, beispielsweise bei festgestellter Müdigkeit des Fahrers, eine entsprechende Warnung ausgeben.
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Es ist eine Aufgabe der Erfindung, die Überwachung von wenigstens einem Insassen eines Fahrzeugs zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Erfassen eines Zustands und/oder Verhaltens wenigstens eines sich in einem Fahrzeuginnenraum befindlichen Insassen eines Fahrzeugs gemäß den unabhängigen Ansprüchen.
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Eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Erfassen eines Zustands und/oder Verhaltens wenigstens eines sich in einem Fahrzeuginnenraum befindlichen Insassen eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, weist auf: eine Sendeeinrichtung, die dazu eingerichtet ist, eine Funkwelle aus einem Frequenzband eines lokalen, insbesondere fahrzeuginternen, Funknetzwerks in den Fahrzeuginnenraum auszusenden; wenigstens eine dem wenigstens einen Insassen zugeordnete Empfangseinrichtung, die dazu eingerichtet ist, zumindest einen Teil der mit dem wenigstens einen Insassen wechselwirkenden Funkwelle zu erfassen und ein entsprechendes Empfangssignal zu erzeugen; und eine Auswertungseinrichtung, die dazu eingerichtet ist, anhand des Empfangssignals eine Insasseninformation zu ermitteln, welche dazu geeignet ist, einen Zustand und/oder ein Verhalten des wenigstens einen Insassen zu charakterisieren.
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Ein erfindungsgemäßes Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, weist eine erfindungsgemäße Vorrichtung auf.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Erfassen eines Zustands und/oder Verhaltens wenigstens eines sich in einem Fahrzeuginnenraum befindlichen Insassen eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, weist die folgenden Schritte auf: Aussenden einer Funkwelle aus einem Frequenzband eines lokalen, insbesondere fahrzeuginternen, Funknetzwerks in den Fahrzeuginnenraum; Empfangen zumindest eines Teils der Funkwelle, die mit dem wenigstens einen Insassen in Wechselwirkung getreten ist, und Erzeugen eines entsprechenden Empfangssignals mit einer Empfangseinrichtung, die dem wenigstens einen Insassen zugeordnet ist; und Ermitteln einer Insasseninformation, welche dazu geeignet ist, einen Zustand und/oder ein Verhalten des wenigstens einen Insassen zu charakterisieren, anhand des Empfangssignals.
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Ein Aspekt der Erfindung basiert auf dem Ansatz, aus der Wechselwirkung von Funkwellen mit einem Fahrzeuginsassen mittels einer Auswertungseinrichtung eine Insasseninformation abzuleiten, anhand der auf einen Zustand und/oder ein Verhalten des Fahrzeuginsassen geschlossen werden kann. Die Funkwellen werden dazu von einer Sendeeinrichtung in den Fahrzeuginnenraum ausgesendet und weisen eine Frequenz aus einem Frequenzband eines lokalen Funknetzwerks auf, beispielsweise eines Wi-Fi-zertifizierten lokalen Netzwerks, welches auch als WLAN bezeichnet wird, zur Kommunikation von mobilen Endgeräten der Fahrzeuginsassen mit dem Fahrzeug oder einem Wi-Fi- bzw. WLAN-Router des Fahrzeugs. Eine, gegebenenfalls auch mehrere, Empfangseinrichtung, die dem Fahrzeuginsassen zugeordnet ist, d.h. insbesondere in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuginsassen angeordnet ist und/oder einen auf den Fahrzeuginsassen gerichteten Erfassungsbereich aufweist, detektiert zumindest einen Teil der mit dem Fahrzeuginsassen in Wechselwirkung getretenen, insbesondere am bzw. durch den Fahrzeuginsassen reflektierten, gestreuten und/oder transmittierten, Funkwelle und generiert ein entsprechendes Empfangssignal, welches durch die Wechselwirkung mit dem Fahrzeuginsassen charakterisiert ist. Die Auswertungseinrichtung kann dann anhand einer Verarbeitung des Empfangssignals die Insasseninformation, beispielsweise zu einer Bewegung und/oder Position eines Körperteils des Insassen, ermitteln. Vorzugsweise betrifft die Insasseninformation eine oder mehrere Körperfunktionen des Insassen, beispielsweise die Atmung, den Lidschlussreflex und/oder die Mimik. Dadurch können Gesundheitszustand, Müdigkeit, Stress und/oder Emotionen des Insassen automatisch und zuverlässig abgeleitet werden.
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Beispielsweise kann aus dem Empfangssignal eine Körperhaltung oder eine Bewegung des Insassen abgeleitet werden, welche im Allgemeinen mit Stress oder Müdigkeit verbunden wird. Von einem anderen Empfangssignal kann dementsprechend auf ein anderes Verhalten, bei dem der Insasse etwa von einer Tätigkeit vollständig eingenommen ist und dementsprechend eine andere Körperhaltung einnimmt bzw. andere Bewegungen ausführt, geschlossen werden.
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Informationen über derart abgeleitete Zustände können beispielsweise, insbesondere in Verbindung mit gleichzeitig ermittelten Fahrsituationen, in denen sich das Fahrzeug befindet, vom Hersteller des Fahrzeugs gesammelt und genutzt werden, um Entwicklungen geeigneter Systeme vorzunehmen, die eine Belastung des Fahrers verringern, etwa indem geeignete Rückmeldungen an den Fahrer ausgegeben werden.
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Die Sendeeinrichtung wird vorzugsweise von einem Router des Fahrzeugs gebildet, der dazu eingerichtet ist, ein lokales, insbesondere im Wesentlichen auf den Innenraum des Fahrzeugs oder zumindest auf das unmittelbare Fahrzeugumfeld beschränktes, Funknetzwerk im Innenraum des Fahrzeugs bereitzustellen. Dies ist besonders vorteilhaft, da so die von der Sendeeinrichtung ausgesandten Funkwellen neben der erfindungsgemäßen Nutzung auch zur Kommunikation von mobilen Endgeräten mit dem Fahrzeug oder, über den Router, mit anderen Netzwerken verwendet werden können.
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Gegenüber der Erfassung des Insassen durch eine oder mehrere Kameras hat die Nutzung der mit dem Insassen wechselwirkenden Funkwelle zum Ermitteln der Insasseninformation weitere Vorteile. Beispielsweise weist die Sendeeinrichtung bzw. das lokale Funknetzwerk keinen beschränkten Erfassungsbereich im Sinne eines Sichtfelds einer Kamera auf, und die Verarbeitung der Funkwelle bzw. des entsprechenden Empfangssignals, insbesondere einer Amplitude und/oder Phase der Funkwelle, benötigt signifikant weniger Rechenleistung als das Verarbeiten und/oder Speichern von mit Kameras aufgenommenen Bildern bzw. Videos, die gegebenenfalls auch Rechte zum Schutz der Persönlichkeit verletzen könnten. Gleichzeitig wird der Komfort der Fahrzeuginsassen bei der Wechselwirkung mit Funkwellen nicht beeinträchtigt, wie dies etwa bei einem direkt am Körper des Insassen vorgesehenen, insbesondere vom Insassen getragenen, Sensor zur Erfassung von Respiration, Puls oder Atmung auftreten könnte.
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Dadurch, dass die wenigstens eine Empfangseinrichtung dem Insassen zugeordnet ist, können Beeinflussungen der Funkwelle, die nicht von der Wechselwirkung mit dem Insassen herrühren, eliminiert oder zumindest minimiert werden. Insbesondere kann vorgesehen sein, die wenigstens eine Empfangseinrichtung an einem Sitzbereich des Insassen, beispielsweise in einem Armaturenbrett vor einem Fahrzeugsitz oder in einer Rückenlehne eines Fahrzeugsitzes, anzuordnen, so dass beim Erfassen der Funkwelle von der Wechselwirkung mit dem Insassen beeinflusste Anteile der Funkwelle gegenüber unbeeinflussten oder durch anderweitige Wechselwirkungen beeinflussten Anteilen dominieren.
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Insgesamt ermöglicht die Erfindung eine Verbesserung der Überwachung des wenigstens eines Insassen des Fahrzeugs.
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In einer bevorzugten Ausführung ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, aus dem Empfangssignal eine, insbesondere durch Atmung, Mimik, Lidschlag, oder Ändern einer Position eines Körperteils erzeugte, Bewegung des wenigstens einen Insassen abzuleiten und anhand der abgeleiteten Bewegung des wenigstens einen Insassen die Insasseninformation zu ermitteln. Anhand einer die Atmung, die Mimik oder den Lidschlag betreffenden Insasseninformation kann zuverlässig auf einen Zustand, insbesondere Gesundheitszustand oder emotionalen Zustand, des Insassen geschlossen werden. Anhand der durch Änderung einer Position eines Körperteils erzeugten Bewegung, beispielsweise einer bestimmten Hand- und/oder Kopfbewegung wie Nicken oder Kopfschütteln, auch Geste genannt, kann zuverlässig auf das Verhalten, insbesondere die Absichten, des Insassen geschlossen werden.
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Die aus der abgeleiteten Bewegung ermittelte Insasseninformation ist demnach besonders zuverlässig und kann einen Zustand und/oder ein Verhalten des Insassen besonders detailliert abbilden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, anhand der Insasseninformation ein zur Steuerung einer Fahrzeugfunktion des Fahrzeugs geeignetes Steuersignal zu erzeugen. Vorzugsweise handelt es sich bei der Fahrzeugfunktion dabei um wenigstens eine Funktion eines der folgenden Systeme: Fahrerassistenzsystem wie etwa Querführungs-, Längsführungs- und/oder Aufmerksamkeitsassistent, Infotainmentsystem und/oder Komfortsystem wie etwa Klimatisierungs- und/oder Belüftungssystem. Beispielsweise kann die Insasseninformation dazu geeignet sein, eine Geste, etwa ein Nicken, ein Kopfschütteln und/oder eine Handbewegung, des Insassen zu charakterisieren, anhand welcher Funktionen des Infotainmentsystems gesteuert werden können. Alternativ oder zusätzlich kann die Insasseninformation dazu geeignet sein, die Aufmerksamkeit bzw. Müdigkeit des Insassen, insbesondere des Fahrers des Fahrzeugs, zu charakterisieren, so dass ein Aufmerksamkeitsassistent gegebenenfalls eine Warnung an den Insassen ausgeben kann. Insgesamt ermöglicht die Nutzung der Insasseninformation zur Steuerung der Fahrzeugfunktion eine Erhöhung des Komforts und/oder der Sicherheit des Insassen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, anhand des Empfangssignals eine durch die Wechselwirkung mit dem Insassen bewirkte Änderung einer Phase und/oder einer Amplitude der Funkwelle gegenüber der ausgesendeten Funkwelle zu ermitteln und anhand der ermittelten Änderung der Phase und/oder Amplitude der Funkwelle die Insasseninformation zu ermitteln. Vorzugsweise ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, ein Muster in der Änderung der Phase und/oder der Amplitude, welches charakteristisch für eine spezifische Bewegung und/oder einen spezifischen Bewegungsablauf sein kann, zu ermitteln. Beispielsweise kann somit eine Tätigkeit des Insassen, insbesondere des Fahrers, wie etwa Essen, Trinken, Benutzung eines mobilen Endgeräts, Bedienen einer Fahrzeugfunktion und/oder Interagieren mit einem weiteren Insassen festgestellt werden. Die entsprechende Insasseninformation ermöglicht der Auswertungseinrichtung oder einem anderen Steuergerät des Fahrzeugs vorteilhaft, Fahrzeugfunktionen wie etwa ein Fahrerassistenzsystem auf den Zustand und/oder das Verhalten des Insassen besonders präzise abzustimmen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, die Änderung der Phase und/oder Amplitude der Funkwelle in Bezug auf ihre Stärke in wenigstens zwei Klassen einzuteilen und die Insasseninformation anhand der Änderung der Phase und/oder Amplitude der Funkwelle aus zumindest einer der wenigstens zwei Klassen zu ermitteln. Beispielsweise wird eine starke Änderung der Phase und/oder Amplitude durch eine Armbewegungen bewirkt, während eine schwache Änderung durch eine Kopfbewegung bewirkt wird. Vorzugsweise ist die Auswertungseinrichtung ferner dazu eingerichtet, Änderungen gleicher Stärke, jedoch unterschiedlicher Muster, in unterschiedliche der wenigstens zwei Klassen einzuteilen. Beispielsweise kann eine schwache, regelmäßige Änderung, die etwa durch die Atmung bewirkt wird, in eine andere Klasse eingeteilt werden als eine schwache, einmalig auftretende Änderung, die durch eine Handbewegung bewirkt wird. Dadurch können unterschiedliche Bewegungen des Insassen zuverlässig festgestellt werden. Insbesondere ermöglicht es die Klassifizierung der Änderung, den Einfluss von Rauschen auf die ermittelte Insasseninformation zu verringern, indem die durch Rauschen bewirkten, insbesondere für Rauschen charakteristische, Änderungen in eine bestimmte Klasse eingeteilt werden kann, die dann bei der Ermittlung der Insasseninformation nicht berücksichtigt wird.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, durch einen Vergleich der Insasseninformation mit in einer Datenbank gespeicherten Zustands- und/oder Verhaltensdaten, die verschiedene Zustandstypen bzw. Verhaltenstypen charakterisieren, einen Zustand und/oder ein Verhalten des wenigstens einen Insassen abzuleiten. Die gespeicherten Zustands- und Verhaltensdaten können dabei generisch sein, d.h. beispielsweise durch Analyse vieler verschiedener Benutzer generiert worden sein. Alternativ oder zusätzlich kann die Auswertungseinrichtung auch dazu eingerichtet sein, die Zustandstypen und/oder Verhaltenstypen, insbesondere mittels aus dem Stand der Technik bekannter Algorithmen für maschinelles Lernen, auf Grundlage einer, gegebenenfalls wiederholten, insbesondere iterativen, Analyse des Empfangssignals zu ermitteln und entsprechende Zustands- und Verhaltensdaten in der Datenbank zu speichern und/oder die in der Datenbank gespeicherten Zustands- und Verhaltensdaten entsprechend anzupassen. Dazu kann in einigen Ausführungen eine Lernphase vorgesehen sein, wobei die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet ist, das analysierte Empfangssignal in der Lernphase mit vom Insassen betätigten Fahrzeugfunktionen zu korrelieren.
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Durch den Vergleich der Insasseninformation mit gespeicherten Zustands- und Verhaltensdaten kann ein Zustand und/oder ein Verhalten des wenigstens einen Insassen besonders schnell und zuverlässig abgeleitet werden.
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Die Zustands- und Verhaltensdaten können dabei insassenspezifisch gespeichert, d.h. personalisiert, sein oder werden. Die somit bewirkte Zuordnung zu einem spezifischen Insassen ermöglicht eine noch präzisere, automatisierte Steuerung von Fahrzeugfunktionen durch die Auswertungseinrichtung, insbesondere gemäß einem aus dem Zustand und/oder dem Verhalten des Insassen abgeleiteten Bedienwunsch des Insassen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist das Frequenzband des lokalen, insbesondere fahrzeuginternen, Funknetzwerks durch die IEEE-Norm 802.11 aus dem Jahr 1997 oder eine Erweiterung davon spezifiziert. Bei den Erweiterungen kann es sich insbesondere um eine oder mehrere der folgenden IEEE-Normen handeln: 802.11a von 1999, 802.11b von 1999, 802.11 g von 2003, 802.11n von 2009, 802.11p von 2010, 802.11.ac von 2013 und/oder 802.11ah von 2016 oder um eine Erweiterung aus dem Jahr 2017 und später.
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Alternativ kann das Frequenzband auch durch die IEEE-Norm 802.11-2007 aus dem Jahr 2007 und/oder durch die IEEE-Norm 802.11-12 aus dem Jahr 2012 spezifiziert sein.
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Vorzugsweise weist das Funksignal dabei eine Frequenz aus dem 2,4 GHz-Band, dem 5 GHz-Band oder aus dem 60 GHz-Band auf.
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Die genannten Spezifizierungen ermöglichen eine zusätzliche Verwendung des Funksignals zur Kommunikation von mobilen Endgeräten mit dem Fahrzeug bzw. einem Router des Fahrzeugs. Umgekehrt kann auch ein bereits vorhandenes fahrzeuginternes WLAN-Funknetz außer zu Kommunikationszwecken auch zur Erfassung des Zustands und/oder des Verhaltens des Insassen genutzt werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist die Auswertungseinrichtung dazu eingerichtet, in der Vergangenheit ermittelte Insasseninformationen zu speichern und anhand der in der Vergangenheit gespeicherten Insasseninformationen und dem jeweils aktuellen, insbesondere dem zuletzt erzeugten, Empfangssignal die jeweils aktuelle Insasseninformation zu ermitteln. Vorzugsweise ist die Auswertungseinrichtung ferner dazu eingerichtet, verschiedene Zustände und/oder unterschiedliches Verhalten des Insassen auf Grundlage der in der Vergangenheit erzeugten und gespeicherten Insasseninformationen, beispielsweise unter Verwendung eines aus dem Stand der Technik bekannten Algorithmus zum maschinellen Lernen, zu erlernen. Die derart erlernten Zustände und/oder Verhalten des Insassen können vorteilhaft einem Benutzerprofil des Insassen zugeordnet werden, so dass die jeweils aktuelle Insasseninformation besonders zuverlässig den Zustand und/oder das Verhalten des Insassen charakterisiert. Darüber hinaus ist es auch möglich, eine oder mehrere Fahrzeugfunktionen anhand dieser Zuordnung, d.h. durch das Erlernen des individuellen Verhaltens des Insassen, zu personalisieren.
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Wird die aktuell ermittelte Insasseninformation beispielsweise einem Kind zugeordnet, dessen Verhalten sich von dem eines Erwachsenen unterscheidet, können Fahrzeugfunktionen entsprechend kindgerecht ausgeführt werden, etwa als kindgerecht gekennzeichnete mediale Inhalte wiedergegeben und/oder Sicherheitsfunktionen wie Airbag und Sicherheitsgurte an die kindliche Physis angepasst werden.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung im Zusammenhang mit den Figuren, in denen durchgängig dieselben Bezugszeichen für dieselben oder einander entsprechende Elemente der Erfindung verwendet werden. Es zeigen wenigstens teilweise schematisch:
- 1 ein Beispiel eines Fahrzeugs mit einer Vorrichtung zum Erfassen eines Zustands und/oder Verhaltens; und
- 2 ein Beispiel eines Verfahrens zum Erfassen eines Zustands.
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1 zeigt ein Beispiel eines Fahrzeugs 10 mit einer Vorrichtung 1 zum Erfassen eines Zustands und/oder eines Verhaltens eines Insassen 2 des Fahrzeugs 10. Die Vorrichtung 1 weist eine Sendeeinrichtung 3, mehrere Erfassungseinrichtungen 4 und eine Auswertungseinrichtung 5 auf.
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Die Sendeeinrichtung 3 ist dazu eingerichtet, eine Funkwelle 6 in den Fahrzeuginnenraum 10a des Fahrzeugs 10 aussenden. Die Sendeeinrichtung 3 ist insbesondere derart in dem Fahrzeuginnenraum 10a angeordnet, dass die ausgesendete und sich ausbreitende Funkwelle 6 im Wesentlichen jeden Bereich im Fahrzeuginnenraum 10a erreichen kann. Wie in 1 dargestellt, kann die Sendeeinrichtung 3 beispielsweise im Bereich des Fahrzeugdachs vorgesehen sein, so dass sich die ausgesendete Funkwelle 6 bis zu den durch die Fahrzeugsitze 7 vorgegebenen Sitzbereichen 7a ausbreiten kann.
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Bei der Funkwelle 6 kann es sich um ein Funksignal handeln, welches zur Kommunikation des Fahrzeugs mit einem mobilen Endgerät des Insassen 2 geeignet ist. Beispielsweise kann die Funkwelle 6 ein Funksignal eines im Fahrzeuginnenraum 10a bereitgestellten lokalen Netzwerkes, d.h. eines so genannten WLAN (Wireless Local Area Network), handeln. Die Frequenz der Funkwelle 6 ist dabei vorzugsweise in dem 2,4 GHz-Band, dem 5 GHz-Band oder dem 60 GHz-Band enthalten. Die Sendeeinrichtung 3 kann etwa als Router ausgebildet sein, der zur Bereitstellung des lokalen Netzwerks vorgesehen ist.
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Die derart ausgesendete Funkwelle 6 tritt mit dem in einem Sitzbereich 7a sitzenden Insassen 2 in Wechselwirkung, d.h. sie wird am bzw. durch den Insassen 2 reflektiert, gestreut und/oder transmittiert, wobei die in oder an den Sitzbereichen 7a angeordneten Empfangseinrichtungen 4 dazu eingerichtet sind, zumindest einen Teil 6' der Funkwelle 6, welcher mit dem sich im jeweiligen Sitzbereich 7a aufhaltenden Insassen 2 wechselwirkt 6 und in Richtung der jeweiligen Empfangseinrichtung 4 reflektiert, gestreut und/oder transmittiert wird, zu erfassen und ein entsprechendes Empfangssignal zu erzeugen. Ein derart erzeugtes Empfangssignal kann demnach zur Charakterisierung der Wechselwirkung der Funkwelle 6 mit dem Insassen 2 herangezogen werden.
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Dabei sind die einzelnen Empfangseinrichtungen 4, beispielsweise Antennen, den verschiedenen Sitzbereichen 7a bzw. den sich in den verschiedenen Sitzbereichen 7a aufhaltenden Insassen 2 zugeordnet. Beispielsweise kann eine Empfangseinrichtung 4 einen Erfassungsbereich aufweisen, der auf einen Sitzbereichen 7a gerichtet ist. Alternativ oder zusätzlich kann die die Empfangseinrichtung 4 unmittelbar an oder im Sitzbereich 7a angeordnet sein, beispielsweise an oder in einem Lenkrad 10b des Fahrzeugs 10 oder in oder an einer Rückenlehne eines der Fahrzeugsitze 7.
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Während im gezeigten Beispiel nur eine Empfangseinrichtung 4 pro Sitzbereich 7a vorgesehen ist, können in anderen Ausführungen auch mehrere Empfangseinrichtungen 4 pro Sitzbereich 7a vorgesehen sein, beispielsweise um am oder durch den Insassen 2 in verschiedene Richtungen reflektierte, gestreute und/oder transmittierte Teile 6' der Funkwelle 6 zu erfassen.
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Die von den Erfassungseinrichtungen 4 erzeugten Empfangssignale können von der Auswertungseinrichtung 5 verarbeitet bzw. ausgewertet werden. Insbesondere kann dabei aus einem Empfangssignal eine den Insassen 2 betreffende Insasseninformation abgeleitet werden. Insbesondere ist die Auswertungseinrichtung 5 dabei dazu eingerichtet, die ausgesendete Funkwelle 6 mit dem Empfangssignal zu vergleichen und, basierend auf einem Ergebnis des Vergleichs, eine durch die Wechselwirkung bewirkte Änderung einer Amplitude und/oder Phase der Funkwelle 6 festzustellen, aus welcher die Insasseninformation abgeleitet wird.
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Die Insasseninformation ist dabei dazu geeignet, einen Zustand und/oder ein Verhalten des Insassen 2 zu charakterisieren, so dass die Auswertungseinrichtung 5 oder eine Steuerungseinrichtung zur Steuerung des Fahrzeugs 10 anhand der Insasseninformation auf z.B. einen Gesundheitszustand oder einen Gemütszustand, insbesondere eine Emotion, Aufmerksamkeit oder Stress, und/oder ein Verhalten, insbesondere eine spezifische Bewegung oder Geste, des Insassen 2 schließen und das Fahrzeug bzw. eine entsprechende Fahrzeugfunktion steuern kann.
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Die Auswertungseinrichtung 5 kann auch dazu geeignet sein, eine Änderung des Zustands und/oder des Verhaltens des Insassen 2 zu erfassen, die durch eine Änderung einer Situation, beispielsweise einer Fahrsituation, bewirkt wird. Gegebenenfalls kann die Auswertungseinrichtung 5 auch dazu eingerichtet sein, aus den wiederholt erfassten Änderungen des Zustands und/oder des Verhaltens des Insassen 2, insbesondere insassenspezifische, d.h. für den Insassen 2 typische, Zustands- und/oder Verhaltensmuster zu erlernen und beispielsweise Fahrzeugfunktionen prädiktiv in Abhängigkeit der erlernten Zustands- und/oder Verhaltensmuster unter Berücksichtigung der jeweils aktuellen Fahrsituation zu steuern. Mit anderen Worten kann die Auswertungseinrichtung 5 dazu eingerichtet sein, aus einer Analyse von wiederholt erzeugten Empfangssignalen und/oder daraus abgeleiteten Insasseninformationen einen Bedienwunsch des Insassen 2 festzustellen und gegebenenfalls durch entsprechende Steuerung wenigstens einer Fahrzeugfunktion umzusetzen.
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2 zeigt ein Beispiel eines Verfahrens 100 zum Erfassen eines Zustands eines Insassen, insbesondere eines Fahrers, eines Fahrzeugs.
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Dabei wird in einem Schritt 101 eine Funkwelle, insbesondere ein Funksignal eines Wi-Fi-zertifizierten lokalen Funknetzwerks, in einen Fahrzeuginnenraum ausgesendet, und zumindest ein Teil der dem Insassen des Fahrzeugs wechselwirkenden Funkwelle erfasst, so dass ein entsprechendes Empfangssignal erzeugt werden kann (siehe auch 1).
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Das Empfangssignal bzw. die in ihm enthaltenen Daten, etwa Werte einer Amplitude und/oder Phase der Funkwelle, werden in einem weiteren Schritt 102 verarbeitet und analysiert, beispielsweise gefiltert und/oder transformiert, so dass in den folgenden Schritten 103 und 104 das Empfangssignal bzw. die Daten identifiziert bzw. typisiert, d.h. etwa nach Amplitude und Phase getrennt, und entsprechend klassifiziert, d.h. in eine oder mehrere verschiedene Klassen 105 eingeordnet, werden können.
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In 2 sind drei solcher Klassen 105 beispielhaft angegeben, wonach das Empfangssignal Informationen betreffend eine Sitzhaltung, eine Arm- und/oder Handbewegungen oder eine Kopfposition enthält. Anhand der entsprechenden Information kann jeweils ein Zustand bzw. ein Verhalten 106 ermittelt werden, wobei unter einem Verhalten auch eine Bewegung zu verstehen ist.
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Aus der eine Sitzhaltung betreffenden Information kann beispielsweise abgeleitet werden, ob der Insasse aufrecht, zurückgelehnt oder zusammengesunken auf einem Fahrzeugsitz sitzt. Die verschiedenen Sitzzustände sind dazu geeignet, die Aufmerksamkeit des Insassen zu bewerten. Eine aufrechte Sitzhaltung wird etwa einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit 106a zugeordnet, während aus einer zurückgelehnten oder zusammengesunkenen Sitzhaltung auf eine Müdigkeit des Insassen und damit einen, insbesondere in Bezug auf eine Fahrsituation, Zustand verminderter Aufmerksamkeit 106b geschlossen wird.
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Aus der eine Arm- und/oder Handbewegung betreffenden Information kann beispielsweise abgeleitet werden, ob der Insasse, wenn es sich um den Fahrer des Fahrzeugs handelt, ein Lenkrad des Fahrzeugs mit keiner, einer Hand oder beiden Händen greift. Die verschiedenen Greifzustände oder Greifbewegungen sind, gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Bewegungsinformationen, ebenfalls dazu geeignet, die Aufmerksamkeit des Insassen zu bewerten. Das Greifen des Lenkrads mit beiden Händen wird dabei etwa dem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit 106a zugeordnet, während beim Greifen des Lenkrads mit einer oder keiner Hand etwa auf eine weitere Tätigkeit 107a des Insassen geschlossen wird, beispielsweise Essen oder Trinken, Bedienen eines Multimediasystems des Fahrzeugs, Verfassen einer Nachricht auf einem mobilen Endgerät oder Sprechen mit weiteren Fahrzeuginsassen oder gegebenenfalls per Telefon. Diese Tätigkeiten entsprechen einer kognitiven Ablenkung 107 und werden damit dem Zustand verminderter Aufmerksamkeit 106b zugeordnet.
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Aus der die Kopfposition betreffenden Information kann beispielsweise abgeleitet werden, ob der Kopf des Insassen gerade gehalten, nach links oder rechts gedreht, nach hinten gelehnt, hin- und her geschwungen oder nach vorne geneigt wird. Die verschiedenen Kopfpositionen sind, gegebenenfalls nach weiterer Verarbeitung des entsprechenden Empfangssignals bzw. der darin enthaltenen Daten, ebenfalls dazu geeignet, eine Aufmerksamkeit des Insassen zu bewerten. Das Geradehalten des Kopfes wird einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit 106a zugeordnet. Wiederholt sich das Drehen des Kopfes nach links oder rechts innerhalb einer vorgegebenen zweiten Zeitdauer T2 öfter als eine vorgegebene erste Anzahl N1, weist die Kopfdrehung auf eine kognitive Ablenkung 107 hin, und damit wird dies einem Zustand verminderter Aufmerksamkeit 106b zugeordnet. Ist die Anzahl der Kopfdrehungen kleiner oder gleich der vorgegebenen ersten Anzahl N1, oder wiederholt sich das Drehen des Kopfes während einer Zeitdauer, die größer ist als die vorgegebene zweite Zeitdauer T2, wird geprüft, ob das Drehen des Kopfes länger als eine vorgegebene erste Zeitdauer T1 anhält. Ebenso wird geprüft, ob das Zurücklehnen, das Hin- und Herschwingen oder das Vorneigen des Kopfes vom Insassen länger als die vorgegebene erste Zeitdauer T1 ausgeführt wird. Falls dies der Fall sein sollte, werden diese Kopfbewegungen einer Müdigkeit und damit dem Zustand verminderter Aufmerksamkeit 106b zugeordnet.
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Wird das Links- und Rechtsdrehen, das Zurücklehnen, das Hin- und Herschwingen oder das Vorneigen des Kopfes vom Insassen nicht länger als die vorgegebene erste Zeitdauer T1 ausgeführt, jedoch öfter als eine vorgegebene zweite Anzahl N2 innerhalb einer vorgegebenen dritten Zeitdauer T3, werden diese Kopfbewegungen ebenfalls einer Müdigkeit und damit dem Zustand verminderter Aufmerksamkeit 106b zugeordnet. Andernfalls werden diese Kopfbewegungen dem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit 106a zugeordnet.
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Je nachdem, auf welchen Zustand des Insassen, insbesondere des Fahrers, die ermittelten Insasseninformationen schließen lassen - im vorliegenden Beispiel also „aufmerksam“ bzw. „abgelenkt“ - kann dann eine geeignete Steuerung von Fahrzeugfunktionen automatisch vorgenommen werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Insasse
- 3
- Sendeeinrichtung
- 4
- Empfangseinrichtung
- 5
- Auswertungseinrichtung
- 6
- Funkwelle
- 6'
- Teil der Funkwelle
- 7
- Fahrzeugsitz
- 7a
- Sitzbereich
- 10
- Fahrzeug
- 10a
- Fahrzeuginnenraum
- 10b
- Lenkrad
- 100
- Verfahren
- 101 bis 104
- Schritte
- 105
- Klasse
- 106
- Zustand und/oder Verhalten
- 106a, 106b
- Zustand erhöhter/verminderter Aufmerksamkeit
- 107
- Zuordnung
- 107a
- Tätigkeiten