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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung von odometrischen Daten eines Schienenfahrzeugs. Überdies betrifft die Erfindung eine odometrische Ermittlungseinrichtung. Weiterhin betrifft die Erfindung ein schienengebundenes Transportsystem.
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Die Ermittlung der Geschwindigkeit und Position von Schienenfahrzeugen ist entscheidend für den sicheren Betrieb von Schienenfahrzeugen. Die Kenntnis der Geschwindigkeit und der Position eines Schienenfahrzeugs kann für unterschiedliche Zwecke, wie zum Beispiel die Überwachung der Einhaltung von Verkehrsbestimmungen, das Einhalten von Fahrplänen, Bremsmanöver und zum Zwecke der Positionsbestimmung genutzt werden.
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Messungen zur Ermittlung von Geschwindigkeiten und Positionen von Schienenfahrzeugen erfolgen üblicherweise mit Hilfe von bordeigenen technischen Einrichtungen, wie zum Beispiel Tachometern, Doppler-Radargeräten, GPS-Sensoren oder Balise-Detektoren.
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Es gibt jedoch Situationen, bei denen mit Hilfe derartiger Sensoren keine genauen Angaben zur Geschwindigkeit eines Fahrzeugs gemacht werden können. Dies kann zum Beispiel dann passieren, wenn die Räder des Schienenfahrzeugs aufgrund einer starken Beschleunigung oder eines plötzlichen Bremsmanövers in den Gleitzustand übergehen, ein Signalfehler bei niedrigen Temperaturen auftritt oder kein GPS-Signal in Tunneln erfasst werden kann. Balisen sind ebenfalls nicht an jeder Strecke und nicht dicht genug positioniert, um eine flächendeckende Positionsbestimmung bzw. Geschwindigkeitsmessung zu ermöglichen.
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Es besteht also die Aufgabe, zusätzliche Verfahren und Vorrichtungen zur Ermittlung der Geschwindigkeit und der Position eines Schienenfahrzeugs zu entwickeln, um eine zuverlässige Geschwindigkeits- und Positionsermittlung leisten zu können.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Ermittlung von odometrischen Daten eines Schienenfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1, eine odometrische Ermittlungseinrichtung gemäß Patentanspruch 5 und ein schienengebundenes Transportsystem gemäß Patentanspruch 6 gelöst.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Ermittlung von odometrischen Daten eines Schienenfahrzeugs werden dynamische Sensordaten, welche die Bewegung des Schienenfahrzeugs erfassen, mit Hilfe von Sensoreinheiten, welche stationär an einer von dem Schienenfahrzeug befahrenen Schienenstrecke angeordnet sind, akquiriert. Weiterhin werden anhand der dynamischen Sensordaten eine zeitabhängige Position und/oder Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs ermittelt. Die ermittelten Positions- und/oder Geschwindigkeitsinformationen werden dann drahtlos an das betreffende Schienenfahrzeug übermittelt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kann insbesondere bei einer Kombination mit herkömmlichen Verfahren zur Ermittlung der Geschwindigkeit und/oder Position eines Schienenfahrzeugs eine erhöhte Robustheit bei der Ermittlung dieser Größen erreicht werden. Weiterhin kann auch die Genauigkeit der Geschwindigkeitsmessung und der Positionsmessung verbessert werden. Vorteilhaft können üblicherweise vorhandene Überwachungseinrichtungen, wie zum Beispiel Überwachungskameras an Bahnhöfen oder sonst an der Schienenstrecke angeordnete stationäre Überwachungseinrichtungen, als Sensoreinheiten zur Akquisition der dynamischen Sensordaten verwendet werden, so dass keine zusätzliche Hardware installiert werden muss, um das erfindungsgemäße Verfahren zu realisieren. Vorteilhaft kann die Geschwindigkeit und die Position des Schienenfahrzeugs auch dann ermittelt werden, wenn die bordseitigen Sensoren, beispielsweise aufgrund von Umwelteinflüssen, nicht funktionieren. Als stationäre Sensoreinheiten können zum Beispiel Überwachungskameras, aber auch Radarsysteme, Lichtschranken oder ähnliches verwendet werden.
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Die erfindungsgemäße odometrische Ermittlungseinrichtung für ein Schienenfahrzeug umfasst eine stationär an einer von dem Schienenfahrzeug befahrenen Schienenstrecke angeordnete Sensoreinheit zum Akquirieren von dynamischen Sensordaten, welche die Bewegung des Schienenfahrzeugs erfassen, und eine Messwertermittlungseinheit zum Ermitteln einer zeitabhängigen Position und/oder Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs in den dynamischen Sensordaten. Weiterhin weist die erfindungsgemäße odometrische Ermittlungseinrichtung auch eine Funkeinheit zum Übermitteln der ermittelten Positions- und/oder Geschwindigkeitsinformationen an das Schienenfahrzeug auf. Die erfindungsgemäße odometrische Ermittlungseinrichtung teilt die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Ermittlung der Geschwindigkeit eines Schienenfahrzeugs.
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Das erfindungsgemäße schienengebundene Transportsystem weist mindestens eine erfindungsgemäße odometrische Ermittlungseinrichtung und ein Schienenfahrzeug mit einer drahtlosen Empfangseinheit zum Empfangen der von der odometrische Ermittlungseinrichtung ermittelten Positions- und/oder Geschwindigkeitsinformationen auf. Das erfindungsgemäße schienengebundene Transportsystem teilt die Vorteile der erfindungsgemäßen odometrischen Ermittlungseinrichtung.
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Einige Komponenten der erfindungsgemäßen odometrischen Ermittlungseinrichtung können zum überwiegenden Teil in Form von Softwarekomponenten ausgebildet sein. Dies betrifft insbesondere Teile der Messwertermittlungseinheit. Grundsätzlich können diese Komponenten aber auch zum Teil, insbesondere wenn es um besonders schnelle Berechnungen geht, in Form von softwareunterstützter Hardware, beispielsweise FPGAs oder dergleichen, realisiert sein. Ebenso können die benötigten Schnittstellen, beispielsweise wenn es nur um eine Übernahme von Daten aus anderen Softwarekomponenten geht, als Softwareschnittstellen ausgebildet sein. Sie können aber auch als hardwaremäßig aufgebaute Schnittstellen ausgebildet sein, die durch geeignete Software angesteuert werden.
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Eine weitgehend softwaremäßige Realisierung hat den Vorteil, dass auch schon bisher in einem schienengebundenen Transportsystem vorhandene Rechnersysteme auf einfache Weise durch ein Software-Update nachgerüstet werden können, um auf die erfindungsgemäße Weise zu arbeiten. Insofern wird die Aufgabe auch durch ein entsprechendes Computerprogrammprodukt mit einem Computerprogramm gelöst, welches direkt in eine Speichereinrichtung eines solchen Rechnersystems ladbar ist, mit Programmabschnitten, um alle Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Rechnersystem ausgeführt wird.
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Ein solches Computerprogrammprodukt kann neben dem Computerprogramm gegebenenfalls zusätzliche Bestandteile, wie z.B. eine Dokumentation und/oder zusätzliche Komponenten, auch Hardware-Komponenten, wie z.B. Hardware-Schlüssel (Dongles etc.) zur Nutzung der Software, umfassen
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Zum Transport zur Speichereinrichtung des Rechnersystems und/oder zur Speicherung an dem Rechnersystem kann ein computerlesbares Medium, beispielsweise ein Memorystick, eine Festplatte oder ein sonstiger transportabler oder fest eingebauter Datenträger dienen, auf welchem die von einer Rechnereinheit einlesbaren und ausführbaren Programmabschnitte des Computerprogramms gespeichert sind. Die Rechnereinheit kann z.B. hierzu einen oder mehrere zusammenarbeitende Mikroprozessoren oder dergleichen aufweisen.
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Die abhängigen Ansprüche sowie die nachfolgende Beschreibung enthalten jeweils besonders vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung. Dabei können insbesondere die Ansprüche einer Anspruchskategorie auch analog zu den abhängigen Ansprüchen einer anderen Anspruchskategorie und deren Beschreibungsteilen weitergebildet sein. Zudem können im Rahmen der Erfindung auch die verschiedenen Merkmale unterschiedlicher Ausführungsbeispiele und Ansprüche auch zu neuen Ausführungsbeispielen kombiniert werden.
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In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Ermittlung von odometrischen Daten eines Schienenfahrzeugs umfassen die dynamischen Sensordaten stationär erfasste Bilddaten. Derartige stationär erfasste Bilddaten können zum Beispiel mit Hilfe eines computerbasierten Auswertungsverfahrens, beispielsweise eines auf dem maschinellen Sehen basierenden Auswertungsverfahrens, analysiert werden, um das Schienenfahrzeug und seine Position in den Bilddaten zu identifizieren. Vorteilhaft kann auf Basis der bekannten Position und Ausrichtung einer stationären Bildaufnahmeeinrichtung sowohl die Position als auch die Geschwindigkeit eines Schienenfahrzeugs exakt ermittelt werden.
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Alternativ können die dynamischen Sensordaten auch mit Hilfe von Lidar-Systemen oder Radarsystemen gewonnen werden. In diesem Fall werden anstelle von Bilddaten, Punktwolken oder Belegtheitskarten (Occupancy Grids) zur bildlichen Darstellung der Messdaten bzw. zur Auswertung genutzt, um die Position und die Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs zu ermitteln.
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Die Geschwindigkeit und/oder Position des Schienenfahrzeugs können durch eine Kombination aus einem mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ermittelten Geschwindigkeits- und/oder Positionswert und aus mit anderen Techniken gewonnenen Geschwindigkeitsdaten und/oder Positionsdaten ermittelt werden. Vorteilhaft können durch Mittelwerte Abweichungen bei einzelnen Messverfahren kompensiert werden, so dass die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung verbessert ist.
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Werden unterschiedliche Werte, welche auf Basis von unterschiedlichen Geschwindigkeitsmessverfahren gewonnen wurden, miteinander kombiniert, so kann die Kombination der Geschwindigkeitsdaten mit Hilfe eines Kalman-Filters erfolgen. Mit einem Kalman-Filter können bei Messungen erzeugte Störungen herausgefiltert werden und damit die Qualität der Messdaten verbessert werden.
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Die Erfindung wird im Folgenden unter Hinweis auf die beigefügten Figuren anhand von Ausführungsbeispielen noch einmal näher erläutert. Es zeigen:
- 1 ein Flussdiagramm, welches ein Verfahren zum Ermitteln von odometrischen Daten eines Schienenfahrzeugs gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht,
- 2 ein Blockdiagramm, welches eine odometrische Ermittlungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht,
- 3 ein Blockdiagramm, welches ein schienengebundenes Transportsystem mit einer odometrischen Ermittlungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.
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In 1 ist ein Flussdiagramm 100 gezeigt, welches ein Verfahren zur Ermittlung von odometrischen Daten eines Schienenfahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Bei dem Schritt 1.I werden von einer stationär an der von dem Schienenfahrzeug befahrenen Schienenstrecke positionierten Sensoreinheit, in diesem Ausführungsbeispiel eine Videokamera, dynamische Bilddaten DBD von dem Schienenfahrzeug aufgenommen. Die Videokamera ist eine Überwachungskamera, die ansonsten zur Überwachung der um sie herum befindlichen Umgebung genutzt wird. Bei dem Schritt 1.II wird dann mit Hilfe von Bilderkennungsverfahren die Position des Schienenfahrzeugs in den einzelnen Bildern der aufgenommenen Bildfolge ermittelt und daraus und auf Basis weiterer Informationen, wie zum Beispiel der Kenntnis der Lage des Schienenwegs und der Orientierung der Videokamera, die zeitabhängige Position P(t) des Schienenfahrzeugs sowie die Geschwindigkeit v(t) des Schienenfahrzeugs berechnet. Bei dem Schritt 1.III werden die ermittelten odometrischen Daten v(t), P(t) per Funk an das Schienenfahrzeug übermittelt. Schließlich werden die odometrischen Daten v(t), P(t) mit gegebenenfalls vorhandenen, von dem Schienenfahrzeug konventionell ermittelten odometrischen Daten fusioniert bzw. zusammengeführt. Beispielsweise kann eine gewichtete Addition der unterschiedlich gewonnenen Positionsdaten erfolgen, wobei kombinierte Positionsdaten Pk(t) erzeugt werden. Entsprechend können auch kombinierte Geschwindigkeitsdaten vk(t) aus unterschiedlich gewonnenen Geschwindigkeitswerten erzeugt werden.
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In 2 ist ein Blockdiagramm gezeigt, welches eine odometrische Ermittlungseinrichtung 20 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Teil der odometrischen Ermittlungseinrichtung 20 ist eine Videokamera 21. Die Videokamera 21 erfasst dynamische Bildinformationen DBD von dem betreffenden Schienenfahrzeug 31 (siehe 3). Die dynamischen Bilddaten DBD werden an eine Messwertermittlungseinheit 22 übermittelt. Die Messwertermittlungseinheit 22 ermittelt auf Basis der dynamischen Bilddaten DBD auf die im Zusammenhang mit 1 beschriebene Art und Weise Positionsdaten P(t) und Geschwindigkeitsdaten v(t). Die ermittelten odometrischen Daten P(t), v(t) werden an eine Funkeinheit 23 übermittelt, welche dazu eingerichtet ist, die odometrischen Daten P(t), v(t) an das zugehörige Schienenfahrzeug zu übermitteln.
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In 3 ist ein schienengebundenes Transportsystem 30 schematisch dargestellt. Das schienengebundene Transportsystem 30 umfasst ein auf einer Schienenstrecke fahrendes Schienenfahrzeug 31 und eine Mehrzahl längs der Schienenstrecke angeordneten Strommasten M. An einem der Strommasten M ist eine Kamera 21 montiert, welche von dem Schienenfahrzeug 31 Bildaufnahmen erstellt bzw. entsprechende dynamische Bilddaten DBD erzeugt.
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Die von der Kamera 21 erfassten dynamischen Bilddaten DBD werden über eine Funkeinheit 23 an eine in dem Schienenfahrzeug 31 befindliche Empfangseinheit 24 übermittelt. Die Empfangseinheit 24 überträgt die dynamischen Bilddaten DBD an eine Messwertermittlungseinheit 22, die anhand der dynamischen Bilddaten DBD die Geschwindigkeit v(t) und die Position P(t) des Schienenfahrzeugs 31 berechnet. Die ermittelten odometrischen Daten v(t), P(t) werden an eine Steuerungseinheit 32 übermittelt, welche auf Basis dieser Daten v(t), P(t) und gegebenenfalls vorhandener herkömmlich ermittelter odometrischer Daten durch Kombination fusionierte odometrische Daten vk(t), Pk(t) ermittelt. Bei dem in 3 gezeigten Ausführungsbeispiel sind Teile der odometrischen Ermittlungseinrichtung 20 auf die Peripherie und auf das Schienenfahrzeug 31 verteilt. Die eigentlich Berechnung der odometrischen Daten v(t), P(t) erfolgt hier im Schienenfahrzeug 31. Die Einheiten 22, 23 können auch, wie in 2 angedeutet, alle in einer einzigen stationären odometrischen Ermittlungseinrichtung angeordnet sein. In diesem Fall erfolgt die Berechnung der odometrischen Daten v(t), P(t) stationär.
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Es wird abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorbeschriebenen Verfahren und Vorrichtungen lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung handelt und dass die Erfindung vom Fachmann variiert werden kann, ohne den Bereich der Erfindung zu verlassen, soweit er durch die Ansprüche vorgegeben ist. Es wird der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der unbestimmten Artikel „ein“ bzw. „eine“ nicht ausschließt, dass die betreffenden Merkmale auch mehrfach vorhanden sein können. Ebenso schließt der Begriff „Einheit“ nicht aus, dass diese aus mehreren Komponenten besteht, die gegebenenfalls auch räumlich verteilt sein können.