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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erkennen einer Steuerungssituation eines Fahrzeugs mit einem automatischen Steuerungssystem und ein Lenksystem für ein Fahrzeug.
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Insbesondere beim autonomen Fahren eines Fahrzeugs mittels eines automatischen Steuerungssystems werden von dem automatischen Steuerungssystem durchgeführte Lenkmanöver an einen Fahrer über ein an einem Lenkrad des Fahrzeugs anliegendes Lenkmoment rückgemeldet. Dabei kann der Fahrer ein von dem automatischen Steuerungssystem vorgegebenes Lenkmoment „überstimmen“, indem der Fahrer ein Lenkmoment bereitstellt, das größer ist als das von dem automatischen Steuerungssystem bereitgestellte Lenkmoment.
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Da zum Ermitteln eines aktuellen Lenkwinkels bzw. Lenkzustands eines Fahrzeugs in der Regel lediglich ein Sensor verwendet wird, der ein aktuelles Lenkmoment misst, ist eine Zuordnung eines aktuell an einer Lenkung des Fahrzeugs anliegenden Lenkmoments zu entweder dem automatischen Steuerungssystem oder dem Fahrer nicht zweifelsfrei möglich.
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Insbesondere in Situationen, in denen ein Verursacher eines Lenkmoments wechselt, wie bspw. bei einem Eingriff eines Fahrers in einen Fahrbetrieb, bei dem ein Fahrzeug über einen Zeitraum hinweg mittels eines automatischen Steuerungssystems gesteuert wurde, ist eine Kenntnis darüber, dass der Fahrer das Fahrzeug kontrollieren möchte bzw. kontrolliert, von großer Bedeutung für eine Einstellung von fahrdynamischen Systemen des Fahrzeugs.
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Die deutsche Druckschrift
DE 10 2010 027 356 A1 offenbart ein Verfahren, bei dem ein Lenkmoment in Abhängigkeit eines Sollwerts für eine Steuergröße zum Einstellen eines Lenkwinkels ermittelt wird.
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Ein Verfahren, bei dem ein Lenkverhalten eines Fahrzeugs in Abhängigkeit einer jeweiligen ausgewählten Motorkennlinie eingestellt wird, ist in der deutschen Druckschrift
DE 10 2011 016 052 A1 offenbart.
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In der deutschen Druckschrift
DE 10 2014 208 926 A1 wird ein Verfahren zum Erfassen eines zum Unterstützen eines Fahrers aufzubringenden Lenkmoments offenbart, bei dem ein von einem Fahrer aufgebrachtes Lenkmoment mit einem von einem Lenksystem aufgebrachten Lenkmoment abgeglichen wird.
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Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren bereitzustellen, das eine eindeutige Zuordnung einer Lenkwinkeländerung zu einem Fahrer oder einem automatischen Steuerungssystem ermöglicht.
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Zur Lösung der voranstehend genannten Aufgabe wird ein Verfahren zum Erkennen einer Steuerungssituation eines Fahrzeugs mit einem automatischen Steuerungssystem vorgestellt. Dazu ist vorgesehen, dass ein Lenkmomentenverlauf, mit dem eine Lenkung des Fahrzeugs beaufschlagt wurde, in Abschnitte unterteilt wird, in denen der Lenkmomentenverlauf stetig steigt oder sinkt, und bei dem eine von einem Fahrer des Fahrzeugs verursachte und von einem ersten Lenkwinkelsensor des Fahrzeugs zu Beginn eines jeweiligen Abschnitts erfasste erste Winkelbeschleunigung eines ersten Teils einer Lenkstange mit einer von einem automatischen Steuerungssystem verursachten und von einem zweiten Lenkwinkelsensor des Fahrzeugs zu Beginn eines jeweiligen Abschnitts erfassten zweiten Winkelbeschleunigung einer mit der Lenkstange verbundenen Zahnstange oder eines zweiten Teils der Lenkstange abgeglichen wird. Dabei ist vorgesehen, dass in Abhängigkeit eines Ergebnisses des Abgleichs der ersten Winkelbeschleunigung mit der zweiten Winkelbeschleunigung ein dem jeweiligen Abschnitt entsprechender Lenkmomentenverlauf dem Fahrer oder dem automatischen Steuerungssystem zugeordnet wird.
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Das vorgestellte Verfahren dient insbesondere zum Regeln eines Lenksystems eines Fahrzeugs. Dazu ist vorgesehen, dass bei einer Lenkwinkeländerung an dem Fahrzeug bzw. einer entsprechenden Lenkmomentenänderung ermittelt wird, ob die Lenkwinkeländerung von einem Fahrer des Fahrzeugs oder von einem automatischen Steuerungssystem, wie bspw. einem elektrischen Stabilisierungsprogramm (ESP) oder einem Programm zum autonomen Fahren verursacht wurde.
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Um einen Verursacher einer Lenkwinkeländerung zu ermitteln, ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass ein Lenkmomentenverlauf, der zu der Lenkwinkeländerung geführt hat, in Abschnitte unterteilt wird. Dabei werden die Abschnitte so gewählt, dass der Lenkmomentverlauf innerhalb eines Abschnitts stetig steigt oder stetig sinkt bzw. fällt. Dies bedeutet, dass, wenn der Lenkmomentenverlauf einen Wendepunkt zeigt, ein aktueller Abschnitt endet. Entsprechend werden jeweilige Abschnitte in ihrer Länge dynamisch gebildet. Insbesondere ist vorgesehen, dass für den Fall, dass keine Lenkwinkeländerung und entsprechend kein geänderter Lenkmomentenverlauf vorliegt, kein Abschnitt gebildet wird.
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Sobald ein Abschnitt ermittelt wurde, d. h. sobald eine Änderung in einem Lenkmomentenverlauf erfasst wurde, die ein stetiges Steigen oder Sinken des Lenkmomentverlaufs beendet, kann ermittelt werden, ob der Lenkmomentenverlauf einem Fahrer oder einem automatischen Steuerungssystem eines jeweiligen Fahrzeugs zuzuordnen ist. Dazu ist vorgesehen, dass eine zu Beginn des Abschnitts von einem ersten Lenkwinkelsensor ermittelte erste Winkelbeschleunigung mit einer zu Beginn des Abschnitts von einem zweiten Lenkwinkelsensor ermittelten zweiten Winkelbeschleunigung abgeglichen wird. Anhand eines Ergebnisses des Abgleichs kann beurteilt werden, ob die von dem ersten Lenkwinkelsensor erfasste Winkelbeschleunigung oder die von dem zweiten Lenkwinkelsensor erfasste Winkelbeschleunigung größer ist. Je nachdem, ob die von dem ersten Lenkwinkelsensor oder dem zweiten Lenkwinkelsensor erfasste Winkelgeschwindigkeit größer ist, kann darauf geschlossen werden, dass ein Lenkrad oder ein automatisches Steuerungssystem des Fahrzeugs „mitgedreht“ und entsprechend der Fahrer oder das automatische Steuerungssystem „überstimmt“ wurde.
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Es ist vorgesehen, dass eine Lenkwinkeländerung in einem Bereich demjenigen Verursacher zugeordnet wird, der die größte Winkelbeschleunigung zu Beginn des Abschnitts bewirkt. Dies bedeutet, dass der Fahrer als Verursacher der Lenkwinkeländerung in dem Abschnitt gilt, wenn die mittels des ersten Lenkwinkelsensors zu Beginn des Abschnitts ermittelte erste Winkelbeschleunigung größer ist als die mittels des zweiten Lenkwinkelsensors zu Beginn des Abschnitts ermittelte zweite Winkelbeschleunigung und umgekehrt.
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Wenn eine zu Beginn eines Abschnitts, d. h. bspw. innerhalb von 1000ms oder 500ms nach Beginn des Abschnitts ermittelte erste Winkelbeschleunigung größer ist als die mittels des zweiten Lenkwinkelsensors zu Beginn des Abschnitts ermittelte zweite Winkelbeschleunigung, bedeutet dies, dass der Fahrer einen von einem automatischen Steuerungssystem verwendeten Aktuator „mitgedreht“ hat. Entsprechend erfährt der von dem automatischen Steuerungssystem verwendete Aktuator bzw. eine von dem automatischen Steuerungssystem bewegte Zahnstange bzw. ein entsprechender zweiter Teil einer Lenkstange im Vergleich zu einem von dem Fahrer bewegten ersten Teil der Lenkstange erst etwas später eine Winkelbeschleunigung. Dies gilt sowohl für einen Aufbau als auch für einen Abbau eines Lenkmoments zum Bewegen der jeweiligen Teile der Lenkstange bzw. der Zahnstange.
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Für den Fall, dass ein automatisches Steuerungssystem zu Beginn eines jeweiligen Abschnitts eine Winkelbeschleunigung bereitstellt, die größer ist als eine von einem Fahrer zu Beginn des Abschnitts bereitgestellte Winkelbeschleunigung, kann angenommen werden, dass ein von dem Fahrer bewegter erster Teil der Lenkstange von dem automatischen Steuerungssystem „mitgedreht“ wird. Entsprechend erfährt der erste Teil der Lenkstange im Vergleich zu einem von dem automatischen Steuerungssystem verwendeten Aktuator bzw. einer von dem automatischen Steuerungssystem bewegten Zahnstange und entsprechend auch im Vergleich zu dem zweiten Teil der Lenkstange erst etwas später eine Winkelbeschleunigung.
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Werden über eine Dauer einer Fahrt eines Fahrzeugs hinweg eine Vielzahl Abschnitte gebildet, die entweder einem automatischen Steuerungssystem des Fahrzeugs oder einem Fahrer zugeordnet werden, kann anhand einer Abfolge bzw. eines Verteilungsmusters der Zuordnungen der einzelnen Abschnitte auf eine Steuerungssituation des Fahrzeugs geschlossen werden. Dies bedeutet, dass anhand der Abfolge bzw. des Verteilungsmusters der Zuordnungen der einzelnen Abschnitte darauf geschlossen werden kann, ob der Fahrer bei einer Steuerung des Fahrzeugs mitwirkt und mit welchem Ziel der Fahrer jeweilige Steuerimpulse bereitstellt. Unter Berücksichtigung derart ermittelter Informationen über ein Steuerungsverhalten des Fahrers kann das Fahrzeug an eine aktuelle Steuerungssituation bzw. an ein Ziel des Fahrers angepasst werden. So kann bspw. vorgesehen sein, dass, wenn der Fahrer fortlaufend eine von dem automatischen Steuerungssystem vorgesehene bzgl. eines Fahrstreifens mittige Ausrichtung des Fahrzeugs korrigiert, das automatische Steuerungssystem dazu konfiguriert wird, das Fahrzeug zukünftig nicht mehr mittig sondern zu dem Seitenstreifen hin auszurichten. Dabei kann vorgesehen sein, dass, wenn das Fahrzeug bzgl. des Fahrstreifens mittig ausgerichtet wurde und der Fahrer in einem folgenden Abschnitt einen der mittigen Ausrichtung entgegengesetzten Lenkimpuls bereitstellt, der das Fahrzeug bspw. zu einem Seitenstreifen hin ausrichtet, darauf geschlossen wird, dass der Fahrer eine Korrektur einer Ausrichtung des Fahrzeugs vorgenommen hat.
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Zum Ermitteln der ersten und der zweiten Winkelgeschwindigkeit ist vorgesehen, dass eine innerhalb eines Abschnitts mittels eines ersten Lenkwinkelsensors ermittelte erste Lenkwinkelgeschwindigkeit und eine innerhalb des Abschnitts mittels eines zweiten Lenkwinkelsensors ermittelte zweite Lenkwinkelgeschwindigkeit ausgewertet werden.
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Um einer Verteilung jeweiliger Zuordnungen von Abschnitten und in jeweiligen Abschnitten anliegenden Lenkmomenten auszuwerten, kann ein Histogramm angelegt werden, das bspw. in einem vorgegebenen Zeitbereich ermittelte Informationen zu Zuordnungen jeweiliger Abschnitte und entsprechende Lenkmomente darstellt.
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In einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass ein in einem jeweiligen Abschnitt auf die Lenkung einwirkendes Lenkmoment mittels eines Integrals des Lenkmomentenverlaufs über eine Dauer des Abschnitts hinweg ermittelt und dem jeweiligen Abschnitt zugeordnet wird.
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Um einen in einem Abschnitt bereitgestellten Lenkimpuls bzw. ein entsprechendes Lenkmoment zu erfassen, kann ein Integral eines von einem Lenkmomentsensor erfassten Lenkmomentenverlaufs über den Abschnitt hinweg berechnet werden. Ein in dem Abschnitt bereitgestelltes Lenkmoment kann einer Zuordnung des Abschnitts entsprechend einem Fahrer oder einem automatischen Steuerungssystem zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass mittels einer Lenkwinkelbeschleunigung zu Beginn eines jeweiligen Abschnitts der Abschnitt dem Fahrer oder dem automatischen Steuerungssystem zugeordnet werden kann und mittels des Integrals des Lenkmomentenverlaufs erfasst werden kann, welches Lenkmoment bzw. welche Lenkwinkeländerung der Fahrer bzw. das automatische Lenksystem in dem Abschnitt bereitgestellt hat.
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Um ein automatisches Steuerungssystem an bspw. ein Fahrverhalten eines Fahrers anzupassen, kann vorgesehen sein, dass eine Differenz zwischen in jeweiligen dem Fahrer zugeordneten Abschnitten ermittelten Lenkmomenten und in jeweiligen dem automatischen Steuerungssystem zugeordneten Abschnitten ermittelten Lenkmomenten minimiert wird. Dies bedeutet, dass das automatische Steuerungssystem dazu konfiguriert wird, eine zum Bereitstellen von Lenkwinkeländerungen aufzubringende Kraft bzw. ein entsprechendes Lenkmoment in Richtung und Größe an eine von dem Fahrer in bspw. einem oder mehreren einem aktuellen Abschnitt vorangegangenen Abschnitt von dem Fahrer bereitgestellte Kraft bzw. ein entsprechendes Lenkmoment anzupassen. Entsprechend sind von dem automatischen Steuerungssystem bereitgestellte Kräfte bzw. Lenkmomente identisch zu jeweiligen von dem Fahrer bereitgestellten Kräften bzw. Lenkmomenten, so dass eine Korrektur des automatischen Steuerungssystems durch den Fahrer unterbleiben kann. Dabei kann selbstverständlich vorgesehen sein, dass das automatische Steuerungssystem in Notsituationen oder in durch einen Kriterienkatalog vorgegebenen Situationen unabhängig von durch den Fahrer bereitgestellten Kräften bzw. einem durch den Fahrer bereitgestellten Lenkmoment arbeitet.
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Es ist insbesondere vorgesehen, dass ein Lenkmomentenverlauf eines Lenksystems eines Fahrzeugs, d. h. ein Verlauf eines Lenkmoments, mit dem ein Fahrer über eine Lenkstange oder ein automatisches Steuerungssystem über eine Zahnstange auf das Lenksystem einwirkt, mittels eines zwischen der Lenkstange und der Zahnstange angeordneten Drehmomentsensors ermittelt wird.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass für den Fall, dass für eine vorgegebene Dauer alle Abschnitte dem automatischen Steuerungssystem zugeordnet werden, eine Steuerungssituation erkannt wird, bei der der Fahrer keine Steuerbefehle über ein Lenkrad des Fahrzeugs bereitstellt und das Fahrzeug vorwiegend mittels des automatischen Steuerungssystems zu steuern ist.
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Beim Steuern eines Fahrzeugs mittels eines zum autonomen Fahren konfigurierten automatischen Steuerungssystems können Situation auftreten, in denen ein Fahrer des Fahrzeugs sich von der Steuerung des Fahrzeugs abwendet und dem automatischen Steuerungssystem die Steuerung komplett überlässt. Um eine solche Situation zu erkennen und das automatische Steuerungssystem automatisch auf eine entsprechend geänderte Fahrsituation einzustellen, kann es vorgesehen sein, dass für den Fall, dass für eine vorgegebene Dauer alle Abschnitte dem automatischen Steuerungssystem zugeordnet werden, d. h. für den Fall eines sogenannten „Hands-off Szenarios“ davon ausgegangen wird, dass der Fahrer nicht mehr aktiv ist und das Fahrzeug in einem autonomen Fahrbetrieb zu steuern ist.
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Insbesondere in Situationen, in denen ein Fahrer bspw. krankheitsbedingt eine Steuerung des Fahrzeugs plötzlich unterbrechen muss und diese Unterbrechung dem Fahrzeug nicht mitteilen kann, ist eine automatische Erkennung einer aktuellen Fahrsituation von hoher Relevanz für eine Sicherheit des Fahrzeugs und des Fahrers.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass für den Fall, dass sich das Fahrzeug aktuell in einem Zustand befindet, in dem das Fahrzeug mittels des automatischen Steuerungssystems zu steuern ist, d. h. in einem autonomen Fahrbetrieb, und mindestens ein Abschnitt dem Fahrer zugeordnet wird, eine Steuerungssituation erkannt wird, in der der Fahrer von einer automatischen Steuerungssituation in eine manuelle Steuerungssituation wechseln möchte und das Fahrzeug vorwiegend mittels von dem Fahrer bereitzustellender Steuerbefehle zu steuern ist.
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Um ein harmonisches Umschalten von einem autonomen Fahrbetrieb zu einem vorwiegend oder komplett manuell gesteuerten Fahrbetrieb zu ermöglichen, ohne das ein Fahrer dem Fahrzeug mitteilen muss, dass er die Steuerung übernehmen möchte, kann vorgesehen sein, dass, wenn sich das Fahrzeug aktuell in einem autonomen Fahrbetrieb befindet und mindestens ein Abschnitt dem Fahrer zugeordnet wird, der autonome Fahrbetrieb beendet und ein höchstens teilweise automatischer Betrieb des Fahrzeugs, bei dem durch den Fahrer bereitgestellte Lenkimpulse zu einer Lenkwinkeländerung führen, aktiviert wird. Um ein Umschalten von dem autonomen Fahrbetrieb auf den höchstens teilweise automatischen Betrieb des Fahrzeugs aufgrund einer zufälligen Betätigung eines Lenkrads durch den Fahrer zu vermeiden, kann es vorgesehen sein, dass das Umschalten lediglich dann erfolgt, wenn mehrere Abschnitte dem Fahrer zugeordnet und/oder ein Lenkmoment in dem Abschnitt durch den Fahrer bereitgestellt wird, das oberhalb eines vorgegebenen Schwellenwerts liegt.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass eine Verteilung von Zuordnungen jeweiliger Abschnitte zu dem Fahrer oder dem automatischen Steuerungssystem über einen vorgegebenen Zeitraum hinweg ermittelt wird und anhand der Verteilung der Zuordnungen das Fahrzeug vorwiegend mittels von dem automatischen Steuerungssystem bereitgestellter Steuerbefehle oder vorwiegend mittels von dem Fahrer bereitgestellter Steuerbefehle gesteuert wird.
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Um einen Betriebsmodus eines automatischen Steuerungssystems eines Fahrzeugs einzustellen, d. h. bspw. von einem Betriebsmodus „autonomes Fahren“ auf einen Betriebsmodus „manuell“ oder umgekehrt automatisch zu wechseln, ist es erforderlich, dass ein aktuell von einem Fahrer gewünschter Betriebsmodus erkannt wird. Um den von dem Fahrer aktuell gewünschten Betriebsmodus zu erkennen, kann es vorgesehen sein, dass eine Verteilung von Zuordnungen jeweiliger Abschnitte zu dem Fahrer oder dem automatischen Steuerungssystem bzw. eine logische Verknüpfung zeitlich aufeinanderfolgender Zuordnungen in einem vorgegebenen Zeitraum ausgewertet wird. Dazu kann bspw. ein Histogramm, d. h. eine Häufigkeitsverteilung, von dem Fahrer und/oder dem automatischen Steuerungssystem zugeordneten Abschnitten in dem vorgegebenen Zeitraum erstellt werden. Anhand des Histogramms kann ermittelt werden, wer, d. h. der Fahrer oder das automatische Steuerungssystem wann, d. h. in welchem Abschnitt, wie stark, d. h. mit welchem Lenkmoment, und wie oft auf ein Lenksystem des Fahrzeugs eingewirkt hat. Unter Berücksichtigung eines in einem jeweiligen Abschnitt auf das Lenksystem einwirkenden Lenkmoments kann ferner auf eine Richtung einer Lenkwinkeländerung geschlossen werden. Dies bedeutet, dass anhand einer derartigen Verteilung darauf geschlossen werden kann, ob ein Fahrer bevormundet, d. h. von dem automatischen Steuerungssystem fortlaufend „übersteuert“ wird, ob der Fahrer aktuell sicher oder unsicher ist oder ob der Fahrer ein Verhalten des automatischen Steuerungssystems akzeptiert. Entsprechend kann vorgesehen sein, dass auf Grundlage einer Verteilung von Zuordnungen jeweiliger Abschnitte und in den Abschnitten bereitgestellten Lenkmomenten eine Situation des Fahrers in eine der drei Kategorien „sicher“, „unsicher“ und „bevormundet“ klassifiziert wird.
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Bspw. kann für den Fall, dass ein erster Abschnitt ermittelt wird, in dem ein automatisches Steuerungssystem ein aktuelles Lenkmoment erhöht und darauffolgend ein zweiter Abschnitt ermittelt wird, in dem ein Fahrer ein aktuelles Lenkmoment reduziert bzw. einen dem von dem automatischen Steuerungssystem bereitgestellten Lenkimpuls entgegengesetzten Lenkimpuls bereitstellt, davon ausgegangen werden, dass das automatische Steuerungssystem in dem ersten Abschnitt das automatische Steuerungssystem den Fahrer „übersteuert“ bzw. bevormundet hat und der Fahrer das Steuerungsverhalten des automatischen Steuerungssystems nicht akzeptiert hat.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens ist vorgesehen, dass die Verteilung der Zuordnungen mittels eines maschinellen Lerners einer Situation, in der das Fahrzeug vorwiegend mittels von dem automatischen Steuerungssystem bereitgestellter Steuerbefehle oder einer Situation, in der das Fahrzeug vorwiegend mittels von dem Fahrer bereitgestellter Steuerbefehle gesteuert wird, zugeordnet wird.
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Um jeweilige ermittelte Verteilungen von Zuordnungen jeweiliger Abschnitte zu einem Fahrer oder einem automatischen Steuerungssystem automatisch einer Fahrsituation bzw. einer vorgegebenen Klasse zuzuordnen und das automatische Steuerungssystem auf die Fahrsituation bzw. die Klasse einzustellen, kann ein maschineller Lerner, wie bspw. ein künstliches neuronales Netz oder eine sogenannte „Support Vector Machine“ verwendet werden, der bzw. das gemäß einem vorgegebenen oder selbst erlernten Schema jeweilige Verteilungen von Zuordnungen einer Fahrsituation zuordnet. Unter Verwendung eines maschinellen Lerners kann eine individuelle Anpassung eines Zuordnungsverhaltens von jeweiligen Verteilungen von Zuordnungen zu Fahrsituationen unter Berücksichtigung individueller Vorlieben eines Fahrers erfolgen. Dabei können für einen Fahrer erlernte Regeln für eine Zuordnung einer Verteilung zu einer Fahrsituation bspw. in einem Fahrerprofil gespeichert und für verschiedene Fahrer gewechselt oder in andere Fahrzeuge exportiert werden.
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Ferner betrifft die vorliegende Erfindung ein Lenksystem für ein Fahrzeug mit einem ersten Lenkwinkelsensor, einem zweiten Lenkwinkelsensor und einem Steuergerät, wobei das Steuergerät dazu konfiguriert ist, einen Lenkmomentenverlauf, mit dem eine Lenkung des Fahrzeugs beaufschlagt wurde, in Abschnitte zu unterteilen, in denen der Lenkmomentenverlauf stetig steigt oder sinkt, und wobei das Steuergerät weiterhin dazu konfiguriert ist, eine von einem Fahrer des Fahrzeugs verursachte und von einem ersten Lenkwinkelsensor des Fahrzeugs zu Beginn eines jeweiligen Abschnitts erfasste erste Winkelbeschleunigung eines ersten Teils einer Lenkstange des Fahrzeugs mit einer von einem automatischen Steuerungssystem des Fahrzeugs verursachten und von einem zweiten Lenkwinkelsensor des Fahrzeugs zu Beginn eines jeweilige Abschnitts erfassten zweiten Winkelbeschleunigung einer mit der Lenkstange verbundenen Zahnstange oder eines zweiten Teils der Lenkstange des Fahrzeugs abzugleichen, und in Abhängigkeit eines Ergebnisses des Abgleichs einen einem jeweiligen Abschnitt entsprechenden Lenkmomentenverlauf dem Fahrer oder dem automatischen Steuerungssystem zuzuordnen.
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Das vorgestellte Steuerungssystem dient insbesondere zur Durchführung des vorgestellten Verfahrens.
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In einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Steuerungssystems ist vorgesehen, dass der erste Lenkwinkelsensor dazu konfiguriert ist, eine Bewegung der Lenkstange in einem Bereich zwischen einem Lenkrad des Fahrzeugs und einer Überlagerungslenkung zu erfassen. Ferner ist vorgesehen, dass der zweite Lenkwinkelsensor dazu konfiguriert ist, eine durch eine Bewegung der Zahnstange vermittelte Bewegung der Lenkstange in einem Bereich zwischen der Zahnstange und der Überlagerungslenkung zu erfassen.
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Selbstverständlich ist es auch denkbar, dass der zweite Lenkwinkelsensor dazu konfiguriert ist, eine Bewegung der Zahnstange direkt an der Zahnstange zu erfassen.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird unter Bezugnahme auf die Zeichnung schematisch und ausführlich beschrieben.
- 1 zeigt eine schematische Darstellung eines zur Durchführung einer möglichen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens konfigurierten Lenksystems.
- 2a zeigt eine Verteilung von mittels eines ersten Lenkwinkelsensors bei einer Durchführung einer möglichen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelten Lenkmomenten.
- 2b zeigt eine Verteilung von mittels eines zweiten Lenkwinkelsensors bei einer Durchführung einer möglichen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelten Lenkmomenten.
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In 1 ist ein Lenksystem 1 mit einem Lenkrad 3, einer Lenkstange 5, die eine Überlagerungslenkung 7 aufweist, und einer Zahnstange 9, die über einen Torsionsstab 11 mit der Lenkstange verbunden ist, dargestellt.
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Um einen Lenkwinkel des Lenksystems 1 zu verändern, kann ein Fahrer, wie durch einen Pfeil 13 angedeutet, das Lenkrad 3 bewegen, wodurch sich die Lenkstange 5 dreht. Durch den Torsionsstab 11 wird die Drehung der Lenkstange 5 auf die Zahnstange 9 und schließlich auf jeweilige Räder eines das Lenksystems 1 umfassenden Fahrzeugs übertragen.
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Es ist denkbar, dass der Torsionsstab 11 als Sensor zum Erfassen eines auf die Zahnstange wirkenden Lenkmoments verwendet wird. Entsprechend kann durch den Torsionsstab 11 sowohl ein durch den Fahrer mittels des Lenkrads 3 auf die Lenkstange 5 aufgebrachtes Lenkmoment als auch ein von einem automatischen Steuerungssystem über einen auf die Zahnstange 9 einwirkenden Aktuator bereitgestelltes Lenkmoment, wie durch Pfeil 15 angedeutet, erfasst werden.
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Die Überlagerungslenkung 7 dient als eine Art Kupplung zwischen einem von dem Fahrer zu bedienenden Teil des Lenksystems 1 und einem von dem automatischen Steuerungssystem zu betätigenden Teil des Lenksystems 1. Entsprechend kann es vorkommen, dass ein unterhalb der Überlagerungslenkung 7 angeordneter zweiter Teil 17 der Lenkstange 5 von dem automatischen Steuerungssystems über die Zahnstange 9 in eine erste Richtung bewegt wird und ein oberhalb der Überlagerungslenkung 7 angeordneter erster Teil 19 der Lenkstange 5 von dem Fahrer über das Lenkrad 3 in eine zweite der ersten Richtung entgegengesetzte Richtung bewegt wird. Je nach Stärke eines von dem automatischen Steuerungssystem oder dem Fahrer bereitgestellten Drehmoments wird die Zahnstange 9 in die erste oder die zweite Richtung bewegt und der Teil 17 oder der Teil 19 der Lenkstange 9 „mitgedreht“.
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Zum Erfassen eines auf den ersten Teil 19 wirkenden Drehmoments bzw. einer entsprechenden Winkelgeschwindigkeit, anhand derer das auf den ersten Teil 19 wirkende Drehmoment berechnet werden kann, ist an dem ersten Teil 19 ein erster Lenkwinkelsensor vorgesehen. Entsprechend ist an dem zweiten Teil 17 ein zweiter Lenkwinkelsensor vorgesehen.
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In 2a ist ein Histogramm 20 in Form eines Diagramms dargestellt, das sich auf der Abszisse 21 über ein von einem Fahrer erzeugtes bzw. abgebautes Lenkmoment in [Nm] und auf der Ordinate 23 über eine Häufigkeit aufspannt. Entsprechend geben die in dem Diagramm dargestellten Balken eine Anzahl von Bereichen an, in denen ein stetiger bzw. kontinuierlicher Auf- oder Abbau der Lenkmomente erfasst wurde und die einem Fahrer eines entsprechenden Fahrzeugs zugeordnet worden sind.
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Dabei erfolgt die Zuordnung eines jeweiligen Bereichs zu dem Fahrer dann, wenn der Fahrer in dem Bereich ein größeres Lenkmoment bereitgestellt hat als ein automatisches Steuerungssystem des Fahrzeugs.
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Das Histogramm 20 zeigt, dass der Fahrer häufig geringe Lenkmomente im Bereich zwischen -0,5 und 0,5 Nm bereitstellt, seltener dagegen starke Lenkmomente von -1,5 oder 1,25. Dies bedeutet, dass der Fahrer in einem dem Histogramm zugrundeliegenden Zeitbereich häufig leichte Korrekturen vorgenommen hat bzw. oft am Lenkrad gedreht, dieses dann aber wieder losgelassen hat, wodurch sich ein entsprechend vorausgehend bereitgestelltes Lenkmoment abgebaut wurde.
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Im Vergleich zu Histogramm 30 in Form eines Diagramms, das sich auf der Abszisse 31 über ein von einem automatischen Steuerungssystem des Fahrzeugs erzeugtes bzw. abgebautes Lenkmoment in [Nm] und auf der Ordinate 33 über eine Häufigkeit aufspannt, zeigt sich, dass das automatische Steuerungssystem deutlich geringere Lenkmomente auf- bzw. abbaut. Hier ist insbesondere auf die im Vergleich zu Histogramm 20 geänderte Skalierung der Abszisse 31 zu achten.
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Die Histogramme 20 und 30 stellen demnach Lenkmomentverläufe eines Szenarios dar, bei dem das automatische Steuerungssystem aktiviert ist und versucht das Fahrzeug mittig in einem Fahrstreifen auszurichten. Da der Fahrer das Fahrzeug gerne am Seitenstreifen ausgerichtet haben möchte, korrigiert er fortlaufend durch kleinere Lenkbewegungen die Ausrichtung des Fahrzeugs.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102010027356 A1 [0005]
- DE 102011016052 A1 [0006]
- DE 102014208926 A1 [0007]