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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Optimierung eines Prozessoptimierungssystems für eine Formgebungsmaschine, mittels welcher ein zyklischer Formgebungsprozess zur Herstellung eines Formteils durchgeführt wird. Die vorliegende Erfindung betrifft außerdem ein Verfahren zum Simulieren eines Formgebungsprozesses gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 14.
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Formgebungsmaschinen können dabei beispielsweise Spritzgießmaschinen, Spritzpressen, Pressen und dergleichen sein. Formgebungsprozesse folgen dieser Terminologie analog.
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Stand der Technik sind einerseits das maschinelle Lernen auf Basis von neuronalen Netzwerken (siehe beispielsweise
EP 0 901 053 oder
DE 44 16 317 ), Fuzzy Systemen, bzw. Kombinationen (siehe beispielweise
DE 10 2004 026 641 oder
DE 42 09 746 ) dieser zur optimalen Prozessparameterermittlung unter Verwendung von messtechnischen Einrichtungen an der Spritzgießmaschine. Weiterführend ist die zentrale Steuerung als auch Regelung eines Spritzgießverbundes unter Verwendung dieser optimalen Prozessparametereinstellung bekannt. Darin inkludiert ist je nach Vorhandensein der Zugriff auf Prozesseinstellungen für bereits berechnete Formteile sowie die Übertragung der optimalen Prozesseinstellungen von einem zentralen Speicher.
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Diese Verfahren sind dahingehend limitiert, dass lediglich Formgebungsprozesse zur Herstellung von für das Training verwendeten sowie diesen ähnlichen Formteilen optimal eingestellt werden können. Stärker davon abweichende Formteile können im Regelfall nicht optimal eingestellt werden, da die Verfahren direkt die Prozesseinstellung, nicht aber die Vorgehensweise zur Einstellung selbst trainieren.
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In einer ersten Variante der Erfindung kann als Aufgabe das Bestreben angesehen werden, die Anwendbarkeit der Prozessoptimierungssysteme zu erweitern.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
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Dies geschieht, indem
- (a) durch einen Bediener an der realen Formgebungsmaschine ein Einstelldatensatz eingestellt wird,
- (b) auf Basis des Einstelldatensatzes und/oder auf Basis des zyklisch durchgeführten Formgebungsprozesses erste Werte für zumindest eine Beschreibungsgröße des Formgebungsprozesses gewonnen werden,
- (c) auf Basis von Daten aus dem Prozessoptimierungssystem zweite Werte für die zumindest eine Beschreibungsgröße gewonnen werden,
- (d) gemäß einem vorgegebenen Unterscheidungskriterium überprüft wird, ob die ersten Werte und die zweiten Werte voneinander abweichen, und
- (e) falls Verfahrensschritt (d) ergibt, dass sich die ersten Werte und die zweiten Werte voneinander unterscheiden, das Prozessoptimierungssystem so modifiziert wird, dass sich bei der Anwendung auf die Formgebungsmaschine und/oder den Formgebungsprozess statt der zweiten Werte für die zumindest eine Beschreibungsgröße im Wesentlichen die ersten Werte für die zumindest eine Beschreibungsgröße ergeben.
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Das Prozessoptimierungssystem wird durch POS abgekürzt. In der folgenden Beschreibung wird außerdem auf Systemparameter des POS Bezug genommen. Diese legen ein gegebenes POS in dem Sinne fest, dass Änderungen der Systemparameter bei gleichbleibender „Architektur“ des POS ein verändertes Verhalten des POS hervorrufen.
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Kernaspekte der Erfindung sind die Erkennung von Abweichungen zwischen Beschreibungsgrößen von realen und simulierten Spritzgießmaschinen und das anschließende Optimieren des Prozessoptimierungssystems. Beschreibungsgrößen beschreiben verschiedenste Aspekte des Formgebungsprozesses. Beispiele sind etwas weiter unten angegeben.
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Im Rahmen der Erfindung können Werkzeug-, Maschinen-, Material-, Prozess-, Mess-, Benutzer- und Qualitätsdaten von dezentralen Spritzgießmaschinen an einen zentralen Datenspeicher per Datenfernübertragungsverbindung übertragen werden. Auf Basis von mittels Simulation und/oder übermittelten Beschreibungsgrößen ermittelten Qualitätskenngrößen kann die Erkennung und Bewertung der Qualitätskenngrößen sowie deren Auswirkung auf Prozesseinstellparameter gelernt werden. Das mittels realer Daten trainierte POS, bzw. die dafür notwendigen Systemparameter des modifizierten POS können an dezentrale Spritzgießmaschinen per Datenfernübertragungsverbindung übertragen werden.
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Das vorgegebene Unterscheidungskriterium kann beispielsweise über vorab definierte Schranken für die Abweichung verschiedener Parameter der Einstelldatensätze realisiert sein.
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Das Einstellen des Einstelldatensatzes durch einen Bediener an der realen Formgebungsmaschine kann insbesondere auch unterstützt durch das Prozessoptimierungssystem erfolgen.
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Verfahrensschritt (c) kann vor, nach oder zwischen den Verfahrensschritten (a) und (b) durchgeführt werden.
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Eine zweite Variante der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Simulieren eines Formgebungsprozesses, wobei
- - Konfigurationsdaten, welche den zu simulierenden Formgebungsprozess betreffen, an einem Anwenderrechner bereitgestellt werden,
- - die Konfigurationsdaten mittels einer Datenfernübertragungsverbindung zu einem von der Formgebungsmaschine separaten Speicher übertragen und darin abgelegt werden,
- - ein im Speicher hinterlegtes Simulationsprogramm auf einem mit dem Speicher verbundenen, von der Formgebungsmaschine separaten Rechner unter Verwendung der Konfigurationsdaten ausgeführt wird und
- - mittels des Simulationsprogramms errechnete Ergebnisse ausgegeben werden.
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In der
EP2679376 ist ein spezielles Verfahren für vollelektrische Spritzgießmaschinen offenbart, wobei Simulationen von Spritzgießprozessen in einem Cloud-Server durchgeführt werden und in einem Cloud-Speicher gespeichert werden.
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Im Formgebungsmaschinenbau ist eine Einschränkung bei Simulationen auf elektrische Maschinen und/oder auch eine Vernachlässigung der Maschinendynamik wenig zielführend, um Aussagen oder Zusammenhänge abzuleiten. Bereits bei Betrachtung der Maschine im Einzelnen ist die mögliche Variabilität des physikalischen Aufbaus beträchtlich. Daraus resultiert, dass zum aktuellen Zeitpunkt, meist auch durch die beträchtliche Komplexität der Zusammenhänge bedingt, Simulationen nur für ausgewählte Maschinen entwickelt werden, siehe 2 (A1)-(A2). Der Varianz zur Folge und auf Grund dieser konventionellen Herangehensweise gibt es nahezu keine Möglichkeit für die lückenlose Erstellung von digitalen Abbildern von Formgebungsmaschinen.
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Betrachtet man weiters die gesamte Konfiguration einer Formgebungsprozesssimulation, so werden neben Maschinenaufbau (z.B. des hydraulischen oder elektrischen Antriebssystems) und Maschinendaten, wie Massen, Längen, Trägheiten, etc., auch Werkzeugdaten und Materialdaten des einzuspritzenden Kunststoffes benötigt. Zum Zeitpunkt der Erstellung einer Simulation, meist während der Produktion der realen Formgebungsmaschine, sind notwendige Datensätze wie Material- oder Werkzeugdaten an einem lokalen Anwenderrechner nicht bekannt oder sind veränderlich. Dies hat ebenfalls die Konsequenz, dass bei heutigen Vorgehensweisen zum Zeitpunkt des Einsatzes der Formgebungsmaschine eine für den speziellen Anwendungsfall mit einem konkreten Werkzeug und konkreten Materialparametern ausgelegte Simulation erstellt wird (A2).
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Die für die Konfiguration der Simulation notwendigen Materialparameter werden auf einem lokalen Anwenderrechner gesammelt und für die Erstellung der Simulation zur Verfügung gestellt. Bei erneuter Verwendung derselben Materialien auf einem weiteren lokalen Anwendungsrechner, müssen die Materialdaten erneut gesammelt und der Simulation zur Verfügung gestellt werden.
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Die Ausführung einer Formgebungsprozesssimulation (A4) ergibt (vor allem bei Ausführung von CFD Simulationen) die Notwendigkeit einer performanten Hardwareinstallation. Wird eine Simulation von verschiedenen Benutzern, bzw. geografischen Standorten durchgeführt, ist ein erheblicher Installationsaufwand von Soft- und Hardware notwendig.
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Zusätzlich gestaltet sich bei lokaler Ausführung von Simulationen die Verbreitung und Weiterverwendung von Simulationsergebnissen (A5) als aufwändig, da die Auswertung der Ergebnisse redundant durchgeführt werden muss.
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Zusammenfassend hat die lokale, für eine konkrete Maschinenanwendung parametrierte Simulation, deutliche Nachteile bzgl. Soft- und Hardewareaufwand, Auswertemöglichkeiten, Parametrierung der Simulation (welche immer wieder von Beginn an durchgeführt werden muss). Zusätzlich gibt es kaum die Möglichkeit des Aufbaus einer modularen Simulation, um unterschiedliche Anwendungsfälle einfach zu testen. Weiters besitzen auch bekannte zentrale Simulationen (Cloud Server) wenn unter Vernachlässigung physikalischer Effekte bzw. weiterer Einschränkungen (Elektrische Maschinenausführung) durchgeführt, deutliche Nachteile, weil sie in Bezug auf Reglerdynamik, Maschinendynamik und Totzeiten zu ungenau sind.
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In der zweiten Variante der Erfindung besteht die Aufgabe daher darin, ein vereinfachtes Verfahren zum Simulieren eines Formgebungsprozesses bereitzustellen, welches insbesondere eine einfachere Optimierung eines Formgebungsprozesses erlaubt.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 14 gelöst. Dies geschieht, indem Simulationsparameter aufgrund der Konfigurationsdaten automatisch bereitgestellt werden.
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Die Konfigurationsdaten beinhalten lediglich eine reduzierte Menge an abstrakten, beschreibenden Größen wie z.B. die Materialbezeichnung oder Größe und Typ des Einspritzaggregates. Prozess- und simulationsrelevante physikalische Größen (die Simulationsparameter), wie zum Beispiel Viskosität, Trägheit, Reibung und dergleichen werden, beispielsweise von einem Simulationserstellungsprogramm auf Basis der abstrakten Größe aus einer zentralen Datenbank bezogen.
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Die Erfindung nach der zweiten Variante erlaubt letztendlich eine „webbasierte“ Simulation des Formgebungsprozesses. Die Erfindung in ihrer zweiten Variante ist in den gleichen Situationen wie in ihrer ersten Variante anwendbar.
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Die vorliegende Erfindung stellt also die Möglichkeit zur Konfiguration und Simulation eines Formgebungsprozesses bereit, wobei die Simulation an einem, per Datenfernübertragungsverbindung angebundenen, zentralen Rechner durchgeführt wird.
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Mit anderen Worten ausgedrückt kann mittels Zugriff per Datenfernübertragungsverbindung auf einen zentralen Rechner eine Simulation zur Berechnung eines Formgebungsprozesses konfiguriert, parametriert und durchgeführt werden. Die Ergebnisse können anschließend mittels Datenfernübertragungsverbindung auf einen lokalen Anwenderrechner übertragen werden und weiterverwendet werden.
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Die Simulation kann neben dem eigentlichen Formgebungsprozess, den Dosier-, Schließ- und Entformungsvorgang beinhalten.
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Der von der Formgebungsmaschine und dem Anwenderrechner separate Rechner wird auch als „zentraler Rechner“ bezeichnet. Analoges gilt für den von der Formgebungsmaschine und dem Anwenderrechner separaten Speicher. Der zentrale Rechner und der zentrale Speicher können in einer physischen Einheit ausgeführt sein. Dies ist jedoch für die Erfindung nicht absolut notwendig. Insbesondere können der zentrale Rechner und der zentrale Speicher als Cloud-Rechner bzw. Cloud-Speicher ausgeführt sein.
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Weitere vorteilhafte Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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In einer ersten Variante der Erfindung kann vorgesehen sein, dass der Einstelldatensatz Prozesseinstellparameter in Bezug auf zumindest eines der folgenden beinhaltet: Schließkraft, Dosiervolumen, Einspritzgeschwindigkeit, Umschaltpunkt, Massezylindertemperatur, Werkzeugtemperatur, Steuer- und/oder Regelparameter, Nachdruckprofil, Nachdruckzeit, Schneckendrehzahl, Staudruckprofil, Kühlzeit, Spritzdruckgrenze, Kompressionsentlastungshub, Temperiermediendurchflussmenge.
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Es kann vorgesehen sein, dass im Rahmen der Durchführung des Verfahrensschrittes (c) in einer Simulation der Formgebungsmaschine und/oder des Formgebungsprozesses das Prozessoptimierungssystem angewandt wird und die zweiten Werte zumindest teilweise aus Ergebnissen der Simulation gewonnen werden.
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In einer diesbezüglich bevorzugten Ausführungsform kann die Rückführung von Mess-, Maschinen-, Material-, Werkzeug-, Prozess-, Benutzer- und Qualitätsdaten von dezentralen Spritzgießmaschinen an einen zentralen Datenspeicher per Datenfernübertragungsverbindung vorgesehen sein, um in einer möglicherweise zentralen Berechnungseinheit mittels z.B. maschinellem Lernen ein Prozessoptimierungssystem (POS) (z.B. auf Basis von Fuzzylogik, neuronalen Netzen, Expertensystemen, o.Ä.) zur optimalen Einstellung einer Formgebungsmaschine zu trainieren. Unter einer optimalen Einstellung wird zum Beispiel ein Einstelldatensatz verstanden, welcher bei Verwendung an einer Formgebungsmaschine zumindest eines der folgenden Gütekriterien eines Formgebungsprozesses minimiert/maximiert: verringerter Ausschuss, verringerte Zykluszeit, verbesserte Formqualität.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht es in einem Ausführungsbeispiel, ein Prozessoptimierungssystem so zu trainieren, dass ein Formgebungsprozess bzw. eine mit Messdaten abgeglichene Spritzgießsimulation optimal eingestellt wird (also die Prozessparameter werden optimal eingestellt).
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Dabei können in der Simulation Qualitätskenngrößen (im realen Prozess nicht zwingendermaßen messbar) bewertet und Abhängigkeiten gelernt werden, sodass schlussendlich das Prozessoptimierungssystem ähnlich oder optimaler entscheiden würde, als die für das Training verwendeten Anwender.
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Beispielsweise können aus mittels Simulation berechneter Qualitätskenngrößen allgemeine Zusammenhänge zwischen diesen Qualitätskenngrößen und Prozesseinstellparametern ermittelt werden. Der reale Formgebungsprozess kann dafür mittels übertragener Beschreibungsgrößen ideal in der Simulation nachgebildet und daraus können Qualitätskenngrößen ermittelt werden. Diese Qualitätskenngrößen beinhalten unter anderem Füllfrontgeschwindigkeit, Füllgrad, Verzug, Einfallstellen, Gewicht, usw.
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Im Gegensatz zum Stand der Technik kann mit einem erfindungsgemäßen Verfahren also nicht nur eine gewisse Formgebungsmaschine gesteuert oder geregelt werden, sondern ein vorzugsweise zentral vorliegendes Prozessoptimierungssystem (POS) kann trainiert werden.
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Ein Expertensystem im hier verstandenen Sinn kann als eine in ein Rechensystem integrierte intelligente Datenbank verstanden werden (siehe bspw. Krishnamoorthy, C.S. und S. Rajeev (1996): Artificial Intelligence and Expert Systems for Engineers, Boca Raton: CRC Press, Seiten 29-88). Es beinhaltet systematisiertes und einprogrammiertes Grundwissen über die Regeln des Formgebungsprozesses so wie es z.B. aus einschlägiger Literatur entnommen werden kann (vgl. Schötz 2016 - Abmusterung von Spritzgießwerkzeugen. Kapitel 4-8; Jaroschek 2013 - Spritzgießen für Praktiker. Kapitel 3-4; Fein 2013 - Optimierung von Kunststoff-Spritzgießprozessen. Kapitel 4-6, Kunststoff-Institut Lüdenscheid - Störungsratgeber). Darüber hinaus können in einem Expertensystem Regeln einprogrammiert sein, welche Verallgemeinerungen von Vorgehensweisen zur Maschineneinstellung, Fehlererkennung oder Fehlervermeidung von erfahrenen Prozesstechnikern und Fachkräften zur Einstellung von Formgebungsmaschinen darstellen. Solch ein Regelwerk oder Grundwissen kann z.B. in der Form von Wahrheitswertefunktionen oder Umsetzungstabellen vorliegen. Ein Expertensystem kann bei bekannten Formteilgeometrien, Materialien, Maschinen und Qualitätsanforderungen auf Basis des einprogrammierten Wissens und der Regeln grobe Abschätzungen über Bereiche von Prozessparameter machen, welche in erfolgreiche Maschineneinstellungen münden. Auf Basis von einprogrammierten Zusammenhängen zwischen Prozessbedingungen, Maschineneinstellungen, Bauteilqualitäten, Materialien kann es anschließend an eine Feststellung von nicht erfüllten Qualitätskriterien mit bisherig verwendeten Prozessparametern notwendige Modifikationen der Prozessparameter durchführen.
Es kann vorgesehen sein, dass das modifizierte Prozessoptimierungssystem bei der Formgebungsmaschine und/oder bei weiteren Formgebungsmaschinen eingesetzt wird.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Modifikation des Prozessoptimierungssystems durch maschinelles Lernen und/oder numerische Optimierungsverfahren und/oder Anpassung eines Expertensystems geschieht.
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Es kann dabei insbesondere vorgesehen sein, dass bei der Modifikation des Prozessoptimierungssystems eine Fehlerfunktion zwischen den ersten Werten und den zweiten Werten für die zumindest eine Beschreibungsgröße minimiert wird.
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Dabei können insbesondere bei der Modifikation des POS die Systemparameter der Fuzzylogiken, neuronalen Netzwerke, mathematischen Modelle, Expertensysteme, u.Ä. des POS durch z.B. maschinelles Lernen/numerische Optimierungsverfahren/Anpassung eines Expertensystems bzw. andere geeignete Verfahren unter Verwendung der realen als auch simulierten Prozesseinstellungen, Mess- und Simulationsdaten sowie Beschreibungsgrößen gelernt werden. Die Simulation des Spritzgießprozesses kann durch die Minimierung von Fehlerfunktionen von Mess- und Modellgrößen zum Modellabgleich als sehr realitätsnah - bis hin zur praktischen Identität - angenommen werden.
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Es kann dabei insbesondere vorgesehen sein, dass die Anpassung eines Expertensystems durch Modifikation von Umsetzungstabellen durchgeführt wird.
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Es kann vorgesehen sein, dass zumindest einer der Verfahrensschritte (c), (d) und (e) auf einem von der Formgebungsmaschine separaten Rechner durchgeführt wird, wobei die ersten Werte für die zumindest eine Beschreibungsgröße, vorzugsweise über eine Datenfernübertragungsverbindung, zum Rechner übertragen werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass zumindest eines der folgenden in einem von der Formgebungsmaschine separaten Speicher - vorzugsweise nach Übertragung mittels einer Datenfernübertragungsverbindung - hinterlegt wird: die ersten Werte der zumindest einen Beschreibungsgröße, die zweiten Werte der zumindest einen Beschreibungsgröße, das modifizierte Prozessoptimierungssystem.
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Es kann vorgesehen sein, dass die zumindest eine Beschreibungsgröße von Bedienern eingestellte Parameter des Einstelldatensatzes beinhaltet.
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Es kann vorgesehen sein, dass die zumindest eine Beschreibungsgröße eines oder mehrere der folgenden beinhaltet:
- - Maschinendaten, welche eine im Formgebungsprozess verwendete Formgebungsmaschine betreffen,
- - Werkzeugdaten, welche ein im Formgebungsprozess verwendetes Formwerkzeug betreffen,
- - Materialdaten, welche ein im Formgebungsprozess verwendetes Material betreffen,
- - Prozesseinstellungen und Messdaten, welche den Formgebungsprozess selbst betreffen,
- - benutzerbezogene Daten (wie zum Beispiel Benutzerrolle, Benutzerlevel)
- - Qualitätskenngrößen, welche das Formteil beschreiben (wie zum Beispiel Abmessungen, Masse, Füllgrad, Verzug, Einfallstellen, Fließfrontgeschwindigkeit).
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Qualitätskenngrößen können aber, wie erwähnt, nicht nur zur Bewertung der Qualität des Formgebungsprozesses verwendet werden, sondern auch zur Erkennung welche dieser Kenngrößen in welcher Art und Weise bewertet werden müssen. Qualitätskenngrößen können somit auch von Vorteil sein, um Zusammenhänge zwischen gewissen Einstelldatensätzen (und einzelner Parameter daraus) und den Qualitätskenngrößen aufzufinden („Mustererkennung“). Bei der entsprechenden Modifikation des POS kann dann davon ausgegangen werden, dass das modifizierte POS (gemäß (e)) Prozesseinstellungen vorschlägt, die Formteile mit verbesserten oder optimierten Qualitätskenngrößen hervorbringen. Manche Qualitätskenngrößen können auch am realen Formteil bestimmt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Prozessoptimierungssystem auf zumindest eines der folgenden zurückgreift: neuronales Netz, mathematisches Modell, Expertensystem, Fuzzylogik.
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Bei der Verwendung eines mathematischen Modells für die Simulation kann es vorgesehen sein, dass Parameter des die Simulation beschreibenden mathematischen Modells (Modellparameter) durch Minimieren von Fehlerfunktionen von Mess- und Modellgrößen ermittelt werden.
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Die berechneten Parameter können in bereits erwähnten, separaten Speicher abgelegt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Prozessoptimierungssystem zur Verbesserung von Einstelldatensätzen für Formgebungsmaschinen verwendet wird, wobei vorzugsweise zumindest eines der folgenden Gütekriterien als Kriterium für eine Verbesserung herangezogen wird: verringerter Ausschuss, verringerte Zykluszeit, verbesserte Formqualität.
Neben dem Einstelldatensatz, der normalerweise vom Bediener an der Formgebungsmaschine eingegeben wird, können weitere Benutzereingaben gemacht werden, welche zum Beispiel zumindest eine der folgenden, den Prozess beschreibenden Größen sind:
- 1. Werkzeugdaten (Gewicht, Geometrie der Kavität, ...)
- 2. Maschinendaten (Maschinenkonfiguration => Massen, Längen, Grenzen, ...)
- 3. Materialdaten (Viskosität, Dichte, ...)
- 4. Messdaten (Spritzdruckmessung, ...)
- 5. Benutzerbezogene Daten (Benutzerrolle, Benutzerlevel, ...)
- 6. Qualitätsdaten (Formteilabmessungen, Formteilgewicht, ...)
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Die Simulation des Formgebungsprozesses kann beispielsweise eine in einem Zylinder axial bewegliche Schnecke, ein Anguss- und/oder Kavitätensystem berücksichtigen.
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Ein auf diese Weise zu simulierendes Formgebungsverfahren kann folgendermaßen ablaufen: Die Schnecke wird entweder mittels Kugelgewindetrieb oder Hydraulikzylinder axial bewegt. Diese Bewegung wird durch Rotation des Kugelgewindetriebs per Elektromotor oder durch Druckaufbau im Hydraulikzylinder per Hydraulikpumpe umgesetzt. Das im Zylindervorraum der Schnecke befindliche Kunststoffmaterial wird durch die Vorwärtsbewegung über eine Düse in das Angusssystem und folgend in die Kavitäten eingespritzt. Dabei wird das Material komprimiert und Druck aufgebaut. Bei Erreichung eines positions-, zeit- oder druckabhängigen Umschaltpunktes wird ein vorgegebener Verlauf des spezifischen Spritzdruckes geregelt. Das Einfließen des Materials in die Kavitäten wird mittels fluiddynamischer Berechnung ermittelt. An der Düse kann eine Vorrichtung für Shooting-Pot Verfahren angebracht sein.
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Die Simulation des Dosierens kann die rotatorische Bewegung der Schnecke unter Berücksichtigung des Plastifiziervorganges des einzuspritzenden Materials beinhalten. Dabei wird Kunststoff beginnend bei einer Einlassöffnung (Materialzylinder) mittels rotatorischer Bewegung durch die Schneckengänge vorwärts bewegt und aufgeschmolzen. Die Bewegung kann durch Rotation per Elektro- oder Hydraulikmotor umgesetzt werden.
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Die Simulation des Schließens der Form kann die Mechanik der verwendeten Schließeinheit, das eingesetzte Werkzeug sowie einen elektrisch/hydraulischen Antriebsstrang berücksichtigen. Die Mechanik kann durch eine Fünfpunktkniehebel-, Dreipunktkniehebelkinematik als auch einen hydraulischen Zylinder repräsentiert sein. Bei den letzten zwei Systemen kann aufgrund einer holmlosen Ausführung der Schließeinheit, ein Gelenk zur Beibehaltung der Plattenparallelität strukturmechanisch berücksichtigt werden.
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Die Simulation des Entformens kann eine axiale Vorwärtsbewegung einer Auswerferplatte und das Ausstoßen des Formteils aus dem Werkzeug berücksichtigen.
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Die Simulation kann in einem hohen Maße konfigurierbar vorliegen. Dies bedeutet bei der Erstellung der Simulation die Ermöglichung von:
- - Konfigurierbarkeit der Topologie eines hydraulischen Netzwerkes (Antriebsstrang)
- - Auswahl von Teilkomponenten wie Motoren, Pumpen, Mechaniken
- - Variabilität von Maschinenparametern (Längen, Massen, Trägheiten, Motorkonstanten, Wirkungsgrade, etc.)
- - Variabilität von softwaretechnischen Steuerungseinrichtungen (Trajektoriengenerator, Regelungseinrichtung, etc.)
- - Konfigurierbarkeit von Prozesseinstellungen (Schließkraft, Dosiervolumen, etc.)
- - Konfigurierbarkeit des verwendeten Werkzeuges (Geometrie, Angussposition, Kühlkanäle)
- - Variabilität von Materialparametern des einzuspritzenden Kunststoffs wie Viskosität, Kompressibilität, spezifisches Volumen, Temperaturkonstante, etc.
- - Konfigurierbarkeit von Umgebungseinflüssen wie Temperatur, Druck und Störungen
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Die dazu notwendige Konfiguration der Simulation wird mittels Anwenderrechner und/oder auf Basis der übermittelten Beschreibungsgrößen des Formgebungsprozesses durchgeführt und an einen zentralen Rechner übertragen.
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Weiters können die zugehörigen Steuerungseinrichtungen abgeleitet werden.
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Die zentrale Datenbank kann zudem durch Identifikation von physikalischen Größen während realen Formgebungsprozessen an der Maschine erweitert und verbessert werden. Dadurch können Parameterstreuungen und neue Materialien erfasst werden.
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Mittels der übertragenen Konfigurationsdaten wird die Simulation unter automatischer Bereitstellung der Simulationsparameter am zentralen Rechner erstellt. Damit steht ein digitales Abbild der Maschine zur Verfügung.
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Benutzer können Prozesseinstellungen konfigurieren, um einen vollständigen Formgebungszyklus durchfahren zu können. Diese Prozesseinstellungen können unter anderem der Öffnungshub, Schließkraft, Dosiervolumen, Spritzgeschwindigkeit, Umschaltpunkt und Nachdruckeinstellungen betreffen. Diesbezügliche Einstellungen bzw. Vorgaben an die Formgebungsmaschine können dann an den zentralen Rechner übertragen werden.
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Die Simulation wird am zentralen Rechner durchgeführt und die Ergebnisse an den am zentralen Rechner angebundenen Speicher abgelegt werden.
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Nach Durchführung der Simulation können die Ergebnisse zu beliebigen lokalen Anwenderrechnern übertragen und dargestellt werden. Diese Aktion kann parallel erfolgen. Die Rechenleistung für die Berechnung der Simulation ist lediglich am zentralen Rechner notwendig.
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Die Interpretation und die nachfolgend passende Darstellung der interpretierten Daten kann am zentralen Rechner oder auch nach der Datenfernübertragung am lokalen Anwenderrechner erfolgen. Für die Interpretation dieser Daten können unterschiedliche Algorithmen, angepasst für die durchgeführte Simulation, verwendet werden.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung sind den Figuren und den nachstehend beschriebenen Ausführungsbeispielen zu entnehmen. Es zeigen:
- 1 eine schematische Abbildung zur Verdeutlichung der Struktur der am ersten Ausführungsbeispiel (nach der ersten Variante der Erfindung) beteiligten Objekte,
- 2 ein Ablaufdiagramm eines Simulationsverfahrens nach dem Stand der Technik,
- 3 ein Ablaufdiagramm eines Ausführungsbeispiels (gemäß der zweiten Variante der Erfindung) und
- 4 eine Formgebungsmaschine.
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Im Folgenden wird ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben. Zur Veranschaulichung der Struktur der verschiedenen am Verfahren teilnehmenden Objekte sei auf 1 verwiesen.
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Das folgende Ausführungsbeispiel bezieht sich auf Spritzgießprozesse (als Formgebungsprozesse).
- 1. Es existieren n reale Spritzgießmaschinen, welche m unterschiedliche Werkzeuge aufgespannt haben und von Anwendern, Prozessoptimierungssystemen oder einer Kombination beider für den Spritzgießprozess eingestellt werden.
- 2. Auf Basis der Prozesseinstellung kann der Spritzgießprozess gestartet werden (theoretisch muss das nicht passieren), wodurch und auch durch mögliche weitere Benutzereingaben zumindest eine der folgenden, den Prozess beschreibenden Größen (nachfolgend Beschreibungsgrößen) vorliegen:
- a. Werkzeugdaten (Gewicht, Geometrie der Kavität, ...)
- b. Maschinendaten (Maschinenkonfiguration => Massen, Längen, Grenzen, ...)
- c. Materialdaten (Viskosität, Dichte, ...)
- d. Prozesseinstellungen und Messdaten (Einspritzprofil, Umschaltpunkt, Spritzdruckmessung, ...)
- e. Benutzerbezogene Daten (Benutzerrolle, Benutzerlevel, ...)
- f. Qualitätsdaten (Formteilabmessungen, Formteilgewicht, ...)
- 3. Die Daten werden von der Spritzgießmaschine an den zentralen Speicher übertragen.
- 4. Am zentralen Rechnersystem werden automatisiert unter Zuhilfenahme der übertragenen Beschreibungsgrößen von den realen Einspritzvorgängen Simulationsmodelle erzeugt. Dazu kann neben der Dynamik der Spritzgießmaschine auch die Thermodynamik des eingespritzten Materials in die Kavität berücksichtigt werden.
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Bei der Erstellung der entsprechenden Gleichungssysteme können der topologische Aufbau des hydraulischen Netzwerkes, unterschiedliche Mechaniken sowie die Verwendung unterschiedlicher Teilkomponenten wie Motoren, Pumpen, etc. implizit in Abhängigkeit der Komponentenauswahl berücksichtigt werden. Dabei wird zur Beschreibung von mechanischen Komponenten ein Differenzialgleichungssystem in der Form von
angesetzt. Die Freiheitsgrade werden im Vektor q, die Massenmatrix mit M(q) und weitere Anteile wie Coriolisterme, Reibung, etc. im Vektor g(q,q̇) repräsentiert. Eingeprägte Kräfte durch den Antriebsstrang finden sich in Vektor Q. Die Form (
:) repräsentiert die zeitliche Ableitung. Durch Auflösung eines solchen Gleichungssystems wird die translatorische Bewegung der Schnecke im Spritzaggregat, die Bewegung der Schließeinheit sowie die rotatorische Bewegung der Schnecke berechnet.
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Für die translatorische Bewegung der Schnecke gilt q = x
s, q̇ = v
s, wodurch sich der Volumenstrom in die Kavität ermitteln lässt zu
mit der Querschnittsfläche der Schnecke A
s. Der Volumenstrom bildet die Eingangsgröße für die fluiddynamische Betrachtung der kompressiblen Polymerschmelze während des Einspritzvorganges in die Kavität. Zur Berechnung des Verhaltens werden die Navier-Stokes Gleichungen, die Kontinuitätsgleichung und die Energieerhaltung berücksichtigt. Zur Abbildung der Mehrphasigkeit wird das Volume-of-Fluid Modell verwendet. Dabei wird der Phasentransport beschrieben durch
mit Termen für die Kompressibilität S
u und S
p. α beschreibt den Phasenzustand und u den Geschwindigkeitsvektor des Fluids. Zur Abbildung der Viskosität wird das CrossWLF Modell mit der Nullviskosität η
0, der Temperatur T, der Scherrate γ̇, dem Druck p und den materialspezifischen Parametern A
1, A
2, D
1, D
2, D
3, D
4 verwendet:
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Zur Abbildung der Kompressibilität wird das Tait-Modell verwendet:
mit der Dichte p, dem spezifischen Volumen v , und einer dimensionslosen Konstanten C. T
trans stellt dabei die Übergangstemperatur von flüssigen auf festen Zustand dar. Für beide Phasenzustände gelten folgende Bedingungen:
mit materialspezifischen Parametern b
1m,s, b
2m,s, b
3m,s, b
4m,s, b
5, b
6, b
7, b
8, b
9. Der in der Polymerschmelze auftretende Druck wirkt als Gegenkraft auf die Schnecke.
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Die dynamische Beschreibung der Maschine als auch die fluiddynamische Beschreibung können zusätzliche Terme zur Berücksichtigung äußerer, bzw. unbekannter, Störeinflüsse beinhalten.
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Für die Steuerung der jeweiligen Komponente werden ebenfalls implizite Abhängigkeiten aufgelöst, um notwendige Einrichtungen wie Trajektorienvorgaben und Regelungssysteme auszuwählen und zu parametrieren. Diese sind in einem Speicher am zentralen Rechner abgelegt. Nun ist die Simulation abschließend konfiguriert.
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5. Mittels eines Abgleichs von Simulation und Messung (aus den Beschreibungsgrößen vorhanden) können nicht oder nicht exakt bekannte Modell- und Prozessparameter identifiziert werden. Dies kann z.B. durch Minimieren von Fehlerfunktionen (Least Squares, etc.) vorgenommen werden. Entsprechende Methoden sind dem Fachmann bekannt. Ab diesem Zeitpunkt werden Simulation und Realität als ident angenommen.
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6. Ausgehend davon wird erfindungsgemäß eine Abweichung zwischen den an der realen Maschine tatsächlich eingestellten Prozesseinstellungen sowie den durch das POS für die Simulation, bzw. auf der realen Maschine vorgeschlagenen Prozesseinstellungen erkannt.
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7. Mittels maschinellem Lernverfahren, numerischen Optimierungsverfahren oder ähnlichem, jedoch für die Technologie des POS geeignetem (Lern-)Verfahren wird das Prozessoptimierungssystem derart angepasst (trainiert, modifiziert), sodass es qualitativ dieselbe Entscheidung (Einstellung) wie der Benutzer (bzw. eine Auswahl oder statistisches Mittel von Benutzern), der die Einstellung an der realen Spritzgießmaschine vornahm (änderte), trifft. Dabei kann eine Plausibilitätsüberprüfung der durch den Benutzer eingegebenen Prozesseinstellungen sowie Überprüfung der Qualitätskenngrößen durchgeführt werden.
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Am Beispiel des Umschaltpunktes kann die Anpassung z.B. folgendermaßen aussehen:
- a. Das POS legt den Umschaltpunkt bei VND = 80%, bezogen auf das Gesamtvolumen der Kavität, fest (z.B. aufgrund von initialem Expertenwissen implementiert in einem Expertensystem)
- b. Der Benutzer an der realen Spritzgießmaschine korrigiert den Umschaltpunkt zu VND,Real = 98%
- c. Es wird eine Plausibilitätsüberprüfung des Umschaltpunktes (zwischen 1-100%) sowie eine Benutzerrollenüberprüfung (= Prozesstechniker) der realen Spritzgießmaschine durchgeführt.
- d. Die Abweichung wird erkannt und mittels Lösung des Optimierungsproblems
mit dem Gewichtungsfaktor Q wird der Systemparameter „Umschaltpunkt“ VND optimal angepasst. In diesem Schritt können Einstellungen von n Spritzgießmaschinen berücksichtigt werden.
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Systemparameter des POS sind dabei uneingeschränkt definierbar, z.B. unter anderem als nichtlineare Funktion von Material- und Werkzeugparametern oder in Abhängigkeit von Maschinengrenzen wie maximaler Spritzdruck, o.Ä. Systemparameter müssen zudem nicht notwendigerweise direkt Prozesseinstellungen darstellen. Die Systemparameter können auch der Bewertung von aus der Simulation ermittelten Qualitätskenngrößen (z.B. Gewicht) dienen und anschließend zu einer Festlegung von Prozesseinstellungen (z.B. Nachdruckzeit) durch das POS führen.
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Im Vergleich zum Stand der Technik kann in diesem Ausführungsbeispiel das POS nicht nur anhand von realen Daten, sondern auch durch die Anwendung an einer der Realität (durch Messabgleich) angepassten Simulation trainiert werden. Dabei wird z.B. der durch den Benutzer eingestellte Datensatz in der Simulation verwendet, um Qualitätskenngrößen wie z.B. die Fließfrontgeschwindigkeit auszuwerten. Hier kann der allgemeine Zusammenhang abgeleitet werden, dass eine Vielzahl von durch Benutzer optimal eingestellten Datensätzen eine z.B. konstante Fließfrontgeschwindigkeit hervorrufen. So kann bei einem in Zukunft unbekannten Formteil, eine Einstellung derart gewählt werden, dass die Qualitätskenngröße Fließfrontgeschwindigkeit erneut konstant ist. Somit wurden nicht die Einstellungen, sondern eine daraus hervorgerufene Gemeinsamkeit einer Qualitätskenngröße (hier konstante Fließfrontgeschwindigkeit) gelernt, und für unbekannte Formteile können damit erneut die optimalen Einstellungen ermittelt werden. Das Lernen von Gemeinsamkeiten von Qualitätskenngrößen kann z.B. mittels einfacher Mittelwertbildung (oder Medianbildung, o.Ä.) von Merkmalen (hier Gradient der Fließfrontgeschwindigkeit) von den aus der Simulation ermittelten Qualitätskenngrößen vorgenommen werden. Anschließend wird das POS derart modifiziert, sodass eine Einstellung resultiert welche im Formgebungsprozess das gelernte Merkmal hervorruft.
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Zur Anpassung des POS können eine Vielzahl aus der Literatur bekannte Verfahren, wie Least Squares siehe z.B. [1] ab S. 245, numerische Optimierungsverfahren (QP, NLP, etc.) siehe z.B. [1] ab S. 448 bzw. S. 529, Überwachtes Lernen von neuronalen Netzen, etc. eingesetzt werden, siehe z.B. [2] ab S. 73 und [3].
- [1] J. Nocedal, S. Wright- Numerical Optimization; Springer, 2006
- [2] Raul Rojas - Theorie der neuronalen Netze: Eine systematische Einführung; Springer-Lehrbuch, 1993
- [3] J.J. Hopfield - Neural Networks and Physical Systems with Emergent Collective Computational Abilities; Proceedings of the National Academy of Sciences ofthe USA, Vol. 79, No. 8, 1982
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8. Das an der Simulation angewendete POS hat nun von n Spritzgießprozessen, bzw. durch den Benutzer angepassten Prozesseinstellungen, gelernt und „entscheidet“ ähnlich optimal wie der Bediener. Die für das POS modifizierten, notwendigen Systemparameter, bzw. das modifizierte POS wird im Speicher abgelegt und an alle n (und gegebenenfalls weitere) Spritzgießmaschinen übertragen.
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In 3 ist ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Ablaufs zur Konfiguration und Durchführung einer Simulation dargestellt.
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Die Konfiguration der Simulation beginnt mit der Auswahl der Spritzgießmaschinenkomponenten (A1). Diese Zusammenstellung einer Spritzgießmaschine inkludiert die Definition eines Spritzaggregates, einer Plastifiziereinheit, einer Schließeinheit sowie eines Auswerfersystems. Diese werden aus vorgegebenen Listen an Komponentenbezeichnungen, die am zentralen Rechner in einem Speicher abgelegt sind, durch den lokalen Anwenderrechner ausgewählt und stehen in Verbindung mit prozessrelevanten Größen (siehe auch 4):
- a) Spritzaggregat: Einspritzvolumen, Spritzdruck
- b) Schließeinheit: Maximale Schließkraft
- c) Plastifiziereinheit: Plastifizierleistung
- d) Auswerfersystem: Auswerferweg, Maximalkraft
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Die Auswahl der jeweiligen Komponente erfordert zusätzlich die Definition der Antriebstechnologie (elektrisch / hydraulisch). Die getroffene Auswahl der Komponenten bildet einen ersten Teil der Konfigurationsdaten, welche zum zentralen Rechner bzw. Speicher übertragen und als Teil der Konfiguration im Speicher abgelegt werden.
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Im nächsten Schritt (A2) werden vom lokalen Anwenderrechner geometrische Informationen des Werkzeugs über eine Datenfernübertragungsverbindung zum zentralen Rechner übermittelt. Dies beinhaltet neben der Geometrie, Informationen über die Angussposition und die Kühlkanäle. Weiters wird der einzuspritzende Kunststoff ausgewählt. Dazu wird eine Liste an Materialnamen vorgegeben. Die getroffene Auswahl des Werkzeugs sowie des Materials bildet einen zweiten Teil der Konfigurationsdaten, welche ebenfalls zum zentralen Rechner übertragen werden. Dies komplettiert die Konfiguration, welche dann im zentralen Speicher abgelegt ist.
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Auf Basis der Konfiguration werden die zur jeweilig gewählten Komponente zugehörigen Simulationsparameter (physikalischen Parameter), wie z.B. Längen, Massen, Trägheiten, Viskosität, Kompressibilität, etc., aus der Datenbank (B3) am zentralen Rechner oder davon unabhängigen Datenbanken gelesen (A3). Die Materialparameter werden einerseits aus Identifikationsberechnungen (B2) mittels Messvorgängen von realen Formgebungsprozessen (B1) sowie andererseits aus Herstellerangaben (B4) oder direkt aus Datenbanken gewonnen.
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Auf Basis von Herstellerangaben werden zudem weitere Parameter von Motoren, Kugelgewindetrieben, Riemen, etc. ermittelt und ebenfalls in der Datenbank (B3) abgelegt. Mittels der physikalischen Größen werden Differenzialgleichungssysteme zur mathematischen Beschreibung der gewählten Komponenten (siehe auch a)-d) in 4) erstellt und parametriert (A3).
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Für weitere Details zur Modellerstellung sei auf Punkt 4. zum Ausführungsbeispiel in Verbindung mit 1 verwiesen.
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Im nächsten Schritt (A4) wird die Simulation in Form eines kompilierbaren Programms erstellt.
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Anschließend kann am lokalen Anwenderrechner ein Einstelldatensatz vorgegeben (A5) und zum zentralen Rechner übertragen werden. Dies beinhaltet Prozesseinstellparameter wie Schließkraft, Dosiervolumen, Einspritzgeschwindigkeit, Umschaltpunkt, Massezylinder- und Werkzeugtemperatur, etc.
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Auf Basis dieser vollständigen Konfiguration und Parametrierung wird die Simulation vom lokalen Anwenderrechner aus gestartet und am zentralen Rechner ausgeführt (A6). Die Ergebnisse werden an einem lokalen Anwenderrechner dargestellt (A7) und weiterverwendet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0901053 [0003]
- DE 4416317 [0003]
- DE 102004026641 [0003]
- DE 4209746 [0003]
- EP 2679376 [0015]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- J. Nocedal, S. Wright- Numerical Optimization; Springer, 2006 [0080]
- Raul Rojas - Theorie der neuronalen Netze: Eine systematische Einführung; Springer-Lehrbuch, 1993 [0080]
- J.J. Hopfield - Neural Networks and Physical Systems with Emergent Collective Computational Abilities; Proceedings of the National Academy of Sciences ofthe USA, Vol. 79, No. 8, 1982 [0080]