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Die Erfindung betrifft einen Aktuator einer Hinterachslenkung eines Kraftfahrzeuges nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 und 4 sowie ein Verfahren zur Beeinflussung des Lenkwinkels eines Hinterrades nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 8.
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Durch die
DE 10 2014 206 934 A1 wurde ein auf beide Räder einer Achse wirkender Aktuator, auch Stellmotor oder kurz Steller genannt, für eine Hinterachslenkung eines Kraftfahrzeuges bekannt. Der Aktuator ist mittig am Achsträger des Kraftfahrzeuges befestigt und wirkt gleichzeitig auf die Lenkung der beiden Hinterräder. Der Aktuator weist einen Spindelantrieb, bestehend aus Spindel und Spindelmutter, auf, welche Spindelmutter drehbar im Gehäuse gelagert und axial fixiert ist. Die Spindelmutter wird über einen Elektromotor angetrieben und bewirkt eine Axialverschiebung der Spindel nach der einen oder anderen Seite. Die Spindel weist einen etwa mittig angeordneten Gewindeabschnitt mit einem Bewegungsgewinde, welches in Eingriff mit der Spindelmutter steht, sowie zwei Spindelenden auf, welche jeweils mit Lagerhülsen verbunden sind, die ihrerseits gleitend im Gehäuse geführt sind. An den Lagerhülsen, auch Aufschraubzapfen genannt, sind Gelenkgabeln für eine Verbindung mit einem Lenkgestänge angeordnet. Bekannt sind auch einfach wirkende Aktuatoren, auch Einzelsteller genannt, welche jeweils nur auf die Lenkung eines Hinterrades wirken.
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Durch die
DE 10 2013 107 827 A1 wurde eine Hinterachslenkung mit zwei Einzel- oder Einfachstellern (Aktuatoren) bekannt, wobei jeweils ein Steller einem Hinterrad zugeordnet ist.
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Probleme bei einer derartigen Hinterachslenkung können dann auftreten, wenn einer der oder die Aktuatoren sich in einem stromlosen Zustand befinden und nicht arretiert sind – in diesem Fall kann unter der Einwirkung von äußeren dynamischen Kräften auf die Hinterräder eine Wanderbewegung der Spindel des Spindelantriebes auftreten, welche zu einer Veränderung des Lenk- oder Spurwinkels der Hinterräder führen kann. Diese Wanderbewegung kann im Fall des Spurwinkels entweder in Richtung einer Nachspur der Hinterräder führen, was nachteilig für die Fahrdynamik des Fahrzeuges ist, oder zu einer Vorspur, was in geringem Maße weniger nachteilig ist. Bei einzelnen Stellern kann es zu unterschiedlicher Änderung bei den je Radseite eingesetzten Stellern führen. Bei Einsatz eines zentralen Stellers kann es lediglich zur nachteiligen Änderung des Lenkwinkels führen.
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Die Erfindung umfasst die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche 1, 4 und 8. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Nach einem ersten Aspekt der Erfindung ist bei einem Aktuator einer Hinterachslenkung mit einem Spindelantrieb vorgesehen, dass die erste (linke) und die zweite (rechts) Flanke des Bewegungsgewindes unterschiedliche Reibwerte aufweisen. Grundsätzlich können die unterschiedlichen Reibwerte entweder am Muttergewinde, was die bevorzugte Lösung darstellt, oder am Spindelgewinde realisiert werden. Aufgrund der unterschiedlichen Reibwerte ergibt sich bei einer relativen Drehbewegung zwischen Spindelgewinde und Muttergewinde ein unterschiedlicher Widerstand, d. h. ein unterschiedliches Reibmoment in der einen oder der anderen Richtung. Die Spindel ist in der Regel gegen Verdrehen gesichert, d. h. sie führt eine reine Axialbewegung aus, während die Spindelmutter ortsfest aber drehbar im Gehäuse des Aktuators gelagert ist. Je nach dem, ob die erste oder die zweite Flanke, d. h. die linke oder die rechte Flanke den höheren Reibwert aufweist, ergibt sich bei einer Einwärtsbewegung der Spindel ein höherer Widerstand und bei einer Auswärtsbewegung ein geringerer Widerstand – in diesem Falle wäre die Auswärtsbewegung die bevorzugte Wanderrichtung der Spindel. Der umgekehrte Fall, dass die Einwärtsbewegung die bevorzugte Wanderrichtung darstellt, ist durch Änderung der Reibwerte ebenso möglich.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform weisen die erste und die zweite Flanke unterschiedliche Oberflächenrauhigkeiten auf, welche zu unterschiedlichen Reibwerten führen. Die Oberflächenrauhigkeiten können durch unterschiedliche mechanische Bearbeitung der Flanken erzielt werden.
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Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsform weisen die Flanken des Muttergewindes die unterschiedlichen Reibwerte auf, d. h. die linke Flanke weist z. B. einen höheren Reibwert μ als die rechte Flanke auf, wobei die Reibkraft und das Reibmoment direkt proportional dem Reibwert μ sind. Diese Lösung ist mit einem geringeren Fertigungsaufwand darstellbar als bei dem Spindelgewinde.
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Nach einem weiteren Aspekt der Erfindung sind bei einem Aktuator einer Hinterachslenkung mit einem Spindelantrieb die Flankenwinkel des Mutter- oder des Spindelgewindes unterschiedlich ausgebildet, d. h. das Profil eines Gewindeganges ist asymmetrisch ausgebildet. Durch diese Asymmetrie ergeben sich unterschiedliche Reibungsverhältnisse, so dass eine Drehrichtung der Spindelmutter bzw. eine Axialrichtung der Spindel schwergängiger und die andere Richtung leichtgängiger ist. Somit ergibt sich eine bevorzugte Richtung bei antriebslosem Spindelantrieb.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform beträgt der Flankenwinkel für die erste oder linke Flanke 15° während der Flankenwinkel α für die zweite oder rechte Flanke 30° beträgt. An der Flanke mit dem geringeren Flankenwinkel, hier also 15°, ergibt sich bei gleicher Axialkraft eine stärkere Reibung als an der Flanke mit dem größeren Flankenwinkel, hier also 30°. Die Reibkraft ist hier proportional zur Winkelfunktion cosα. Insofern ist die Richtung mit dem größerem Flankenwinkel α die bevorzugte, weil die leichtgängigere Richtung. Der Flankenwinkel α wird definitionsgemäß gegenüber einer Ebene senkrecht zur Spindelachse gemessen.
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Nach einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel ist die Spindel des Aktuators mit einem Lenkgestänge zur Veränderung des Lenkwinkels eines Hinterrades derart verbunden, dass sich bei nicht angetriebener Spindel, d. h. im stromlosen Zustand des Spindelantriebs eine bevorzugte Wanderrichtung ergibt, welche das Hinterrad in Richtung einer Vorspur wandern lässt. Das Hinterrad ist also derart mit der Spindel gekoppelt, dass deren bevorzugte, d. h. leichtgängigere Wanderrichtung das Hinterrad immer in Richtung Vorspur, nicht dagegen in Richtung Nachspur wandern lässt. Vorspur bedeutet, dass sich die Radebenen in Fahrtrichtung vor der Hinterachse schneiden, d. h. die Hinterräder bilden eine V-förmige Stellung, bei welcher sich das V entgegen der Fahrtrichtung öffnet. So lange die Hinterräder in Vorspur laufen, hat dies eine stabilisierende Wirkung auf die Fahrdynamik des Fahrzeuges. Eine Nachspur wirkt dagegen destabilisierend.
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Nach einem weiteren Aspekt der Erfindung ist bei einem Verfahren zur Beeinflussung des Lenkwinkels eines Hinterrades bei stromlosem Aktuator vorgesehen, dass die Spindel eine bevorzugte Wanderrichtung aufweist, welche den Lenkwinkel des Hinterrades in Richtung Vorspur beeinflusst. Bei stromlosem Zustand des Aktuators neigt das Hinterrad, welches dem Einfluss äußerer Kräfte unterworfen ist, zum Wandern, d. h. zu einer Veränderung des Lenkwinkels. Erfindungsgemäß wird diese Wanderbewegung derart gesteuert, dass sie in eine bevorzugte Richtung, nämlich in Richtung einer Vorspur verläuft. Damit wird eine stabilisierende Wirkung auf die Fahrdynamik erreicht.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und werden im Folgenden näher beschrieben, wobei sich aus der Beschreibung und/oder der Zeichnung weitere Merkmale und/oder Vorteile ergeben können. Es zeigen
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1 einen Aktuator einer Hinterachslenkung eines Kraftfahrzeuges und
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2 einen Ausschnitt aus einem Mutter- und einem Spindelgewinde eines Spindelantriebes.
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1 zeigt einen Aktuator 1 für eine Hinterachslenkung eines Kraftfahrzeuges, wobei der Aktuator 1 als Einfach- oder Einzelsteller ausgebildet ist. Der Aktuator 1, auch Stellmotor 1 genannt, weist ein Gehäuse 2 auf, welches einen Spindelantrieb 3, umfassend eine drehbar im Gehäuse 2 gelagerte Spindelmutter 4 sowie eine axial verschiebbare, mit der Spindelmutter 3 über ein Bewegungsgewinde in Eingriff stehende Spindel 5, in sich aufnimmt. Die Spindelmutter 4 wird über einen Riementrieb 6 von einem Elektromotor 7 angetrieben. Die Spindel 5 ist an einem Ende dreh- und schubfest mit einem Lager- oder Aufschraubzapfen 8 verbunden, welcher axial gleitend und drehfest über ein Gleitlager 9 gegenüber dem Gehäuse 2 abgestützt ist. Das äußere, d. h. aus dem Gehäuse 2 herausragende Ende des Aufschraubzapfens 8 ist mit einer Gelenkhülse 10 verbunden, an welche ein nicht dargestelltes Lenkgestänge für eine Hinterachslenkung anlenkbar ist. Die in axialer Richtung erfolgende Bewegung der Spindel 5 wird somit – über das Lenkgestänge – in einen Lenkwinkel, auch Spurwinkel genannt, am Hinterrad umgesetzt. Das Gehäuse 2 des Aktuators 1 ist über ein Gelenk 11 im radnahen Bereich an der Fahrzeugstruktur abgestützt. Insgesamt sind im Fahrzeug zwei Aktuatoren angeordnet, die jeweils auf ein Hinterrad zur Veränderung des Lenkwinkels einwirken.
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Bei einem etwaigen Stromausfall ist der Spindelantrieb 3 antriebslos; dabei ergibt sich unter dem Einfluss von äußeren, auf das gelenkte Hinterrad wirkenden Kräften eine Rückwirkung auf die Spindel 5 und den Spindelantrieb 3, was eine Wanderbewegung der Spindel 5 in die eine oder andere Richtung hervorrufen kann. Ziel der Erfindung ist es, dieser Wanderbewegung eine bevorzugte Richtung aufzuzwingen, und zwar in Richtung einer Vorspur der Hinterräder. Dies wird durch eine erfindungsgemäße Ausgestaltung des Bewegungsgewindes des Spindelantriebes 3 erreicht. Die Bewegungsrichtung der Spindel 5 und damit auch der Gelenkhülse 10 ist durch zwei entgegengesetzt gerichtete Pfeile x1, x2 angedeutet Aufgrund der erfindungsgemäßen Ausbildung des Bewegungsgewindes, welches in 2 dargestellt ist und unten erläutert wird, ist eine Bewegungsrichtung, beispielsweise die Richtung x1 bevorzugt, d. h. leichtgängig, während die andere Richtung, z. B. x2, nicht bevorzugt, d. h. schwergängig ist. Eine Wanderbewegung der Gelenkhülse 10 in die Richtung x2 würde also gebremst, während eine Wanderbewegung in Richtung x1 auf einen geringen Widerstand stoßen würde. Die Bewegung in Richtung x1 würde den Lenkwinkel des Hinterrades in Richtung einer Vorspur steuern, d. h. eine Wanderbewegung in Richtung Vorspur wird zugelassen, während eine Wanderbewegung in Richtung x2, das hieße in Richtung einer Nachspur gebremst würde.
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2 zeigt einen Ausschnitt der Spindel 5 (1) und der Spindelmutter 4 (1) im Bereich des Bewegungsgewindes, welches bevorzugt als Trapezgewinde ausgebildet ist. Die Spindelmutter 4 weist ein Muttergewinde 4a mit einer ersten oder linken Flanke F1 und einer zweiten oder rechten Flanke F2 auf. Die Spindel 5 weist ein Spindelgewinde 5a mit einer linken oder ersten Flanke f1 und einer rechten oder zweiten Flanke f2 auf. Die Winkel der Flanken f1, f2 des Spindelgewindes 5a, auch Flankenwinkel genannt, sind mit α1 und α2 bezeichnet, wobei die Flankenwinkel α1, α2 bei einem genormten Trapezgewinde jeweils 15° zusammen also 30° betragen. Die Flankenwinkel der Flanken F1, F2 des Muttergewindes 4a entsprechen denen der Flanken f1, f2 des Spindelgewindes 5a. Nach einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung weisen die Flanken F1, F2 des Muttergewindes 4a unterschiedliche Reibwerte auf, d. h. beispielsweise ist der Reibwert μ1 der ersten oder linken Flanke F1 größer als der Reibwert μ2 der zweiten oder rechten Flanke F2 des Muttergewindes 4a. Damit ergibt sich bei einer Relativbewegung zwischen Spindelgewinde 5a und Muttergewinde 4a in einer Richtung ein größerer und in der entgegengesetzten Richtung ein geringerer Widerstand, d. h. ein geringeres Reibmoment. Genauer gesagt ergibt sich der größere Widerstand dann, wenn die ersten Flanken F1, f1 oder die Flankenpaarung F1/f1 aufgrund eines Axialdruckes der Spindel 5 aneinandergepresst werden. Wechselt die Richtung des Axialdruckes der Spindel 5, wird das benachbarte Flankenpaar F2/f2 aneinandergedrückt. In dieser Richtung ergäbe sich dann ein geringerer Widerstand. Dies wäre die bevorzugte Richtung, welche eine Änderung des Lenkwinkels des gelenkten Hinterrades in Richtung Vorspur zuließe.
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Nach einem zweiten Ausführungsbeispiel der Erfindung weisen die Flanken F1, F2 des Muttergewindes 4a unterschiedliche Flankenwinkel α1, α2 auf, d. h. α1 ≠ α2 oder α1 < α2, wobei die Flankenwinkel α1, α2 die Neigung der Flanken F1, F2 gegenüber einer Ebene senkrecht zur Spindelachse angeben. Beispielsweise könnte α1 = 15° und α2 = 30° betragen. In diesem Falle ergäben sich unterschiedliche Reibungsverhältnisse auf der Seite der ersten Flanke F1 und der Seite der zweiten Flanke F2. Auf der Flankenseite mit dem größeren Flankenwinkel, im Beispiel mit α2 = 30° tritt das kleinere Reibmoment auf, während auf der Seite mit dem kleineren Flankenwinkel, im Beispiel α1 = 15° ein größeres Reibmoment auftritt. Das Reibmoment wird also mit zunehmendem Flankenwinkel α kleiner, d. h. proportional mit der cos-Funktion.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Aktuator
- 2
- Gehäuse
- 3
- Spindelantrieb
- 4
- Spindelmutter
- 4a
- Spindelgewinde
- 5
- Spindel
- 5a
- Muttergewinde
- 6
- Riementrieb
- 7
- Elektromotor
- 8
- Aufschraubzapfen
- 9
- Gleitlager
- 10
- Gelenkhülse
- 11
- Gelenk
- x1, x2
- Wanderrichtung/Verstellrichtung
- F1, F2
- Flanken/Muttergewinde
- f1, f2
- Flanken/Spindelgewinde
- α1
- erster Flankenwinkel
- α2
- zweiter Flankenwinkel