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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Faserverbundbauteils mittels eines Injektions- oder Infusionsverfahrens, bei dem ein Matrixmaterial in ein Fasermaterial eingebracht und das eingebrachte Matrixmaterial ausgehärtet wird.
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Bei der Herstellung von Formbauteilen aus faserverstärkten Kunststoffen, kurz Faserverbundbauteile, wird in der Regel ein Fasermaterial, beispielsweise in Form eines Faserhalbzeuges, in ein Formwerkzeug eingebracht, das zumindest teilweise die spätere Bauteilform aufweist. Anschließend wird das in das Formwerkzeug eingebrachte Fasermaterial mit einem Matrixmaterial, beispielsweise ein Harz, infiltriert, um das gesamte Fasermaterial mit dem Matrixmaterial zu durchtränken und um nach Aushärtung bzw. Polymerisation des Matrixmaterials das faserverstärkte Kunststoffbauteil zu erhalten.
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Ein wesentliches Qualitätsmerkmal bei einem derartigen Injektions- oder Infusionsverfahren ist die vollständige Tränkung bzw. Durchtränkung des Fasermaterials mit dem injizierten oder infundierten Matrixmaterial. Denn verbleiben nach dem Injektionsprozess noch ungetränkte Stellen innerhalb des Fasermaterials, deren Abmessungen bzw. Volumen größer sind als ein Maximalgrenzwert, so muss das Bauteil fehlerhaft aus der Produktion genommen werden. Denn ungetränkte Reststellen stellen in dem späteren Faserverbundbauteil eine Schwachstelle dar. Im weiteren Verlauf wird unter dem Injektionsprozess der Ablauf eines Injektions- oder Infusionsverfahrens verstanden.
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Es ist daher wünschenswert, den Injektionszustand während des Injektionsprozesses zu überwachen, um so beispielsweise feststellen zu können, ob das Fasermaterial vollständig durchtränkt wurde oder ob ggf. in dem Fasermaterial trockene Stellen entstanden sind. Je frühzeitiger hierüber eine entsprechende Information vorliegt, desto frühzeitiger kann auch möglicherweise entsprechend eingegriffen werden, indem die Prozessparameter des Injektionsprozesses, wie beispielsweise der Injektionsdruck angepasst werden. Auch ist es denkbar, bei Feststellung von ungetränkten Stellen das Bauteil frühzeitig aus dem Prozess zu nehmen, wodurch die Effektivität gerade in der Serienproduktion gesteigert werden kann.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Verfahren zum Herstellen eines Faserverbundbauteils mittels eines Injektionsverfahrens anzugeben, indem während des Injizierens des Matrixmaterials in das Fasermaterial der Injektionsprozess überwacht und ggf. prognostiziert werden kann.
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Aus der
DE 10 2011 112 141 A1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines Faserverbundbauteils bekannt, wobei während des Einbringens des Matrixmaterials in die Kavität in diskreten Zonen der Kavität die Temperatur gegenüber der Durchschnittstemperatur der Kavität erhöht wird. Dabei wird die Wahl der Temperaturprofile über die Zeit vorzugsweise im Voraus mittels einer Simulation bestimmt.
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Aus der
DE 10 2010 037 849 A1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von Faserverbundbauteilen im Infusionsprozess bekannt, bei dem mithilfe von Ultraschallsignalen und einer Laufzeitmessung Prozessparameter erfasst werden. Dabei werden die Ultraschallsignale gegenüber Mustersignalen verglichen.
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Aus der
EP 2 913 180 A1 ist ein System und ein Verfahren für die Überwachung des Injektionsprozesses bekannt, bei dem der Injektionsverlauf mit einer Kamera aufgenommen und dann mit einem idealisierten Injektionsverlauf verglichen wird.
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Aus der
DE 10 2013 100 092 A1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Imprägnierungsprüfung bekannt, bei dem der Imprägnierungsgrad des Bauteils mithilfe von Ultraschallsignalen festgestellt wird.
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Die Aufgabe wird mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 erfindungsgemäß gelöst.
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Gemäß Anspruch 1 wird ein Verfahren zum Herstellen eines Faserverbundbauteils mittels eines Injektions- oder Infusionsverfahrens beansprucht, bei dem ein Matrixmaterial in ein Fasermaterial eingebracht und das eingebrachte Matrixmaterial dann beispielsweise unter Temperierung und Druckbeaufschlagung ausgehärtet wird. Dies beinhaltet demgemäß alle Verfahrensschritte, die zur Herstellung eines Faserverbundbauteils mittels eines Injektions- oder Infusionsverfahrens, bei dem das Matrixmaterial in das Fasermaterial eingebracht wird, benötigt werden, auch wenn diese nicht im Detail angegeben sind, insbesondere wird beispielsweise das Einbringen des Fasermaterials in ein Werkzeug sowie ggf. das Einschieben des Werkzeugs mit dem Fasermaterial und Matrixmaterial in einen Autoklaven mit umfasst.
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Zunächst wird erfindungsgemäß eine Mehrzahl von simulierten Injektionsverläufen eines simulierten Injektionsprozesses bereitgestellt, wobei die simulierten Injektionsverläufe für jeweils verschiedene Werte von Prozessparametern des Injektionsprozesses simuliert wurden. Die simulierten Injektionsverläufe ergeben sich dabei dadurch, dass zumindest ein Wert eines Prozessparameters jeweils variiert wird, so dass für einen Prozessparameter mit jeweils variierenden Parameterwerten jeweils mindestens ein simulierter Injektionsverlauf vorliegt. Dabei sind in jedem simulierten Injektionsverlauf simulierte Sensorwerte von wenigstens einem den Injektionsprozess kennzeichnenden Messparameter zugeordnet, die sich aus der Simulation des Injektionsprozesses mit den der jeweiligen Simulation des Injektionsprozesses zugrunde liegenden Prozessparameter ableiten. Solche Sensorwerte von Messparametern sind dabei Werte von Messparametern, die sich auch bei einem realen Injektionsprozess durch entsprechende reale Sensoren ermitteln lassen, so dass für jeden simulierten Injektionsverlauf zum einen die diesem simulierten Injektionsverlauf zugrunde liegenden Werte der Prozessparameter, die über die Vielzahl von simulierten Injektionsverläufen variiert werden und die bei jedem simulierten Injektionsverlauf simulierten Sensorwerte zugeordnet werden, was alles zusammen in einem Datenspeicher bereitgestellt wird.
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Damit liegen für ein oder mehrere variierende Prozessparameter die jeweiligen simulierten Injektionsverläufe einschließlich deren simulierte Sensorwerte vor, so dass ein Parameterraum aufgebaut werden kann, in dem für konkrete Werte der Prozessparameter wenigstens ein simulierter Injektionsverlauf einschließlich dessen simulierte Sensorwerte ermittelbar ist. Im breitesten Sinne wird ein simulierter Injektionsverlauf durch seine Sensorwerte bzw. Sensorverläufe, die aus der Simulation abgeleitet werden, definiert.
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Erfindungsgemäß wird nun das Injektionsverfahren zum Injizieren/Infundieren des Matrixmaterials in das Fasermaterial durchgeführt, wobei während des Injizierens/Infundierens des Matrixmaterials in das Fasermaterial der Injektionsprozess überwacht wird. Dies geschieht dadurch, dass während des Injizierens/Infundierens des Matrixmaterials in das Fasermaterial mit Hilfe von realen Sensoren reale Sensorwerte von einem oder mehreren Messparametern ermittelt werden, wobei die Messparameter wenigstens einem der Messparameter der simulierten Sensorwerte entsprechen. Hierdurch liegt nun für den zuvor simulierten Messparameter ein konkreter, realer Sensorwert vor, so dass hierdurch eine Brücke zwischen der Sensorik und der Simulation geschlagen werden kann.
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Anschließend wird zur Überwachung des realen Injektionsprozesses derjenige simulierte Injektionsverlauf durch eine Auswerteeinheit ermittelt, dessen simulierte Sensorwerte den erfassten realen Sensorwerten entsprechen oder mit den erfassten realen Sensorwerten korrelieren.
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Aus den erfassten, realen Sensorwerten lässt sich nun durch Abgleich mit den Daten in dem Datenspeicher, zumindest ein simulierter Injektionsverlauf ermitteln, dessen simulierte Sensorwerte den während des Injektionsverfahrens real erfassten Sensorwerten entsprechen oder zumindest mit diesen korrelieren, so dass zumindest mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der simulierte Injektionsverlauf dem tatsächlichen Injektionsverlauf innerhalb des Werkzeuges entspricht.
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Hierdurch wird es erstmals möglich, genauere Kenntnisse über den tatsächlichen Zustand des Injektionsprozesses, sowie Kenntnisse über die Fließfront und mögliche Probleme während des Injizieren des Matrixmaterials zu erhalten, ohne dass hierfür eine enorm aufwendige und komplexe Sensorik innerhalb des Werkzeuges installiert werden muss. Vielmehr wurde erkannt, dass mit einigen wenigen Sensoren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, welcher Injektionszustand im aktuellen Injektionsprozess vorliegt, was aufgrund des abgeschlossenen Gesamtsystems ansonsten nicht möglich wäre.
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Damit lässt sich nahezu vollständig der gesamte Injektionsprozess überwachen, wodurch auch frühzeitig erkannt werden kann, ob der real vorliegende Injektionsprozess möglicherweise zu einem fehlerhaften Bauteil führen wird. Denn wenn der ermittelte simulierte Injektionsverlauf, dessen simulierten Sensorwerte mit den realen Sensorwerten korrelieren oder diesen entsprechen, am Ende des Injektionsprozesses zu einem Bauteil führt, das trockene Stellen aufweist oder nicht vollständig getränkt ist, dann kann mit aller Wahrscheinlichkeit auch davon ausgegangen werden, dass der reale Injektionsprozess, der vorliegend gerade durchgeführt wird, zum selben Ergebnis führt. Der Injektionsprozess kann somit frühzeitig beeinflusst oder aber auch abgebrochen werden, was insbesondere in einer Serienfertigung eine größere Effizienz verspricht.
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Unter einem Injektionsverlauf im Sinne der vorliegenden Erfindung wird insbesondere eine diskrete oder kontinuierliche Angabe über die Fließfront des injizierten Matrixmaterials verstanden, wobei diese Fließfront in der Regel fortwährend aufgrund eines Druckgradienten zwischen der Angussstelle am Werkzeug und dem ungetränkten Bereich diesen entsprechend benetzt und infiltriert.
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Unter einem Injektionszustand, der sich vorteilhafterweise aus dem Injektionsverlauf ableiten lässt, wird im Sinne der vorliegenden Erfindung insbesondere der Injektionsfortschritt, Füllzustand bzw. Tränkungszustand verstanden und übermittelt somit Informationen über getränkte bzw. infiltrierte Bereiche und ungetränkte bzw. nicht infiltrierte Bereiche des Fasermaterials. Unter einem Injektionszustand kann somit insbesondere die Position der aktuellen Fließfront im zeitlichen Zusammenhang mit dem aktuellen Zeitpunkt im Injektionsprozess verstanden werden.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform werden die simulierten Injektionsverläufe durch ein maschinelles Lernsystem, beispielsweise ein neuronales Netz, bereitgestellt, bei dem die Parameter der simulierten Injektionsverläufe zusammen mit ihren jeweiligen simulierten Sensorwerten die Trainingsdaten bilden, mit dem das maschinelle Lernsystem die Zuordnung von Sensorwerten als Eingabe und Simulationsparametern des Injektionsverlaufes als Ausgabe in Bezug auf die Eingabe trainiert. Die simulierten Injektionsverläufe werden zusammen mit ihren Sensorwerten somit in Form eines maschinellen Lernsystems bereitgestellt.
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Die realen Sensorwerte des realen Injektionsprozesses werden somit als Eingabe in das maschinelle Lernsystem eingegeben, wobei aufgrund der Vielzahl von Trainingsdaten, die sich aus den variierenden Simulationen der simulierten Injektionsprozesse ergeben, das maschinelle Lernsystem basierend auf den realen Sensorwerten dann denjenigen oder diejenigen Parameter für einen simulierten Injektionsverlauf ermittelt, deren simulierte Sensorwerte mit den realen Sensorwerten als Eingabe in Bezug auf das maschinelle Lernsystem korrelieren. Hierdurch können insbesondere Werte zwischen einzelnen Sensorwerten, die beispielsweise nicht aus der Simulation stammen, inter- oder extrapoliert und entsprechenden simulierten Injektionsverläufen zugeordnet werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform ist der eine Messparameter, der sowohl bei der Simulation der Injektionsverläufe einerseits als auch bei dem realen Injektionsprozess andererseits Anwendung findet, die Zeitdauer seit Beginn des Einbringens des Matrixmaterials, bis das Matrixmaterial an eine vorgegebene Sensorposition gelangt. Sind mehrere dieser Sensoren im Werkzeug verbaut, so lässt sich anhand der Zeitdauer, bis das Matrixmaterial an die entsprechende Sensorposition gelangt, mit einer sehr hohen Genauigkeit die Position der Fließfront zu einem bestimmten Zeitpunkt ableiten. Darüber hinaus lässt sich dieser Messparameter auch in der Simulation relativ einfach bestimmen, so dass bei der Ermittlung der simulierten Sensorwerte die Berechnungskomplexität reduziert werden kann.
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Darüber hinaus kann einer der Messparameter auch die Laufzeit eines Ultraschallsignals sein, das mithilfe eines Ultraschallsenders in das Bauteil ausgestrahlt und mithilfe eines Ultraschallempfängers empfangen wurde. Aus der Laufzeit eines Ultraschallsignals lassen sich dabei Rückschlüsse auf den Füllzustand sowie des Polymerisationszustandes ableiten. Denkbar ist auch, dass ein Messparameter der Werkzeuginnendruck während des Einbringens des Matrixmaterials ist und/oder ein Messparameter die Werkzeuginnentemperatur während des Einbringens ist.
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Vorteilhafterweise werden für die Messparameter entsprechende Wert-ZeitVerläufe ermittelt, so dass sich zu jedem Zeitpunkt während des Einbringens des Matrixmaterials ein entsprechender Sensorwert ableiten lässt.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird mit Hilfe eines Ultraschallsensors als realer Sensor die Laufzeit eines Ultraschallsignals innerhalb des Faser- bzw. Matrixmaterials ermittelt, wodurch sich beispielsweise Veränderungen innerhalb des Bauteils ermitteln lassen. Im einfachsten Fall lässt sich hierdurch feststellen, wann die Fließfront an der entsprechenden Sensorposition angelangt ist.
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Zweckmäßig ist es ebenfalls, mit Hilfe eines Drucksensors als realen Sensor den Werkzeuginnendruck zu ermitteln, wodurch sich ebenfalls das Erreichen der Fließfront an der entsprechenden Sensorposition feststellen lässt.
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Denkbar ist ebenfalls, dass mithilfe eines Zeitgebers als realer Sensor die Zeitdauer seit Beginn des Einbringens des Matrixmaterials sowie mithilfe eines Temperatursensors als realen Sensor die Werkzeuginnentemperatur während des Einbringens des Matrixmaterials ermittelt wird.
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In diesem Zusammenhang ist es ganz besonders vorteilhaft, wenn mithilfe des Zeitgebers die Zeitdauer seit Beginn des Einbringens des Matrixmaterials, bis das Matrixmaterial an einer vorgegebenen Sensorposition gelangt ist, in Abhängigkeit von den ermittelten Sensorwerten anderer realer Sensoren bestimmt wird, wodurch Aussagen über den Fließfrontverlauf an den diskreten Sensorpositionen abgeleitet werden können. Denn erreicht die Fließfront die entsprechende Sensorposition beispielsweise eines Ultraschall- oder Drucksensors, so verändert sich die Signalantwort, aus der dann eindeutig abgeleitet werden kann, dass das Matrixmaterial den Bereich um die Sensorposition infiltriert hat.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird der zur Überwachung des realen Injektionsprozesses ermittelte simulierte Injektionsverlauf auf einem Display visualisiert und angezeigt, so dass während des Injektionsprozesses selber bereits die im Inneren und Verborgenen ablaufenden realen Prozesse auf einem Display bzw. Bildschirm angezeigt werden können.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird in Abhängigkeit von dem ermittelten simulierten Injektionsverlauf durch die Auswerteeinheit ein Injektionszustand des realen Injektionsprozesses ermittelt, wodurch sich direkt beispielsweise die Position der Fließfront und der Verlauf der Fließfront ableiten lässt. Somit kann während des Injektionsprozesses aus den simulierten Injektionsverläufen zu jedem Zeitpunkt der Injektionszustand des aktuellen realen Injektionsprozesses bestimmt werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird in Abhängigkeit von dem ermittelten simulierten Injektionsverlauf durch die Auswerteeinheit ermittelt, ob ein Injektionsendzustand des aktuellen Injektionsprozesses vorgegebenen Qualitätsparametern entspricht oder nicht. So kann aus dem ermittelten simulierten Injektionsverlauf prognostiziert werden, ob eine vollständige und den Qualitätsanforderungen entsprechende Tränkung des Fasermaterials erfolgen wird oder ob das Bauteil eine unter Umständen fehlerhafte Stelle, beispielsweise in Form von trockenen Stellen, aufweisen wird. Darüber hinaus können Regionen identifiziert werden, in denen mit Fehlstellen zu rechnen ist und Regionen, in denen der Prozess ideal verlaufen ist. Der Aufwand der Bauteilprüfung kann hierdurch deutlich verringert werden, da die nachgeschaltete Qualitätssicherung dann lediglich diejenigen Regionen untersuchen muss, in denen eine Tränkung nicht ideal verlaufen ist.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform ist die Auswerteeinheit eingerichtet, den Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem die Abweichung der Infusion/Injektion mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einem Ausschuss führt und somit die Abweichung irreversibel ist. Wird der Prozess zu diesem Zeitpunkt abgebrochen, kann das Bauteil durch einen zweiten, händischen Injektions-/Infusionsprozess mit modifizierten Angussstrategien voll gefüllt und so somit eventuell gerettet werden. Hierdurch kann der Ausschuss bei geringfügiger händischer Nacharbeit deutlich reduziert werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden die simulierten Injektionsverläufe mit Hilfe eines parametrisierbaren Modells ermittelt, wobei die Werte der Prozessparameter der einzelnen Simulationen variiert werden. Die vorgegebenen Prozessparameter gehen dabei als Eingang in das parametrisierbare Modell ein, so dass für jeden Satz konkreter Werte von Prozessparametern ein simulierter Injektionsverlauf, beispielsweise in Form eines Satzes von Sensorwerten, ermittelt wird.
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Die variierbaren Prozessparameter können dabei beispielsweise die Permeabilität des Fasermaterials, die Viskosität des Matrixmaterials, der Faservolumengehalt des Fasermaterials, die Bauteildicke, der Injektionsdruck und/oder die Position von Voreilkanten in oder an den Rändern des Fasermaterials sein. Bei den Voreilkanten in dem Fasermaterial handelt es sich um Bereiche, in denen die Permeabilität des Fasermaterials gegenüber dem Rest des Fasermaterials deutlich zunimmt, so dass der Fließwiderstand in diesen Bereichen deutlich geringer ist als in den übrigen Bereichen des Fasermaterials, wodurch es zu einem schnelleren Fließen des injizierten Matrixmaterials kommt. Die Fließfront entwickelt sich somit nicht gleichmäßig entlang des Druckgradienten, sondern abweichend davon. Insbesondere Voreilkanten sind Ursachen für Gaseinschlüsse oder anderweitige Fehlerstellen.
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Für die Simulation der Injektionsverläufe wird dabei das Gesamtbauteil ebenfalls in eine endliche Anzahl kleiner Segmente unterteilt, was beispielsweise heißen kann, dass die Grenzen von Faserlagen als Elemente abgebildet werden oder zu erwartende kritische Bereiche feiner aufgelöst sind. Das in Segmente unterteilte Bauteil wird nun als Grundlage für das parametrisierbare Modell genommen, weil die entsprechenden Prozessparameter dann für jeden Simulationsprozess entsprechend variiert werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden in Abhängigkeit von dem ermittelten simulierten Injektionsverlauf und ggf. in Abhängigkeit von dem daraus abgeleiteten Injektionszustand die Randbedingungen des Injektionsprozesses, die während des Injektionsprozesses veränderbar sind, angepasst, um so auf den aktuellen Injektionszustand Rücksicht zu nehmen. So kann beispielsweise bei einem ermittelten simulierten Injektionsverlauf, der eine niedrige Permeabilität in bestimmten Bereichen prognostiziert, der Injektionsdruck angehoben werden, um so eine vollständige Tränkung in der zur Verfügung stehenden Topfzeit zu erreichen.
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Darüber hinaus lässt sich aus den simulierten Injektionsverläufen auch ableiten, was mögliche Ursachen für die Abweichung von einem idealen Verlauf sind, wenn zu jedem simulierten Injektionsverlauf auch die entsprechenden Prozessparameter, mit dem dieser simulierte Injektionsverlauf simuliert wurde, gespeichert sind. Unter Kenntnis der entsprechenden Prozessparameter lässt sich somit dann die mögliche Ursache für einen nicht idealen Injektionsverlauf bestimmen.
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Die Erfindung wird anhand der beigefügten Figuren beispielhaft erläutert.
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Es zeigen:
- 1 - schematische Darstellung einer Anlage zum Injizieren von Matrixmaterial;
- 2a, 2b - Darstellung eines idealen Injektionsverlaufs;
- 3a, 3b - Darstellung eines Injektionsverlaufes mit variierten Prozessparametern.
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1 zeigt eine Anlage 10, mit der Faserverbundbauteile in einem Injektionsverfahren hergestellt werden können. Die Anlage 10 weist hierfür ein Werkzeug 11 auf, das eine formgebende Werkzeugoberfläche 12 hat, auf das ein Fasermaterial 13 ablegbar ist. Das auf die formgebende Werkzeugoberfläche 12 abgelegte Fasermaterial 13 wird dann mit Hilfe einer Vakuumfolie 14 vakuumdicht verschlossen.
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1 ist dabei nur ein Ausführungsbeispiel einer möglichen Anlagenkonfiguration. Denkbar ist auch, dass beispielsweise zwei Werkzeughälften vorgesehen sind, zwischen denen das Fasermaterial einbringbar ist.
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Die Anlage 10 weist eine Anlagensteuerung 15 auf, die insbesondere zur Steuerung der Injektion des in dem Vorratsbehälter 16 befindlichen Matrixmaterials 17 in das Fasermaterial 13 ausgebildet ist. Die Anlagensteuerung 15 ist dabei so ausgebildet, dass sie insbesondere die wesentlichen Randbedingungen und Prozessparameter bei der Injektion des Matrixmaterials 17 in das Fasermaterial 13 einstellen und ggf. anpassen kann.
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Im Ausführungsbeispiel der 1 ist eine Auswerteeinheit 18 Bestandteil der Anlagensteuerung 15, was jedoch nicht zwingend sein muss.
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Des Weiteren weist die Anlage 10 einen Datenspeicher 19 auf, in dem eine Vielzahl von simulierten Injektionsverläufen 20 zusammen mit den jeweiligen simulierten Sensorwerten hinterlegt sind. Die Hinterlegung dieser simulierten Injektionsverläufe mit den simulierten Sensorwerten kann dabei mittels eines maschinellen Lernsystems erfolgen, bei dem die Sensorwerte und die dazugehörigen Injektionsverläufe die entsprechenden Trainingsdaten bilden. Der Datenspeicher 19 ist dabei mit der Auswerteeinheit 18 signaltechnisch verbunden.
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Des Weiteren ist die Auswerteeinheit 18 mit einem Display 21 verbunden, um entsprechende Informationen bezüglich des realen Injektionsprozesses darstellen zu können.
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Die Anlage 10 weist des Weiteren mehrere Ultraschallsensoren 22 auf, mit denen die Laufzeit eines Ultraschallsignals in Richtung Bauteildicke gemessen werden kann. Die Ultraschallsensoren 22 sind dabei mit der Anlagensteuerung 15 oder direkt mit der Auswerteeinheit 18 verbunden, so dass die Auswerteeinheit 18 entsprechende Informationen über die Schallgeschwindigkeit innerhalb des Bauteils an den entsprechenden Sensorpositionen der Ultraschallsensoren 22 erhält.
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Die Verwendung von Ultraschallsensoren 22 in 1 ist dabei nur beispielhaft zu verstehen. Denkbar ist hier jede Art von Sensor, der Auskunft über die Fließfront innerhalb des Werkzeuges und Fasermaterials geben kann.
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Das Matrixmaterial 17 wird dabei über den Anguss 23 in das Fasermaterial 13 injiziert, wobei die Fließrichtung des Matrixmaterials in Richtung des gekennzeichneten Pfeils RF definiert ist. Das in das Fasermaterial 13 injizierte Matrixmaterial 17 wird somit nacheinander die einzelnen Sensorpositionen der Ultraschallsensoren 22 passieren, was durch eine Veränderung der Laufzeit der Ultraschallsignale detektierbar ist. Es lässt sich somit als ein Messparameter in Bezug auf die jeweilige Sensorposition ermitteln, wie lange das Matrixmaterial 17 seit Beginn der Injizierung des Matrixmaterials bis zu der jeweiligen Sensorposition braucht.
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Die Auswerteeinheit 18 ist nun ausgebildet aus diesen Angaben, basierend auf den entsprechenden Sensorwerten und der damit einhergehenden Zeit, bis das Matrixmaterial die entsprechenden Sensorpositionen erreicht hat, den jeweiligen, in dem Datenspeicher 19 gespeicherten simulierten Injektionsverlauf 20 zu ermitteln, dessen simulierte Sensorwerte den realen Sensorwerten entsprechen oder diesen korrelieren. Dieser so von der Auswerteeinheit 18 ermittelte simulierte Injektionsverlauf 20 wird dann auf einem Display 21 dargestellt, so dass sofort überblickt werden kann, wie sich die Fließfront innerhalb des Fasermaterials 13 ausbreitet.
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2a zeigt schematisch stark vereinfacht die Simulation eines Injektionsprozesses. Das herzustellende Bauteil ist dabei stark vereinfacht, was lediglich Anschauungszwecken dient. Das Bauteil besteht dabei aus vier Segmenten, wobei an den gekennzeichneten Stellen fünf Sensoren S1 bis S5 angeordnet sind. Der Anguss des Matrixmaterials ist an der Position 23 vorgesehen.
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Die Sensoren sind dabei so ausgebildet, dass sie das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Matrixmaterial detektieren können, was beispielsweise mit Hilfe der bereits erwähnten Ultraschallsensoren möglich ist. Dabei lässt sich die Zeit feststellen, die das Matrixmaterial seit Beginn des Injektionsprozesses benötigt hat, um die entsprechende Sensorposition zu erreichen.
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Wie zu erkennen ist, breitet sich das Matrixmaterial 17 zunächst kreisförmig um die Angussstelle 23 aus. Im mittleren Bild ist zu erkennen, dass das Matrixmaterial 17 nach einer gewissen Zeit die Sensoren S1 , S2 sowie S3 erreicht hat. Im weiteren Verlauf werden dann ebenfalls die Sensoren S4 und S5 erreicht (rechtes Bild).
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Die Zeiträume bzw. die Zeitdauer eines jeden Sensors, bis das Matrixmaterial diesen Sensor erreicht hat, ist in 2b dargestellt. Dort ist zu erkennen, dass die Sensoren S1 und S2 bereits nach ca. 500 Sekunden erreicht wurden, während der mittlere Sensor S3 erst nach ca. 1.000 Sekunden erreicht wurde. Die Sensoren S4 und S5 , die sich in der maximalen Entfernung zum Angus 23 befinden, werden nach ca. 3.500 Sekunden erreicht.
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Für diesen, in 2a dargestellten Injektionsverlauf, d. h. der zeitliche Verlauf der Fließfront, lassen sich dabei bei der Simulation dieses Injektionsverlaufes die Sensorwerte S1 bis S5 in Form der zeitlichen Dauer bis zum Passieren des Matrixmaterials an der jeweiligen Sensorposition ermitteln und als simulierte Sensorwerte abspeichern. Für den Injektionsverlauf liegt somit ein Sensortupel S1 bis S5 vor. Der in 2a und 2b dargestellte Injektionsverlauf mit den Sensorwerten kann dabei als idealer Injektionsprozess angesehen werden.
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In den 3a und 3b ist ein weiterer simulierter Injektionsverlauf und diesbezüglichen Sensorwerte gezeigt, wobei hier ein Prozessparameter gegenüber dem idealen Injektionsverlauf variiert wurde, nämlich dass zwischen den Sensoren S2 und S5 eine Voreilkante angegeben wurde, in der die Permeabilität deutlich höher ist als gegenüber dem Rest des Fasermaterials, so dass bei gleichbleibendem Injektionsdruck hier mit einem Voreilen des Matrixmaterials zu rechnen ist. Dies ist im zweiten Bild der 3a zu erkennen, wo im oberen Voreilbereich 30 das Matrixmaterial bereits den Sensor S5 erreicht hat, während die übrige Fließfront deutlich dahinter zurückliegt.
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Dies lässt sich schließlich auch in den Sensorwerten erkennen, die in 3b dargelegt sind. Zu erkennen ist, dass Sensor S5 bereits nach 1.500 Sekunden das Vorhandensein von Matrixmaterial anzeigt, wo hingegen beim idealisierten Injektionsverlauf, gezeigt in 2b, dort der Sensor erst nach ca. 3.500 Sekunden anschlug.
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Wird nun ein reales Bauteil in einem realen Injektionsprozess gefertigt, so werden auch hier kontinuierlich die Sensorwerte erfasst. Dabei entsprechen die realen Sensoren am Werkzeug bzw. Bauteil den Sensorpositionen in der Simulation, um vergleichbare Sensorwerte zu erhalten. Erhält man nun in dem realen Injektionsprozess eine ähnliche oder identische Kombination der Sensorwerte S1 bis S5, so wie in 3b gezeigt ist, so kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich der Injektionsverlauf so darstellt, wie er in 3a gezeigt und simuliert wurde. Damit lassen sich während des Injektionsprozesses Rückschlüsse darauf ziehen, wie der momentane Ist-Injektionszustand ist, d. h. die Position der Fließfront ist ermittelbar. Darüber hinaus lassen sich Prognosen anstellen, wie sich die Fließfront möglicherweise im weiteren Injektionsverlauf darstellen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Anlage
- 11
- Werkzeug
- 12
- formgebende Werkzeugoberfläche
- 13
- Fasermaterial
- 14
- Vakuumfolie
- 15
- Anlagensteuerung
- 16
- Vorratsbehälter
- 17
- Matrixmaterial
- 18
- Auswerteeinheit
- 19
- Datenspeicher
- 20
- simulierte Injektionsverläufe
- 21
- Display
- 22
- Ultraschallsensoren
- 23
- Anguss
- 30
- Voreilbereich
- S1 bis S5
- Sensoren