-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung des Flüssigkeitsvolumens in einem Tank eines Kraftfahrzeugs mittels fahrkinetischer Berechnungen und ohne die Verwendung eines Neigungssensors. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Computerprogramm, ein maschinenlesbares Speichermedium und ein elektronisches Steuergerät.
-
Stand der Technik
-
Um die immer strengeren Abgasgesetzgebungen zu erfüllen, lassen sich mit Hilfe einer Harnstoffwasserlösung (im Folgenden HWL genannt) Stickstoffoxide über einen Katalysator im Abgastrakt reduzieren. Dabei reagiert die HWL im Abgas zu Ammoniak, welches sich im Katalysator einlagert und die NOx-Anteile reduziert. Dieses Verfahren wird Selective Catalytic Reduction (im Folgenden SCR) genannt.
-
Die HWL-Menge wird dabei durch eine Leitung vom Tank zum Dosierventil gefördert und in den Abgastrakt eindosiert. Dabei wird der Fahrer über das Display informiert, wenn ein Nachtanken erforderlich ist. Aus Gründen der Gesetzgebung wird für den Fahrer ein Warnszenario eingeleitet, falls dieser der Nachtankaufforderung nicht nachkommt. Im Extremfall wird sogar ein Motorwiederstart verhindert. Daher ist es wichtig, dass die DEF (Diesel Exhaust Fluid)-Menge im Tank möglichst genau ermittelt und auch Wiederbetankungsvorgänge korrekt erkannt werden.
-
Dazu ist ein Füllstandssensor im Tank verbaut. Dabei gibt es Varianten, in denen der Sensor von oben oder von unten verbaut ist. In dem aktuellen System der Anmelderin, welches unter dem Namen DNOX5 System bekannt ist, ist der Sensor von unten verbaut. Bei beiden Varianten wird die Höhe des Flüssigkeitsspiegels gemessen. Aus der gemessenen Füllhöhe kann das im Tank befindliche DEF-Volumen bestimmt werden. Eine hinreichend genaue Zuordnung einer Füllhöhe zu einem Volumen gelingt jedoch nur in der Ebene.
-
Je nach Geometrie des Tanks können kleine Änderungen der gemessenen Füllhöhe beträchtliche Änderungen des daraus ermittelten DEF-Volumens zu Folge haben. Eine schnelle Änderung kann zwei Ursachen haben: zum einen kann es sein, dass nachgetankt wurde und zum anderen kann es sein, dass der Tank um die Läng- bzw. Querachse rotiert wurde (z.B. aufgrund von Steigung, Bordstein oder Gefälle). Der Füllstandsensor, welcher auch Levelsensor genannt wird, kann nicht zwischen diesen beiden Möglichkeiten unterscheiden. Daher ist es wichtig, die Position zu kennen, in der eine Füllstandsmessung durchgeführt wird, damit sich die Änderungen der Füllhöhe einer genauen Ursache zuordnen lässt. Diese Information über die Position, also z.B. eine Steigung, steht nicht ohne Weiteres zur Verfügung, insbesondere nicht in ausreichender Genauigkeit.
-
Aus der
DE 10 2012 201 748 A1 ist schon ein Verfahren zur Ermittlung des Füllstands eines HWL-Tanks, welcher insbesondere in einem Kraftfahrzeug angeordnet ist, bekannt. Das in diesem Dokument offenbarte Verfahren beinhaltet insbesondere das Erfassen des Signals eines Füllstandssensors, das Ermitteln des Neigungswinkels des HWL-Tanks mittels eines Neigungssensors und das anschließende Bestimmen des Füllvolumens des Behälters.
-
Ist kein Neigungssensor im Kraftfahrzeug angeordnet, so kann die Position des Tanks nicht mittels des in der
DE 10 2012 201 748 A1 beschriebenen Verfahrens bestimmt werden.
-
Offenbarung der Erfindung
-
Kern der Erfindung ist ein Verfahren zur Bestimmung eines Flüssigkeitsvolumens in einem Tank eines Kraftfahrzeugs mittels fahrkinetischer Berechnungen.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Bestimmung eines Flüssigkeitsvolumens in einem Tank eines Kraftfahrzeugs läuft in mehreren Schritten ab. Zu einem ersten Zeitpunkt zu Beginn des Anfahrens des Kraftfahrzeugs werden die Motorleistung und die Beschleunigung des Kraftfahrzeugs ermittelt und gespeichert. Des Weiteren wird zu diesem ersten Zeitpunkt der Füllstand des Tanks, den der Füllstandssensor misst, gespeichert. Danach wird ein erster Winkel aus der Fahrzeugmasse des Kraftfahrzeugs und aus der gespeicherten Motorleistung sowie der gespeicherten Beschleunigung bestimmt. Im nächsten Schritt wird, unter Berücksichtigung des ersten Winkels, sowie des gespeicherten Füllstands, insbesondere mittels einer Kennlinie, die die Tanksgeometrie beschreibt, das Flüssigkeitsvolumen im Tank bestimmt.
-
Ein Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es, dass bei dieser Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens eines Tanks kein Neigungssensor mehr notwendig ist.
-
Zur Ermittlung des ersten Winkels wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren zu einem zweiten Zeitpunkt während der Fahrt des Kraftfahrzeugs vorzugsweise die Steigung der Fahrbahn, auf der das Kraftfahrzeug fährt bestimmt. Diese Steigung ist durch einen zweiten Winkel gegeben.
-
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass aus einer fahrkinetischen Berechnung auf die Steigung beim Anfahren geschlossen werden kann.
-
In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird dabei die Bestimmung der Steigung der Fahrbahn vorzugsweise durchgeführt, indem der Umgebungsdruck ermittelt und über ein festgelegtes Streckenintervall beobachtet wird.
-
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Steigung der Fahrbahn mittels einer fahrzeugunabhängigen Größe ermittelt werden kann.
-
Dabei wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren der Umgebungsdruck vorzugsweise mittels eines Drucksensors ermittelt.
-
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass ein schon im Fahrzeug vorhandener Drucksensor verwendet werden kann.
-
Mit Hilfe der Ermittlung des Umgebungsdrucks wird dann bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorzugsweise eine konstante Steigung zum zweiten Zeitpunkt erkannt, indem ein konstanter Umgebungsdruck erkannt wird.
-
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass auf diese Weise schon ein gemittelter Wert der Steigung für die folgende Rechnung verwendet wird und somit kleine Winkeländerungen ausgeglichen werden.
-
Diese konstante Steigung wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorzugsweise erkannt, indem der ermittelte Druck in eine Höhe umgerechnet wird.
-
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass kein GPS-Sensor zur Erfassung der Höhe notwendig ist.
-
Bei konstanter Steigung, also bei bekanntem zweiten Winkel, wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren dann die Fahrzeugmasse aus der Fahrzeugbeschleunigung und der Motorleistung berechnet.
-
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass auf einen Massesensor verzichtet werden kann.
-
Somit stehen alle Parameter zur Berechnung des ersten Winkels zur Verfügung. Mit Hilfe des ermittelten ersten Winkels wird dann die Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens in dem Tank durchgeführt.
-
Die Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens des Tanks kann zum einen insbesondere auf analytisch rechnerische Weise durchgeführt werden.
-
Ein Vorteil dieser Vorgehensweise ist es, dass die exakte Geometrie des Tanks berücksichtigt wird.
-
Zum anderen kann die Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens des Tanks insbesondere auch mittels eines von dem zweiten Winkel abhängigen Faktors und dem aus dem gespeicherten Füllstand bestimmten Flüssigkeitsvolumen durchgeführt werden.
-
Ein Vorteil dieser Vorgehensweise ist es, dass kein vollständiges Modell der Geometrie des Tanks in dem Steuergerät hinterlegt werden muss.
-
Ist die Berechnung des Flüssigkeitsvolumens des Tanks abgeschlossen, so kann dieses Volumen mit dem Flüssigkeitsvolumen des Tanks am Ende des letzten Fahrzyklus vergleichen werden. Besteht zwischen den beiden Volumina eine genügend große Differenz so kann von einer Nachtankung zwischen den beiden Fahrzyklen ausgegangen werden. Dieses kann im Fahrerdisplay angezeigt werden.
-
Die Erfindung umfasst weiterhin ein Computerprogramm, welches eingerichtet ist jeden Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens durchzuführen, insbesondere wenn es auf einem Rechengerät oder elektronischen Steuergerät ausgeführt wird. Es ermöglicht die Implementierung des erfindungsgemäßen Verfahrens auf einem elektronischen Steuergerät, ohne hieran bauliche Veränderungen vornehmen zu müssen.
-
Die Erfindung umfasst außerdem ein maschinenlesbares Speichermedium, auf welchem das Computerprogramm gespeichert ist, sowie ein elektronisches Steuergerät, welches eingerichtet ist, ein Verfahren zur Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens im Tank eines Kraftfahrzeugs durchzuführen.
-
Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Zeichnungen. Hierbei können die einzelnen Merkmale jeweils für sich oder in Kombination miteinander verwirklicht sein.
-
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
-
In den Zeichnungen zeigen:
-
1 eine schematische Darstellung eines HWL-Tanks in einem Kraftfahrzeug nach dem Stand der Technik, deren Flüssigkeitsvolumen mittels eines Verfahrens nach einem Ausführungsbeispiel der Erfindung bestimmt werden kann,
-
2 eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs auf einer Fahrbahn zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, einmal beim Anfahren und einmal während der Fahrt und
-
3 ein Flussdiagramm, welches den Ablauf eines Verfahrens nach einem Ausführungsbeispiel der Erfindung zur Bestimmung eines Flüssigkeitsvolumens in einem Tank eines Kraftfahrzeugs veranschaulicht.
-
Ausführungsbeispiele
-
1 zeigt einen Tank 1, welcher Teil eines Kraftfahrzeugs ist und welcher eine gewisse Menge DEF 12 enthält. Dieser Tank weist an seiner oberen Seite einen Füllstandssensor 11 auf. Mit dem Füllstandsensor 11 verbunden ist ein Steuergerät 2, welches auch Teil des Kraftfahrzeugs ist. In diesem Steuergerät 2 ist eine Kennlinie hinterlegt, mittels der der Füllstand des Tanks 1 in ein Flüssigkeitsvolumen des Tanks 1 umgerechnet werden kann, wenn sich der Tank in einer waagerechten Position befindet. Der Tank 1 ist in einer Position gezeigt in welcher er sich befindet, wenn das Kraftfahrzeug an einer Steigung, gegeben durch den Winkel α(t0), abgestellt ist. In dieser Position ist sowohl der Tank 1 als auch die Oberfläche der DEF 12 um einen Winkel α(t0) gekippt.
-
2 zeigt auf schematische Weise ein Kraftfahrzeug 5 auf einer Fahrbahn 6. Das Kraftfahrzeug 5 ist in zwei verschiedenen Positionen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten gezeigt. Die erste Position 3, zum Zeitpunkt t0, zeigt das Kraftfahrzeug 5 zu Beginn eines Anfahrvorgangs. Das Anfahren geschieht an einer Steigung, die durch den ersten Winkel α(t0) gegeben ist. Die zweite Position 4, zum Zeitpunkt t1, zeigt das Kraftfahrzeug 5 während der Fahrt auf der Fahrbahn 6. In dieser zweiten Position 4 hat die Fahrbahn 6 eine konstante Steigung, die durch einen zweiten Winkel α(t1) gegeben ist.
-
Eine Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens VT des Tanks 1 des Kraftfahrzeugs 5 soll durchgeführt werden. Allerdings liefert die Bestimmung des Flüssigkeitsvolumens mittels des Füllstandsensors 11 nur dann einen verlässlichen Wert, wenn sich das Kraftfahrzeug 5 und damit der Tank 1 in einer Ebene befinden. Befindet sich das Kraftfahrzeug 5 wie in 2 zum ersten Zeitpunkt t0 auf einer Fahrbahn 6, die eine gewisse Steigung, gegeben durch den Winkel α(t0), aufweist, so ist der Tank 1 auch um diesen Winkel α(t0) gekippt (siehe 1). Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens soll das Flüssigkeitsvolumen VT des Tanks 1 des Kraftfahrzeugs 5 ohne Zuhilfenahme eines Neigungssensors bestimmt werden.
-
3 zeigt den Ablauf eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Ermittlung des Flüssigkeitsvolumens V
T des Tanks
1 des Kraftfahrzeugs
5 mittels eines Flussdiagramms. Zunächst wird das Verfahren gestartet
70. Dann werden zum ersten Zeitpunkt t
0 zu Beginn des Anfahrens des Kraftfahrzeugs
5 die Motorleistung P
Motor(t
0) des Kraftfahrzeugs
5, die Beschleunigung a(t
0) des Kraftfahrzeugs
5 sowie der Füllstand H
F(t
0) des Tanks
1 ermittelt und im Steuergerät
2 gespeichert
71. Danach wird zum zweiten Zeitpunkt t
1 während der Fahrt des Kraftfahrzeugs
5 die Steigung der Fahrbahn
6, auf der das Kraftfahrzeug
5 fährt, bestimmt
72. Diese Steigung ist gegeben durch den zweiten Winkel α(t
1), welcher im vorliegenden Fall gleich Null ist. Die Durchführung der Bestimmung der Steigung der Fahrbahn
6 erfolgt dabei, indem der Umgebungsdruck mittels eines Drucksensors ermittelt wird und über ein festgelegtes Streckenintervall beobachtet wird. Zum zweiten Zeitpunkt (t
1) wird dann eine konstante Steigung erkannt
73. Die konstante Steigung wird erkannt, indem der ermittelte Druck mittels der barometrischen Höhenformel (Formel (1)) in eine Höhe umgerechnet wird und so ein konstanter Umgebungsdruck erkannt wird. Unter der Annahme eines linearen Temperaturverlaufs mit einem Temperaturgradienten von 0,65 K pro 100 m und der Annahme der internationalen Standardatmosphäre ergibt sich die barometrische Höhenformel zur Internationalen Höhenformel:
-
Dabei ist h0 die Referenzhöhe, welche auf die Meereshöhe gesetzt wird, h eine Höhe, T(h0) die Temperatur auf Meereshöhe, welche laut Standardatmosphäre 288,15 K beträgt, p(h) der Druck bei der Höhe h und p(h0) der Atmosphärendruck auf Meereshöhe, welcher laut Standardatmosphäre auf 1013 hPa festgelegt ist.
-
Der gesuchte Winkel α(t
1) kann mittels der zur Bestimmung des Winkels gefahrenen Strecke s sowie der Höhe am Anfang h
1 (berechnet aus dem Druck am Anfang) und am Ende h
2 (berechnet aus dem Druck am Ende) dieser gefahrenen Strecke ermittelt werden:
-
Bei konstanter Höhe, also einem bekannten Winkel α(t
1) wird dann die Fahrzeugmasse m mittels der Formel (2) berechnet
74.
-
Dabei ist m die Fahrzeugmasse, a(t1) die Beschleunigung des Kraftfahrzeugs 5 zum Zeitpunkt t1 und PMotor(t1) die Motorleistung des Kraftfahrzeugs 5 zum Zeitpunkt t1.
-
Im nächsten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahren wird der erste Winkel α (t
0) aus der ermittelten Fahrzeugmasse m und aus den gespeicherten Werten der Motorleistung P
Motor(t
0) und der Beschleunigung a(t
0) des Kraftfahrzeugs
5 bestimmt
75.
-
Im letzten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens wird unter Berücksichtigung des ermittelten ersten Winkels α(t0), sowie des gespeicherten Füllstands HF(t0), eine Bestimmung 76 des Flüssigkeitsvolumens VT des Tanks 1 durchgeführt. Diese Bestimmung kann mittels zwei verschiedener Verfahren durchgeführt werden. Zum einen kann eine analytisch rechnerische Bestimmung durchgeführt werden, sofern ein 3D-CAD(computer-aided design)-Model des Tanks 1 im Steuergerät 2 hinterlegt ist. Zum anderen kann ein vom ermittelten Winkel abhängiger Faktor fW bestimmt werden, welcher mit dem gespeicherten Volumen multipliziert wird. In diesem Fall ergibt sich das Flüssigkeitsvolumen VT des Tanks 1 wie folgt: VT = fW·(VF(t0))) (5)
-
Dabei ist fW der winkelabhängige Faktor und VF(t0) das Volumen, welches mittels der Kennlinie aus dem gespeicherten Füllstand zum ersten Zeitpunkt t0 berechnet wurde.
-
Am Ende wird das Verfahren beendet 77.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102012201748 A1 [0006, 0007]