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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Zustandsschätzung einer Asynchronmaschine und Steuergerät zur Durchführung des Verfahrens.
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Bislang wird bei einer Zustandsschätzung von Asynchronmaschinen ein Messfehler gar nicht oder nur unter Annahme stochastischer Eigenschaften berücksichtigt. Aus der
EP 2 413 492 A1 ist beispielsweise eine Vorrichtung und ein Verfahren für eine Zustandsschätzung einer elektrischen Drehmaschine bekannt, wobei eine Rotorpositionsbestimmung ohne Resolver geschätzt wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes Verfahren zur Zustandsschätzung einer Asynchronmaschine sowie ein verbessertes Steuergerät anzugeben.
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Die Aufgabe wird hinsichtlich des Verfahrens erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 1. Hinsichtlich des Steuergerätes wird die Aufgabe durch die im Anspruch 6 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren zur Zustandsschätzung einer Asynchron- oder Induktionsmaschine werden nicht-messbare Zustände mittels eines reduzierten Intervallbeobachters innerhalb eines garantierten Zustandsintervalls ermittelt. Als nicht-messbare Zustände werden insbesondere die für die Regelung der Asynchronmaschine erforderlichen Magnetisierungsstromkomponenten innerhalb eines garantierten Zustandsintervalls bestimmt.
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Wesentlich ist dabei, dass die Bestimmung zu einem Wert führt, der garantiert innerhalb eines Zustandsintervalls liegt und somit auch Ausschlussgrenzen des „nicht messbaren” Zustands erlaubt, was bei kritischen Systemen von hoher Bedeutung ist.
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Es sind verschiedene Intervallbeobachter bekannt, die in zwei Kategorien eingeteilt werden können: Intervallbeobachter basierend auf kooperativen Systemmatrizen (cooperativity-based interval observers) und hybride Intervallbeobachter (= hybrid interval observers). Bisher ist kein Intervallbeobachter für eine Asynchronmaschine zur Bestimmung deren Zustands verwendet worden und zwar aus zwei Gründen: erstens, aufgrund einer notwendigen komplexen zeitvarianten Modellierung (the time-variant modelling) der Asynchronmaschine und zweitens, weil noch keine Lösungen aufgrund der strikten Vorgaben für die Asynchronmaschinen gefunden worden sind.
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Als „Beobachter” wird insbesondere in der Regelungstechnik ein System verstanden, das aus bekannten Eingangsgrößen und Messgrößen – vorliegend aus messbaren Variablen der Asynchronmaschine, wie Drehzahl, Statorstrom, Statorwiderstand, Rotorwiderstand, Winkelgeschwindigkeit, Polpaarzahl, Hauptinduktivität und Streuinduktivität der Spulen – nicht-messbare Zustände – vorliegend Magnetisierungsstromkomponenten – rekonstruiert.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird zusätzlich zu dem vorangehend vorgestellten herkömmlichen „Beobachter” ein sogenannter „reduzierter” Intervallbeobachter verwendet. Mittels eines solchen Intervallbeobachters wird der zu ermittelnde nicht-messbare Zustand sowohl nach oben als auch nach unten abgeschätzt und somit innerhalb eines garantierten Zustandsintervalls bestimmt.
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Mit anderen Worten: Basierend auf den als Eingangsgrößen für das Verfahren zur Verfügung stehenden Eingangs- oder Messwertepaaren, wie Winkelgeschwindigkeit, Statorstrom, Statorspannung, werden ein oberer Schätz-Grenzwert und ein unterer Schätz-Grenzwert für den nicht-messbaren Zustand, wie Magnetisierungsstromkomponenten, bestimmt.
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Kern der Erfindung ist somit die Entwicklung eines Intervallbeobachters für ein hoch-zeitvariantes System mit geringen Zeitkonstanten für die Bestimmung von Zuständen der Asynchronmaschine.
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Mittels der Erfindung ist eine Bestimmung von nicht-messbaren Zuständen innerhalb eines garantierten Zustandsintervalls möglich, so dass auch bei kritischen Zuständen oder Parametern eine Steuerung oder Regelung der Asynchronmaschine möglich ist. Vor allem im Grenzbereich oder im Fehlerbetrieb (auch Fail-Safe genannt) einer Asynchron- oder Induktionsmaschine sind Schätz-Grenzwerte von Maschinenzuständen zur sicheren Steuerung von Bedeutung, um die Maschine nicht zu übersteuern bzw. nicht in Bereichen zu betreiben, in denen Fehler oder Zerstörungen entstehen können.
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Mit den ermittelten garantierten Schätz-Grenzwerten für das Zustandsintervall kann die Ansteuerung verbessert werden, da diese Schätz-Grenzwerte angefahren werden können, ohne eine „Restgefahr” eingehen zu müssen, dass Zustandswerte außerhalb liegen oder ein „Sicherheitsabstand” zu solchen Schätz-Grenzwerten eingehalten werden muss, um die „Restgefahr” der nicht-messbaren, per Verfahren bestimmten Zustände klein zu halten.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
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1 schematisch ein Ausführungsbeispiel für einen reduzierten Intervallbeobachter zur Zustandsschätzung einer Asynchronmaschine,
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2 bis 5 verschiedene Diagramme.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt ein Ausführungsbeispiel für einen Intervallbeobachter 1.
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Der Intervallbeobachter 1 ist als ein reduzierter Intervallbeobachter für ein zeitinvariantes oder zeitvariantes lineares System ausgebildet.
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Der reduzierte Intervallbeobachter 1 wird vorliegend für ein reales zeitvariantes lineares System einer Asynchronmaschine 2 verwendet, um deren Zustand x anhand von Schätzung eines nicht-messbaren Zustands r zu schätzen. Dazu werden beispielsweise als nicht-messbare Zustände r Magnetisierungsstromkomponenten img der Asynchronmaschine 2 mittels des Intervallbeobachters 1 innerhalb eines garantierten Zustandsintervalls ermittelt.
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Der Intervallbeobachter 1 ist beispielsweise Teil eines Steuergerätes 5, insbesondere eines Motorsteuergerätes, für die Asynchronmaschine 2.
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Dem Modell der Asynchronmaschine 2 wird ein zeitvariantes lineares System zugrunde gelegt. Das zeitvariante lineare System der Asynchronmaschine 2 wird beispielsweise mittels einer zeitvarianten Matrix A(t) modelliert und vorgegeben: A(t) = A und den Matrixelementen A11(t), A21(t) sowie A12(t), A22(t). [1]
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Der reduzierte Intervallbeobachter 1 umfasst die Rekonstruktion von nicht messbaren Zustandsgrößen durch die Einschließung von realen Eingangs- und Messgrößen, wie u, y durch Obergrenzen u , y und Untergrenzen u, y, im Modell unter Verwendung mehrerer Eingangs- oder Verstärker-Matrizen als Beobachter-Matrizen F1,hyb bis Fk,hyb, G1,hyb bis Gl,hyb, H1,hyb bis Hv,hyb, L1,hyb bis Lp,hyb und L .1,hyb bis L .d,hyb.
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Als Eingangs- oder Messgrößen werden zur Rekonstruktion der Zustände der Asynchronmaschine 2 für die Beobachter- und/oder Verstärker-Matrizen F1,hyb bis Fk,hyb, G1,hyb bis Gl,hyb, H1,hyb bis Hv,hyb, L1,hyb bis Lp,hyb und L .1,hyb bis L .d,hyb zur Verfügung stehende Eingangs- oder Messwertepaare von folgenden messbaren Parametern berücksichtigt:
- – Winkelgeschwindigkeit ωmech,
- – Rotorwiderstand Rr,
- – Statorwiderstand Rs,
- – Hauptinduktivität Lh,
- – Streuinduktivität Lδs,
- – Statorstrom is , und
- – Polpaarzahl zp.
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Mittels des Intervallbeobachters 1 wird der lineare Zusammenhang zwischen den messbaren Parametern und Zuständen, wie Winkelgeschwindigkeit ωmech,, und den nicht-messbaren Zuständen r, wie den Magnetisierungsstromkomponenten img, anhand der Beobachter-Matrizen F1,hyb bis Fk,hyb, G1,hyb bis Gl,hyb, H1,hyb bis Hv,hyb und der Verstärker-Matrizen L1,hyb bis Lp,hyb und L .1,hyb bis L .d,hyb rekonstruiert und fehlerkorrigiert zur Bestimmung, insbesondere Schätzung eines garantierten Zustandsintervalls mit einem oberen Schätz-Grenzwert r und einem unteren Schätz-Grenzwert r für den nicht-messbaren Zustand r, vorliegend für die Magnetisierungsstromkomponenten img, herangezogen.
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Zur Berücksichtigung der Zeitvarianz der Asynchronmaschine 2, beispielsweise aufgrund von Drehzahländerungen, sind matrizenbezogen als Trigger oder Umschalter mehrere zeitvariante Umschaltbedingungen GCF, GCG, GCH, GCL oder GCL vorgesehen, die der zeitvarianten oder zustandsgesteuerten Umschaltung dienen.
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Die ermittelten Wertepaare der Beobachter-Matrizen F1,hyb bis Fk,hyb, G1,hyb bis Gl,hyb, H1,hyb bis Hv,hyb werden anschließend einem Kombinationsglied 3.1, insbesondere einem Summenglied, zugeführt und zu einem Hilfsschätzwert ρ für Beobachter-Grenzwerte ρ , ρ zusammengefasst. Die Metzlermatrix der Beobachtersystemmatrix F ist dabei eine stabile Matrix. Zur Berücksichtigung der infolge der Zeitvarianz der Asynchronmaschine 2, beispielsweise infolge von Drehzahländerungen, auftretenden Fehlerdynamik des Intervallbeobachters 1 werden mittels der Verstärker-Matrix L .1,hyb bis L .d,hyb Inhomogenitäten abgeschätzt und bei der Ermittlung der nicht-messbaren Zuständen r, vorliegend den Magnetisierungsstromkomponenten img, berücksichtigt. Hierzu wird die Inhomogenität als Beobachter-Fehler e (e(t), e(t)) in einem garantierten Intervall und somit intervallbehaftet geschätzt und zur Berücksichtigung bei der Zustandsschätzung einem weiteren Kombinationsglied 3.2, insbesondere einem Summenglied, zugeführt.
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Dabei werden im Detail aufgrund der Fehlerbehaftung der realen Messungen der Eingangsmesswertepaare der Messgröße y ∈ [y(t); y(t)] im Betrieb der Asynchronmaschine 2, zum Beispiel aufgrund von Messfehlern in den erfassten Statorstrommessungen, die Fehler, die durch eine zeitvaraienter Beobachterverstärkung entstehen, als Teil des Intervallbeobachters 1 nachgeführt und zur Ermittlung und Abschätzung eines Beobachter-Fehlers e (e(t), e(t)) verwendet.
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Hierzu ist in der Schleife der Integration 4 als Dynamik-Matrix eine Metzler-Matrix F angeordnet. Durch Zuführung des daraus geschätzten Beobachter-Fehlers e (e(t), e(t)) an das weitere Kombinationsglied 3.2 werden anschließend der obere und untere Schätz-Grenzwerte r , r für das garantierte Zustands-Intervall des nicht-messbaren Zustands r fehlerkorrigiert ermittelt.
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Am Ausgang des Intervallbeobachters 1 ist dann der nicht-messbare Zustand r durch den unteren Schätz-Grenzwert r und den oberen Schätz-Grenzwert r gekennzeichnet. Dabei können sich beide Schätz-Grenzwerte r , r von oben bzw. unten annähern.
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Der Intervallbeobachter
1 für den nicht-messbaren Zustand r hat dabei folgende Zielstellung:
mit r = nicht-messbarer Zustand;
i = oberer Schätz-Grenzwert,
r = unter Schätz-Grenzwert.
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Des Weiteren werden die Mess- und Eingangsgrößen als Initialwertepaare für den Zustand x0 ∈ [x 0 , x 0], Eingangswertepaare u ∈ [u(t); u(t)] und Messwertepaare y ∈ [y(t); y(t)] dem Intervallbeobachter 1, insbesondere den Beobachter- und Verstärker-Matrizen F1,hyb bis Fk,hyb, G1,hyb bis Gl,hyb, H1,hyb bis Hv,hyb, L1,hyb bis Lp,hyb und L .1,hyb bis L .d,hyb zugeführt.
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2 bis 5 zeigen verschiedene Diagramme.
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2 zeigt das Versuchsszenario der simulativen Verifikation.
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Während der Simulation wurden das Drehmoment M kontinuierlich um 10 Nm/s erhöht und die Winkelgeschwindigkeit ωmech um 6000 s–2 erhöht, um aufzuzeigen, das der zuvor beschriebene Intervallbeobachter 1 bei derart schnellen Varianzen des zugrunde gelegten invarianten Systems mit der Varianzmatrix A(t) obere und untere Schätz-Grenzwerte r , r für den nicht-messbaren Zustand r, hier die Magnetisierungsstromkomponenten img,α und img,β, liefert, wie dies in 3 in den Diagrammen für die Magnetisierungsstromkomponenten img,α und img,β gezeigt ist.
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4 und 5 zeigen eine experimentelle Überprüfung des vorgeschlagenen Intervallbeobachters 1. Dem Test liegt eine Asynchronmaschine 2 mit einem maximalen Drehmoment M von 6,3 Nm und einem Echtzeit-Verarbeitungssystem mit implementierten Intervallbeobachter 1 mit einem sogenannten „dSpace ds1005 Controller” zugrunde.
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Die Testsequenz startet bei t = 1,148 s. 4 zeigt den experimentellen Verlauf der realen Messgrößen: Drehmoment M und Winkelgeschwindigkeit ωmech.
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5 zeigt die mittels des vorgeschlagenen Intervallbeobachters 1 für das Szenario nach 4 ermittelten Werte für den nicht-messbaren Zustand r, vorliegend die Magnetisierungsstromkomponente iμ,α und deren ermittelten oberen und unteren Schätz-Grenzwert i μ,α, i μ,α (r, r). Dabei wurden die Anfangswerte für den oberen und unteren Schätz-Grenzwert i μ,α, i μ,α (r, r) und deren Unsicherheiten sehr groß gewählt.
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Die in 5 gezeigte Differenz der ermittelten Schätz-Grenzwerte i μ,α, i μ,α (r, r) zeigt die Genauigkeit des Intervallbeobachters 1 an. Dabei brechen die anfänglichen Unsicherheiten genauso schnell ein wie in der Simulation und es ergibt sich eine Differenz von weitgehend Null und damit eine festgestellte hohe Genauigkeit für den vorgestellten Intervallbeobachter 1.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Intervallbeobachter
- 2
- Asynchronmaschine
- 3.1, 3.2
- Kombinationsglied
- 4
- Regler
- 5
- Steuergerät
- F1,hyb bis Fk,hyb
- Beobachter- und Verstärker-Matrizen
- G1,hyb bis Gl,hyb
- Beobachter- und Verstärker-Matrizen
- H1,hyb bis Hv,hyb
- Beobachter- und Verstärker-Matrizen
- L1,hyb bis Lp,hyb
- Beobachter- und Verstärker-Matrizen
- L .1,hyb bis L .d,hyb
- Beobachter- und Verstärker-Matrizen
- F
- Metzler-Matrix
- GCF, GCG, GCH, GCL oder GCL
- Umschaltbedingung des hybriden Beobachters
- img
- Magnetisierungsstromkomponente
- M
- Drehmoment
- ρ
- Hilfsschätzwert
- r
- nicht messbarer Zustand
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r
- oberer Schätz-Grenzwert
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r
- unterer Schätz-Grenzwert
- ωmech
- Winkelgeschwindigkeit
- x
- Zustand
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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