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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines ersten Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs, wobei das erste Fahrerassistenzsystem in einem aktiven und in einem passiven Betriebsmodus betreibbar ist, wobei durch das erste Fahrerassistenzsystem ausschließlich in dem aktiven Betriebsmodus in eine Längsführung und/oder in eine Querführung des Kraftfahrzeugs eingegriffen wird, indem wenigstens eine Fahrzeugeinrichtung des Kraftfahrzeugs angesteuert wird.
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Moderne Kraftfahrzeuge stellen häufig Funktionen bereit, um einem Fahrer bei der Führung des Kraftfahrzeugs zu assistieren bzw. um ihm bestimmte Fahraufgaben abzunehmen. So ist es bekannt, automatische Einparkfunktionen bereitzustellen, bei denen ein Fahrerassistenzsystem während eines Einparkvorgangs automatische Lenkeingriffe durchführt und in einigen Fällen auch die Längsführung des Kraftfahrzeugs übernimmt. Es ist auch bekannt, Fahrerassistenzsysteme bereitzustellen, die eine automatische Spurführung oder eine automatische Abstandsregelung durchführen können. Bei assistierten bzw. teilautomatisierten Fahrerassistenzsystemen ist es erforderlich, dass der Fahrer stets zur vollständigen Übernahme der Fahrzeugführung bereit ist. Es werden jedoch bereits hoch- bzw. vollautomatisierte Fahrerassistenzsysteme entwickelt, bei denen das Fahrerassistenzsystem das Kraftfahrzeug auch ohne eine dauerhafte Überwachung durch einen Fahrer führen kann.
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Die Leistungsfähigkeit und die Systemgrenzen dieser Fahrerassistenzsysteme hängen stark von den Umgebungsbedingungen ab. Ein Fahrer muss daher abschätzen, inwieweit es eine bestimmte Fahrsituation ermöglicht, das Kraftfahrzeug assistiert oder (teil-)automatisiert durch ein Fahrerassistenzsystem zu führen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein demgegenüber verbessertes Verfahren zum Betrieb eines Fahrerassistenzsystems anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren der eingangs genannten Art gelöst, wobei wenigstens ein Parameter wenigstens eines zweiten Fahrerassistenzsystems erfasst wird, wobei bei einer Erfüllung einer von dem Parameter abhängigen Abschaltbedingung das erste Fahrerassistenzsystem automatisch in den passiven Betriebsmodus umgeschaltet wird und/oder ein Wechsel von dem passiven Betriebsmodus in den aktiven Betriebsmodus blockiert wird.
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Erfindungsgemäß wird berücksichtigt, dass der Betrieb einer Vielzahl von im Kraftfahrzeug genutzten Fahrerassistenzsystemen, beispielsweise von Fahrerassistenzsystemen, die den Schlupf eines oder mehrerer Räder regeln, stark von den Fahrbedingungen, insbesondere von den Straßenverhältnissen, abhängt. Parameter entsprechender zweiter Fahrerassistenzsysteme können somit gute Indikatoren für das Vorliegen bestimmter Straßenverhältnisse, insbesondere bezüglich des Haftungsvermögens der Reifen, darstellen. Das erste Fahrerassistenzsystem kann eine Abstandsregelung, einen Spurassistenzen, eine (teil-)automatisierte Längs- und Querführung oder ähnliches bereitstellen. Das erfindungsgemäße Verfahren kann parallel für mehrere Fahrerassistenzsysteme durchgeführt werden kann, die einzeln abschalt- bzw. blockierbar sind.
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Bei dem ersten und dem zweiten Fahrerassistenzsystem handelt es sich um unterschiedliche Fahrerassistenzsysteme. Im erfindungsgemäßen Verfahren können vorzugsweise Parameter mehrerer zweiter Fahrerassistenzsysteme ausgewertet werden.
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Mehrere erste und/oder zweite Fahrerassistenzsysteme können gemeinsam durch eine einzelne Steuereinrichtung implementiert werden. Es ist jedoch auch möglich, für jedes Fahrerassistenzsystem eine eigene Steuereinrichtung vorzusehen, oder erste und/oder zweite Fahrerassistenzsysteme gruppenweise auf mehrere Steuereinrichtungen zu verteilen. Fahrerassistenzsysteme sind durch ihre bereitgestellte Funktionalität definiert. Für das erfindungsgemäße Verfahren ist es unwesentlich, durch welche Bauteilgruppen die Funktionalität der Fahrassistenzsysteme implementiert wird.
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Ein Wechsel in den aktiven Betriebsmodus des ersten Fahrerassistenzsystems kann erfolgen, wenn dieser durch ein weiteres Fahrzeugsystem angefordert wird und nicht aufgrund des Vorliegens der Abschaltbedingung blockiert wird. Bei dem weiteren Fahrzeugsystem kann es sich um ein Bedienelement handeln, das eine Aktivierung des aktiven Betriebsmodus durch eine Benutzereingabe ermöglicht. Bei dem Bedienelement kann es sich um ein Multifunktionsbedienelement handeln, das eine Bedienung mehrerer Fahrzeugfunktionen, beispielsweise durch ein Menüsystem, ermöglicht.
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Das Kraftfahrzeug kann durch das erste Fahrerassistenzsystem im aktiven Betriebsmodus assistiert, teilautomatisiert oder automatisiert geführt werden. Bei einer automatisierten Führung kann es sich um eine hochautomatisierte oder um eine vollautomatisierte Führung handeln. Die Definition der Automatisierungsgrade entspricht der Definition der Bundesanstalt für Straßenwesen, die im Artikel „Rechtsfolgen zunehmender Fahrzeugautomatisierung" (Forschung Kompakt 11/12) veröffentlicht wurde. Bei einer assistierten Führung übernimmt das Fahrerassistenzsystem demnach entweder die Quer- oder die Längsführung. Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen. Bei einer (teil-)automatisierten Führung übernimmt das Fahrerassistenzsystem sowohl die Quer- als auch die Längsführung. Bei einer teilautomatisierten Führung muss der Fahrer das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme der Fahrzeugführung bereit sein. Bei einer hochautomatisierten bzw. vollautomatisierten Führung ist keine dauerhafte Überwachung notwendig. Eine vollautomatisierte Führung erfordert gegenüber einer hochautomatisierten Führung zusätzlich, dass das System auch ohne ein Eingreifen des Fahrers in allen Situationen in der Lage ist, das System in einen risikominimalen Systemzustand zurückzuführen, also beispielsweise das Kraftfahrzeug sicher abzustellen.
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Das erste Fahrerassistenzsystem kann Funktionen zur (teil-)automatisierten Spurführung und/oder Abstandsregelung bereitstellen. Es kann auch ausgebildet sein, eine (teil-)automatisierte Längs- und/oder Querführung des Kraftfahrzeugs in bestimmten Streckenabschnitten und/oder Fahrsituationen durchzuführen. Das erste Fahrerassistenzsystem kann beispielsweise ein Stau- oder Autobahnassistent sein. Alternativ oder ergänzend kann das erste Fahrerassistenzsystem Funktionen zum (teil-)automatisierten Folgen von Vorfahrzeugen und/oder zum assistierten (teil-)automatisierten Einparken bereitstellen.
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Durch das zweite Fahrerassistenzsystem können in Abhängigkeit einer Eingriffsbedingung Bremseingriffe und/oder Lenkeingriffe durchgeführt werden. Die Brems- und/oder Lenkeingriffe können durch eine Ansteuerung eines Aktors erfolgen. Alternativ kann das Fahrerassistenzsystem Steuerbefehle an eine oder mehrere Steuereinrichtungen senden, die entsprechende Steuerfunktionen durchführen. Die Eingriffsbedingungen kann Parameter auswerten, die auf einen Radschlupf wenigstens eines Rades des Kraftfahrzeugs hinweisen, beispielsweise Drehzahlunterschiede zwischen verschiedenen Rädern.
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Als das zweite Fahrerassistenzsystem oder als eines der zweiten Fahrerassistenzsysteme kann ein Fahrerassistenzsystem verwendet werden, das zur Regelung des Schlupfes wenigstens eines der Räder des Kraftfahrzeugs dient. Als das zweite Fahrerassistenzsystem oder als eines der zweiten Fahrerassistenzsysteme kann ein Antiblockiersystem, eine Anfahrschlupfregelung, eine elektronische Differentialsperre, eine Fahrdynamikregelung, eine Motor-Schleppmomentregelung und/oder eine Einrichtung zur Auslösung automatischer Bremseingriffe zur Trocknung von Bremsen verwendet werden. Eine Fahrdynamikregelung wird häufig auch elektronisches Stabilisierungsprogramm genannt. Für Einrichtungen zur Trocknung von Bremsen durch automatische Bremseingriffe wird auch die Bezeichnung „Bremsscheibenwischer” verwendet.
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Anfahrschlupfregelungen und elektronische Differentialsperren dienen dazu, einzelne Räder oder Gruppen von Rädern zu bremsen, wenn ein Schlupf von Rädern oder Gruppen von Rädern erfasst wird. Bei einer Fahrdynamikregelung dient das Bremsen einzelner Räder dazu, zusätzliche Giermomente aufzubringen oder Giermomente zu kompensieren, um ein Schleudern des Kraftfahrzeugs zu verhindern. In einigen Fahrsituationen kann ein rasches Einkuppeln oder ein Gangwechseln dazu führen, dass aufgrund einer Bremsleistung des Motors an einem oder mehreren der Räder des Kraftfahrzeugs Schlupf auftritt. Motor-Schleppmomentregelungen dienen dazu, in diesen Fällen den Motor zur Drehzahlerhöhung anzusteuern und somit einem Reifenschlupf durch eine Motorbremsung zur verhindern bzw. zu verringern.
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Der Parameter oder zumindest einer der Parameter kann eine Häufigkeit von durch das zweite Fahrerassistenzsystem ausgelösten Fahreingriffen sein. Insbesondere die Eingriffshäufigkeit von Fahrerassistenzsystemen zur Regelung eines Schlupfes korreliert stark mit der Haftfähigkeit der Reifen des Kraftfahrzeugs. Durch die Nutzung einer Eingriffshäufigkeit als Parameter kann erfasst werden, wie häufig ein entsprechender Eingriff zur Schlupfregelung erforderlich war. Häufige Eingriffe zur Schlupfregelung deuten auf schlechte Straßenverhältnisse, insbesondere auf Glätte, hin.
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Der Parameter kann die Anzahl der Fahreingriffe innerhalb eines vorgegebenen Zeitintervalls oder Entfernungsintervalls beschreiben. Werden im erfindungsgemäßen Verfahren mehrere zweite Fahrerassistenzsysteme genutzt, kann das jeweilige Zeit- bzw. Entfernungsintervall für die verschiedenen Fahrerassistenzsysteme jeweils gleich oder unterschiedlich gewählt sein. Es ist möglich, jeden einzelnen Fahreingriff des jeweiligen Fahrerassistenzsystems separat zu zählen. Vorzugsweise wird jedoch jedes Eingreifen vom Beginn des Eingriffs durch das Fahrassistenzsystem bis zum Ende des Eingriffs als ein einzelner Eingriff gezählt. Demnach wird beispielsweise bei einem Antiblockiersystem nicht jede einzelne Modulation der Bremsstärke gezählt, sondern das gesamte Eingreifen des Antiblockiersystems während eines Bremsvorgangs als ein Eingriff gezählt. Optional ist es möglich, Fahreingriffe dann nicht mitzuzählen, wenn sie dicht hinter einem vorangehenden Fahreingriffen liegen. Ein Fahreingriff kann beispielsweise nur dann gezählt werden, wenn seit einem vorangehenden Fahreingriff des gleichen Fahrerassistenzsystems ein gewisses Zeitintervall vergangen ist bzw. ein gewisses Entfernungsintervall zurückgelegt wurde.
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Es ist möglich, dass mehrere der Parameter erfasst werden, wobei in Abhängigkeit von einer gewichteten oder ungewichteten Summe der Parameter bestimmt wird, ob die Abschaltbedingung erfüllt ist. Die Summe der Parameter kann mit einem Grenzwert verglichen werden, wobei die Abschaltbedingung dann erfüllt sein kann, wenn die Summe größer oder größer gleich dem Grenzwert ist. Es können mehrere zweite Fahrerassistenzsysteme verwendet werden, wobei von jedem der zweiten Fahrerassistenzsysteme wenigstens einer der Parameter erfasst wird. Ist die Erfüllung der Abschaltbedingung von einer Summe der Parameter abhängig, kann die Summe insbesondere als Summe jeweils eines Parameters der verschiedenen Fahrerassistenzsysteme berechnet werden.
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Die Erfüllung der Abschaltbedingung kann zusätzlich in Abhängigkeit wenigstens eines Zusatzparameters ermittelt werden, der durch eine Komfort- und/oder Informationseinrichtung des Kraftfahrzeugs bereitgestellt wird. Als Komfort- und/oder Informationseinrichtung des Kraftfahrzeugs kann jede Einrichtung des Kraftfahrzeugs aufgefasst werden, die nicht zum Eingriff in den Fahrbetrieb dient. Komforteinrichtungen können beispielsweise eine Heizung oder ein Scheibenwischer des Kraftfahrzeugs sein. Informationseinrichtungen stellen dem Fahrer Daten über den Fahrzeugzustand oder weitere Daten bereit. Beispielsweise können Informationseinrichtungen Zusatzparameter bereitstellen, die das Wetter, insbesondere eine Außentemperatur, eine Geschwindigkeit oder einen Abstand zu einem weiteren Kraftfahrzeug oder einem Fahrbahnrand beschreiben. Als Informationseinrichtung kann auch ein Navigationssystem dienen, das insbesondere Positionsdaten oder aus Positionsdaten abgeleitete Informationen als Zusatzparameter bereitstellen kann.
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Dies können ein Straßentyp, eine geographische Lage, beispielsweise ob sich das Kraftfahrzeug auf der Nord- oder der Südhalbkugel befindet, oder Ähnliches sein. Häufig werden in Kraftfahrzeugen getrennte Bordnetze genutzt, um fahrrelevante Daten und komfortrelevante Daten auszutauschen. Als Zusatzparameter kann jegliche Information aus einem Komfort-Datennetz des Kraftfahrzeugs genutzt werden. Als Zusatzparameter kann ein Datum und/oder ein Betriebsmodus eines Scheibenwischers erfasst werden. Ein Datum kann über eine interne Uhr des Kraftfahrzeugs oder über ein Funksignal bereitgestellt werden. Als Betriebsmodus des Scheibenwischers kann bereitgestellt werden, ob der Scheibenwischer ein- oder ausgeschaltet ist. Im eingeschalteten Zustand kann der Betriebsmodus zudem eine Wischgeschwindigkeit beschreiben.
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Die Erfüllung der Abschaltbedingung kann in Abhängigkeit einer logischen Verknüpfung der Ergebnisse mehrerer Einzelbedingungen ermittelt werden. Es können mehrere Einzelbedingungen definiert werden, die in Abhängigkeit des bzw. der Parameter und/oder des bzw. der Zusatzparameter jeweils als erfüllt oder als nicht erfüllt bestimmt werden. Die Ergebnisse dieser Einzelbedingungen können logisch verknüpft werden, beispielsweise durch die Verknüpfungen „und”, „oder”, „exklusives oder” und/oder „nicht”.
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Eine Abschaltung bzw. eine Blockade des aktiven Betriebsmodus des ersten Fahrerassistenzsystems kann insbesondere dann erfolgen, wenn keine oder wenn wenigstens eine der Einzelbedingungen erfüllt ist. Als eine der Einzelbedingungen kann ermittelt werden, ob das zweite Fahrerassistenzsystem oder wenigstens eines der zweiten Fahrerassistenzsysteme, beispielsweise durch eine Bedieneingabe des Benutzers, abgeschaltet ist. Ist eine derartige Abschaltung erfolgt, kann insbesondere die Abschaltbedingung stets erfüllt sein, womit in diesem Fall das erste Fahrerassistenzsystem in den passiven Betriebsmodus geschaltet und/oder blockiert wird.
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Die Abschaltbedingung bzw. die Einzelbedingungen können als geschlossene Formel, insbesondere als Ungleichung, formulierbar sein. Einzelne Elemente der Formel können hierbei komplexe Abhängigkeiten von wenigstens einem der Parameter oder der Zusatzparameter aufweisen. Beispielsweise kann eine Variable in Abhängigkeit des Erfülltseins einer weiteren Bedingung, z. B. eines Vergleichs eines Zusatzparameters mit einem Grenzwert, bestimmt werden. So ist es beispielsweise möglich, Grenzwerte für eine Summe von Parametern, in deren Abhängigkeit das Erfülltsein der Abschaltbedingung ermittelt wird, in Abhängigkeit eines oder mehrerer Zusatzparameter vorzugeben.
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Neben dem erfindungsgemäßen Verfahren betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug, umfassend wenigstens eine Steuereinrichtung, wobei die Steuereinrichtung wenigstens ein erstes und wenigstens ein zweites Fahrerassistenzsystem implementiert, wobei die Steuereinrichtung zur Teilnahme an dem erfindungsgemäßen Verfahren ausgebildet ist.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den folgenden Ausführungsbeispielen sowie den zugehörigen Zeichnungen. Dabei zeigen:
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1 bis 3 Ablaufdiagramme mehrerer Teilverfahren eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
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4 ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug.
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1 zeigt ein Verfahren zum Betrieb eines ersten Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs, wobei das erste Fahrerassistenzsystem in einem aktiven und in einem passiven Betriebsmodus betreibbar ist. In Schritt S1 wird das erste Fahrerassistenzsystem in dem aktiven Betriebsmodus betrieben, in dem durch das erste Fahrerassistenzsystem in die Fahrzeugführung eingegriffen wird.
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Bei dem ersten Fahrerassistenzsystem handelt es sich um ein Fahrerassistenzsystem, das dem Fahrer bei einer Autobahnfahrt assistiert, indem es die Fahrzeugführung teilautomatisiert durchführt. Eine Querführung erfolgt durch einen Spurführungsassistenten und eine Längsführung durch einen Abstandsassistenzen. Das erste Fahrerassistenzsystem ist derart ausgebildet, dass ein Fahrer den Fahrbetrieb ständig überwachen muss. Die Auswahl des ersten Fahrerassistenzsystems ist rein beispielhaft. Mit dem zu 1 bis 3 erklärten Vorgehen können auch beliebige andere erste Fahrerassistenzsysteme betrieben werden, insbesondere auch solche, die ausschließlich längs- oder querführend in den Fahrbetrieb eingreifen oder solche, die einen Betrieb des Kraftfahrzeugs auch ohne eine ständige Überwachung durch den Fahrer ermöglichen.
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Während der assistierten bzw. (teil-)automatisierten Führung des Kraftfahrzeugs wird wiederholt überprüft, ob eine Abschaltbedingung für das Fahrerassistenzsystem erfüllt ist, in welchem Fall automatisch in den passiven Betriebsmodus umgeschaltet wird. Hierzu werden in den Schritten S2, S3 und S4 Parameter dreier zweiter Fahrerassistenzsysteme erfasst. Bei den Parametern handelt es sich jeweils um eine Häufigkeit von durch das jeweilige zweite Fahrerassistenzsystem ausgelösten Fahreingriffen. In Schritt S2 wird eine Häufigkeit von Fahreingriffen durcheine elektronische Differentialsperre erfasst, in Schritt S3 eine Häufigkeit von Eingriffen durch ein Antiblockiersystem und in Schritt S4 eine Häufigkeit von Eingriffen durch eine Motor-Schleppmomentregelung. Die jeweils erfassten Häufigkeiten werden in Schritt S5 zu einer Summe der Häufigkeiten addiert.
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Zusätzlich oder alternativ zu den in Schritt S2, S3 und S4 erfassten Häufigkeiten könnte auch eine Häufigkeit des Eingreifens einer Anfahrschlupfregelung, einer Fahrdynamikregelung oder einer Einrichtung zur Auslösung automatischer Bremseingriffe zur Trocknung von Bremsen ausgewertet werden. Als Häufigkeit wird die Anzahl der Eingriffe durch das jeweilige System innerhalb der letzten fünf Kilometer ausgewertet. Versuche haben ergeben, dass bei einer typischen Fahrweise und bei winterlichen Straßenverhältnissen ein Antiblockiersystem, eine Anfahrschlupfregelung, eine elektronische Differentialsperre und eine Fahrdynamikregelung jeweils ca. 60 mal pro 500 km Fahrstrecke eingreifen, während eine Motor-Schleppregelung ca. 200 mal pro 500 km Fahrstrecke eingreift. Mit den in Schritt S2, S3 und S4 ermittelten Häufigkeiten wäre somit für die Summe in Schritt S5 bei winterlichen Fahrbahnen ein Wert von ca. 3,2 für die Summe zu erwarten.
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Insbesondere wenn zusätzlich zu den drei im Beispiel berücksichtigten Fahrerassistenzsystemen Eingriffshäufigkeiten weiterer Fahrerassistenzsysteme ermittelt werden, ist es möglich, auch kürzere Distanzen zur Auswertung heranzuziehen. Zusätzlich oder ergänzend zu einer Häufigkeit pro gefahrener Strecke kann auch eine Häufigkeit herangezogen werden, die sich auf eine Häufigkeit pro Zeitintervall bezieht.
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In Schritt S6 wird ein Betriebsmodus eines Scheibenwischers ermittelt. Hierbei wird ermittelt, ob der Scheibenwischer aktiv ist, und ob er, falls er aktiv ist, auf eine langsame oder eine schnelle Stufe gestellt ist. In Schritt S7 wird durch Nutzung einer Look-up-Table ein dem Betriebsmodus des Scheibenwischers zugeordneter Grenzwert für die in Schritt S5 berechnete Summe ausgewählt. Ist ein Scheibenwischer nicht aktiv, so kann, da der Erwartungswert für die Summe in Schritt S5 bei winterlichen Fahrbahnen ca. 3,2 ist, ein Grenzwert von 3 vorgegeben werden, da ein Erreichen oder Überschreiten von drei Eingriffen in Summe für das Vorliegen winterlicher Straßenverhältnisse spricht. Für einen aktiven Scheibenwischer auf niedriger und auf hoher Stufe können jeweils niedrigere Grenzwert festgelegt werden.
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In Schritt S8 wird ermittelt, ob die von den Parametern der zweiten Fahrerassistenzsysteme und dem Zusatzparameter abhängige Abschaltbedingung erfüllt ist. Dies ist der Fall, wenn die in Schritt S5 ermittelte Summe größer oder gleich dem in Schritt S7 bestimmten Grenzwert ist. Ist dies der Fall, so wird in Schritt S10 das erste Fahrerassistenzsystem in den passiven Betriebsmodus umgeschaltet. Hierzu wird vorzugsweise zunächst ein Hinweis an den Fahrer ausgegeben, um ihn zu einer Fahrübernahme aufzufordern. Eine Umschaltung in den passiven Betriebsmodus kann erst nach einer Fahrübernahme durch den Fahrer erfolgen. Erfolgt eine Fahrerübernahme nicht, ist es möglich, das Kraftfahrzeug in einen sicheren Betriebszustand zu versetzen. Es kann insbesondere in den Stillstand gebremst werden. Erfolgt eine Fahrerübernahme, so wird das Verfahren in Schritt S11 fortgesetzt, wobei das Kraftfahrzeug ohne Fahreingriffe durch das erste Fahrerassistenzsystem durch den Fahrer manuell geführt wird. Die Fortsetzung des Verfahrens ausgehend von diesem Zustand wird im Folgenden mit Bezug auf 2 erläutert.
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Wurde in Schritt S8 ermittelt, dass die Abschaltbedingung nicht erfüllt ist, so wird in Schritt S9 überprüft, ob ein Wechsel in den passiven Betriebsmodus durch den Fahrer oder eine andere Fahrzeugeinrichtung eingeleitet wurde. Ist dies der Fall, so wird das Verfahren ebenfalls mit Schritt S10 fortgesetzt, ansonsten wird es ab Schritt S1 wiederholt.
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Das in 1 gezeigte Verfahren kann auf vielfältige Weise variiert werden. Wie bereits erwähnt ist es möglich, Parameter weiterer zweiter Fahrerassistenzsysteme auszuwerten. Zudem können mehrere Parameter eines einzelnen Fahrerassistenzsystems ausgewertet werden. Zusätzlich können andere Zusatzparameter, beispielsweise die Stufe einer Heizung, eine Außentemperatur, ein Datum oder ähnliches erfasst werden. Es ist auch möglich, dass Teile der Parameter und/oder der Zusatzparameter im Rahmen von Einzelbedingungen ausgewertet werden, wobei die Ergebnisse der Einzelbedingungen logisch verknüpft werden, um zu ermitteln, ob die Abschaltbedingung erfüllt ist.
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2 zeigt eine Fortsetzung des in 1 gezeigten Verfahrens, wobei in Schritt S12 das erste Fahrerassistenzsystem im passiven Betriebsmodus betrieben wird. Der Zustand in Schritt S12 entspricht somit dem Zustand, der im Ablaufdiagramm gemäß 1 in Schritt 11 erreicht wird.
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Im Schritt S13 werden Bedieneingaben eines Fahrers an einem Bedienelement erfasst, durch die das erste Fahrerassistenzsystem in den aktiven Modus versetzbar ist. In Schritt S14 wird überprüft, ob eine derartige Eingabe erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall, so wird das Verfahren ab Schritt S12 wiederholt, das heißt das Fahrerassistenzsystem bleibt im passiven Betriebsmodus.
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Wurde jedoch eine Fahrereingabe erfasst, die zum Wechsel in den aktiven Betriebsmodus führen soll, so werden in den Schritten S15, S16 und S17 Parameter dreier Fahrerassistenzsysteme erfasst. Diese Schritte entsprechen den Schritten S2, S3 und S4 in 1. In Schritt S18 werden die Parameter addiert. In Schritt S19 wird, wie zu Schritt S6 in 1 erläutert, ein Zusatzparameter erfasst und aus diesem in Schritt S20 ein Grenzwert für die in Schritt S18 berechnete Summe bestimmt. In Schritt S21 wird überprüft, ob die in Schritt S18 berechnete Summe größer als der in Schritt S20 bestimmte Grenzwert ist, also ob die bereits zu Schritt S8 in 1 erläuterte Abschaltbedingung erfüllt ist. Ist dies der Fall, so soll ein Wechsel von dem passiven Betriebsmodus in den aktiven Betriebsmodus blockiert werden. Daher wird in Schritt S22 eine entsprechende Rückmeldung an den Fahrer ausgegeben. Dies kann beispielsweise akustisch und/oder optisch erfolgen. Das Verfahren wird anschließend in Schritt S12 fortgesetzt, das heißt der Betrieb des ersten Fahrerassistenzsystems erfolgt weiterhin im passiven Betriebsmodus.
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Wird in Schritt S21 jedoch ermittelt, dass die Abschaltbedingung nicht erfüllt ist, so wird in Schritt S23 der Betriebsmodus des ersten Fahrerassistenzsystems in den aktiven Betriebsmodus gewechselt. Somit erfolgt in Schritt S24, der dem Schritt S1 in 1 entspricht, ein Betrieb des ersten Fahrerassistenzsystems im aktiven Betriebsmodus, womit eine assistierte oder (teil-)automatisierte Führung des Kraftfahrzeugs erfolgt.
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3 zeigt ein Ablaufdiagramm zur Ermittlung der Häufigkeit des Eingreifens eines Fahrerassistenzsystems am Beispiel einer elektronischen Differentialsperre. Da primär das Prinzip der Häufigkeitsermittlung dargestellt werden soll, zeigt das Ablaufdiagramm eine elektrische Differentialsperre mit sehr einfacher Struktur.
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In Schritt S25 wird durch einen Drehzahlsensor die Drehzahl eines ersten Rades und in Schritt S26 durch einen weiteren Drehzahlsensor die Drehzahl eines weiteren Rades erfasst. In Schritt S27 wird die Differenz der Drehzahlen der Räder bestimmt und in Schritt S28 überprüft, ob diese größer als ein vorgegebener Grenzwert ist. Ist dies der Fall, so erfolgt in Schritt S29 eine Ansteuerung eines Aktors, um einen Bremseingriff an jenem der Räder durchzuführen, das schneller rotiert.
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In Schritt S30 wird die Information in einem Datenspeicher gespeichert, dass ein Fahreingriff durch die elektronische Differentialsperre erfolgt ist. Zusätzlich wird eine Distanzinformation gespeichert, die die seit einem definierten Wegpunkt zurückgelegte Strecke beschreibt. Der definierte Wegpunkt kann insbesondere jener Punkt sein, an dem die aktuelle Fahrt begonnen wurde, es kann jedoch auch eine Gesamtdistanz seit der Endmontage des Kraftfahrzeugs, seit der letzten Wartung oder Ähnliches gespeichert werden. Die Entfernungsmessung kann beispielsweise durch ein fahrzeuginternes Hodometer und/oder eine Nachverfolgung von GPS-Informationen erfolgen.
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In Schritt S31 werden alle Eingriffe aus dem Datenspeicher gelöscht, seit denen mehr als eine vorgegebene Wegstrecke von beispielsweise fünf Kilometern zurückgelegt wurden. Hierzu kann die aktuell seit dem definieren Wegpunkt zurückgelegte Distanz mit der zu dem jeweiligen Ereignis gespeicherten Distanzinformation verglichen werden.
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In Schritt S32 wird die Anzahl der verbliebenen im Datenspeicher gespeicherten Ereignisse erfasst und für die Weiterverarbeitung in den Schritt S2 bzw. S15 der 1 bzw. 2 bereitgestellt.
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Wird in Schritt S28 ermittelt, dass die in Schritt S27 ermittelte Differenz kleiner ist als der vorgegebene Grenzwert, so werden die Schritt S29 und S30 übersprungen.
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Ausgehend von dem in 3 gezeigten Beispiel ist leicht erkennbar, dass eine entsprechende Häufigkeitsermittlung auch auf andere zweite Fahrerassistenzsysteme übertragen werden kann. In einer alternativen Ausführungsform wäre es möglich, eine Häufigkeit nicht bezüglich einer zurückgelegten Distanz sondern bezüglich einer vergangenen Zeit zu bestimmen. In diesem Fall wird in Schritt S30 mit der Information, dass ein Eingriff erfolgt ist, eine Zeitinformation gespeichert, die den aktuellen Zeitpunkt beschreibt und in Schritt S31 würden jene Eingriffe aus dem Datenspeicher gelöscht, die länger als ein vorgegebenes Zeitintervall zurückliegen.
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Das in 3 dargestellte Verfahren ist bezüglich des Löschens der weit zurückliegenden Eingriffe relativ aufwändig. In einer alternativen Ausführungsform ist es möglich, eine Art Ringpuffer zu nutzen, um die innerhalb eines vorgegebenen Zeit- bzw. Distanzintervalls liegenden Eingriffe zu zählen. Hierzu wird das Zeit- bzw. Entfernungsintervall, für das die Anzahl der Eingriffe ermittelt werden soll, in mehrere Unterintervalle geteilt. Sollen beispielsweise Eingriffe während eines Fünfkilometer-Intervalls erfasst werden, können 50 Unterintervalle definiert werden, denen jeweils eine Distanz von 100 m zugeordnet ist. Jedem dieser Unterintervalle kann ein Zähler zugeordnet werden. Soll nun, wie in Schritt S30 der 3 ein Eingriff gespeichert werden, so wird der Zähler genau eines Unterintervalls erhöht. Das Unterintervall, dessen Zähler erhöht wird, verschiebt sich jeweils nach 100 m, das heißt nach der dem Unterintervall zugeordneten Distanz zum nächsten Unterintervall. Eingriffe innerhalb der ersten 100 m werden durch den dem ersten Unterintervall zugeordneten Zähler gezählt, Eingriffe, die zwischen 100 m und 200 m erfolgen, durch den Zähler, der dem zweiten Unterintervall zugeordnet ist, usw. Die Zuweisung erfolgt zyklisch: Nachdem 5 km zurückgelegt wurden, also ein Wechsel von dem dem letzten Unterintervall zugeordneten Zähler zu einem weiteren Zähler erfolgen sollte, wird der dem ersten Intervall zugeordnete Zähler auf null gesetzt und als nächster Zähler verwendet. Nach weiteren 100 m wird der dem zweiten Unterintervall zugeordnete Zähler auf null gesetzt und verwendet usw. Somit wird eine einem Ringpuffer ähnliche Struktur erreicht. Die Anzahl der innerhalb der letzten 5 km erfolgten Eingriffe kann stets ermittelt werden, indem die Werte aller Zähler addiert werden.
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4 zeigt ein Kraftfahrzeug 1, das eine erste Steuereinrichtung 2 und eine zweite Steuereinrichtung 3 umfasst, die zur Teilnahme an dem vorangehend mit Bezug auf 1 bis 3 erläuterten Verfahren ausgebildet sind. Die erste Steuereinrichtung 2 implementiert ein erstes Fahrerassistenzsystem, nämlich eine Spur- und Abstandsregelung. Die zweite Steuereinrichtung 3 implementiert mehrere zweite Fahrerassistenzsysteme, nämlich zumindest eine elektronische Differentialsperre, ein Antiblockiersystem und eine Motor-Schleppregelung. Die zweite Steuereinrichtung erfasst durch die Drehzahlsensoren 5, 6 die Drehzahlen der Räder des Kraftfahrzeugs und steuert gemäß der genannten zweiten Fahrerassistenzsysteme die Bremsen 8, 10 über die Aktoren 9, 11 an, um eine elektronische Differentialsperre zu implementieren. Zusätzlich steuert die zweite Steuereinrichtung 3 den Motor 7 im Rahmen der Motor-Schleppregelung und stellt ein Antiblockiersystem bereit. Die zweite Steuereinrichtung 3 ist derart ausgebildet, dass die Häufigkeiten der Eingriffe der Fahrerassistenzsysteme, wie zu 3 erläutert, ermittelt und über einen Fahrzeugbus an die erste Steuereinrichtung 2 bereitgestellt werden.
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Die erste Steuereinrichtung 2 implementiert das erste Fahrerassistenzsystem, wobei in einem aktiven Modus des ersten Fahrerassistenzsystems eine Spur- und Abstandsregelung erfolgt. Hierzu umfasst das Kraftfahrzeug 1 mehrere Sensoren, von denen beispielhaft die Kamera 4 gezeigt ist. Durch die Erfassungswerte der Sensoren kann ein Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug sowie eine Position innerhalb der Fahrspur bestimmt werden, wonach über nicht gezeigte Aktoren sowie über die Aktoren 9, 11 der Bremsen 8, 10 und eine Steuerung des Motors 7 derart in den Fahrbetrieb eingegriffen wird, dass ein Abstand zum Vordermann sowie die Position innerhalb der eigenen Fahrspur im Wesentlichen konstant gehalten wird.
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Die erste Steuereinrichtung erfasst zudem einen Betriebsmodus des Scheibenwischers 12 sowie die Eingriffshäufigkeiten der zweiten Fahrerassistenzsysteme und ermittelt aus diesen Informationen, wie zu 1 bzw. 2 erläutert, ob eine Abschaltbedingung erfüllt ist. Ist dies der Fall und das erste Fahrerassistenzsystem wird im aktiven Betriebsmodus betrieben, so erfolgt ein Wechsel in den passiven Betriebsmodus. Ein Wechsel von dem passiven Betriebsmodus in den aktiven Betriebsmodus ist nur dann möglich, wenn die Abschaltbedingung nicht erfüllt ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Artikel „Rechtsfolgen zunehmender Fahrzeugautomatisierung” (Forschung Kompakt 11/12) [0010]