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Die Erfindung betrifft ein Schienenfahrzeug mit einer Zugsicherungseinheit, einem Satz von Bremseinheiten, einer Recheneinheit, die dazu vorgesehen ist, Bremszustandsdaten der Bremseinheiten zur Erzeugung einer Zuginformation auszuwerten, und einer Schnittstelle, die zur Übermittlung der Zuginformation an die Zugsicherungseinheit vorgesehen ist.
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Es sind im Eisenbahnbetrieb insbesondere bei der Dienstaufnahme eines Schienenfahrzeugs sicherheitsbezogene Prozesse vorgeschrieben. Dazu gehört die sogenannte „Zugdateneingabe“, bei welcher der Zugsicherung Informationen über den Zug übermittelt werden, die für deren Funktion notwendig sind. Insbesondere zählt hierzu die Information über das Bremsvermögens des Zuges. Dabei wird auf der Basis von aktuellen Zustandsdaten der Bremseinheiten des Zuges ein sogenannter Brh-Wert (oder „Bremshundertstel“) gebildet, welcher neben weiteren Zugparametern vom Fahrzeugführer mit Hilfe einer Schnittstelle zur Zugsicherung eingegeben wird. Ein gegebener Brh-Wert, welcher von der Zugsicherung für deren Funktion übernommen wird, entspricht einer Vielzahl von Bremszustandssituationen des Zuges mit unterschiedlichen Bremsvermögen. Diese mangelnde Eindeutigkeit der Information zum Bremsvermögen wird herkömmlicherweise begegnet, indem aus der Menge der Zugzustände, welche zu einem identischen Brh-Wert führen, der Zustand mit dem schlechtesten Bremsvermögen erfasst wird. Dieser Zustand ist dann der dimensionierende und bestimmende Zustand für die Auswahl einer Überwachungskurve.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Schienenfahrzeug bereitzustellen, bei welchem die Übermittlung der Zuginformation schnell erfolgen kann und eine Vielzahl von Bremszustandssituationen für den Betrieb der Zugsicherungseinheit eindeutig charakterisiert werden können.
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Hierzu wird vorgeschlagen, dass die Recheneinheit eine Codierungseinheit aufweist, die dazu vorgesehen ist, einem gesammelten Satz von Bremszustandsdaten eine als Bremsvermögenscode ausgebildete Zuginformation zuzuordnen und die Zugsicherungseinheit eine erste Decodierungseinheit zum Decodieren des Bremsvermögenscodes umfasst. Hierdurch kann mit der Übermittlung einer geringen Informationsmenge ein einfacher und schneller Eingabevorgang erreicht werden. Besonders vorteilhaft werden bei der Decodierung des Bremsvermögenscodes sämtliche, von der Codierungseinheit codierte Bremszustandsdaten der Bremseinheiten auf der Seite der Zugsicherungseinheit erlangt, sodass diese zumindest über den gleichen Informationsgehalt wie die Recheneinheit verfügt. Hierdurch verfügt die Zugsicherungseinheit vorteilhafterweise über Bremsvermögensdaten, die für die aktuelle Betriebszustandssituation der Bremseinheiten eindeutig sind.
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Der Bremsvermögenscode ist insbesondere als eine einzelne Kenngröße, z.B. als eine Zahl, ein Buchstaben oder ein weiteres Symbol ausgebildet. Im Gegensatz zu herkömmlichen Vorgängen einer Zugdateneingabe an die Zugsicherungseinheit unterscheidet sich der Bremsvermögenscode von einem Brh-Wert (oder „Bremshundertstel“). Dieser weist den Nachteil auf, dass zu dessen Ermittlung eine Näherung ausgeführt wird, wodurch mehrere Betriebszustandssituationen der Bremseinheiten durch einen gleichen Brh-Wert charakterisiert werden. Hingegen kann durch die vorgeschlagene Übermittlung des Bremsvermögenscodes der Vorgang einer Zugdateneingabe möglichst ohne Eindeutigkeitsverlust erfolgen.
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Unter einer „Zugsicherungseinheit“ soll eine Einheit verstanden werden, welche im Zusammenwirken mit streckengebundenen, insbesondere im Gleisbett und/oder in dessen unmittelbarer Nähe angeordneten Anlagen, z.B. Balisen, dazu vorgesehen ist, Maßnahmen in Verbindung mit der Steuerung des Schienenfahrzeugs zu treffen. Diese umfassen insbesondere eine automatische Benachrichtigung an den Fahrzeugführer und/oder ein Eingreifen in die Steuerung des Schienenfahrzeugs, z.B. zur automatischen Einleitung einer Schnellbremsung. Diese Maßnahmen werden in der fachmännischen Sprache auch unter den Begriff „Zugbeeinflussung“ zusammengefasst. Die Zugsicherungseinheit kann in besonderen Ausführungen, z.B. in der Form einer Linien-Zug-Beeinflussung (oder LZB), zur automatischen Geschwindigkeitssteuerung des Schienenfahrzeugs vorgesehen sein. Zur Interaktion mit den streckengebundenen Anlagen ist die Zugsicherungseinheit vorzugsweise mit zumindest einem Empfänger, z.B. eine Antenne, ausgestattet.
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Die Bremszustandsdaten einer Bremseinheit umfassen zweckmäßigerweise zumindest die Angabe einer Bremsart und die Angabe einer Verfügbarkeit der Bremsart.
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Gemäß einer bevorzugten Ausbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, dass die Recheneinheit und die Zugsicherungseinheit jeweils eine Speichereinheit aufweisen, in welcher eine Zuordnungstabelle gespeichert ist, in der Werte des Bremsvermögenscodes jeweils einem Satz von Bremszustandsdaten des Satzes von Bremseinheiten zugeordnet sind. Durch die tabellarische Form und die lokale Zurverfügungstellung der Zuordnungstabellen in einer lokalen Speichereinheit kann eine besonders einfache und schnelle Codierung bzw. Decodierung des Bremsvermögenscodes erreicht werden. Insbesondere kann der Bremsvermögenscode einfach in der Form eines Tabellenindex ausgebildet sein. Die Codierung und die Decodierung können vorteilhaft anhand der gleichen Tabelle erfolgen. Die Zuordnungstabelle wird zweckmäßigerweise während der Entwicklungsphase des Schienenfahrzeugs erstellt und gilt für eine gesamte Flotte von Schienenfahrzeugen.
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Zur Codierung bzw. Decodierung des Bremsvermögenscodes weisen die Codierungseinheit bzw. Decodierungseinheit jeweils zweckmäßigerweise eine Prozessoreinheit auf, die Zugriff auf die jeweilige Speichereinheit hat. Diese Prozessoreinheit kann eine bestehende Prozessoreinheit der Recheneinheit bzw. der Zugsicherungseinheit sein, die ein Codierungsprogramm ausführt.
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Das Schienenfahrzeug ist vorteilhafterweise als Verband von gekoppelten Wagen ausgebildet, wobei zumindest einer der Wagen als Triebwagen ausgebildet ist. Schienenfahrzeuge in einer derartigen Konfiguration – in der fachmännischen Sprache auch „Triebzüge“ genannt – werden typischerweise als Zugeinheit mit fester Wagenanzahl betrieben, wobei die unterschiedlichen Bremszustandssituationen, welche im Verband potentiell auftreten können, ermittelt und bei der Erstellung der Zuordnungstabelle berücksichtigt werden. Der Verband kann für den Transport von Gütern und/oder Passagieren ausgebildet sein, vorzugsweise sind jedoch die Wagen jeweils für den Transport von Passagieren vorgesehen.
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Bremseinheiten des Satzes sind typischerweise in unterschiedlichen Wagen des Verbands angeordnet, wobei die Bremszustandsdaten einer Bremseinheit von einer lokalen Steuereinheit des entsprechenden Wagens erfasst werden. Die Recheneinheit ist zweckmäßigerweise gegenüber den lokalen Steuereinheiten eine zentrale Einheit des Schienenfahrzeugs und/oder sie ist den lokalen Steuereinheiten übergeordnet. Vorzugsweise weist das Schienenfahrzeug zumindest einen Datenbus auf, an welchen die lokalen Steuereinheiten der Wagen und die Recheneinheit datentechnisch angeschlossen sind.
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Gemäß einer bevorzugten Ausbildung wird vorgeschlagen, dass das Schienenfahrzeug eine zentrale Bremssteuereinheit aufweist, wobei die Recheneinheit Bestandteil der Bremssteuereinheit ist. Die Recheneinheit kann insbesondere von einer bestehenden Recheneinheit der zentralen Bremssteuereinheit gebildet sein. Zur Bildung der Codierungseinheit kann diese Recheneinheit mit einer entsprechenden Codierungsfunktion programmiert werden. Die Bremssteuereinheit ist zweckmäßigerweise gegenüber lokalen Steuereinheiten als zentrale Einheit ausgebildet, die jeweils zumindest einer Bremseinheit zugeordnet sind und zur Erfassung von entsprechenden Bremszustandsdaten dienen.
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Aus Sicherheitsgründen ist vorteilhaft, wenn die Zugdateneingabe mit Einbeziehen des Fahrzeugführers erfolgt. In diesem Zusammenhang kann dieser zumindest die Zuginformation zu Kontrollzwecken einsehen, wenn das Schienenfahrzeug eine Ausgabeeinheit zur Ausgabe der Zuginformation an den Fahrzeugführer aufweist. Insbesondere kann die Ausgabeeinheit ein im Führerraum angeordnetes Display sein.
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Es kann außerdem ein besonders hohes Sicherheitsniveau erreicht werden, wenn die Schnittstelle eine Eingabeeinheit zur Eingabe der Zuginformation durch den Fahrzeugführer aufweist. Hierdurch kann die Sicherheit des Prozesses der Zugdateneingabe auf ein Niveau gehoben werden, welches vorgeschriebenen Anforderungen genügt.
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Des Weiteren wird vorgeschlagen, dass das Schienenfahrzeug eine Übermittlungseinheit aufweist, die dazu vorgesehen ist, Ergebnisse einer mittels der ersten Decodierungseinheit ausgeführten Decodierung an die Schnittstelle zu übermitteln. Diese Ergebnisse können vorteilhaft zu Kontrollzwecken ausgewertet werden, wodurch eine die Sicherheit erhöhende Maßnahme erreicht werden kann. Insbesondere kann die Übermittlungseinheit Bestandteil der Zugsicherungseinheit sein.
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Eine vorteilhafte Redundanz in der Decodierung des Bremsvermögenscodes kann ferner erreicht werden, wenn das Schienenfahrzeug eine zweite Decodierungseinheit zum Decodieren des Bremsvermögenscodes aufweist. Vorzugsweise ist die zweite Decodierungseinheit Bestandteil der Recheneinheit. Dadurch kann eine Decodierung sowohl auf der Seite der Zugsicherungseinheit als auch auf der Seite einer Fahrzeugsteuerung und daher beidseitig der Schnittstelle erfolgen.
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In diesem Zusammenhang wird gemäß einer weiteren Ausführung der Erfindung vorgeschlagen, dass das Schienenfahrzeug eine Prüfeinheit aufweist, die dazu vorgesehen ist, Ergebnisse von mittels der ersten und zweiten Decodierungseinheit ausgeführten Decodierungen zu prüfen. Dadurch kann eine hohe Sicherheit gegenüber Fehlern in der Codierung und Decodierung des Bremsvermögenscodes und/oder Datenübertragungsfehlern erreicht werden. Insbesondere führt die Prüfeinheit einen Vergleich der Ergebnisse miteinander automatisch aus.
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Es können besonders hohe Sicherheitsanforderungen erfüllt werden, wenn die erste Decodierungseinheit und die zweite Decodierungseinheit derart programmiert sind, dass eine Decodierung mittels der ersten Decodierungseinheit und eine Decodierung mittels der zweiten Decodierungseinheit zueinander diversitär ausgeführt werden. Insbesondere sind die Decodierungseinheiten jeweils mit unterschiedlichen Programmiercodes programmiert.
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Die Erfindung geht ferner von einem Verfahren zum Betreiben eines Schienenfahrzeugs aus, welches eine Zugsicherungseinheit und einen Satz von Bremseinheiten aufweist, bei welchem Bremszustandsdaten der Bremseinheiten erfasst werden, die Bremszustandsdaten ausgewertet werden und daraus eine Zuginformation erzeugt wird und die Zuginformation an die Zugsicherungseinheit übermittelt wird.
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Es wird vorgeschlagen, dass bei der Auswertung der Bremszustandsdaten einem gesammelten Satz von Bremszustandsdaten eine als Bremsvermögenscode ausgebildete Zuginformation zugeordnet wird, der Bremsvermögenscode mittels einer Decodierungseinheit der Zugsicherungseinheit decodiert wird und die Zugsicherungseinheit auf der Basis der Ergebnisse der Decodierung betrieben wird. Hierdurch kann mit der Übermittlung einer geringen Informationsmenge ein einfacher und schneller Eingabevorgang erreicht werden. Besonders vorteilhaft werden bei der Decodierung des Bremsvermögenscodes sämtliche codierte Bremszustandsdaten der Bremseinheiten auf der Seite der Zugsicherungseinheit erlangt, sodass diese zumindest über den gleichen Informationsgehalt wie auf der Seite einer Fahrzeugsteuerung verfügt. Hierdurch verfügt die Zugsicherungseinheit vorteilhafterweise über Bremsvermögensdaten, die für die aktuelle Betriebszustandssituation der Bremseinheiten eindeutig sind. Bezüglich weiterer vorteilhafter Ausbildungen des vorgeschlagenen Verfahrens wird auf die obigen Ausführungen zum erfindungsgemäßen Schienenfahrzeug verwiesen.
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Es wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
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1 ein Schienenfahrzeug mit lokalen Bremssteuereinheiten, einer zentralen Bremssteuereinheit und einer Zugsicherungseinheit in einer schematischen Seitenansicht,
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2 eine Vernetzung der Bremssteuereinheiten und der zentralen Bremssteuereinheit mit einer Mensch-Maschine-Schnittstelle und der Zugsicherungseinheit,
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3 eine Zuordnungstabelle mit Bremsvermögenscodes und Bremszustandsdaten und
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4 die Vernetzung aus 2 bei einem Prüfmodus.
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1 zeigt ein Schienenfahrzeug 10 in einer schematischen Seitenansicht. Es ist als Verband von Wagen 12.1, 12.2 usw. ausgebildet, die miteinander gekoppelt sind. Das Schienenfahrzeug 10 ist als eine betrieblich untrennbare Zugeinheit ausgebildet, die in der fachmännischen Sprache auch als „Triebzug“ bezeichnet ist. Der Verband wird dabei ausschließlich für Wartungs- oder Reparaturzwecke geteilt.
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Das Schienenfahrzeug 10 ist mit mehreren Antriebseinheiten 14 ausgestattet, die jeweils einem unterschiedlichen Fahrwerk – auch „Triebdrehgestell“ genannt – zugeordnet sind. Eine Antriebseinheit 14 weist zumindest einen Fahrmotor auf, welcher zumindest eine angetriebene Achse 16 oder „Triebachse“ des entsprechenden Fahrwerks antreibt. Für ein Fahrwerk kann eine Antriebseinheit 14 einen oder zwei Fahrmotoren aufweisen. Nicht angetriebene Achsen 18 des Schienenfahrzeugs 10 sind „Laufachsen“ genannt.
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Triebzüge können gemäß unterschiedlichen Antriebskonzepten ausgelegt sein. Bei einem mit einer verteilten Traktion ausgestatteten Triebzug sind Komponenten einer Antriebskette, durch welche eine elektrische Leistung für zumindest eine Antriebseinheit 14 bereitgestellt wird, wie insbesondere ein Transformator und/oder Elemente einer Umrichtereinheit über mehrere Wagen 12 verteilt. Die Komponenten einer Antriebskette können gemäß einem weiteren Antriebskonzept auch in einem Wagen 12 konzentriert angeordnet sein, welcher demnach antriebstechnisch autark betreibbar ist. In dieser Konfiguration kann neben einer Teilung zu den oben erwähnten Wartungs- oder Reparaturzwecken auch eine Teilung zum Entfernen bzw. zum Hinzufügen eines derartigen Traktionswagens erfolgen. Bei einem Triebzug mit verteilter Traktion ist die Anzahl der Wagen 12 dagegen nicht variabel.
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Der Verband kann einzeln oder im gekoppelten Zustand mit einem oder mehreren gattungsgemäßen Verbänden betrieben werden. In diesem Fall ist unter dem Schienenfahrzeug 10 der sich aus der Kopplung der Verbände ergebende Verband zu verstehen.
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Das Schienenfahrzeug 10 weist eine Bremseinrichtung mit einem Satz von Bremseinheiten 20 auf, die im Verband verteilt angeordnet sind. Es sind im Schienenfahrzeug 10 verschiedene Bremsarten implementiert. Der Satz umfasst Bremseinheiten 20.a und 20.b, die als Reibungsbremse bzw. als Motorbremse ausgebildet sind. Die beim Betrieb einer Motorbremse 20.b erzeugte elektrische Energie kann in das Versorgungsnetz 21 und/oder Bremswiderstände eingespeist werden. Außerdem können im Satz von Bremseinheiten Wirbelstrombremsen vorgesehen sein (nicht dargestellt).
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Die Bremseinheiten 20 in den Wagen 12 werden jeweils durch eine lokale, wagenbezogene Bremssteuereinheit 22 gesteuert. Die Bremssteuereinheiten 22 sind insbesondere jeweils dazu vorgesehen, Bremszustandsdaten BZD der zugeordneten Bremseinheiten 20 zu erfassen (siehe 2 und 3). Diese Bremszustandsdaten BZD einer Bremseinheit 20 umfasst zumindest eine Bremszustandskenngröße BZK, welche für den aktuellen Betriebszustand der Bremseinheit 20 repräsentativ ist. In der betrachteten Ausführung stellt eine Bremszustandskenngröße BZK eine Information über die Verfügbarkeit der entsprechenden Bremseinheit 20 dar. Beispielsweise kann die Bremszustandskenngröße BZK als eine binäre Größe – z.B. als Bit – ausgebildet sein, wobei ein erster Wert (z.B. „1“) die Verfügbarkeit der zugeordneten Bremseinheit 20 und der zweite Wert (z.B. „0“) ihren Ausfall signalisieren (siehe 3).
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Der Satz der lokalen, wagenbezogenen Bremssteuereinheiten 22 ist an einen Datenbus 24 des Schienenfahrzeugs 10 angeschlossen. Dieser ist insbesondere gemäß dem TCN-Protokoll (oder „Train Control Network“) ausgeführt. Beispielsweise kann der Datenbus 24 als MVB-Bus (oder „Multifunction Vehicle Bus“) ausgebildet sein. Eine Datenkommunikation über den Datenbus 24 erfolgt vorzugsweise drahtgebunden, sie kann jedoch alternativ oder zusätzlich zumindest teilweise drahtlos erfolgen.
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Die Bremseinrichtung des Schienenfahrzeugs 10 weist ferner eine zentrale Bremssteuereinheit 26 auf, welche den lokalen Bremssteuereinheiten 22 übergeordnet ist. Die Bremssteuereinheit 26 ist an den Datenbus 24 angeschlossen, wobei eine Datenkommunikation zwischen der Bremssteuereinheit 26 und den lokalen Bremssteuereinheiten 22 über den Datenbus 24 erfolgt.
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Außerdem umfasst das Schienenfahrzeug 10 eine Zugsicherungseinheit 28. Diese weist eine Einheit 30, welche zu einer Interaktion mit streckenseitigen Anlagen 31 vorgesehen ist, und eine Steuerung 32 auf. Die Einheit 30 umfasst insbesondere eine Zugantenne. Das Zusammenwirken der streckenseitigen Anlagen 31 und der Zugsicherungseinheit 28 kann beim Vorliegen bestimmter Betriebssituationen ein Eingreifen der Zugsicherungseinheit 28 in die Steuerung des Schienenfahrzeugs 10 auslösen. So kann die Zugsicherungseinheit 28 z.B. beim Überschreiten einer maximalen zugelassenen Geschwindigkeit oder bei unzulässiger Vorbeifahrt am Halt zeigenden Hauptsignal eine Zwangsbremsung des Schienenfahrzeugs 10 auslösen. Bekannte Systeme einer Zugsicherung sind z.B. die PZB (Punktuelle Zugbeeinflussung), LZB (Linien-Zug-Beeinflussung), ATP (Automatic Train Protection), TBL (Transmission Balise-Locomotive), ATB (Automatische treinbeïnvloeding) und das ETCS (European Train Control System).
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Der Funktion der Zugsicherungseinheit 28 liegen Zuginformationen zugrunde, welche von der Konfiguration des Schienenfahrzeugs 10 und von den aktuellen Betriebszuständen seiner Einrichtungen abhängen. Insbesondere müssen vor einer Dienstaufnahme des Schienenfahrzeugs 10 Informationen über dessen Bremsvermögen an die Zugsicherungseinheit 28 übermittelt werden. Diese Informationen werden von der Zugsicherungseinheit 28 insbesondere zur Berücksichtigung eines Bremsweges ausgewertet.
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Die Erzeugung einer Zuginformation erfolgt mittels einer Recheneinheit 34, welche mit den lokalen Bremssteuereinheiten 22 über den Datenbus 24 datentechnisch verbunden ist. Es werden die Bremszustandsdaten BZD an die Recheneinheit 34 übermittelt, welche diese zur Erzeugung einer auf das Bremsvermögen bezogenen Zuginformation auswertet. In der betrachteten Ausführung ist die Recheneinheit 34 Bestandteil der zentralen Bremssteuereinheit 26, wobei alternative Ausführungen der Recheneinheit 34 als Bestandteil einer weiteren zentralen Zugsteuereinrichtung oder als eigenständige Einrichtung ebenfalls denkbar sind.
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Die Vernetzung der lokalen Bremssteuereinheiten 22 und der zentralen Bremssteuereinheit 26 mit der Recheneinheit 34 ist in 2 schematisch dargestellt. Die Übermittlung der Bremszustandsdaten BZD von den Bremssteuereinheiten 22 an die Recheneinheit 34 ist mittels Pfeilen gezeigt.
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Für einen Wagen 12.i umfassen die entsprechenden Bremszustandsdaten BZD_i den Datensatz:
- – Wagen: 12.i;
- – Zustand Bremseinheit 20.a: BZK_a;
- – Zustand Bremseinheit 20.b: BZK_b.
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Die Recheneinheit 34 weist eine Speichereinheit 36 auf, in welcher eine in 3 gezeigte Zuordnungstabelle 38 hinterlegt ist. Eine Zeile Z der Zuordnungstabelle 38 für eine Konfiguration des Schienenfahrzeugs 10 mit n Wagen 12.1 bis 12.n umfasst folgende Informationen:
- – einen Bremsvermögenscode BVC,
- – einen Satz von Bremszustandsdaten BZD_1 bis BZD_n für den
- Satz von Bremseinheiten 20 mit den oben genannten Daten:
{Wagen: 12.1 ... 12.n; für jeden Wagen: BKZ_a, BKZ_b} und
- – einen Brh-Wert.
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Die Zeilen Z der Zuordnungstabelle 38 entsprechen verschiedenen Kombinationen von Betriebszuständen der Bremseinheiten 20. Der Einfachheit halber wird bei der Darstellung der Zuordnungstabelle 38 in 3 angenommen, dass alle Wagen 12 über zwei verschiedene Bremsarten mit Bremseinheiten 20.a und 20.b verfügen.
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Beispielsweise entspricht die erste Zeile Z1 einer Situation, bei welcher sämtliche Bremseinheiten 20 des Schienenfahrzeugs 10 verfügbar sind. Die dritte Zeile ist durch den Ausfall der elektrischen Bremseinheiten 20.b in den Wagen 12.1 und 12.2 charakterisiert.
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Nach Empfang des Satzes von aktuellen Bremszustandsdaten BZD_1 bis BZD_n wertet die Recheneinheit 34 diese Bremszustandsdaten aus, indem sie diesen gesammelten Satz der aktuellen Bremszustandsdaten BZD mit den Datensätzen der Zuordnungstabelle 38 vergleicht. Hierzu weist sie eine Codierungseinheit 40 auf, welche – bei einer Übereinstimmung des gesammelten Satzes aktueller Bremszustandsdaten BZD_1 bis BZD_n mit einem Satz von Bremszustandsdaten der Zuordnungstabelle 38 – dem gesammelten Satz den entsprechenden Bremsvermögenscode BVC zuordnet. Die Codierungseinheit 40 ist z.B. von einer Prozessoreinheit der Recheneinheit 34 – und daher von der Bremssteuereinheit 26 – gebildet, welche ein Codierungsprogramm ausführt.
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Der zugeordnete Bremsvermögenscode BVC bildet eine Zuginformation, welche über den Datenbus 24 an eine Ausgabeeinheit 42 einer Mensch-Maschine-Schnittstelle 43 übermittelt. Die Ausgabeeinheit ist zur Ausgabe der Zuginformation an den Fahrzeugführer 44 vorgesehen. Typischerweise ist sie als Display ausgebildet. Nach Übermittlung der Zuginformation an den Fahrzeugführer 44 erfolgt eine manuelle Eingabe dieser mittels einer Eingabeeinheit 46, die Bestandteil einer Schnittstelle 48 ist. Diese dient dazu, die Zuginformation an die Zugsicherungseinheit 28 zu übermitteln.
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Das Schienenfahrzeug 10 weist ferner ein zentrales Steuergerät 47 auf, welches anderweitige Informationen I über die Zugkonfiguration – wie z.B. die Zuglänge – über den Datenbus 24 für eine Übermittlung an die Zugsicherungseinheit 28 über die Schnittstelle 48 bereitstellt.
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Die Zugsicherungseinheit 28 umfasst eine Decodierungseinheit 49, welche zur Decodierung der übermittelten Zuginformation, d.h. des Bremsvermögenscodes BVC vorgesehen ist. Hierzu weist die Zugsicherungseinheit 28 eine Speichereinheit 50 auf, in welcher die in 3 gezeigte Zuordnungstabelle 38 hinterlegt ist. Aus dem erhaltenen Bremsvermögenscode BVC kann auf der Seite der Zugsicherungseinheit 28 der Satz von Bremszustandsdaten BZD mit den aktuellen Bremszustandskenngrößen BZK gewonnen werden. Ein Betrieb der Zugsicherungseinheit 28 kann somit auf der Basis dieser Bremszustandsdaten erfolgen.
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Die Ergebnisse der Decodierung durch die Decodierungseinheit 49 – d.h. der Satz von Bremszustandsdaten BZD – werden mittels einer Übermittlungseinheit 52 an die Schnittstelle 48 übermittelt. In der betrachteten Ausführung ist die Übermittlungseinheit 52 Bestandteil der Zugsicherungseinheit 28. Dies ist in 4 dargestellt.
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Das Schienenfahrzeug 10 weist des Weiteren eine zweite Decodierungseinheit 54 auf, welche von der Decodierungseinheit 49 der Zugsicherungseinheit 28 unterschiedlich und daher von dieser getrennt ist. In der betrachteten Ausführung ist die Decodierungseinheit 54 Bestandteil der zentralen Bremssteuereinheit 26, wobei alternative Ausführungen der Decodierungseinheit 54 als Bestandteil einer weiteren zentralen Zugsteuereinrichtung oder als eigenständige Einrichtung ebenfalls denkbar sind. Besonders vorteilhaft ist die Decodierungseinheit 54 Bestandteil der Recheneinheit 34. Die Decodierungseinheit 54 ist – wie die Decodierungseinheit 49 der Zugsicherungseinheit 28 – zum Decodieren des Bremsvermögenscodes BVC vorgesehen. Hierzu wird die in der Speichereinheit 36 hinterlegte Zuordnungstabelle 38 herangezogen, wobei Ergebnisse der Decodierung von einem dem Bremsvermögenscode BVC zugeordneten Satz von Bremszustandsdaten BZD* gebildet sind.
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Die Ergebnisse der Decodierung, welche auf der Seite der Zugsicherungseinheit 28 erfolgt, und die Ergebnisse der Decodierung, die mittels der Decodierungseinheit 54 ausgeführt wird, werden mittels einer Prüfeinheit 56 geprüft, welche die Ergebnisse (BZD, BZD*) miteinander vergleicht. Bei Übereinstimmung der Ergebnisse gilt der Prozess der Zugdateneingabe bezüglich des Bremsvermögens des Schienenfahrzeugs 10 als erfolgreich ausgeführt. Die Prüfeinheit 56 steht datentechnisch mit der Schnittstelle 48, welche die Ergebnisse der Decodierung in der Zugsicherungseinheit 28 empfängt, und der Decodierungseinheit 54 in Verbindung. Die Prüfeinheit 56 übermittelt das Ergebnis der Prüfung an den Fahrzeugführer 44, welcher hiermit über den erfolgreichen Abschluss der Zugdateneingabe informiert wird. Bei Bedarf kann die Prüfeinheit 56 zur Anzeige der Daten BZD und BZD* mittels der Ausgabeeinheit 42 vorgesehen sein, wobei ein visueller Vergleich der Daten BZD und BZD* durch den Fahrzeugführer 44 erfolgt.
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Die erste Decodierungseinheit 49 und die zweite Decodierungseinheit 54 sind derart programmiert, dass eine Decodierung mittels der ersten Decodierungseinheit 49 und eine Decodierung mittels der zweiten Decodierungseinheit 54 zueinander diversitär ausgeführt werden, wodurch ein hohes Sicherheitsniveau, insbesondere gegenüber fehlerhaften Datenbusübertragungen, erreicht werden kann.