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1. Gebiet der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und ein Robotersystem, welches dazu eingerichtet ist, die korrekte Anordnung von Bauteilen vor, während und/oder nach einem Montageprozess, vorzugsweise in einer Fertigungslinie autonom zu überprüfen.
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2. Technischer Hintergrund
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Roboter, und insbesondere Industrieroboter, werden für verschiedene Arbeitsprozesse in beispielsweise der Montage oder Fertigung im industriellen Umfeld eingesetzt. Ein Industrieroboter ist ein automatisch gesteuerter frei programmierbarer Manipulator, der in drei oder mehr Achsen programmierbar ist. Industrieroboter können dabei beweglich oder an einem festen Ort eingesetzt werden.
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Ein Gelenkarmroboter, oder Knickarmroboter, ist ein dreidimensional beweglicher Industrieroboter, welcher aus mehreren Drehgelenken aufgebaut ist. Üblicherweise sind die Drehgelenke mit Armgliedern verbunden, und weiterhin ist jedes Drehgelenk durch eine Gelenkachse ausgezeichnet. Typischerweise weisen Gelenkarmroboter zumindest sechs Gelenke auf. Die Ausstattung mit weiteren Gelenken, bzw. Achsen erhöht die Flexibilität des Roboters. Neben Drehgelenken können auch lineare Achsen zum Einsatz kommen.
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In größeren Montageanlagen, wie insbesondere in der Automobilindustrie, die aus manuellen und/oder automatischen Stationen bestehen, ist es üblich vor umfangreichen Fügeprozessen die korrekte Bestückung und Einstellung von Betriebsmitteln wie z.B. Montagepaletten und/oder den korrekten Aufbau der vormontierten Baugruppen mit AOI-Systemen (Automatische Optische Inspektion) zu überprüfen.
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AOI-Systeme arbeiten mittels Bildverarbeitungsverfahren, um Fehler, insbesondere Bestückungs- oder Einstellungsfehler von Montagepaletten oder vormontierten Baugruppen, in einem Montageprozess zu ermitteln. Diese Systeme werden in nahezu allen Sparten der industriellen Produktion von Gütern, wie beispielsweise in der Elektronik-, Automobil-, Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt. Dabei prüft ein Kamerasystem ständig und autonom mittels Bilderkennung die korrekte Bestückung und Einstellung von Betriebsmitteln bzw. den korrekten Aufbau der vormontierten Baugruppe(n) und erkennt so selbstständig Fehler, die beispielsweise eine Bauteilvariante, eine Bauteilposition und/oder die Bauteilanwesenheit betreffen. Nachteilig ist jedoch, dass für die Kameras verdeckt liegende Prüfmerkmale nicht überprüft werden können und erkannte Fehler nicht sofort behoben werden können. Außerdem sind AOI-Systeme relativ teuer.
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Am nachfolgenden Beispiel einer Aggregatemontage eines PKW soll der derzeitige Stand der Technik beschrieben werden. Auf einer Aggregatemontagelinie werden in der Regel verschiedene Fahrzeugvarianten montiert. Zu Beginn des Prozesses werden Montagepaletten mit den verschiedenen Baugruppen wie Vorderachse mit Motor, Hinterachse, Kühler, Gelenkwelle, Abgasanlage, usw., teilweise automatisch, halbautomatisch und/oder manuell bestückt. Des Weiteren werden etwaige Schrauben oder Befestigungsmittel, zum Befestigen der vorgenannten Baugruppen an der Karosserie des Fahrzeugs, in entsprechende Aufnahmen auf den Montagepaletten verbracht. Bevor die vollständig vorbestückte Montagepalette den Bestückungsbereich verlässt und in die eigentliche Aggregatemontagelinie transportiert wird, durchläuft die Montagepalette üblicherweise eine Kontrollstation.
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In der Kontrollstation wird mit AOI-Systemen unter anderem ein Soll-/Ist Vergleich bzgl. Bauteilvarianten, Bauteilpositionen und Bauteilanwesenheit und, im Allgemeinen, der Bauteilanordnung durchgeführt. Ebenso können bereits vormontierte Baugruppen überprüft werden. Je Fahrzeugvariante werden üblicherweise etwa 50 Merkmale geprüft. Ein AOI System, welches dazu geeignet ist drei unterschiedliche Fahrzeugvarianten zu prüfen, benötigt beispielsweise etwa 40 Kameras und stellt dementsprechend eine hohe Investition dar. Unter dem Begriff Bauteile werden hierin alle Komponenten, Elemente, Baugruppen etc. des Montageprozesses verstanden, wie insbesondere die Produktbauteile aber auch die Werkzeug-, Paletten- oder Lehrenbauteile.
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Dieser verhältnismäßig hohe Aufwand ist deshalb gerechtfertigt, weil im Falle eines nicht erkannten, falsch bestückten Bauteils in der Montagelinie Störungen bzw. Schäden (z.B. Beschädigung der Karosserie, Zerstörung der Fügeeinrichtung) entstehen können. Außerdem kann die Behebung einer solchen Störung in der Montagestation zu hohen Stillstandzeiten führen.
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Ferner sind bei einer möglichen Erweiterung der Montageanlage um eine Fahrzeugvariante die Installation weiterer Kameras sowie eine aufwendige Inbetriebnahme zur Erkennung des neuen Fahrzeugtyps erforderlich.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es ein Verfahren und ein Robotersystem zur Verfügung zu stellen, das die genannten Nachteile der AOI-Systeme ausräumt bzw. vermindert. Diese und weitere Aufgabe, die in der vorliegenden Beschreibung noch genannt werden bzw. vom Fachmann erkannt werden können,. werden mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 und dem Robotersystem gemäß Anspruch 12 gelöst.
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Der Anwendungsbereich der vorliegenden Erfindung ist nicht auf die vorhergehend beschriebene Aggregatemontage beschränkt, sondern erstreckt sich auf die Überprüfung der Anordnung von Bauteilen, sowie auf die Überprüfung von wesentlichen Eigenschaften der Bauteile und auch auf eine Kontrolle des Montagebereichs selbst.
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3. Ausführliche Beschreibung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren betrifft die Überprüfung der Anordnung von Bauteilen in einem Montageprozess mittels eines mehrachsigen Gelenkarmroboters dessen Achsen vorzugsweise mit Momentsensoren zur Erfassung der an den Achsen wirkenden Drehmomente versehen sind. Alternativ kann der Gelenkarmroboter auch mit einem Kraftsensor an seinem Werkzeug oder seinem End- oder Abtriebsflansch versehen sein. Der Begriff Bauteil umfasst im Sinne der Erfindung neben einzelnen Teilen auch aus mehreren Teilen bestehende Baugruppen.
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Die Überprüfung der Anordnung von Bauteilen betrifft insbesondere die Kontrolle der Anwesenheit von Bauteile an der für die Bauteile vorherbestimmten Position, die Kontrolle der richtigen Orientierung, die Kontrolle des Fehlens von Bauteilen sowie die Überprüfung der korrekten Bauteilvariante. Desweitern können wie später genauer erläutert, auch kraftabhängige oder momentabhängige bauteilspezifische Eigenschaften des Bauteils, wie beispielsweise das Anzugsdrehmoment von Schrauben oder die Riemenspannung von Riemengetrieben mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens überprüft werden. Das erfindungsgemäße Verfahren weist dabei zumindest die folgenden Schritte auf:
Zunächst wird am Gelenkarmroboter ein taktiles Prüfwerkzeug bereitgestellt. Dabei wird das taktile Prüfwerkzeug vorzugsweise am Werkzeugflansch des Roboters angebracht. Das taktile Prüfwerkzeug weist zumindest einen Tastfinger auf, dessen Werkzeugmittelpunkt (Tool-Center-Point, TCP) über die Achsstellung des Industrieroboters bestimmbar ist.
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Anschließend fährt der Gelenkarmroboter mit dem taktilen Prüfwerkzeug einen vorgegebenen Kontrollpunkt zumindest eines Bauteils an. Der Kontrollpunkt des Bauteils ist typischerweise für die korrekte Anordnung des Bauteils charakteristisch. Im Falle der Überprüfung der Bereitstellung von Schrauben in einem Schraubenmagazin kann beispielsweise der Schraubenkopf der Schraube als Kontrollpunkt dienen. Zur Erkennung, ob das Magazin mit Schrauben korrekter Länge bestückt ist, wird der Tastfinger des Prüfwerkzeugs zur vorgegebenen Soll-Position des Schraubenkopfs geführt. Wenn der Tastfinger in Kontakt mit dem Schraubenkopf kommt, wird auf den Tastfinger eine Kraft ausgeübt, die mit einem geeigneten Kraftsensor detektiert bzw. überwacht werden kann. Die Position des TCP des Tastfingers bei Berührung des Schraubenkopfes gibt schließlich Aufschluss über die Schraubenlänge.
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Um eine Berührung von taktilem Prüfwerkzeug und Bauteil zu erfassen, wird vorzugweise ein Gelenkarmroboter mit Momentsensoren eingesetzt, wobei die Signale der Momentsensoren der Achsen des Gelenkroboters von einer Steuereinrichtung überwacht und ausgewertet werden. Alternativ ist es auch möglich, die Motorströme der Antriebsmotoren eines Industrieroboters zu messen, um hierüber Rückschlüsse über den Kontakt des Prüfwerkzeugs mit einem Bauteil zu ziehen. Trifft der Tastfinger auf einen Widerstand, wie etwa den Schraubenkopf, wird eine eventbasierte Signaländerung der Signale der Momentsensoren detektiert, welche Signaländerung vorzugsweise steigende oder fallende Flanken des Signals umfasst. Unter einer eventbasierten Signaländerung versteht der Fachmann folgendes:
Aufgrund der Bewegungen der Glieder des Gelenkarmroboters werden von den Momentsensoren der Achsen für die Bewegung typische Momentverläufe gemessen, die beispielsweise durch die auf die Glieder des Roboters wirkende Schwerkraft entstehen. Weichen die Signale eines oder mehrerer Sensoren von dem für die reine Bewegung typischen Signal ab, so kann darauf geschlossen werden, dass eine weitere Kraft oder ein weiteres Moment auf die Glieder des Gelenkarmroboters wirkt. Eine solche Kraft (bzw. Moment) kann beispielsweise von der Berührung des taktilen Prüfwerkzeugs mit einem Bauteil hervorgerufen werden. Die Detektion einer Kraft bzw. eines Moments am Gelenkarmroboter, die nicht von der reinen Bewegung der Glieder des Gelenkarmroboters herrührt, wird als Event bezeichnet. Die resultierende Signaländerung der Momentsensoren ist folglich eventbasiert.
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Diese eventbasierte Signaländerung wird in einem weiteren Verfahrensschritt mit einem Soll-Signal verglichen. Wird ein Kontrollpunkt, wie beispielsweise ein Schraubenkopf, mit dem taktilen Prüfwerkzeug angefahren, so ist bekannt an welcher Position der Kontrollpunkt bei korrekter Anordnung des Bauteils liegt (Soll-Position). Erreicht das taktile Prüfwerkzeug den Kontrollpunkt müsste bei korrekter Anordnung des Bauteils die eventbasierte Signaländerung an dieser bekannten Position eintreten. Das gemessene Signal deckt sich in diesem Fall mit dem Soll-Signal. Ist dies nicht der Fall, kann darauf geschlossen werden, dass das Bauteil nicht korrekt angeordnet ist. Die so ermittelte Ist-Anordnung des überprüften Bauteils wird erfasst. Die Ist-Anordnung kann neben der tatsächlichen Position, Orientierung und Variante des Bauteils auch Informationen über das Fehlen von Bauteilen umfassen, wie es im Folgenden unter Bezugnahme auf die Figuren genauer erläutert werden wird.
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4. Bevorzugte Ausführungsformen
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Im Folgenden wird die Erfindung unter Bezugnahme auf die dargestellten Figuren genauer erläutert. Hierbei zeigt:
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1 einen Gelenkarmroboter und eine Montagepalette mit zu prüfenden Bauteilen in einer Seitenansicht;
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2 die Elemente von 1 in einer um 90° gedrehten Ansicht;
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3 ein Prüfwerkzeug, welches an einem Gelenk des Gelenkarmroboters montiert ist, gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
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4A–D verschiedene Prüfungen der Anordnung und Eigenschaften des Bauteils mittels des Prüfwerkzeugs;
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5 eine Prüfung der Ketten- oder Riemenspannung eines Bauteils; und
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6 eine Prüfung der Variante eines Bauteils.
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1 zeigt ein Robotersystem 1 umfassend einen mehrachsigen Gelenkarmroboter 100 dessen Achsen mit Momentsensoren zur Erfassung der an den Achsen wirkenden Momente versehen sind, und der über eine Verfahreinheit 310 an einem Gestell 300 angebracht ist. Der Gelenkarmroboter 100 weist zumindest ein taktiles Prüfwerkzeug 110 auf und ist Teil einer Kontrollstation eines Montageprozesses einer automatisierten, halbautomatisierten oder manuellen Montagelinie.
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Beispielhaft ist hier eine Montagepalette 210 gezeigt, auf der sich ein Bauteil 200 befindet, im abgebildeten Fall bestehend aus einem Fahrzeugmotor mit zugehörigem Getriebe sowie dem Vorder- und Hinterachsträger eines PKW. Die Montagepalette wird im Rahmen des Montageprozesses mit den darauf befindlichen Bauteilen nach Vorgaben der Montagelinie bewegt. Bevor die Montagepalette in die eigentliche Montagelinie eingeschleust wird, wird in der Kontrollstation das erfindungsgemäße Verfahren zur Überprüfung der korrekten Anordnung und Ausrichtung der Bauteile durchgeführt. Erst nach Bestehen der Prüfung wird die Montagepalette 210 freigegeben.
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2 zeigt die Elemente von 1 in einer um 90° gedrehten Ansicht. Der mehrachsige Gelenkarmroboter 100 umfasst die Achsen A1, A2, A3 und A4 (mögliche weitere Achsen sind nicht dargestellt) der an der Verfahreinheit 310 angebracht ist. Die Verfahreinheit 310 ist dazu eingerichtet den Gelenkarmroboter 100 linear zu verfahren, um so die mechanische Reichweite des Gelenkarmroboters zu erhöhen. Die Verfahreinheit kann aber auch dazu eingerichtet sein, den Roboter in einer gekrümmten Bahn zu führen. Die mechanische Reichweite des Gelenkarmroboters ergibt sich aus der Länge und der Beweglichkeit der Glieder des Gelenkarmroboters und definiert den Bereich, welcher mit dem taktilen Prüfwerkzeug erreicht werden kann.
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Die Verfahreinheit ist gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung eine lineare Verfahreinheit, wie beispielsweise ein linear verfahrbares Portal. Alternativ kann die Verfahreinheit auch eine rotatorische Verfahreinheit sein, wie beispielsweise ein Karussell. Aufgrund der Verwendung eines mit Momentsensoren versehenen Roboters erlaubt die vorliegende Erfindung eine direkte Mensch-Roboter-Kollaboration, d.h. es ist z.B. keine Sicherheitseinrichtung wie ein Schutzzaun notwendig. Das Mensch-Roboter-Kollaboration-Verfahren ist ein Verfahren zur Gewährleistung einer sicheren sowie gleichzeitig effizienten Zusammenarbeit zwischen Arbeiter (Mensch) und Roboter. Die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) bietet eine Vielzahl von Vorteilen im Vergleich zu rein manuellen oder rein roboterbasierten Systemen. So ist beispielsweise die Zugänglichkeit der Kontrollstation, welche das Robotersystem 1 umfasst für Menschen deutlich verbessert. Dies ist ein weiterer Vorteil gegenüber herkömmlichen AOI-Systemen.
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In 2 ist ein Referenzpunkt 230 für die Montagepalette dargestellt. Dieser Referenzpunkt dient zur Ermittlung der Lage und Position der Montagepalette. Montagepaletten sind alle Hilfsmittel im Montageprozess, die dem Transport und/oder der Aufnahme von Bauteilen dienen. Durch Anfahren des Referenzpunktes der Montagepalette mit dem taktilen Prüfwerkzeug kann eine Transformatormatrix zur Transformation des Montagepaletten-Koordinatensystems in ein roboterspezifisches Koordinatensystem ermittelt werden. Somit ist die Überprüfung der Anordnung von bewegten Bauteilen möglich. Werden beispielsweise Teile einer Fahrzeugkarosserie mittels einer Montagepalette durch eine Montagelinie bewegt, so ist der Referenzpunkt 230, welcher sich auf der Montagepalette befindet der Bezugspunkt für die Ermittlung der Anordnung der Bauteile, auf die sich der spätere Montageprozess stützt.
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3 zeigt ein taktiles Prüfwerkzeug 110 und zu prüfende Bauteile 201, 202 sowie einen Kontrollpunkt 220. Das Bauteil 201 ist im abgebildeten Fall ein Werkzeug zur Verschraubung des Bauteils 202. Bei diesem Werkzeug handelt es sich um ein zweiteiliges Werkzeug, wobei das untere Teil die sog. Spindelverlängerung andeutet, an dessen oberem Teil eine Schraubernuss sitzt. Beide Teile können, wie in den 4B und 4D näher erläutert, überprüft werden. Das taktile Prüfwerkzeug ist am Gelenkarmroboter 100, welcher in 3 nur durch das letzte Glied des Gelenkarmroboters 100 dargestellt ist, angebracht. Das Prüfwerkzeug 110 weist zumindest einen Tastfinger und/oder zumindest eine Tastkontur auf, wobei in 3 beispielhaft drei Tastfinger 111, 112, 113 dargestellt sind. Überdies weist das taktile Prüfwerkzeug 110 eine Tastkontur 114 auf, welche zur Ermittlung der Anordnung eines Bauteils dient, wie beispielsweise der Ermittlung der Mittelachse einer Schraube, oder eines Bolzens. Das detaillierte Verfahren zur Ermittlung einer Mittelachse ist unten in Zusammenhang mit 4C beschrieben. Die Tastkontur 114 kann dabei eine geschlossene Kontur, wie beispielsweise ein Ring oder eine offene Kontur, ähnlich eines Gabelschlüssels sein.
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In der gezeigten Ausführungsform ist am Gelenkarmroboter 100 ein zusätzlicher optischer Sensor 400 angebracht, welcher vorzugsweise ein optischer Taster ist. In der dargestellten Ausführungsform ist der optische Sensor 400 am taktilen Prüfwerkzeug 110 angebracht. Optische Taster im Sinne der Erfindung bestehen vorzugsweise aus einem Lichtsender, wie beispielsweise einer Leuchtdiode oder eine Laserdiode, und einem Lichtempfänger, wie beispielsweise einem lichtempfindlichen Widerstand (LDR) oder eine Fotodiode. Der Lichtempfänger wertet die Intensität, die Farbe oder die Laufzeit des vom Lichtsender empfangenen Lichtes aus, wobei das empfangene Licht vorzugsweise reflektiertes Licht ist. Ist am Gelenkarmroboter 100 ein optischer Sensor 400 angebracht, so kann mittels der folgenden Verfahrensschritte auch außerhalb der mechanischen Reichweite des Gelenkarmroboters die Anordnung von Bauteilen überprüft werden. Hierzu wird zunächst ein Kontrollpunkt zur Überprüfung der Anordnung zumindest eines Bauteils angefahren, wobei der Kontrollpunkt nicht auf dem Bauteil liegen muss. Anschließend wird die Entfernung zwischen dem optischen Sensor und dem Bauteil gemessen. Ein Vergleich der gemessenen Entfernung mit einer Soll-Entfernung und eine Auswertung der möglichen Abweichung gibt Aufschluss über die Anordnung des geprüften Bauteils.
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4A zeigt den Fall eines ersten Bauteils 201, hier eine Schraubenaufnahme eines Werkzeugs, an welchem ein zweites Bauteil 202, hier eine Schraube, angebracht ist. Das zweite Bauteil weist einen ersten Kontrollpunkt 220 auf, welcher zur Überprüfung der korrekten Schraubenlänge dient. Zur Überprüfung ob die Schraube 202 mit korrekter Länge am ersten Bauteil 201 angebracht ist, fährt der Gelenkarmroboter 100 das taktile Prüfwerkzeug 110 mit dem Tastfinger 111 über die theoretische (Soll) Schraubenposition und bewegt sich anschließend nach unten. Erreicht der Tastfinger 111 den Kontrollpunkt 220 wird eine eventbasierte Signaländerung der Signale der Momentsensoren detektiert. Diese eventbasierte Signaländerung wird in einem weiteren Verfahrensschritt z.B. mit einem Soll-Signal verglichen. Deckt sich die ermittelte Anordnung der Schraube mit dem Kontrollpunkt 220, so liegt eine korrekte Schraubenlänge vor. Kommt es zu Abweichungen, kann die fehlbestückte Schraube erkannt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird am Gelenkarmroboter ein Korrekturwerkzeug bereitgestellt, um beispielsweise fehlbestückte Schrauben und/oder fehlende Schrauben nach zu bestücken. Das Nachbestücken und Korrigieren von erkannten Fehlern ist nicht auf Schrauben begrenzt, sondern gilt allgemein für falsche oder fehlende Bauteile. Dazu wird zunächst die Abweichung von Ist-Anordnung und Soll-Anordnung eines Bauteils ermittelt. Die Ist-Anordnung beschreibt dabei die vom taktilen Prüfwerkzeug oder dem optischen Sensor gemessener Anordnung und die Soll-Anordnung ist die korrekte Anordnung des Bauteils. Anschließend wird ein zu korrigierender Fehler in der Anordnung des Bauteils ermittelt und der Fehler mittels des Korrekturwerkzeugs korrigiert.
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Das Korrekturwerkzeug umfasst gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung zumindest einen Greifer, der dazu eingerichtet ist fehlende Bauteile bereitzustellen, fehlpositionierte Bauteile korrekt zu positionieren, fehlorientierte Bauteile auszurichten, falsch montierte Bauteile richtig zu montieren und/oder falsche Bauteile auszutauschen. Somit können bereits während des Überprüfens der Anordnung von Bauteilen Fehler behoben werden und somit Kosten und Zeit eingespart werden.
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4B illustriert einen Anwendungsfall bei dem das erste Bauteil 201, federnd gelagert ist. Um auch die Federkraft der Lagerung des ersten Bauteils 201 zu überprüfen, wird das taktile Prüfwerkzeug mit dem Tastfinger 111 auf den Kontrollpunkt 221 bewegt. Anschließend wird der Tastfinger weiter bewegt und die Signale der Momentsensoren der Achsen des Gelenkarmroboters ausgewertet. Die auf den Tastfinger 111 wirkende Gegenkraft kann über die Momentsensoren ausgewertet und somit die Federkraft der Lagerung überprüft werden.
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4C zeigt den Fall der Überprüfung der Position des ersten Bauteils 201 mittels der Tastkontur 114 des taktilen Prüfwerkszeugs. Die Tastkontur 114 hat hierbei einen halbkreisförmigen Grundriss. Um die Position des ersten Bauteils 201 zu überprüfen, wird das taktile Prüfwerkzeug 110 mit seiner Tastkontur 114 quer zur Spindelachse bewegt und die eventbasierte Signaländerung beim Kontakt mit Kontrollpunkt 222 detektiert. Wird die Tastkontur 114 dann in einer zweiten Richtung quer zur Spindelachse bewegt und die eventbasierte Signaländerung detektiert, so kann die Mittelachse des geprüften Bauteils bestimmt werden.
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4D zeigt den Fall der Überprüfung eines weiteren kraftabhängigen Prüfmerkmals, nämlich die Überprüfung des festen Sitzes des ersten Bauteils 201. Dazu wird das taktile Prüfwerkzeug mit einem abgewinkelten Prüffinger 112 unter das zu prüfende Bauteil am Kontrollpunkt 223 eingehakt und mit einer definierten Kraft, welche von den Momentsensoren der Achsen des Gelenkarmroboters überprüft wird, nach oben gezogen. Wird keine eventbasierte Signaländerung, wie ein plötzliches Abfallen der Kraft, detektiert, kann daraus geschlossen werden, dass das Bauteil fest sitzt.
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5 zeigt ein Riemen- oder Kettengetriebe 207, welches eine Spanneinrichtung 206 und einen Riemen 205 umfasst. Ein solches Riemengetriebe kann beispielsweise auf einer Montagepalette angebracht sein. Zur Überprüfung der Riemenspannung wird das taktile Prüfwerkzeug 120, welches am Gelenkarmroboter 100 angebracht ist und den Tastfinger 121 aufweist, gegen den Riemen gefahren. Anschließend werden die Kraft und/oder das Moment, welche auf das taktile Prüfwerkzeug wirken, detektiert. Zusätzlich kann noch eine Wegmessung erfolgen. Die gemessene Kraft und/oder das Moment werden mit einer Soll-Kraft und/oder einem Soll-Moment verglichen, die repräsentativ für die gewünschte Riemenspannung ist. Weiter kann mit einem geeigneten Korrekturwerkzeug die Spanneinrichtung 206 durch den Gelenkarmroboter 100 betätigt werden und die Riemenspannung entsprechend eingestellt werden.
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6 zeigt die Überprüfung einer Variante eines Bauteils mittels des am Gelenkarmroboter 100 angebrachten Prüfwerkzeugs 120, welches einen Tastfinger 121 aufweist. Das Bauteil ist in zwei Varianten gezeigt. Die erste Variante ist mit dem Bezugszeichen 203a gekennzeichnet und weist einen Kontrollpunkt 224a auf. Die zweite Variante ist mit dem Bezugszeichen 203b gekennzeichnet und weist einen Kontrollpunkt 224b auf. Um zu überprüfen, ob die vorhandene Variante des Bauteils der ersten Variante 203a entspricht, wird das taktile Prüfwerkzeug 120 mit seinem Tastfinger 121 zum Kontrollpunkt 224a bewegt und eine eventbasierte Signaländerung beim Kontakt mit dem Bauteil detektiert. Stimmt die Position des Tastfingers 121 zum Zeitpunkt der detektierten eventbasierten Signaländerung mit dem Kontrollpunkt 224a überein, so ist davon auszugehen, dass die erste Variante des Bauteils vorliegt. Wird hingegen ein Fehler detektiert, so kann durch Anfahren des Kontrollpunktes 224b in gleicher Weise ermittelt werden, ob die zweite Variante 203b vorliegt. Der Fachmann erkennt, dass durch die geeignete Wahl von Prüfkriterien und Kontrollpunkten, neben der Bauteilanordnung und bauteilspezifischen, kraftabhängigen und/oder momentabhängigen Prüfmerkmalen auch Varianten von Bauteilen gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren erkannt werden können.
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Die Erfindung umfasst unterschiedliche Abwandlungen der beschriebenen Ausführungsformen, da insbesondere der Roboter in der Zahl und Ausbildung seiner Achsen, und das taktile Prüfwerkzeug in seiner geometrischen Ausbildung, variieren können. Der Roboter kann dabei eine beliebige Zahl und Kombination von rotatorischen und/oder translatorischen Achsen aufweisen. Ebenso kann das Prüfwerkzeug beliebig geformt sein und wird nur durch die Traglast des Gelenkarmroboters limitiert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Robotersystem
- 100
- Gelenkarmroboter
- 110, 120
- Taktiles Prüfwerkzeug
- 111, 112, 113, 121
- Tastfinger
- 114
- Tastkontur
- 200, 201, 202, 203a, 203b
- Bauteile
- 205
- Riemen
- 206
- Spanneinrichtung
- 207
- Riemengetriebe
- 210
- Montagepalette
- 220, 221, 222, 223, 224a, 224b
- Kontrollpunkte
- 230
- Referenzpunkt
- 300
- Gestell
- 310
- Verfahreinheit
- 400
- Optischer Sensor
- A1, A2, A3, A4
- Achsen