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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Arbeitsmaschine, insbesondere einen Radlader, mit einer Lenkanlage zur Vornahme einer Richtungsänderung der Arbeitsmaschine, mit einem von einem Nutzer zu betätigenden Steuerelement, wie beispielsweise einem Lenkrad oder Joystick, und mit einer Steuerelektronik, die mit dem Steuerelement und mit elektrohydraulischen Mitteln der Lenkanlage in Verbindung steht und die derart ausgebildet ist, dass von dem Steuerelement ausgehende Signale in eine Betätigung der elektrohydraulischen Mittel zur Bewirkung der Lenkbewegung umgesetzt werden.
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Normen und Vorschriften für funktionale Sicherheit fordern insbesondere für die Steuerung der Lenkung von Radladern bei der Straßenfahrt ein maximales Niveau an Steuerungsgüte, das sich durch den sogenannten Performancelevel (im Folgenden PL) spezifizieren lässt. Es wird in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die ISO 13849 sowie auf die ISO 15998 verwiesen, die für die Steuerung der Lenkanlage bei Straßenfahrt mit PL e ein Höchstmaß an Güte fordern.
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Die Umsetzung dieses hohen Perfomancelevels, PL e erfordert gemäß ISO 13849 besonders hohe Anforderungen an die Bauteilzuverlässigkeit, deren Diagnosefähigkeit sowie die Umsetzung der Software von programmierbarer komplexer Logik. Sie beschränkt sich in ihrem Wirkungsbereich gleichzeitig auf PL d-Steuerungen, in denen bei Verwendung von programmierbarer, komplexer Logik in Verbindung mit einer PL e-Steuerung auf die Anwendung einer weiteren Norm, nämlich auf die IEC 62061 verwiesen wird. Deren Einhaltung ist mit einem erheblichen Zusatzaufwand für die Entwicklung von Betriebssystemen und Applikationssoftware von Maschinensteuerungen verbunden.
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Für den Bereich abseits der Straße, das heißt für den eigentlichen Arbeitsbereich von Arbeitsmaschinen insbesondere von Radladern ist hinsichtlich der Lenkanlagen ein geringerer PL gefordert. Für diese Anwendungen (PL d) ist die Verwendung einer komplexen Logik bzw. einer Steuerelektronik sehr gut geeignet, da die Anforderungen an Betriebssysteme und Applikationssoftware in diesem Fall gerechtfertigt sind und auch anwendbar sind. Exemplarisch sind als Lenkanlagen z. B. eines Radladers für den Bereich abseits der Straße, elektrohydraulische Joysticklenkungen, Komfortlenkungen mit elektrohydraulischer Überlagerung, die elektrohydraulische Betätigung von Stufenservostaten oder die Gerotorabschaltung bei konventioneller Orbitrollenkung oder achsweise zu- und wegschaltbare Hilfslenkungen zu nennen, bei denen es im Falle einer elektrischen Fehlfunktion zu Gefährdungssituationen für Fahrer und Umgebung kommen kann, bis hin zur Unkontrollierbarkeit der Lenkung.
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Aus der gattungsbildenden
EP 2 254 785 B1 ist ein Steuersystem für eine Arbeitsmaschine bekannt, das eine elektronische Sicherheitsvorrichtung umfasst, die dazu ausgelegt ist, in Abhängigkeit eines von dem Nutzer zu betätigenden Elementes ein Ausgangssignal zur Lenkungsbetätigung zu ermöglichen bzw. zu blockieren.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Arbeitsmaschine der eingangs genannten Art dahingehend weiterzubilden, dass mit vergleichsweise geringem Aufwand im Straßenbetrieb ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Steuerungsgüte erzielt werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch eine Arbeitsmaschine mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Danach ist vorgesehen, dass zumindest ein Abschaltpfad mit einem von einem Nutzer zu betätigenden Schalter vorgesehen ist, wobei der Abschaltpfad keine Steuerelektronik aufweist und mit der Steuerelektronik oder mit den elektrohydraulischen Mitteln, wie beispielsweise einem elektrohydraulischen Ventil derart in Verbindung steht, dass in zumindest einer Schaltstellung des Abschaltpfades die Steuerelektronik und/oder die Stromversorgung der elektrohydraulischen Mittel vollständig abgeschaltet wird.
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Der vorliegenden Erfindung liegt somit der Gedanke zugrunde, das Einwirken jeglicher elektrohydraulischer Unterstützung einer elektronischen, programmierbaren komplexen Logik bzw. Steuerelektronik zu vermeiden, um eine Lenkanlage straßenfahrtauglich zu machen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Lenkanlage im Straßenbetrieb von programmierbarer, komplexer Logik bzw. von der Steuerelektronik gänzlich entkoppelt wird und daher im Sinne der Norm ISO 13849 isoliert betrachtet werden kann.
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Durch das Abschalten der Steuerelektronik, die im Folgenden auch als komplexe Logik bezeichnet wird, kann der Lenkbetrieb der Arbeitsmaschine im Straßenbetrieb durch bewährte hydraulisch-mechanische Lenkungen bzw. Komponenten vorgenommen werden, was eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung darstellt. Eine Einflussnahme elektronischer Komponenten und insbesondere elektronisch programmierbarer Komponenten lässt sich erfindungsgemäß so ausschließen.
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Somit kann für Fahrzeuge bzw. Arbeitsmaschinen, die über elektrohydraulisch beeinflussbare Lenkungen verfügen, die für PL d-Anwendungen ausschließlich abseits der Straße durch eine komplexe Logik gesteuert werden können, beim Befahren von Straßen eine straßenfahrtaugliche Abschaltung der elektrohydraulischen Beeinflussung im Sinne der ISO 13849 geschaffen werden. Somit können die Anforderungen an ein PL e-System bzw. ein Höchstmaß an Steuerungsgüte für den Abschaltpfad erreicht werden, ohne dass dafür eine komplexe Logik bzw. elektronische Komponenten verwendet werden müssten.
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Erfindungsgemäß ist es möglich, Fehlermöglichkeiten durch die komplexe Logik durch den unabhängigen, sicheren Abschaltpfad gänzlich auszuschließen, um bei der formalen Nachweisführung gemäß ISO 13849 bei der Straßenfahrt so vorgehen zu können, als gäbe es keine Fehlerquellen durch eine komplexe Logik.
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Der Abschaltpfad ist somit eigenständig und getrennt von jeglicher programmierbarer Logik bzw. getrennt von der Steuerelektronik ausgeführt.
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Vorzugsweise besteht der Abschaltpfad ausschließlich aus mechanischen und/oder aus elektrischen Bauteilen.
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Er kann derart angeordnet sein, dass dieser in einer Schaltstellung des Abschaltpfades den oder die Stromkreise des Stromversorgungspfades der Steuerelektronik unterbricht.
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Vorzugsweise besteht die Bauteilkette des Abschaltpfades gänzlich aus elektrischen Bauteilen, die in ihrer Anordnung einer Steuerungskategorie 3 oder 4 entsprechen. Dies bedeutet, dass die Abschaltung über zwei getrennte Kanäle redundant ausgeführt wird.
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Denkbar ist es, dass der Abschaltpfad entweder Stromkreise des Stromversorgungspfades einer komplexen Logik oder auch Leistungsausgänge der komplexen Logik, mit denen im regulären Betrieb Aktuatoren betätigt werden, unterbricht und somit abschaltet, womit die Möglichkeit einer Fehlfunktion der komplexen Logik oder von deren Bauteile als nicht existent angesehen werden kann.
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Vorzugsweise ist der Abschaltpfad geeignet, Stromkreise im Stromversorgungspfad einer komplexen Logik bzw. der Steuerungselektronik oder auch im Ausgangspfad der komplexen Logik zur Steuerung von Aktuatoren zu unterbrechen bzw. redundant zu unterbrechen.
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Der Abschaltpfad kann über einen mechanischen und vorzugsweise handelsüblichen Schalter verfügen, der vorzugsweise derart angeordnet ist, dass mindestens zwei getrennte Stromkreise in dem Schalter vorliegen, die über eine gemeinsame Mechanik betätigt bzw. geöffnet oder geschlossen werden können.
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Vorzugsweise ist des Weiteren vorgesehen, dass die Mechanik des Schalters zusätzlich über eine Verriegelung zumindest in der geöffneten Schaltstellung verfügt, in der der Abschaltpfad eine Abschaltung der Steuerelektronik bzw. elektrohydraulischer Komponenten bewirkt. Dies hat den Vorteil, dass ein selbsttätiges Schließen der Stromkreise ausgeschlossen wird und eine unbeabsichtigte Fehlbedienung durch den Fahrer verhindert wird.
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Die getrennten Stromkreise des Schalters können mindestens zwei voneinander unabhängige Relais schalten, wobei vorzugsweise vorgesehen ist, dass jedes dieser beiden Relais wiederum über mehrere getrennte Stromkreise verfügen kann.
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Denkbar ist es weiterhin, dass jeder zu unterbrechende Stromkreislauf über zumindest zwei getrennte Relais geführt wird und der komplexen Logik durch eingangsseitiges oder ausgangsseitiges Unterbrechen die Möglichkeit genommen wird, ungewollt Einfluss zu nehmen auf die Lenkung der Arbeitsmaschine.
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Auch ist es denkbar, dass anstelle der eingangs- oder ausgangsseitigen Unterbrechung der Steuerelektronik die Stromversorgung von zumindest einer elektrohydraulischen Komponente, wie beispielsweise von einem elektrohydraulischen Ventil unterbrochen wird. Der Abschaltpfad kann somit gleichzeitig eine Einschaltmimik übernehmen, womit die Betätigung durch die komplexe Logik vollständig durch eine analoge Schaltung ersetzt werden kann.
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Die Betätigung des Abschaltpfades kann über zwei galvanisch getrennte Klemmen erfolgen, um zu verhindern, ein grundsätzlich hoch verfügbares System bei Ausfallen eines der beiden Klemmen-Versorgungspfade durch ungewolltes Aktivieren des Abschaltpfades im Ein-Fehler-Fall lahmzulegen.
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Des Weiteren kann die Arbeitsmaschine Diagnosemittel aufweisen, die so ausgebildet sind, dass diese den Schaltzustand des Abschaltpfades signalisieren. Bei diesen Mitteln kann es sich um beliebige Mittel handeln, beispielsweise um akustisch und/oder optisch wahrnehmbare Mittel, z. B. in Form einer LED oder Glühlampe.
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Die Diagnosemittel können die Steuerelektronik oder Teile von dieser bzw. die komplexe Logik teilweise oder vollständig umfassen. Somit ist es möglich, Funktionen in der Diagnose des sicheren Abschaltpfades zu übernehmen und den Fahrer auf Fehlfunktionen einzelner Bauteile im Abschaltpfad hinzuweisen.
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Vorzugsweise betrifft die Erfindung PL e-Anwendungen, insbesondere zum Ausschluss von Fehlfunktionen elektrohydraulisch beeinflussbarer Lenkungen jeglicher Ausführungsart insbesondere der Straßenfahrt, in dem Fehlereinflüsse von der komplexen Logik unterbunden werden.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung werden anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
- 1: ein Schaltkreis mit einem mechanischen Schalter mit zwei getrennten Stromkreisen zur Versorgung der Steuerungselektronik bzw. eines elektrohydraulischen Ventils,
- 2: einen Schaltkreis mit einem mechanischen Schalter und zwei redundant ausgeführten Energieversorgungspfaden für die Steuerelektronik,
- 3: einen Schaltkreis mit einem mechanischen Schalter und zwei redundant ausgeführten Energieversorgungspfaden für die Steuerelektronik in einer weiteren Ausführungsform und
- 4: eine schematische Ansicht eines PL e Subsystems.
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Gemäß 1 ist ein Schalter S1 vorgesehen, der vom Führer einer Arbeitsmaschine von Hand zu betätigen ist und über den zwei getrennte Stromkreise geführt werden. Die Versorgung der beiden getrennten Stromkreise des Schalters S1 kann entweder über die Klemme 15 oder auch über die Klemme 30 erfolgen. In dem Ausführungsbeispiel gemäß 2 sind die Energieversorgungspfade bzw. die Klemmen 15.a und 15.b redundant ausgeführt.
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Dies bringt den Vorteil mit sich, dass der Ausfall eines Energieversorgungspfades nicht zur selbsttätigen Abschaltung der elektrohydraulischen Lenkung durch den Abschaltpfad führen kann, insbesondere wenn es sich um eine rein elektrohydraulische Lenkung handelt, wie z. B. eine elektrohydraulische Joysticklenkung mit elektronischem Joystick.
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Durch eine in den Zeichnungen nicht näher dargestellte Verriegelungsmöglichkeit wird der Schalter in der geöffneten Schaltstellung gehalten, wie sie in 1, 2 und 3 dargestellt ist, damit kein versehentliches selbsttätiges Zuschalten durch Erschütterungen oder durch Fehlbedienung bei Straßenfahrt erfolgen kann.
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Wie dies aus den 1 bis 3 weiter hervorgeht, kann der Schalter S1 über ein Leuchtmittel L1 oder ein beliebiges anderes Diagnosemittel im Diagnosepfad D verfügen, das den Status des Abschaltpfades bzw. des Schalters signalisiert und der Fehlererkennung im Abschaltpfad dient.
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Durch das Schließen der beiden Stromkreise des Schalters S1 werden zwei getrennte Relais (R1 und R2) gemäß 1 und 2 schließend geschaltet. Über die beiden Relais werden entweder Stromkreise des Stromversorgungspfades einer komplexen Logik gemäß 1 oder die Ausgangspfade DO1 und DO2 gemäß 2 der komplexen Logik zwei Kanäle leitend geschalten. Dies ermöglicht das Mitwirken der komplexen Logik für Steuerungsvorgänge abseits der Straße.
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Alternativ kann dieser Schaltungsaufbau auch durch die Verwendung von vier einzelnen Standardrelais R1, R2, R3 und R4 dargestellt werden, wie dies in 3 gezeigt ist. Nachteilig wirkt sich bei diesem Aufbau jedoch die verringerte Diagnosefähigkeit der jeweils zwei in Serie geschalteten Einzelrelais aus. Würde eines der beiden in Serie geschalteten Relais durch einen Fehler auf Dauer in geschlossenem Zustand bleiben, so würde dieser Fehler des Nichtöffnens unerkannt bleiben, falls der Stromkreis, welcher über jeweils zwei Relais geführt wird, über eine gemeinsame Messstelle überwacht würde.
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Dennoch ist die Überwachung des Schaltungszustandes möglich, ob beide Stromkreise bei Abschaltung durch den Schalter S1 unterbrochen werden, womit die Straßenfahrt zulässig wäre.
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Bei weniger komplexen Lenkungskonzepten, wie beispielsweise mit 1 dargestellt sind, ist es auch denkbar, über die beiden Relais direkt die Klemme 15 oder 30 zu schalten, um ein elektrohydraulisches Ventil V1 ein- und auszuschalten. Dies kann beispielsweise erforderlich sein, um den Betätigungspfad einer elektrohydraulisch mitlenkenden Hinterachse isolieren zu können.
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Die vorliegende Erfindung ist somit nicht auf die komplette Abschaltung einer Steuerelektronik beschränkt, sondern umfasst auch das gezielte Abschalten einzelner elektrohydraulischer Komponenten, wie beispielsweise eines Ventils.
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Je nach Ausführung des Lenkungskonzeptes kann der Diagnosepfad D durch das Leuchtmittel L1 des Schalters 1 alleine abgedeckt werden, wie dies in 1 dargestellt ist.
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Dies ist beispielsweise der Fall, wenn nur die Klemme 15 oder nur die Klemme 30 über die beiden Relais geschaltet werden.
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Werden hingegen die Ausgangspfade DO1 und DO2 einer komplexen Logik unterbrochen, wie dies in 2 und 3 der Fall ist, welche durch die komplexe Logik nicht kontinuierlich angesteuert werden, kann auch die komplexe Logik Teil des Diagnosepfades sein. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass die Bauteile des Abschaltpfades auf die Funktion hin überprüft werden können und schleichende Fehler festzustellen, wie beispielsweise ein hängendes Relais in geschlossenem Schaltzustand. In 2 kennzeichnet MST Messstellen M1 und M2 und EEST eine elektronische Endstufe. Diese Bezugszeichen werden in 3 ebefalls verwendet.
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L kennzeichnet die komplexe Logik.
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Im Übrigen werden in 3 gleiche oder funktionsgleiche Elemente mit denselben Bezugszeichen versehen, wie in 2.
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Die Schaltung gemäß 4 verfügt über zwei Schalter S sowie zwei Relais R. Nach den Regeln der ISO 13849 entspricht diese Schaltung einer Steuerungskategorie 3 oder 4 mit hohem Diagnosedeckungsgrad und eignet sich daher für einen PL e-tauglichen Abschaltpfad. Mit diesem können bei Straßenfahrt Fehlereinflüsse durch das ungewollte Einwirken komplexer Logik ausgeschlossen werden.
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Durch die vorliegende Erfindung wird für den Fall der Straßenfahrt auf komplexe Logik verzichtet und Fehlfunktionen von elektronisch beeinflussten sicherheitsrelevanten Komponenten bzw. Steuerungen werden ausgeschlossen.
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Das selbsttätige Zuschalten elektrischer Stromkreise und deren Fehlereinflussmöglichkeiten auf sicherheitsrelevante Steuerungsvorgänge können gänzlich ausgeschlossen werden.