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Nachfolgend wird ein Verfahren zur Berechnung einer Rückholzeit beschrieben.
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Es ist bekannt, dass lange Fahrten im Kraftfahrzeug ermüdend sind. Das Konzentrationsniveau eines Fahrers lässt über die Zeit ggf. nach. Nachlassende Konzentration kann zur Folge haben, dass Gefahrensituationen nicht erkannt oder nicht richtig eingeschätzt werden. Des Weiteren kann die Verkehrssituation verkannt oder bei der Fahrzeugsteuerung falsch reagiert werden. Die Folge ist ein daraus resultierendes erhöhtes Risiko für die Insassen sowie die anderen Verkehrsteilnehmer.
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Im Stand der Technik sind Müdigkeitswarner bekannt, die eine Wachheit des Fahrers anhand verschiedener Kriterien beurteilen. Bekannt ist unter anderem, Augen-, Pupillen- und/oder Augenlidbewegungen des Fahrers mittels Kameras zu erfassen, elektronisch auszuwerten und aus diesen auf den Wachheitszustand des Fahrers zu schließen. Eine Warnung kann dann unter anderem in Form eines Tonsignals, einer Vibration, z. B. des Lenkrades, oder einer grafischen Anzeige erfolgen.
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Moderne Kraftfahrzeuge sind des Weiteren häufig mit Fahrassistenzsystemen ausgestattet. Solche Assistenzsysteme können beispielsweise eine automatische Längsgeschwindigkeitsregelung, häufig Abstandsregeltempomat genannt, umfassen, die in der Lage ist, den Abstand zum vorausfahrenden Kraftfahrzeug automatisch einzuhalten. Hierzu kann das Assistenzsystem mit Gas und Bremse wechselwirken. Auch Spurhalteassistenten werden in heutigen Kraftfahrzeugen häufig verbaut. Die Spurhalteassistenten verhindern ein unbeabsichtigtes Verlassen einer Fahrzeugspur durch Lenkeingriff. Diese Systeme tragen ebenfalls zur Sicherheit bei.
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Die vorgenannten Systeme entlasten den Fahrer, können jedoch dazu beitragen, dass ein Fahrer sein Situationsbewusstsein für die aktuelle Verkehrssituation auf der Straße nicht aufrecht erhält.
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Seit geraumer Zeit wird an der Entwicklung vollständig automatisch fahrender Kraftfahrzeuge gearbeitet. Solche Kraftfahrzeuge sollen weitgehend ohne Eingriffe des Fahrers von einem aktuellen Ort des Kraftfahrzeugs zu einem Zielort fahren können, wobei Gefahrensituationen automatisch erkannt werden.
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Es ist jedoch denkbar, dass aus Sicherheitsgründen in Extremsituationen die Kontrolle des Kraftfahrzeugs an einen Fahrer übergeben werden soll. Es ist auch denkbar, dass automatisches Fahren nur auf bestimmte Zonen beschränkt sein und außerhalb dieser Zonen nicht gestattet werden wird. So könnte beispielsweise in städtischen Regionen aufgrund der Vielzahl von Verkehrsteilnehmern aller Kategorien, Kraftfahrzeugfahrer, Fahrradfahrer, Fußgänger und dergleichen, ein automatisches Fahren verboten sein. Dann muss gewährleistet sein, dass selbst bei einem Kraftfahrzeug, das hierzu imstande wäre, in solchen Zonen der Fahrer stets die Kontrolle haben muss.
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In Zeiten, in denen das Kraftfahrzeug autonom fährt, kann sich ein Fahrer des Kraftfahrzeugs anderen Dingen widmen. So könnte der Fahrer derweil beispielsweise lesen, Musik hören, einen Film schauen oder telefonieren. Bei solchen Aktivitäten hat der Fahrer möglicherweise kein Augenmerk für den Straßenverkehr. Soll der Fahrer jedoch die Kontrolle des Kraftfahrzeugs übernehmen, beispielsweise aufgrund einer bevorstehenden Selbstfahrzone oder einer drohenden Gefahrensituation, muss er darauf hingewiesen werden. Abhängig von seiner aktuellen Tätigkeit kann es eine bestimmte Zeit dauern, bis der Fahrer seine Aufmerksamkeit auf den Verkehr gerichtet und die Situation erfasst hat, bevor der die Kontrolle über das Kraftfahrzeug übernehmen kann. Eine Warnung muss daher rechtzeitig vorher stattfinden.
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Aufgabe ist es somit, ein Verfahren anzugeben, das eine rechtzeitige Meldung an einen Fahrer erlaubt, sodass dieser reagieren kann oder die Kontrolle über das Kraftfahrzeug übernehmen kann.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1. Die Aufgabe wird des Weiteren gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges gemäß dem nebengeordneten Anspruch 9, ein Computerprogrammprodukt gemäß dem nebengeordneten Anspruch 13. Die Aufgabe wird zudem gelöst durch ein Kraftfahrzeug gemäß dem nebengeordneten Anspruch 14. Weiterbildungen der Verfahrens und des Kraftfahrzeugs sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Das nachfolgend beschriebene Verfahren dient zur Berechnung einer Rückholzeit. Die Rückholzeit ist die Zeit, die benötigt wird, um die Aufmerksamkeit eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs auf den Straßenverkehr zu lenken, sodass der Fahrer die Verkehrssituation erfassen und möglicherweise reagieren kann.
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Die Rückholzeit hängt vom Zustand des Fahrers, beispielsweise seiner Wachheit, vom Fahrer selbst und auch von der aktuellen Tätigkeit des Fahrers ab. Ein müder Fahrer, der gerade ein Buch liest, benötigt möglicherweise länger, um eine Verkehrssituation zu erfassen und die Kontrolle über das Kraftfahrzeug zu übernehmen, als ein wacher Fahrer, der Musik hört und dabei nach draußen schaut.
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Im Rahmen des beschriebenen Verfahrens wird der Fahrer mittels Sensoren überwacht und ein Aufmerksamkeitszustand des Fahrers ermittelt. Aus der Ermittlung des Aufmerksamkeitszustands des Fahrers wird ein Wert berechnet, dem eine zu erwartende Rückholzeit zugeordnet wird. Statt eines Wertes können mehrere Werte berechnet werden, denen eine zu erwartende Rückholzeit zugeordnet werden.
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Der Aufmerksamkeitszustand einer Person kann anhand seiner äußerlich erkennbaren Verhaltensweisen eingeschätzt werden. Relevante Kriterien für den Aufmerksamkeitszustand sind unter anderem Gesichtsfarbe, Blinzeln mit den Augen, kurze gewöhnliche Streifblicke zum Beispiel zum Blick aus dem Seitenfenster, Gesten und/oder Handbewegungen. Sobald eine Person müde wird, ändern sich diese Verhaltensweisen. So treten teilweise zusätzliche Aktivitäten auf, wie das Reiben von Gesicht und Augen, Kratzen, Gähnen, unruhiges Bewegen im Sitz und einige andere mehr. Wird eine Person sehr müde, treten beispielsweise bei den meisten Personen Augenlidschlüsse von 2 Sekunden oder länger auf. Diese sind oft begleitet von rollenden Auf- oder Seitwärtsbewegungen der Augen. Die Personen können Anzeichen von Koordinationsstörungen der Augen zeigen. Diese können sich zum Beispiel darin äußern, dass die Person den Eindruck erweckt zu schielen. Müde Menschen sind in der Regel zudem blasser. Es gibt eine Reihe weiterer äußerer Anzeichen, die eine Müdigkeit erkennen lassen wie etwa eine Körperhaltung.
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Eine weitere wichtige Rolle für die Rückholzeit spielt, womit sich der Fahrer des Kraftfahrzeugs im Moment der benötigten Rückholung beschäftigt. Ein Fahrer, der bei einer automatischen Fahrt in ein Buch vertieft ist, braucht üblicherweise länger, um eine Verkehrssituation zu erfassen, also ein Fahrer, der Musik hört und ohnehin auf den Verkehr schaut.
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Die Aufmerksamkeit des Fahrers kann über Sensoren erfasst werden und es können daraus nach dem vorbeschriebenen Verfahren Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie lange es vermutlich dauern wird, um die Aufmerksamkeit des Fahrers zurückzuholen und diese auf den Straßenverkehr zu richten.
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Die mit Hilfe des entsprechenden Verfahrens ermittelte Rückholzeit kann zu verschiedenen Zwecken verwendet werden. Einerseits können weitere Maßnahmen des Kraftfahrzeugs von dem Ergebnis der Berechnung abhängig gemacht werden. So könnte zum Beispiel in einer Extremsituation ermittelt werden, dass die Rückholzeit zu lange ist zum Reagieren und es könnte eine automatische Notbremsung eingeleitet werden. Zum anderen kann generell die sicherste Entscheidung getroffen werden, solange der Fahrer seine Aufmerksamkeit nicht mehr rechtzeitig auf den Straßenverkehr richten können wird.
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In einer ersten möglichen weiteren Ausgestaltung kann vorgesehen sein, dass die Überwachung des Fahrers regelmäßig oder kontinuierlich stattfindet. Auf diese Weise kann zu jedem Zeitpunkt oder in regelmäßigen Intervallen die zu erwarten Rückholzeit und die Veränderung der sich zu erwartenden Rückholzeit abhängig vom Zustand des Fahrers überwacht werden. Anhand der Veränderung kann beispielsweise ein nachlassender Wachheitszustand des Fahrers erkannt werden und eine rechtzeitige Unterbrechung der Fahrt bewirkt werden.
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Zur Ermittlung des Aufmerksamkeitszustands des Fahrers können gemäß einer Ausgestaltung die Fahrermüdigkeit, eine Aufmerksamkeitsausrichtung und/oder Gesten des Fahrers bestimmt werden. Bestimmung der Aufmerksamkeitsausrichtung bedeutet, dass der optische und/oder mentale räumliche Fokus des Fahrers bestimmt wird. Dieser kann beispielsweise auf einem auf seinem Schoß befindlichen Buch liegen, einer Fahrzeugsteuerung gewidmet oder auf einen Beifahrer gerichtet sein. Der Fahrer kann auch den Straßenverkehr im Blick behalten. Abhängig davon kann die notwendige Zeit zum Erfassen der Verkehrssituation unterschiedlich lange sein und nach dem hier beschriebenen Verfahren ermittelt werden. Ein müder Fahrer muss vor der Wiedererlangung des Situationsbewusstseins wacher werden, was eine gewisse Zeit benötigt, Für den Zeitraum des Wachwerdens kann ein Zeitraum auf die Rückholzeit addiert werden, z. B. zwei Sekunden für einen leicht müden Fahrer und fünf Sekunden für einen sehr müden Fahrer.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung kann die Fahrermüdigkeit anhand der Augen, der Kopfposition und/oder des Kopfwinkels des Fahrers bestimmt werden. Da bei einem selbständigen Fahren eine Bestimmung der Fahrermüdigkeit über Mikrolenkbewegungen wegfallen kann, ist eine Bestimmung über Augen, Kopfposition und/oder Kopfwinkel zuverlässiger. Die Erkennung der Augen kann beispielsweise Augenaktivität und/oder Lidschlussverhalten überwachen. Die Kopfposition kann ebenfalls Rückschluss auf die Fahrermüdigkeit zulassen. Ist der Kopf gesenkt, kann dies beispielsweise dafür sprechen, dass der Fahrer müde ist. Ein an die Kopfstütze gelehnter Kopf kann ebenfalls Zeichen von Müdigkeit sein. Ein mit eigener Kraft aufrecht gehaltener Kopf spricht hingegen für Wachheit. Auch der Winkel zwischen Kopf und Oberkörper kann ein Indiz für die Wachheit oder Müdigkeit des Fahrers sein. Ein auf den Brustkorb abgelegtes Kinn spricht zum Beispiel für Müdigkeit. Auch ein seitlich abgewinkelter Kopf lässt darauf schließen, dass der Fahrer müde ist.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des hier beschriebenen Verfahrens kann zur Beobachtung der Fahrergesten eine Bewegung von Händen und/oder Armen beobachtet werden. Des Weiteren kann ein kumulierter Hand-Arm-Weg bestimmt werden. Es wurde festgestellt, dass aus diesem kumulierten Hand-Arm-Weg Rückschlüsse über den Aufmerksamkeits- und Wachheitszustand des Fahrers geschlossen werden kann.
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In einer möglichen Ausgestaltung kann eine Bestimmung von Blickrichtung und Gesten, insbesondere einen kumulierten Hand-Arm-Weg, oder von Blickrichtung, Müdigkeit und Gesten, insbesondere einen kumulierten Hand-Arm-Weg, jeweils in Kombination miteinander erfolgen. Hieraus lassen sich Rückschlüsse auf den Aufmerksamkeitsfokus des Fahrers und seine Tätigkeit ziehen. Ein nach unten gesenkter Blick in Verbindung mit einer tiefen Handhaltung (z. B. Hände auf dem Schoß) können auf Lesen in einem auf dem Schoß liegenden Buch oder Arbeiten mit einem auf dem Schoß befindlichen Arbeitsgerät schließen lassen. Rückholen bedeutet, dass der Fahrer zunächst den gedanklichen und den räumlichen Aufmerksamkeitsfokus auf die aktuelle Tätigkeit beenden muss, was eine gewisse Zeit dauern kann. Nur eine gesenkte Hand in Verbindung mit einem nach unten gerichteten Blick kann beispielsweise auf Bedienen eines Mobiltelefons oder dergleichen zurückgeführt werden, was meist mit einer weniger tiefen Konzentration auf das Gerät einhergeht. Aus den Gesten in Kombination mit der Blickrichtung lässt sich somit mit guter Genauigkeit vorhersagen, wie lange es dauern wird, bis ein Fahrer das Situationsbewusstsein wieder zurückgewonnen haben kann,
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Eine weitere mögliche Ausgestaltung des Verfahrens sieht vor, dass der Aufmerksamkeitszustand des Fahrers klassifiziert wird, wobei jeder Klasse ein Wert zugeordnet wird, wobei bei Bestimmung mehrerer Aspekte der Aufmerksamkeit des Fahrers für jeden betrachteten Aspekt ein Wert bestimmt wird. So kann ein eigener Wert für den Augenzustand, die Kopfposition und/oder des Kopfwinkels des Fahrers, ein eigener Wert für die Aufmerksamkeitsausrichtung und/oder ein eigener Wert für die Fahrergesten bestimmt werden. Das von den Sensoren erkannte Verhalten des Fahrers kann in jeder der entsprechenden Kategorien klassifiziert und für jede Klasse jedes Aspekts ein Wert vorgegeben sein. Durch die entsprechende Klassifizierung lässt sich hinsichtlich jedes untersuchten Aspektes eine sich daraus ergebende Aufmerksamkeit ermitteln. Die Werte aus den entsprechenden Kategorien können miteinander verglichen und ggf. widersprüchliche Ergebnisse kompensiert werden, sodass die Zuverlässigkeit des Verfahrens steigt. Zudem können bestimmte Kriterien starker gewichtet werden als andere, beispielsweise die Fahrermüdigkeit stärker als die Aufmerksamkeitsausrichtung. Dies alles führt zu einer realistischeren Abschätzung der Fahreraufmerksamkeit. Die Rückholzeit lässt sich somit genauer vorhersagen.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des Verfahrens kann eine Tabelle vorgesehen sein, in der Rückholzeiten zu den Werten zugeordnet sind. Eine solche Tabelle kann also mehr als zwei Dimensionen haben. Die Zuordnung von Rückholzeiten in einer Tabelle erlaubt eine schnelle und mit wenig Rechenaufwand verbundene Bestimmung der Rückholzeit. Zudem lassen sich Tabellen leicht austauschen. Eine Aktualisierung lässt sich somit einfach vornehmen.
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Gemäß einem weiteren möglichen Aspekt können bei der Zuordnung der Rückholzeit Fahrzeugaspekte berücksichtigt werden. So kann die Fahrzeuginfrastruktur selbst unterschiedlich lange Rückholzeiten bedingen. Beispielsweise kann festgestellt werden, dass ein Fahrer gerade ein Navigationssystem bedient, was auf die Aufmerksamkeitsausrichtung des Fahrers großen Einfluss haben kann, da der Fahrer zum Bedienen des Navigationssystems eine gewisse Aufmerksamkeit benötigt. Auch die Bedienung anderer Fahrzeugkontrollen, beispielsweise des Multimediasystems oder der Heizung können die Aufmerksamkeit des Fahrers beanspruchen.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung können die Rückholzeiten fahrerindividuell angepasst werden. So ist es möglich, das Verfahren selbstlernend auszugestalten und abhängig von den tatsächlichen Reaktionen des Fahrers die Rückholzeiten an den Fahrer anzupassen. Dazu kann eine Fahrererkennung vorgesehen sein.
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Ein erster unabhängiger Gegenstand der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs. Im Rahmen des Verfahrens wird das zuvor beschriebene Verfahren beim Betrieb des Kraftfahrzeugs verwendet. Ein entsprechend betriebenes Kraftfahrzeug kann eine notwendige Rückholzeit permanent berechnen. Ein nach dem Verfahren betriebenes Kraftfahrzeug lässt sich sicher betreiben eine notwendige Rückholzeit eines Fahrers des Kraftfahrzeugs bei weiterführenden Entscheidungen berücksichtigt werden können.
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Gemäß einer ersten möglichen weiteren Ausgestaltung des Verfahrens zum Betrieb des Kraftfahrzeugs kann vorgesehen sein, dass das Kraftfahrzeug automatisiert fährt. Die automatisierte Fahrt des Kraftfahrzeugs erlaubt dem Fahrer, seine Aufmerksamkeit anderen Dingen als dem Straßenverkehr zu widmen. Dennoch können bestimmte Situationen einen Eingriff des Fahrers erfordern oder wünschenswert machen. Durch Berechnen der Rückholzeit kann dieser bei der Planung der nächsten Schritte berücksichtigt werden.
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Gemäß einer weiteren möglichen Ausgestaltung des Verfahrens kann ein Verkehrszustand ermittelt werden, der in einem kurz darauffolgenden Moment die Aufmerksamkeit des Fahrers erfordern wird, wobei in Abhängigkeit von dem Ergebnis des Verfahrens zur Berechnung der Rückholzeit eine Übernahmeanforderung an den Fahrer signalisiert wird. Somit kann der Fahrer rechtzeitig genug gewarnt werden, um die vor ihm liegende Verkehrssituation zu erfassen und entsprechend zu reagieren. Dies steigert die Sicherheit des Betriebs eines automatisch betriebenen Kraftfahrzeugs.
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Gemäß einem weiteren Aspekt des Verfahrens kann die Übernahmeanforderung zeitlich und qualitativ an den Aufmerksamkeitszustand des Fahrers angepasst werden. Somit können beispielsweise geeignete Signale für die Übernahmeanforderung ausgewählt und verwendet werden, beispielsweise optische und/oder akustische Signale. Bei akustischen Signalen können Lautstärke und Art der akustischen Signale, zum Beispiel Sprache oder ein abstrakteres Signal oder ein Warnsignal, ausgewählt werden. Zudem ist es möglich, die Lautstärke eines akustischen Signals zu variieren. Optische Signale können beispielsweise in einer eingeblendeten Anzeige (Head-up-Display) erscheinen, die zudem einen Hinweis darauf geben, wo möglicherweise eine Gefahr herrscht.
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Ein weiterer unabhängiger Aspekt betrifft ein Computerprogrammprodukt mit einem computerlesbaren Speichermedium, auf dem Befehle eingebettet sind, die, wenn sie von einer Recheneinheit ausgeführt werden, bewirken, dass die Recheneinheit dazu eingerichtet ist, ein Verfahren der vorgenannten Art auszuführen. Dieses Verfahren kann das Verfahren zur Berechnung der Rückholzeit oder das Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder beides sein.
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Ein weiterer unabhängiger Gegenstand betrifft ein Kraftfahrzeug mit einer Sensoranordnung, die zur Überwachung der Aufmerksamkeit eines Fahrers des Kraftfahrzeugs dient, wobei das Kraftfahrzeug ein Speichermedium mit einem zuvor beschriebenen Computerprogrammprodukt aufweist. Ein entsprechendes Kraftfahrzeug erlaubt die Überwachung des Aufmerksamkeitszustands des Fahrers und, abhängig von der konkreten Ausgestaltung, die Verwendung der Überwachung zur Steigerung der Sicherheit im Straßenverkehr.
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Gemäß einem weiteren Aspekt des Kraftfahrzeugs kann das Kraftfahrzeug Kameras, Stereokameras, Ultraschallsensoren und/oder Infrarotsensoren zur Überwachung der Aufmerksamkeit des Fahrers aufweisen. Die Kameras können beispielsweise von vorne auf den Fahrer gerichtet sein. Eine Kamera kann beispielsweise in einer A-Säule, in einem Dachhimmel oder in einer Rückspiegelkonsole angeordnet sein. Die Verwendung von Stereokameras ermöglicht die Ermittlung einer Tiefeninformation, um Gesten und Kopfwinkel des Fahrers genauer einschätzen zu können. Auch Ultraschallsensoren erlauben eine Tiefenauflösung der Position des Fahrers. Mit Hilfe von Infrarotsensoren können beispielsweise ebenfalls Positionsinformationen gewonnen werden, insbesondere in dunkler Umgebung, beispielsweise bei Nachtfahrt, aber auch möglicherweise Hauttemperaturen des Fahrers oder dessen Durchblutung überprüft werden, wodurch eine verringerte Durchblutung der Haut des Fahrers ermittelbar ist, welche auf eine zunehmende Müdigkeit schließen lässt. Sensoren können auch in Kombination verwendet werden, beispielsweise eine Stereokamera und Infrarotsensoren oder zwei an unterschiedlichen Positionen angeordnete Kameras. Zwei dieser Kameras können möglicherweise als Stereokameras zusammenwirken.
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Ein weiterer unabhängiger Aspekt betrifft eine Anordnung zur Berechnung einer Rückholzeit, die es benötigt, um die Aufmerksamkeit eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs auf den Straßenverkehr zu lenken, wobei Sensoren vorgesehen sind, mit denen der Fahrer überwacht wird und wobei eine Recheneinheit vorgesehen ist, mit Hilfe derer der Aufmerksamkeitszustand des Fahrers ermittelt wird, wobei in der Recheneinheit ein Wert berechnet wird, dem eine zu erwartende Rückholzeit zugeordnet wird.
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Eine erste mögliche weitere Ausgestaltung sieht vor, dass die Recheneinheit so konfiguriert ist, dass die Überwachung regelmäßig oder kontinuierlich stattfindet.
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Ein weiterer Aspekt sieht vor, dass Mittel vorgesehen sind, um die Fahrermüdigkeit, die Aufmerksamkeitsausrichtung und/oder Fahrergesten zu bestimmen. Die Mittel können Kameras, Stereokameras, Ultraschallsensoren und/oder Infrarotsensoren oder andere geeignete Sensoren zur Überwachung des Fahrers sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt können Mittel zum Erkennen von Augen, Kopfposition und/oder Kopfwinkel des Fahrers vorgesehen sein, die von der Recheneinheit verwendet werden, um die Fahrermüdigkeit zu bestimmen.
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Gemäß einem weiterführenden Aspekt können Sensoren dazu ausgebildet sein, Hand- und/oder Armwege oder einen kumulierten Hand-Arm-Weg zu ermitteln. In einer weiteren Ausprägung können Informationen über die Blickrichtung des Fahrers mit dem Hand-Arm-Weg kombiniert werden.
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Gemäß einem weiterführenden Aspekt kann vorgesehen sein, dass die Recheneinheit dazu eingerichtet ist, den Aufmerksamkeitszustand des Fahrers zu klassifizieren, wobei die Recheneinheit dazu eingerichtet ist, jeder Klasse einen Wert zuzuordnen. Bei Bestimmung mehrerer Aspekte der Aufmerksamkeit des Fahrers kann die Recheneinheit dazu eingerichtet sein, jedem der Aspekte einen eigenen Wert zuzuweisen.
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Ein weiterführender Aspekt kann vorsehen, dass in der Recheneinheit oder in einem Speicher der Recheneinheit eine Tabelle abgelegt ist, in der der oder den Werten eine Rückholzeit zugeordnet ist. Durch Nachschauen in der Tabelle kann die Rückholzeit anhand der Werte die bestimmt werden. Eine solche Tabelle wird in der Fachsprache häufig Look-up table genannt.
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Gemäß einem weiterführenden Aspekt kann die Recheneinheit mit anderen Fahrzeugmodulen vernetzt sein. Auf diese Weise kann die Aufmerksamkeitsausrichtung des Fahrers anhand der Vernetzung ermittelt werden.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug mit den zuvor beschriebenen Mitteln. Ein entsprechend ausgestattetes Kraftfahrzeug kann eine Rückholzeit eines Fahrers berechnen.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung kann das Kraftfahrzeug Mittel aufweisen, um automatisiert zu fahren. Solche Mittel können Sensoren umfassen, die den Straßenverkehr erfassen. Die Mittel können des Weiteren eine Recheneinheit umfassen. Des Weiteren können Steuerungsmittel vorgesehen sein zum Eingriff in Lenkung, Motor und Bremse.
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Gemäß einem weiterführenden Aspekt können Mittel zum Erfassen des Verkehrszustands vorgesehen sein und eine Recheneinheit, die aus der Ermittlung des Verkehrszustandes berechnet, ob die Aufmerksamkeit des Fahrers und ein Fahrereingriff erforderlich ist, wobei Mittel zum Abgeben einer Übernahmeanforderung an den Fahrer vorgesehen sind. Die zuvor beschriebenen Recheneinheiten können separat ausgebildet sein oder können in einer gemeinsamen Recheneinheit kombiniert sein.
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Die Recheneinheit kann dazu ausgebildet sein, die Übernahmeanforderung zeitlich und qualitativ an den Aufmerksamkeitszustand des Fahrers anzupassen.
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Weitere Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der – gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnung – zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Beschriebene und/oder bildlich dargestellte Merkmale bilden für sich oder in beliebiger, sinnvoller Kombination den Gegenstand, gegebenenfalls auch unabhängig von den Ansprüchen, und können insbesondere zusätzlich auch Gegenstand einer oder mehrerer separater Anmeldung/en sein. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen. Dabei zeigen schematisch:
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1 eine Draufsicht auf ein Kraftfahrzeug sowie
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2 ein Ablaufdiagramm des Verfahrens.
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1 zeigt eine schematische Draufsicht auf ein Kraftfahrzeug 2. In dem Kraftfahrzeug 2 sitzt ein Fahrer 4. Das Kraftfahrzeug 2 ist mit einer Vorrichtung 6 (gestrichelt umrahmt) ausgerüstet, die den Aufmerksamkeitszustand des Fahrers 4 überwacht. Die Vorrichtung 6 umfasst mehrere Mittel. Im Bereich vor dem Fahrer sind Kameras 8, 10 angeordnet, die auf einen Kopf 4.1 des Fahrers gerichtet sind. Die Kamera 8 ist als Stereokamera ausgebildet. Die Kamera 8 ist in einer A-Säule 2.1 angeordnet, die Kamera 10 in einer Dachkonsole 2.2. Eine der Kameras 8, 10 oder beide können dazu eingerichtet sein, Augenbewegungen und/oder Lidbewegungen des Fahrers 4 zu überwachen.
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Die Vorrichtung 6 umfasst weiterhin eine Steuerung 12. Die Steuerung 12 ist mit den Kameras 8, 10 verbunden und wertet die Kamerabilder entsprechend aus. Der Aufmerksamkeitszustand des Fahrers kann, wie in 2 eingehender beschrieben wird, somit ermittelt werden und eine Rückholzeit berechnet werden. Die Steuerung 12 weist einen Speicher 13 auf, auf dem ein Computerprogramm gespeichert ist, mit dem das hier beschriebene Verfahren ausgeführt wird.
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Das Kraftfahrzeug 2 weist des Weiteren Sensoren 14 auf, die den vorliegenden Verkehr überwachen. Mit Hilfe der Sensoren 14 kann das Kraftfahrzeug 2 autonom fahren. Die Sensoren 14 sind mit der Steuerung 12 gekoppelt.
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In alternativen Ausgestaltungen können die Sensoren 14 mit einer separaten Steuerung gekoppelt sein, die wiederum mit der Steuerung 12 gekoppelt ist.
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Sobald über die Sensoren 14 ein Verkehrszustand ermittelt wird, der die Aufmerksamkeit des Fahrers 4 erfordert, kann die Rückholzeit ermittelt werden, die benötigt wird, um die Aufmerksamkeit des Fahrers auf den Straßenverkehr zu richten.
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Die Steuerung 12 kann eine Übernahmeanforderung an den Fahrer 4 signalisieren. Hierzu kann die Steuerung 12 mit einem Lautsprecher 16 gekoppelt sein. Der Lautsprecher 16 kann die Übernahmeanforderung akustisch signalisieren. Die Übernahmeanforderung kann zeitlich und qualitativ an die Verkehrssituation und an den Aufmerksamkeitszustand des Fahrers 4 angepasst sein.
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Die Steuerung 12 ist des Weiteren mit einem Navigationssystem 18 gekoppelt. Durch diese Kopplung mit dem Navigationssystem 18 kann festgestellt werden, ob der Fahrer 4 zum Zeitpunkt der Überwachung gerade das Navigationssystem 18 bedient. Dies lässt Rückschlüsse darauf zu, wie lange es dauert, die Aufmerksamkeit des Fahrers 4 für den Straßenverkehr zurückzugewinnen. Auch eine Kopplung mit anderen Systemen des Kraftfahrzeugs 2 ist denkbar.
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2 zeigt ein Ablaufdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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In einem ersten Schritt werden Informationen der Kameras 8, 10 oder der anderen Sensoren ausgelesen.
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In einem zweiten Schritt werden die Informationen, die über die Sensoren 8, 10 ausgelesen wurden, ausgewertet.
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In einem dritten Schritt werden die ausgewerteten Informationen klassifiziert. Die Klassifizierung kann beispielsweise Müdigkeitszustand und Aufmerksamkeitsausrichtung sowie Gesten des Fahrers 4 betrachten. Jeder Klasse kann ein Wert zugeordnet sein.
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In einem vierten Schritt wird aus den Werten ein gemeinsamer Wert ermittelt. Dazu können die vorherigen Werte gewichtet oder nach anderen Prinzipien geordnet werden.
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In einem fünften Schritt wird mit dem gemeinsamen Wert anhand einer Tabelle eine Rückholzeit ermittelt. Die Rückholzeit wird vorgehalten.
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In einem sechsten Schritt wird der Verkehrszustand ermittelt. Sollte der Verkehrszustand keinen Eingriff des Fahrers 4 erfordern, beginnt das Verfahren von vorne.
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Sollte ein Eingriff des Fahrers erforderlich sein, wird in einem siebten Schritt mit Hilfe der Rückholzeit und anhand des Aufmerksamkeitszustand des Fahrers 4 ein geeigneter Zeitpunkt und eine geeignete Qualität einer Übernahmeaufforderung bestimmt.
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In einem achten Schritt wird zum gegebenen Zeitpunkt eine entsprechende Übernahmeaufforderung abgegeben.
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Danach kann das Verfahren von vorne beginnen.
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Obwohl der Gegenstand im Detail durch Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterung in der Beschreibung, definiert wird.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Kraftfahrzeug
- 2.1
- A-Säule
- 2.2
- Dachkonsole
- 4
- Fahrer
- 4.1
- Kopf
- 6
- Vorrichtung zur Ermittlung eines Aufmerksamkeitszustandes
- 8
- Stereokamera
- 10
- Kamera
- 12
- Steuerung
- 13
- Speicher
- 14
- Sensoren
- 16
- Lautsprecher
- 18
- Navigationssystem