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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ersetzen eines ersten Stellwerkes, an das über erste Stellteile Feldelemente einer Außenanlage angeschlossen sind, durch ein zweites Stellwerk, an das über zweite Stellteile die Feldelemente der Außenanlage angeschlossen werden.
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Der Stellwerksaustausch ist insbesondere in Großstädten mit bis zu 24-stündigem Nahverkehr außerordentlich problematisch, da Fahrplanauswirkungen wegen zu kurzer verfügbarer Umbauzeiten bisher unvermeidlich sind. Häufig muss ein kostenintensiver Schienenersatzverkehr und/oder ein ungünstiger Umleitungsfahrplan für den Schienenverkehr eingerichtet werden. Für den Fall, dass Betriebspausen, üblicherweise zwischen 1:00 und 4:00 Uhr, vorgesehen sind, kann der Hardwareersatz wegen der aufwendigen Funktionstests, Fehlerprüfung und Fehlerkorrektur der zugehörigen Software häufig nicht innerhalb der Betriebspause sichergestellt werden.
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Der Erfindung liegt demzufolge die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, welches das Ersetzen eines bestehenden Relais- oder elektronischen Stellwerkes auch bei sehr kurzer oder nicht vorgesehener Betriebspause, das heißt „unter rollendem Rad“ ermöglicht.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch folgende, aufeinanderfolgende Verfahrensschritte gelöst:
- 1. Aufbau des zweiten Stellwerkes mit den zweiten Stellteilen,
- 2. Kopplung des zweiten Stellwerkes an das erste Stellwerk zur Übertragung von Meldungen der Feldelemente der Außenanlage an das zweite Stellwerk,
- 3. Anschluss des zweiten Stellwerkes an einen Bedienplatz zur Ansteuerung der Feldelemente der Außenanlage über die ersten Stellteile,
- 4. sukzessive Abschaltung der ersten Stellteile und Anschaltung der den gleichen Feldelementen der Außenanlage zugeordneten zweiten Stellteile und
- 5. Abtrennung des ersten Stellwerkes mit den ersten Stellteilen von dem zweiten Stellwerk.
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Auf diese Weise ist lediglich ein einmaliges Abschalten des zu ersetzenden ersten Stellwerkes zum Einspielen der Software in Schritt 2 erforderlich. Dadurch ist ein vollwertiger Fahrgastbetrieb in Schritt 3 zunächst mit zwei Stellwerken, welche sich bezüglich der Feldelemente der Außenanlage über eine definierte Schnittstelle austauschen, möglich. Die Feldelemente der Außenanlage werden in Schritt 4 sukzessive an das zweite Stellwerk angeschlossen und mit diesem sofort wieder in Betrieb genommen. Immer genau ein Stellwerk hat die betriebliche Verantwortung im Sinne eines Master-Slave-Betriebes. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass in der Umbauphase während der ersten drei Schritte vollständig auf das erste Stellwerk zurückgeschaltet werden kann, wenn Softwarefehler, zum Beispiel bezüglich der Projektierung des zweiten Stellwerkes, festgestellt werden. Ein derartiger Probebetrieb zur Fehleranalyse kann bedarfsweise zeitlich verlängert werden, ohne Auswirkungen auf den Betriebsablauf.
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Gemäß Anspruch 2 ist vorgesehen, dass die Kopplung der beiden Stellwerke in Schritt 2 über eine Datenbusschnittstelle erfolgt. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Ethernet-Schnittstelle mit einkanalig sicherer Datenübertragung, zum Beispiel mittels SAHARA über UDP/IP, handeln. Über diese Nachrichtenverteilerschnittstelle werden Telegramme zwischen den beiden Stellwerken ausgetauscht.
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Alternativ kann die Kopplung zwischen den Stellwerken gemäß Anspruch 3 auch über potentialfreie Kontakte erfolgen. Diese Möglichkeit besteht bei Relaisstellwerken. Allerdings ist die Bandbreie der auszutauschenden Informationen sehr hoch, da alle angeschlossenen Außenanlagenkomponenten Meldungen übertragen, so dass ein sinnvoller Einsatz bei der vorhandenen Hardware zu prüfen ist.
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Der Bedienplatzanschluss des zweiten Stellwerkes in Schritt 3 kann gemäß Anspruch 4 an einen neuen, für das zweite Stellwerk vorgesehenen Bedienplatz erfolgen. Wenn dies technisch möglich ist, kann aber auch der vorhandene Bedienplatz, der zum ersten Stellwerk gehört, weiter verwendet werden, wobei das zweite Stellwerk dann an diesen vorhandenen Bedienplatz angeschlossen wird. Das kommt besonders dann in Frage, wenn das erste Stellwerk ein elektronisches Stellwerk ist, welches durch ein zweites elektronisches Stellwerk ersetzt werden soll.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand figürlicher Darstellungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine Übersicht der erfindungsgemäßen fünf Verfahrensschritte zum Ersetzen eines ersten Stellwerkes durch ein zweites Stellwerk,
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2 den Anfangszustand des ersten Stellwerkes,
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3 den ersten Verfahrensschritt,
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4 den zweiten Verfahrensschritt,
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5 eine Busverbindung zwischen den Stellwerken,
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6 den dritten Verfahrensschritt,
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7 den vierten Verfahrensschritt,
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8 den fünften Verfahrensschritt und
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9 das zweite Stellwerk in Betriebszustand.
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1 veranschaulicht schematisch die mit umkreisten Ziffern 1 bis 5 bezeichneten Verfahrensschritte zum Ersatz eines vorhandenen ersten Stellwerkes 1 durch ein neues, zweites Stellwerk 2. Das erste Stellwerk 1 ist über stellwerksspezifische erste Stellteile 3 und ein Kabelabschlussgestell 4 mit einer Außenanlage 5 verbunden. Die Außenanlage 5 beinhaltet die Gesamtheit der von dem ersten Stellwerk 1 über dessen Steilteile 3 anzusteuernden Feldelemente, von denen beispielhaft eine Weiche 6, eine Gleisfreimeldeanlage 7 und ein Signal 8 dargestellt sind. Die Feldelemente melden ihren aktuellen Zustand über das erste Stellwerk 1 an einen Bedienplatz 9 mit einem Bedien- und Anzeigesystem.
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Auch das zweite Stellwerk 2 ist mit stellwerksspezifischen zweiten Stellteilen 10 ausgestattet und mit einem eigenen Bedienplatz 11 verbunden, sofern der vorhandene Bedienplatz 9 nicht weiter verwendbar ist.
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In Schritt 1 wird das neue Stellwerk 2 mit den neuen Stellteilen 10 und gegebenenfalls dem neuen Bedienplatz 11 quasi neben der vorhandenen und in Betrieb befindlichen Stellwerksanlage aufgebaut. Danach werden in Schritt 2 die beiden Stellwerke 1 und 2 zwecks Datenaustausch miteinander gekoppelt. In Schritt 3 wird der Bedienplatz 9 oder 11 an das neue Stellwerk 2 angeschlossen, wobei über die Datenverbindung zwischen den Stellwerken 1 und 2 noch die alten Stellteile 3 von dem jetzt aktiv geschalteten neuen Stellwerk 2 angesteuert werden. Die alten Stellteile 3 werden in Schritt 4 sukzessive durch die das gleiche Feldelement ansteuernden neuen Stellteile 10 ersetzt. Nach erfolgreicher Überprüfung aller sicherheitsrelevanten Software- und Hardwarekomponenten und vollständigem Anschluss aller neuen Stellteile 10 an das Kabelabschlussgestell 4 und damit an die Außenanlage 5 kann im letzten Schritt 5 der Rückbau der nicht mehr benötigten alten Stellwerksanlage erfolgen.
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In dem ersten Stellwerk 1 müssen folgende Funktionen vorhanden sein oder implementiert werden:
- – Weiterleiten der Informationen der Außenanlage 5 an das zweite Stellwerk 2 für Schritt 2,
- – Weiterleiten der Stellbefehle des zweiten Stellwerks 2 an die Außenanlage 5 aufgrund der Telegramminformation des zweiten Stellwerks 2 und Unterdrückung der Stellbefehle des ersten Stellwerks 1 für Schritt 3 und
- – Umschaltmöglichkeit der Datenübertragung zwischen den beiden Stellwerken 1 und 2 bezüglich Melderichtung und Kommandorichtung für Schritt 4.
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Das im Zusammenhang mit 1 kurz umrissene Verfahren ermöglicht erstmalig einen Stellwerksaustausch unter rollendem Rad, das heißt ohne die Notwendigkeit größerer Betriebspausen beziehungsweise Unterbrechungen des Zugverkehrs.
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Die einzelnen Schritte 1 bis 5 werden nachfolgend anhand der 2 bis 9 näher beschrieben.
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Ausgehend von dem in 2 veranschaulichten Ausgangszustand wird in Schritt 1 zunächst das zweite Stellwerk 2 ohne Anbindung an die Außenanlage 5 aufgebaut, wie 3 zeigt. Alle Komponenten des neuen Stellwerks 2 werden installiert und an die Stromversorgung angeschlossen. Das betrifft insbesondere das Stellwerk 2 und dessen Stellteile 10 sowie gegebenenfalls den neuen Bedienplatz 11. Die Art der zu verwendenden Stellteile 10 ergibt sich aus den in Schritt 4 anzuschließenden Feldelementen der Außenanlage 5.
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4 veranschaulicht Schritt 2, bei dem das zweite Stellwerk 2 an das zu ersetzende erste Stellwerk 1 für einen bestimmten Zeitrahmen angekoppelt wird. Dazu dient eine in 5 dargestellte einkanalig sichere Datenübertragung 12 zwischen Datenbusanschlüssen 13a und 13b der beiden Stellwerke 1 und 2. Innerhalb der Datenbusschnittstelle 13a/13b, zum Beispiel einer Ethernet-Schnittstelle werden Telegramme, beispielsweise mittels SAHARA oder UDP/IP ausgetauscht. Das erste Stellwerk 1 stellt dabei alle notwendigen Informationen bezüglich der Außenanlage 5 zur Verfügung.
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In Schritt 2 werden nur Telegramme in Melderichtung an das zweite Stellwerk 2 gesendet. Das erste Stellwerk 1 steuert weiterhin die Außenanlage 5 über seine Stellwerkslogik. Das zweite Stellwerk 2 hat in diesem Schritt noch keine Steuerungsfunktion. Die Datenbusverbindung ermöglicht aber die Kommunikation zwischen den Stellwerken 1 und 2 bis zu dem Bedienplatz 9 zwecks Funktionsprüfung.
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Der dritte Schritt, die Inbetriebnahme des zweiten Stellwerkes 2, ist in 6 dargestellt. Das zweite Stellwerk 2 wird über den neuen Bedienplatz 11 angeschaltet. Alternativ kann auch der vorhandene Bedienplatz 9 benutzt werden, wenn dies technisch möglich ist. Die gestrichelte Verbindung 14 zeigt diese Alternativanschaltung. Über die Datenbusschnittstelle 13a/13b wird dem ersten Stellwerk 1 die Einschaltung des zweiten Stellwerkes 2 bekannt gegeben. Das erste Stellwerk 1 empfängt nun die Stellbefehle an seine Stellteile 3 über die Datenbusschnittstelle 13a/13b vom zweiten Stellwerk 2. Ist die Umschaltung erfolgt, darf das erste Stellwerk 1 nicht mehr die Stellteile 3 über seine Stellwerkslogik beeinflussen. Innerhalb des ersten Stellwerkes 1 müssen die von dem zweiten Stellwerk 2 übertragenen Stellbefehle zur Ansteuerung der Stellteile 3 umgesetzt werden. Diese Funktionen müssen in dem ersten Stellwerk 1 vorhanden sein oder implementiert werden. Die Verbindung des alten Stellwerkes 1 zu dessen Bedienplatz 9 bleibt noch bestehen, damit das erste Stellwerk 1 weiterhin im Falle einer Rückschaltung bedient werden kann.
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In Schritt 3 übernimmt das zweite Stellwerk 2 die Steuerung der Außenanlage 5 über das erste Stellwerk 1. Dabei kann das zweite Stellwerk 2 hinsichtlich seiner Funktionsfähigkeit überprüft und abgenommen werden. Bei einem Fehlverhalten kann zu jeder Zeit wieder auf das erste Stellwerk 1 zurückgeschaltet werden. Durch die Überprüfung und durch Testroutinen können die betrieblichen Belange und Projektierungen zur Ansteuerung der Außenanlage 5 sichergestellt werden. Auf diese Weise müssen anschließend nur noch die zweiten Stellteile 10 und deren Kabelverbindungen geprüft werden.
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7 veranschaulicht Schritt 4, nämlich die schrittweise Umschaltung der Außenanlage 5 vom ersten Stellwerk 1 auf das zweite Stellwerk 2. Dabei wird die Verbindung zu den Feldelementen der Außenanlage sukzessive von dem ersten Stellwerk 1 getrennt und mit dem zugehörigen Stellteil 10 des zweiten Stellwerkes 2 verbunden. Dieser Verbindungsabbau und Neuaufbau der Verbindung erfolgt an dem Kabelabschlussgestell 4. Damit werden nach und nach alle Feldelemente über die zweiten Stellteile 10 des zweiten Stellwerkes 2 angesteuert. Die Prüfung und die Abnahme der korrekten Funktion des jeweiligen Stellteiles 10 in Verbindung mit der Außenanlage 5, beispielsweise die Zuordnungsprüfung, erfolgt für jedes einzelne Feldelement separat. Eventuelle Zuordnungsfehler wirken sich nur geringfügig aus, da diese nur ein spezielles Feldelement betreffen. Die hierdurch verursachte Betriebshemmung ist entsprechend lokal begrenzt. Vorteilhaft ist darüber hinaus, dass die sukzessive Umschaltung der Ansteuerung der Feldelemente von den alten Stellteilen 3 auf die neuen Stellteile 10 sehr leicht an betriebliche Gegebenheiten, beispielsweise Betriebspausen, anpassbar ist.
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Die noch nicht umgeschalteten Feldelemente werden weiter durch die Stellteile 3 des ersten Stellwerkes 1 angesteuert und melden ihre Zustände über die Datenschnittstelle 13a/13b gemäß Schritt 2 an das zweite Stellwerk 2. Die vorhandene Außenverkabelung kann unverändert beibehalten werden. In der Umschaltphase ist eine Ansteuerung der Außenanlage 5 durch die Stellwerkslogik oder den Bedienplatz 9 des alten Stellwerkes 1 nicht mehr möglich, weil nicht mehr alle Feldelemente über das alte Stellwerk 1 erreicht werden können. Wenn die Umschaltung aller Feldelemente auf das neue Stellwerk 2 erfolgt ist, dient das alte Stellwerk 1 nur noch als Verbindungsweg zu der Außenanlage 5.
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Der Rückbau des ersten Stellwerkes 1 erfolgt in Schritt 5 und ist in 8 veranschaulicht. Sind alle Außenanlagenkomponenten über die zweiten Stellteile 10 an das zweite Stellwerk 2 angeschlossen und abgenommen, können das alte Stellwerk 1, dessen Stellteile 3 sowie ein nicht mehr benötigter Bedienplatz 9 abgebaut werden.
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Der Endzustand nach dem Abbau ist in 9 dargestellt. Es ist ersichtlich, dass das zweite Stellwerk 2 zusammen mit den zweiten Stellteilen 10 und einem neuen Bedienplatz 12 nunmehr die Außenanlage 5 steuert.