DE102013006341A1 - Pharmazeutisches Erzeugnis zur Behandlung von Augenerkrankungen - Google Patents
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Abstract
Die Erfindung betrifft ein pharmazeutisches Erzeugnis für human- oder veterinärmedizinische Anwendung zur Behandlung von Augenerkrankungen, dessen Zusammensetzung eine Substanz enthält, die im oder am Auge eine Angiogenese und/oder Lymphangiogenese hemmt oder ganz ausschaltet.
Description
- Die vorliegende Erfindung betrifft ein pharmazeutisches Erzeugnis für human- oder veterinärmedizinische Anwendung zur Behandlung von Augenerkrankungen.
- Die Zahl der direkt oder indirekt mit der Angiogenese und/oder Lymphangiogenese verknüpften Erkrankungen ist vielfältig. Auf großes Interesse stößt dabei in den letzten Jahren dieser Zusammenhang im Bereich der Augenheilkunde [siehe z. B. (a) Bock, F.; König, Y.; Dietrich, T; Zimmermann, P.; Baier, M.; Cursiefen, C.: Antiangiogene Therapie am vorderen Augenabschnitt. Ophthalmologe 2007, 104 (4), 336–344; und (b) Bock, F.; Regenfuß, B.; Cursiefen, C., Antiangiogene Therapie am vorderen Augenabschnitt. Ophthalmologe 2011, 108 (3), 230–236]. Hierbei wurde lange Zeit angenommen, dass im Auge – mit Ausnahme der Bindehaut – keine Lymphgefäße vorhanden sind. Diese Annahme konnte jedoch mit dem wissenschaftlichen Fortschritt und insbesondere der Entwicklung von spezifischen Markern, wie dem Hyaluronsäure-Rezeptor LYVE-1 widerlegt und so Lymphgefäße im Auge sichtbar gemacht werden [siehe Nakao, S.; Hafezi-Moghadam, A.; Ishibashi, T.: Lymphatics and Lymphangiogenesis in the Eye. Journal of Ophthalmology 2012, 2012, Article ID 783163, 11 pages].
- Die Bereiche der Indikation für eine anti(lymph)angiogene Behandlung konzentrieren sich insbesondere auf den vorderen Augenabschnitt – Hornhaut, Bindehaut und Vorderkammer – und umfassen unter anderem visusmindernde progessive korneale Neovaskularisationen, Lipidkeratopathien aus etablierten kornealen Gefäßen, Neovaskularisation nach Keratoplastiken und Limbusstammzelltransplantationen, vaskularisierende Filterkissen mit Vernarbung nach Glaukomchirurgie, maligne Melanome der Bindehaut, aggressive, rezidivierende Pterygien, sowie ein sekundäres Winkelblockglaukom bei Rubeosis iridis [siehe die o. g. beiden Literaturstellen von Bock et al.] Ein weiterer Bereich am Auge, bei dem Neovaskularisationen vorkommen, sind Gefäßerkrankungen der Netzhaut. Auch für die Entstehung des sogenannten essentiellen Glaukoms sowie der okulären Hypertension werden solche Mechanismen angenommen.
- Derzeit ist für die Behandlung von neovaskulären Erkrankungen der Netzhaut die antiangiogene Therapie mit Anti-VEGF-Antikörpern die Methode der Wahl. Hierbei werden zumeist aus der Therapie der altersbedingten Makuladegeneration bekannte Antikörper wie Avastin® (Bevacizumab) oder Lucentis® (Ranibizumab) als Augentropfen oder subkonjunktivale Injektion appliziert. Nachteilig bei der Verwendung von VEGF-Antagonisten ist der lediglich vorübergehende Behandlungserfolg, der durch eine zeitlich begrenzte Blockade des VEGF-Rezeptors hervorgerufen wird, wodurch sich somit der Therapiezeitraum häufig über mehrere Monate mit wiederholter Applizierung des Antikörpers erstreckt. Desweiteren wird ausschließlich eine weitergehende Gefäßsprossung inhibiert, hingegen bereits gebildete Blut- oder Lymphgefäße nicht oder nur bedingt reduziert werden. Somit kann eine neovaskuläre Erkrankung am Auge mit dieser Methode zwar behandelt, jedoch in der Regel nicht vollständig geheilt werden.
- Aus der
WO2005/112971 A1 - Aus der
WO 2004/106378 A2 - Die Naturstoffklasse der Tripyrrol-Alkaloide, wie beispielsweise das Prodigiosin (
1 ), das Undecylprodigiosin (2 ), oder das Streptorubin B (3 ), zeichnet sich durch eine Vielzahl von biologischen Aktivitäten aus. Insbesondere die Apoptose-induzierenden Eigenschaften des Prodigiosins machten es zu einem Ziel der Suche nach neuen Zytostatika [siehe (a) Williamson, N. R.; Fineran, P. C.; Gristwood, T; Chawrai, S. R.; Leeper, F. J.; Salmond, G. P. C.: Anticancer and immunosuppressive properties of bacterial prodiginines. Future Microbiology 2007, 2 (6), 605–18; und (b) Williamson, N. R.; Fineran, P. C.; Leeper, F. J.; Salmond, G. P. C.: The biosynthesis and regulation of bacterial prodiginines. Nature Reviews Microbiology 2006, 4 (12), 887–899]. - Aus der
EP 1 251 847 B1 ist zwar ein Vorschlag bekannt, wonach das sogenannte Prodigiosin zur Behandlung des Diabetes mellitus angewandt werden könne. Doch auch früher schon wurden Prodigiosin oder dessen Derivate zu Zwecken immunsuppressiver Anwendungen untersucht, insbesondere bei Auto-Immun-Krankheiten. Nachteilig steht einer breiteren Verwendung allerdings die Toxizität solcher Substanzen entgegen. - Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein pharmazeutisches Erzeugnis der eingangs genannten Art zu schaffen, bei dessen Verwendung die Nachteile des Standes der Technik vermieden oder zumindest stark reduziert werden können.
- Dies wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 erreicht, denen die Erkenntnis zugrunde liegt, dass – bedingt durch eine weitestgehend lokale Beschränkung der Anwendung des Wirkstoffes des pharmazeutischen Erzeugnisses auf das Auge – die vorgenannten Nachteile des Standes der Technik bezüglich der Toxizität der Tripyrrol-Alkaloide nahezu völlig bis vollständig vermeidbar sind.
- Ferner werden die Nachteile des Standes der Technik bezüglich der Verwendung von VEGF-Antikörpern zur Anti(lymph)angiogenen Erkrankungen des Auges nahezu völlig bis vollständig vermieden, bedingt durch die Induktion des apoptotischen Abbaus der das Krankheitsbild prägenden Gefäße. Dadurch wird gegebenenfalls auch eine vollständige Heilung ermöglicht.
- Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten des erfindungsgemäßen Erzeugnisses ergeben sich aus der nachfolgenden Erläuterung anhand der Figuren. Dabei zeigen:
-
1 eine Strukturdarstellung von Prodigiosin -
2 eine Strukturdarstellung von Undecyl-Prodigiosin -
3 eine Strukturdarstellung von Streptorubin B -
4 eine Angiogenese ohne (linker Bildteil) bzw. mit (rechter Bildteil) Applikation von Undecylprodigiosin (CD31) -
5 eine Lymphangiogenese ohne (linker Bildteil) bzw. mit (rechter Bildteil) Applikation von Undecylprodigiosin (LYVE-1) - Zur Herstellung des erfindungsgemäßen pharmazeutischen Erzeugnisses war es zunächst erforderlich, bei den zahlreichen in Betracht zu ziehenden Stoffen – darunter auch solche der Naturstoffklasse der Tripyrrol-Alkaloide – deren antiangiogene bzw. antilymphangiogene Aktivität zu untersuchen. Insbesondere wurde Undecylprodigiosin (
2 ) eingehenderen Untersuchungen unterzogen. - Durch in-vitro-Vorversuche an retinalen Epithelzellen (ARPE-19) und der uvealen Melanomzelllinie 92.1 wurde zunächst die zytotoxische Aktivität des Undecylprodigiosins ermittelt. Mit Hilfe eines Sulforhodamin B-Zellassays konnte dabei eine hohe Zytotoxizität des untersuchten Wirkstoffkandidaten gefunden werden (IC50 = 18 nM für ARPE-19 bzw. IC50 = 29 nM für 92.1). Hieraus konnte eine geeignete, sehr geringe, Dosierung des Tripyrrol-Alkaloids für in-vivo-Versuche abgeschätzt werden. Im erfindungsgemäßen pharmazeutischen Erzeugnis gewährleistet eine geringe Dosierung des Wirkstoffs die ausschließlich lokale Therapie im Auge.
- Die okulären antiangiogenen und antilymphangiogenen Eigenschaften des Undecylprodigiosins wurden in einem in-vivo-Modell an Mäusen untersucht. Hierbei wurde durch das Einbringen von Nähten in die Hornhaut eine korneale Entzündungsreaktion hervorgerufen. Die Anwendung von Undecylprodigiosin erfolgte durch subkonjunktivale Eingabe von 2 μL einer 30 nM Lösung in Glycerin. Die Wirkung der Substanz konnte graphisch durch Immunofluoreszens-basierte Methoden gegenüber unbehandelten Mäusen dargestellt werden (CD 31 für Angiogenese, LYVE-1 für Lymphangiogenese;
4 und5 ). - Aus der Kombination der vorstehend beschriebenen in-vitro- und in-vivo-Versuche zeigt sich, dass Undecylprodigiosin, ein Tripyrrol-Alkaloid, als Bestandteil eines pharmazeutischen Erzeugnisses mit anti(lymph)angiogener Wirkung für die lokale Anwendung im Auge als äußerst geeignet zu erachten ist.
- ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
- Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
- Zitierte Patentliteratur
-
- WO 2005/112971 A1 [0005]
- WO 2004/106378 A2 [0006]
- EP 1251847 B1 [0008]
- Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- Bock, F.; König, Y.; Dietrich, T; Zimmermann, P.; Baier, M.; Cursiefen, C.: Antiangiogene Therapie am vorderen Augenabschnitt. Ophthalmologe 2007, 104 (4), 336–344 [0002]
- Bock, F.; Regenfuß, B.; Cursiefen, C., Antiangiogene Therapie am vorderen Augenabschnitt. Ophthalmologe 2011, 108 (3), 230–236 [0002]
- Nakao, S.; Hafezi-Moghadam, A.; Ishibashi, T.: Lymphatics and Lymphangiogenesis in the Eye. Journal of Ophthalmology 2012, 2012, Article ID 783163, 11 pages [0002]
- Bock et al. [0003]
- Williamson, N. R.; Fineran, P. C.; Gristwood, T; Chawrai, S. R.; Leeper, F. J.; Salmond, G. P. C.: Anticancer and immunosuppressive properties of bacterial prodiginines. Future Microbiology 2007, 2 (6), 605–18 [0007]
- Williamson, N. R.; Fineran, P. C.; Leeper, F. J.; Salmond, G. P. C.: The biosynthesis and regulation of bacterial prodiginines. Nature Reviews Microbiology 2006, 4 (12), 887–899 [0007]
Claims (8)
- Pharmazeutisches Erzeugnis für human- oder veterinärmedizinische Applizierung zur Behandlung von Augenerkrankungen, dadurch gekennzeichnet, dass dessen Zusammensetzung eine Substanz enthält, die im oder am Auge eine Angiogenese und/oder Lymphangiogenese hemmt oder ganz ausschaltet.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die hemmende Substanz ein Tripyrrol-Alkaloid oder ein pharmazeutisch akzeptables Salz hiervon aufweist.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die hemmende Substanz ein Tripyrrol-Grundgerüst aufweist, dass an einer beliebigen Stelle durch einen Alkyl-, Aryl-, Acyl-, Alkoxy-, Hydroxyl-, Amino- oder Halogen-Rest substituiert ist.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die hemmende Substanz ein Prodigiosin-Derivat aufweist.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die hemmende Substanz Undecyl-Prodigiosin aufweist.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es als Darreichungsform Augentropfen oder eine Augensalbe aufweist.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es als Darreichungsform eine Flüssigkeit zur Injektion in das Auginnere in intraokulare Strukturen, wie vordere Augenkammer, Linse oder Glaskörper, oder unter die Bindehaut aufweist.
- Pharmazeutisches Erzeugnis nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es zur Behandlung von Glaukom, Keratitis sicca, Makula-Degeneration, Gefäßerkrankungen und/oder okulären Neoplasmen vorgesehen ist.
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-
2013
- 2013-04-15 DE DE102013006341.8A patent/DE102013006341A1/de not_active Withdrawn
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