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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Analyse einer Verkehrssituation gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
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Die Erfindung betrifft weiterhin Verwendungen eines solchen Verfahrens.
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Aus der
DE 10 2011 106 176 A1 ist ein Verfahren zur Ermittlung einer Gefahrenwahrscheinlichkeit einer Situation zwischen zwei Fahrzeugen in einem Kreuzungsbereich bekannt, bei dem zukünftige Bewegungstrajektorien der Fahrzeuge prognostiziert werden. In der Prognose werden individuelle Bewegungsmanöver-Optionen eines Fahrers des jeweiligen Fahrzeugs aus Bewegungshypothese-Trajektorien ermittelt. Dabei wird aus Bewegungshypothese-Trajektorie-Paaren, welche eine kollisionsfreie Bewegung der Fahrzeuge repräsentieren, ein Bewegungsspielraum zwischen den Fahrzeugen ermittelt. In Abhängigkeit einer Größe des Bewegungsspielraums wird die Gefahrenwahrscheinlichkeit ermittelt.
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Weiterhin ist aus der
DE 10 2012 005 272 A1 ein Verfahren zur Ermittlung einer Gefahrenwahrscheinlichkeit einer Situation zwischen zwei Fahrzeugen bekannt, bei dem zukünftige Bewegungstrajektorien der Fahrzeuge prognostiziert werden, indem Bewegungshypothese-Trajektorien der Fahrzeuge erzeugt werden. In einer ersten Verfahrensstufe werden in Abhängigkeit von Fahrerabsichten beider Fahrer der Fahrzeuge Positionsdaten der Fahrzeuge, Bewegungsdaten der Fahrzeuge und Umgebungsinformationen der Fahrzeuge mögliche gegenseitige Schnittpunkte von Bewegungshypothese-Trajektorien der sich in relativer Bewegung zueinander befindlichen Fahrzeuge und anhand der Schnittpunkte potenzielle Kollisionen ermittelt. In einer zweiten Verfahrensstufe werden anhand der ermittelten potenziellen Kollisionen potenziell mögliche kollisionsfreie Bewegungshypothese-Trajektorie-Paare der Fahrzeuge ermittelt und bewertet, wobei bei der Bewertung jeweilige Bewegungsspielräume zwischen den Fahrzeugen ermittelt werden und in Abhängigkeit einer Größe des jeweiligen Bewegungsspielraums die Gefahrenwahrscheinlichkeit ermittelt wird. Bei der Bewertung der Bewegungsspielräume wird ein Fahrerzustand berücksichtigt. Die Umgebungsinformationen werden mittels einer Bilderfassungseinheit, aus Kartendaten einer digitalen Straßenkarte, einer Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation und einer Fahrzeug-zu-Verkehrsteilnehmer-Kommunikation ermittelt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zur Analyse einer Verkehrssituation zwischen zumindest zwei Fahrzeugen an Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen und Verwendungen eines solchen Verfahrens anzugeben.
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Hinsichtlich des Verfahrens wird die Aufgabe erfindungsgemäß durch die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale und hinsichtlich der Verwendungen durch die in Anspruch 4 und 6 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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In dem Verfahren zur Analyse einer Verkehrssituation zwischen zumindest einem Fahrzeug und zumindest einem weiteren Verkehrsteilnehmer an Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen wird in einem Verfahrensschritt die Umgebung des zumindest einen Fahrzeugs und/oder des zumindest einen weiteren Verkehrsteilnehmers erfasst. In einem weiteren Verfahrensschritt erfolgt ein Filtern relevanter Verkehrsteilnehmer in der Umgebung des zumindest einen Fahrzeugs. In weiteren Verfahrensschritten erfolgt ein Lokalisieren und eine spurgenaue Zuordnung der relevanten Verkehrsteilnehmer und eine Vorhersage eines künftigen Bewegungsverhaltens in Form von Bewegungstrajektorien des zumindest einen Fahrzeugs mit diesem zugeordneten probabilistischen Fahrspuren und lokalisierter Verkehrsteilnehmer mit diesen zugeordneten probabilistischen Fahrspuren oder Bewegungsspuren. Zusätzlich ist in weiteren Verfahrensschritten vorgesehen, dass Gefahrenbereiche anhand von Schnittpunkten der Bewegungstrajektorien festgelegt werden und ein Gefahrenrisiko anhand des Bewegungsverhaltens des zumindest einen Fahrzeugs und der Verkehrsteilnehmer und anhand der festgelegten Gefahrenbereiche bestimmt wird.
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Erfindungsgemäß erfolgt das Festlegen der Gefahrenbereiche anhand der Schnittpunkte der Bewegungstrajektorien dynamisch, wobei Zeitpunkte bis zum Eintreffen am jeweiligen Gefahrenbereich und Zeitpunkte bis zum Verlassen des jeweiligen Gefahrenbereichs für das zumindest eine Fahrzeug und die relevanten Verkehrsteilnehmer ermittelt, ausgewertet und berücksichtigt werden.
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Dabei ist das Verfahren für alle Typen von Straßenkreuzungen und Straßeneinmündungen, unabhängig von deren jeweiliger Topologie, geeignet.
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Dadurch ist es in besonders vorteilhafter Weise möglich, Verkehrssituationen unter Berücksichtung aller möglichen Zustände von dynamischen Objekten, insbesondere von Verkehrsteilnehmern und Lichtzeichenanlagen, im Kontext von Verkehrsregeln, einer Topologie und Topografie der Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen zu modellieren. Somit ist eine optimierte und sehr exakte Analyse der Verkehrssituationen möglich.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
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1 schematisch ein integriertes Sicherheitssystem eines Fahrzeugs zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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2 schematisch eine Verkehrsituation an einer Straßenkreuzung,
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3 schematisch einen Ablauf einer Ermittlung eines künftigen Bewegungsverhaltens,
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4 schematisch eine Visualisierung einer ersten Momentaufnahme einer dynamischen Entwicklung einer Verkehrssituation anhand eines Ausführungsbeispiels ermittelter künftiger Bewegungsverhalten von zwei Verkehrsteilnehmern an einer Straßenkreuzung,
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5 schematisch eine Visualisierung einer zweiten Momentaufnahme der dynamischen Entwicklung der Verkehrssituation gemäß 4 zu einem späteren Zeitpunkt anhand eines Ausführungsbeispiels ermittelter künftiger Bewegungsverhalten von zwei Verkehrsteilnehmern an einer Straßenkreuzung,
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6 schematisch einen Ablauf einer Bewegungsvorhersage von zwei Verkehrsteilnehmern,
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7 schematisch eine Verkehrsituation an einer Straßenkreuzung und prognostizierte Bewegungstrajektorien von zwei Verkehrsteilnehmern sowie einen entstehenden Gefahrenbereich,
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8 schematisch eine Detailansicht der prognostizierten Bewegungstrajektorien sowie des entstehenden Gefahrenbereichs gemäß 7,
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9 schematisch die Struktur des Bayes-Netzwerks zur Ermittlung einer Belegung eines Gefahrenbereichs,
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10 schematisch einen Ablauf einer Bestimmung eines Gefahrenrisikos in einem Gefahrenbereich, und
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11 schematisch eine Schätzung und Bewertung einer virtuellen Ampellichtphase.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist ein integriertes Sicherheitssystem 1 zur kognitiven Bewertung von Gefahren von Verkehrssituationen zwischen zumindest einem in 2 näher dargestellten, als Fahrzeug ausgebildeten ersten Verkehrsteilnehmer V1 und zumindest einem weiteren Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 an Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen dargestellt. Mittels des Sicherheitssystems 1 wird ein mögliches Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Analyse einer Verkehrssituation zwischen zumindest einem Fahrzeug und zumindest einem weiteren Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 an Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen durchgeführt.
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Eine dargestellte Architektur des Sicherheitssystem 1 ist für zwei verschiedene Anwendungen von Sicherheitsbewertungssystemen in Abhängigkeit von einer Perspektive, aus welcher Umgebungsdaten erfasst werden, anpassbar. Eine erste Perspektive bezieht sich dabei auf ein eigenes Fahrzeug und eine zweite Perspektive auf eine Infrastruktur im Bereich der jeweiligen Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung, beispielsweise einen Mittel- oder Referenzpunkt der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung, insbesondere aus einer Vogelperspektive.
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Aufgrund einer Analogie im mittels des Sicherheitssystems 1 durchgeführten Prozessablauf ist das Verfahren für beide Perspektiven mittels des gezeigten generischen Schemas darstellbar. Ein mittels des Verfahrens ermitteltes Gefahrenrisiko wird in einer ersten Verwendung zur Information und/oder Warnung eines Fahrers des eigenen Fahrzeugs und/oder zur autonomen Steuerung des Fahrzeugs verwendet.
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Alternativ oder zusätzlich erfolgt in einer zweiten Verwendung eine Übertragung der Informationen und/oder Warnungen vom eigenen Fahrzeug an ebenfalls gefährdete weitere Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 oder werden als Eingangsdaten zur adaptiven Steuerung von in 2 näher dargestellten Lichtzeichenanlagen L1 bis L4 verwendet, damit bei der Steuerung die ermittelte Verkehrssituation und das ermittelte Gefahrenrisiko berücksichtigt werden.
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In einem mittels einer Datenfusionseinheit 1.1 durchgeführten ersten Verfahrensschritt S1 erfolgt eine Erfassung der Umgebung der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 aus der Perspektive des ersten Verkehrsteilnehmers V1, welcher ein eigenes Fahrzeug darstellt. Weiterhin erfolgt die Erfassung der Umgebung vorzugsweise aus der Perspektive der weiteren Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 und aus der Perspektive einer Infrastruktur im Bereich der jeweiligen Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung. Anschließend erfolgt mittels der Datenfusionseinheit 1.1 im ersten Verfahrensschritt S1 eine Fusion der aus den unterschiedlichen Perspektiven erfassten Umgebungsdaten um eine Gesamterkennung der Verkehrssituation zu realisieren.
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Voraussetzung für die Gesamterkennung der Verkehrssituation ist, dass die Infrastruktur zur Umgebungserfassung jedem Verkehrsteilnehmer V1 bis V21, welcher die Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung von einer Seite befährt oder betritt, einen Objekt-Identifikator zugewiesen wird. Dieser Objekt-Identifikator behält seine Gültigkeit solange, wie sich der zugehörige Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 innerhalb eines definierten Umkreises, beispielsweise von 100 m bis 300 m, um den Mittelpunkt oder Referenzpunkt der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung befindet.
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Weiterhin wird basierend auf einer Position des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1 bis V21 unabhängig von einer Anzahl von Zufahrtsspuren und Abfahrtsspuren der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung überprüft, an welcher der vier Seiten der Straßenkreuzung bzw. an welcher Seite der Straßeneinmündung sich dieser befindet. Die einzelnen Fahrspuren und Seiten der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung sind als Rechteckflächen definiert.
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Weiterhin wird basierend auf einer digitalen Karte nur für relevante Seiten der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung überprüft, welches die möglichen Zufahrtsspuren sind. Im Fall von Bauarbeiten werden ebenfalls die Abfahrtsspuren als mögliche alternative Zufahrtsspuren überprüft. Diese Informationen werden insbesondere zwischen den im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung befindlichen Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 mittels einer so genannten Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation, zwischen den im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung befindlichen Verkehrsteilnehmern V10 bis V21 mittels einer so genannten Fußgänger-zu-Fahrzeug-Kommunikation oder Fahrradfahrer-zu-Fahrzeug-Kommunikation und zwischen der Infrastruktur und den im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung befindlichen Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 mittels einer so genannten Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation übertragen. Die Informationen betreffen dabei Umgebungsinformationen der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung und/oder die digitale Karte und/oder Informationen zu Bewegungszuständen der als motorisierte Fahrzeuge ausgebildeten Verkehrsteilnehmer V1 bis V9 und/oder Informationen zu Bewegungszuständen der als Fußgänger und/oder Fahrradfahrer ausgebildeten Verkehrsteilnehmer V10 bis V21, falls diese verletzlichen Verkehrsteilnehmer V10 bis V21 einen so genannten Transponder-Sensor tragen.
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Ferner werden die Daten der Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation, der Fußgänger-zu-Fahrzeug-Kommunikation, Fahrradfahrer-zu-Fahrzeug-Kommunikation und/oder der Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation, wenn vorhanden, zur Ermittlung eines Vorhandenseins der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung, zu deren Lokalisierung, zur Ermittlung von deren Bewegungszustand, einer Fahrzeuggröße und zur Ermittlung eines jeweiligen Status von Kontrollsignalen, wie z. B. einer Bremspedalstellung, eines Lenkwinkels oder einer Aktivität eines Fahrtrichtungsanzeigers, verwendet.
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Zusätzlich werden die Daten der Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation, der Fußgänger-zu-Fahrzeug-Kommunikation, Fahrradfahrer-zu-Fahrzeug-Kommunikation und/oder der Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation, wenn vorhanden, auch zur Ermittlung eines Wechsels von Ampelphasen der Lichtzeichenanlagen L1 bis L4 für die zugehörigen Fahrspuren, auf welchen die jeweiligen Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 lokalisiert werden, verwendet.
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Die somit ermittelte Gesamterkennung der Verkehrssituation wird für die erste Verwendung aus der Perspektive des eigenen Fahrzeugs und für die zweite Verwendung aus der Perspektive der Infrastruktur, insbesondere aus der Vogelperspektive, betrachtet.
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In einem mittels einer Datenmanagementeinheit
1.2 durchgeführten Filtern relevanter Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 in einem zweiten Verfahrensschritt S2 wird eine Anzahl von Verkehrsteilnehmern V2 bis V21 begrenzt, welche als mögliche Kollisionspartner des eigenen Fahrzeugs in Frage kommen. Dabei werden für die spätere Beurteilung des Gefahrenrisikos relevante Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 oder so genannte Konfliktpartner des eigenen Fahrzeugs sowie relevante Fahrspuren ermittelt. In der Filterung werden nur relevante Verkehrsteilnehmer 2 bis V21, welche sich auf konfliktgefährdeten Fahrspuren, die durch die digitale Karte definiert werden, befinden. Dabei werden zwei Bedingungen kombiniert. Eine erste Bedingung umfasst, dass mögliche Manöveroptionen für alle Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 in einer Region von Interesse, der so genannten region of interest, aus einem Verhältnis von Zufahrtsspuren und Abfahrtsspuren extrahiert werden, und gemäß
"Weidl, G., Breuel, G.: Overall Probabilistic Framework for Modeling and Analysis of Intersection Situations; In: Proceedings of the 16th Int. Forum on Advanced Microsystems for Automotive Applications 2012, Smart Systems for Safe, Sustainable and Networked Vehicles, Seiten 257 bis 268, Springer Verlag, 2012" als Fahrspurmerkmale in der digitalen Karte gespeichert werden. Diese Annahme begrenzt die Anzahl der Verkehrsteilnehmern V2 bis V21, welche als mögliche Kollisionspartner des eigenen Fahrzeugs in Frage kommen. Die zweite Bedingung umfasst, dass eine Liste der gemäß der ersten Bedingung ausgewählten Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 und möglichen Kollisionspartner erzeugt wird. Diese Liste weist eine absteigende Sortierung, abhängig von einem kombinierten zeit- und raumabhängigen Nachbarschaftskriterium, auf, wobei ein erster möglicher Kollisionspartner an einer ersten Position der Liste steht.
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Die im zweiten Verfahrensschritt S2 durchgeführte Filterung wird dabei wiederum aus der Perspektive des eigenen Fahrzeugs, wobei nur relevante Kollisionspartner des eigenen Fahrzeugs ermittelt werden, und aus der Perspektive der Infrastruktur, wobei relevante Kollisionspartner für alle Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 ermittelt werden, durchgeführt.
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In einem dritten Verfahrensschritt S3 wird mittels einer Erfassungseinheit 1.3 ein Lokalisieren der relevanten Verkehrsteilnehmer V1 bis V21, d. h. möglicher Konfliktpartner, auf ihren Fahrspuren und ein Lokalisieren der zugehörigen Lichtzeichenanlagen L1 bis L4 sowie von Verkehrszeichen Z1 bis Z4 und Verkehrsregeln durchgeführt.
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Dabei werden zunächst relevante Manöveroptionen der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 aus einem Verlauf der Fahrspuren, insbesondere Zufahrts- und Abfahrtsspuren sowie virtuelle, im Mittelpunkt der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung verlaufende Fahrspuren, in Abhängigkeit von in der digitalen Karte enthaltenen Topologie- und Topgrafiedaten der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung ermittelt. Weiterhin wird eine Schätzung der zukünftigen Lenkwinkel des eigenen Fahrzeugs und möglicher Konfliktpartner gemäß
"Petrich, D.: Bewegungsprädiktion dynamischer Objekte im Straßenverkehr auf Basis digitaler Karteninformation; Diplomarbeit, Karlsruher Institut für Technologie, Mai 2012" dazu verwendet, eine Anzahl möglicher zukünftiger Bewegungstrajektorien des eigenen Fahrzeugs und möglicher Konfliktpartner einzuschränken. Dadurch wird eine Datenmenge bei der Kombination möglicher Bewegungstrajektorien der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 signifikant verringert.
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Das im dritten Verfahrensschritt S3 durchgeführte Lokalisieren erfolgt aus der Perspektive des eigenen Fahrzeugs, wobei nur relevante Kollisionspartner des eigenen Fahrzeugs berücksichtigt werden, und aus der Perspektive der Infrastruktur, wobei relevante Kollisionspartner für alle Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 berücksichtigt werden.
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In einem vierten Verfahrensschritt S4, welcher mittels einer Bewegungsvorhersageeinheit 1.4 in einer so genannten Forward Motion Prediction durchgeführt wird, erfolgt eine Vorhersage des künftigen Bewegungsverhaltens der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 in Form von Bewegungstrajektorien wiederum aus der Perspektive des eigenen Fahrzeugs für dessen relevante Kollisionspartner und der Perspektive der Infrastruktur für alle Verkehrsteilnehmer V1 bis V21, welche sich im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung befinden.
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Dabei wird auf Basis der Lokalisierung der Fahrspuren, einem aktuellen Bewegungszustand und einem geschätzten Lenkwinkel des eigenen Fahrzeugs ein zukünftiger Zustand aller Verkehrsteilnehmer V1 bis V21, basierend auf einem Algorithmus der Forward Motion Prediction gemäß
"Petrich, D.: Bewegungsprädiktion dynamischer Objekte im Straßenverkehr auf Basis digitaler Karteninformation; Diplomarbeit, Karlsruher Institut für Technologie, Mai 2012" für alle auf der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung befindlichen Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 mit einer akkumulierten Unsicherheit ermittelt. Jeder prädizierte Zustand der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 umfasst dabei folgende Variablen: Position, Geschwindigkeit, Orientierung, Gierrate, Beschleunigung und eine zugehörige Kovarianzmatrix. Der Algorithmus der Forward Motion Prediction wird als bedingte probabilistische Dichtfunktion einer Belegung der betreffenden Fahrspur oder eines Konfliktbereichs im Kontext eines Straßenabschnitts, auf welchem sich das eigene Fahrzeug befindet, umfassend eine aktuelle und prädizierte Zeit, abgeleitet. Zusätzlich wird ein Maß einer in
6 näher dargestellten Unsicherheit U1
FMP, U2
FMP des Algorithmus der Forward Motion Prediction, beispielsweise durch Berechnung der Determinante der Kovarianzmatrix oder anhand alternativer Methoden, bereitgestellt. Ferner wird überprüft, ob zumindest zwei derart prädizierte Bewegungstrajektorien einen gemeinsamen Schnittpunkt aufweisen.
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In einem fünften Verfahrensschritt S5 erfolgen eine Ermittlung und ein Festlegen von relevanten Gefahrenbereichen anhand der gemeinsamen Schnittpunkte der prädizierten Bewegungstrajektorien mittels einer Festlegungseinheit 1.5 sowohl aus der Perspektive der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 als auch aus der Perspektive der Infrastruktur.
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Hierbei wird zunächst ein vorzugsweise viereckiger Bereich um einen solchen gemeinsamen Schnittpunkt erzeugt, welcher den Gefahrenbereich oder ein so genanntes Manöver-Konflikt-Gebiet bildet. Dieser Bereich wird in Abhängigkeit des dynamischen Verlaufs der Verkehrssituation erzeugt, wobei der Verlauf von den Paaren von Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 mit prädizierten Bewegungstrajektorien mit gemeinsamem Schnittpunkt bestimmt wird. Dabei werden nicht nur Punkte der entsprechenden Bewegungstrajektorien sondern eine gesamte, vom entsprechenden Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 während dessen Bewegung überstrichene Fläche bei der Festlegung der Gefahrenbereiche berücksichtigt. Eine Breite der überstrichenen Fläche entspricht dabei einer gemessenen oder mittels Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation und/oder Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation kommunizierten Breite des Verkehrsteilnehmers V1 bis V21. Die Breite des Verkehrsteilnehmers V1 bis V21 umgibt dabei eine Fahrlinie des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1 bis V21. Ein Zeithorizont der Prädiktion wird dabei vom Algorithmus der Forward Motion Prediction vorgegeben. Weiterhin werden Eckpunkte der Gefahrenbereiche von der Breite der überstrichenen Fläche, d. h. der Breite der zu dem Schnittpunkt führenden überstrichenen Fläche der Fahrstreifen der Verkehrsteilnehmer V1 bis V9 und Bewegungsstreifen der Verkehrsteilnehmer V10 bis V21 bestimmt.
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Zur Ermittlung der Belegung der Gefahrenbereiche werden alle Merkmale der Verkehrssituation, welche die Belegung der Gefahrenbereiche charakterisieren, für jeden Zeitschritt der Situationsanalyse berechnet. Das heißt, das Festlegen der Gefahrenbereiche anhand der überstrichenen Fläche der vier Eck-Schnittpunkte der Bewegungstrajektorien erfolgt dynamisch. Dabei werden Zeitpunkte bis zum Eintreffen am jeweiligen Gefahrenbereich und Zeitpunkte bis zum Verlassen des jeweiligen Gefahrenbereichs als Minimalwerte und Maximalwerte zwischen einer aktuellen Position und einer der vier Eckpunkte des jeweiligen Gefahrenbereichs für jeden Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 und die Differenz zwischen den Zeitpunkten bis zum Eintreffen und den Zeitpunkten bis zum Verlassen ermittelt.
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In einem sechsten Verfahrensschritt S6 erfolgt mittels einer Risikobewertungseinheit 1.6 eine Bestimmung des Gefahrenrisikos anhand des Bewegungsverhaltens der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 und anhand der im fünften Verfahrensschritt VS5 festgelegten Gefahrenbereiche sowohl aus der Perspektive der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 als auch aus der Perspektive der Infrastruktur.
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Hierbei werden anhand der erfassten probabilistischen paarweisen Manöveroptionen und anhand deren prädizierter Unsicherheiten für alle relevanten Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 mittels eines so genannten objektorientierten Bayes Netzwerks eine Modellierung, Analyse und Bestimmung des Gefahrenrisikos der Verkehrssituationen insbesondere gemäß
"Weidl, G., Breuel, G.: Overall Probabilistic Framework for Modeling and Analysis of Intersection Situations; In: Proceedings of the 16th Int. Forum on Advanced Microsystems for Automotive Applications 2012, Smart Systems for Safe, Sustainable and Networked Vehicles, Seiten 257 bis 268, Springer Verlag, 2012" durchgeführt. Die Vorteile dieses Ansatzes bestehen darin, dass eine große Anzahl von Aufgaben gelöst werden kann. Diese Aufgaben ergeben sich daraus, dass eine große Menge an Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 mit einer bestimmten Anzahl an Manöveroptionen eine exponentiell ansteigende Kombinationsvielfalt bei der Ermittlung der möglichen Schnittpunkte der Bewegungstrajektorien bilden. Weiterhin ermöglicht der Ansatz, eine stetige Handhabung von Unsicherheiten bei Sensormessungen, in der digitalen Karte, bei der Lokalisierung, bei Erkennungsalgorithmen, bei der Forward Motion Prediction und bei der Modellierung.
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Das Bayes-Netzwerk stellt dabei ein probabilistisches grafisches Modell dar, welches als adäquate Methode zur Wissensrepräsentation der Verkehrssituation geeignet ist. Hierbei werden alle Manöveroptionen von allen Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 wiedergegeben. Weiterhin wird eine menschliche Beweisführung bei der Situationsanalyse nachgeahmt. Zur Durchführung dieser Aufgaben wird mittels des Bayes Netzwerks eine Modellstruktur mit den erfassten Umgebungsdaten und/oder anhand von logischen Regeln parametriert. Die objektorientierte Architektur des Bayes-Netzwerks dient dabei zur Reduktion der Komplexität des Modells. Hierbei wird eine Modellsammlung aus Bayes-Netzwerk-Fragmenten zur Weiterverwendung oder Veränderung bei ähnlichen Situationen erzeugt.
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Mittels des Bayes-Netzwerks wird das qualitativ strukturierte Wissen zur Integration verfügbarer Information dann modelliert, wenn die prädizierten Bewegungstrajektorien der Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 sich im Raum schneiden und eine Kollision in einem um den jeweiligen Schnittpunkt ausgebildeten Gefahrenbereich potenziell stattfindet. Die Modellierung erfolgt weiterhin dann, wenn ein bestimmter Konfliktbereich gleichzeitig von zwei Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 belegt ist und eine Kollision mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit stattfindet. Die Wahrscheinlichkeit wird beispielsweise von logischen Regeln repräsentiert. Als alternative Repräsentation wird eine Verteilungsfunktion als wachsende Sigmoidfunktion dargestellt, bei welcher die Wahrscheinlichkeit, d. h. das Gefahrenrisiko, mit Verringerung der Zeit bis zum Eintreffen am jeweiligen Gefahrenbereich wächst und mit Verringerung der Zeit bis zum Verlassen des jeweiligen Gefahrenbereichs fällt.
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Zur Realisierung der Steuerung der Lichtezeichenanlagen L1 bis L4 gemäß der zweiten Verwendung werden die im Folgenden genannten Erweiterungen des zuvor beschriebenen Verfahrens aus der Perspektive der Infrastruktur und der Perspektive des Fahrers des eigenen Fahrzeugs durchgeführt.
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Die im Folgenden beschriebenen Merkmale des Verfahrens gelten dabei für eine erste Verwendung des Verfahrens zur Information und/oder Warnung des Fahrers des eigenen Fahrzeugs und/oder zur autonomen Steuerung des Fahrzeugs und für eine zweite Verwendung zur Übertragung der Informationen und/oder Warnungen vom eigenen Fahrzeug an ebenfalls gefährdete weitere Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 oder zur adaptiven Steuerung der Lichtzeichenanlagen L1 bis L4.
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Um eine robuste Funktionsweise eines die Steuerung einer Fahrerassistenzvorrichtung, einer autonomen Fahrzeugsteuerung und/oder der Lichtezeichenanlagen L1 bis L4 durchführenden Ampelassistenten zu realisieren, wird eine Mehrzahl von zusätzlichen Risikobewertungskriterien formuliert. Diese vervollständigen die Modellierung der kausalen Abhängigkeiten zwischen den dynamischen Verhalten eines Fahrzeugs und Fahrerabsichten. Diese kausalen Zusammenhänge werden in Abhängigkeit von Ampellichtphasen kombiniert, um die Fahrerabsichten und/oder mögliche Rotlichtverstöße zu ermitteln. Wenn sich eine Geschwindigkeit eines Fahrzeugs bei der Anfahrt an eine Sichtlinie der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung verringert, ist dies nicht ausreichend, um auf einen Abbiegevorgang des Fahrzeugs zu schließen. Wenn das Fahrzeug jedoch nicht auf eine Geschwindigkeit unterhalb eines vorgegebenen Grenzwerts von beispielsweise 30 km/h verlangsamt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Fahrzeug an der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung nicht abbiegen wird. Bei einer Beschleunigung des Fahrzeugs über einen vorgegebenen Grenzwert von beispielsweise 35 km/h ist es höchstwahrscheinlich, dass das Fahrzeug die Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung gerade überqueren wird.
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Weiterhin wird ein Abstand des Fahrzeugs zu einer Haltelinie oder Stopplinie mittels einer Kamera, welche insbesondere im Bereich von bis zu 40 m eine gute Auflösung besitzt, ermittelt. In diesem Fall erfasst die Kamera die Straßenmarkierung der Haltelinie oder Stopplinie und ermittelt den Abstand dieser zur aktuellen Position des Fahrzeugs. Zusätzlich wird ein Abstand des Fahrzeugs zur Sichtlinie mittels einer Kamera erfasst, wobei zur virtuellen Erzeugung der Sichtlinie die Ecken der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung als Endpunkte der Sichtlinie verwendet werden. Für das eigene Fahrzeug ist die Kamera insbesondere in einem Bereich hinter einem Innenspiegel an einem oberen Bereich einer Windschutzscheibe positioniert und nach außen gerichtet. Bei den Kameras der Infrastruktur handelt es sich um mehrere Standard-Kameras, die alle Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung sowie den so genannten Kreuzungsarmen erfassen. Bei der Kamera des eigenen Fahrzeugs und/oder den Kameras der Infrastruktur kann es sich alternativ oder zusätzlich auch um Stereo-Kameras handeln.
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Eine robuste Fusion von Abständen erfolgt anhand von Abstandswerten, welche mittels einer Kamera auf drei verschiedene Weisen ermittelt werden können. Bei diesen Abstandswerten handelt es sich um einen Abstand des Fahrzeugs zur Lichtzeichenanlage L1 bis L4, welcher mit der Lokalisation des Fahrzeugs auf der eigenen Fahrspur verknüpft wird. Der zweite Abstandswert ist ein Abstand bis zum Ende eine Auffahrtsspur vor der Befahrung der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung, welcher identisch ist mit dem Abstand zur Sichtlinie oder einer gedachten Linie, die Ecken von zwei sich gegenüberliegenden Gehwegen verbindet. Der dritte Abstandswert ist ein Abstand zur Stopplinie. Durch die Fusion dieser Abstandswerte wird eine Zuverlässigkeit der Abstandsmessung erhöht.
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Anschließend wird mittels des Bayes-Netzwerks eine virtuelle Ampellichtphase ALV geschätzt und bewertet, welche ein Anzeichen für einen Lichtwechsel der Ampel vor bevor dieser Lichtwechsel wirklich stattfindet.
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Eine solche Schätzung und Bewertung ist in 11 näher dargestellt. Dabei werden folgende Merkmale zur Schätzung und Bewertung der virtuellen Ampellichtphase ALV verwendet.
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Als erstes Merkmal wird ein probabilistisch vorhergesagter erster Zeitpunkt TTASTOP_prog bis zum Erreichen der Stopplinie unter Berücksichtigung der aktuellen Position des eigenen Fahrzeugs, dessen Abstand zur Stopplinie, der aktuellen Geschwindigkeit und Beschleunigung des eigenen Fahrzeugs verwendet.
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Als zweites Merkmal wird ein realer zweiter Zeitpunkt TTASTOP_real real bis zum Erreichen der Stopplinie basierend auf physikalischen Modellen ermittelt.
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Als drittes Merkmal wird eine erste Unsicherheit UTTASTOP_prog ermittelt, welche eine Unsicherheit der Prognose des ersten Zeitpunkts TTASTOP_prog bis zum Erreichen der Stopplinie darstellt und aus Messunsicherheiten der physikalischen Größen abgeleitet wird.
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Als viertes Merkmal wird ein probabilistisch vorhergesagter dritter Zeitpunkt TTARED_prog bis zum Wechsel der Ampelphase auf ”Rot” verwendet, welcher von der jeweiligen Lichtzeichenanlage L1 bis L4 kommuniziert wird.
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Weiterhin wird als fünftes Merkmal eine zweite Unsicherheit UTTARED_prog ermittelt, welche eine Unsicherheit der Prognose des dritten Zeitpunkts TTARED_prog bis zum Wechsel der Ampelphase auf ”Rot” darstellt.
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Als sechstes Merkmal wird ein realer vierter Zeitpunkt TTARED_real real bis zum bis zum Wechsel der Ampelphase auf ”Rot” verwendet.
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Eine Wahrscheinlichkeit p(TTASTOP_prog) des vorhergesagten ersten Zeitpunkts TTASTOP_prog bis zum Erreichen der Stopplinie wird als normale Gauß-Verteilung gemäß p(TTASTOP_prog) ~ N(μ = TTASTOP_real, σ = UTTASTOP_prog) (1) mit
- μ
- = Mittelwert,
- σ
- = Standardabweichung und
- N
- = Normalverteilung
dargestellt.
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Analog wird eine Wahrscheinlichkeit p(TTARED_prog) des vorhergesagten dritten Zeitpunkts TTARED_prog bis zum Wechsel der Ampelphase auf ”Rot” als normale Gauß-Verteilung gemäß p(TTARED_prog) ~ N(μ = TTARED_real, = UTTARED_prog) (2) dargestellt.
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Die frühzeitige Schätzung und Bewertung der virtuellen Ampellichtphase ALV zum Zeitpunkt des Kreuzungseintritts eines Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 basiert auf der so genannten Bayes-Inferenz. Diese verwendet als Evidenz die prognostizierten Zeiten TTASTOP_prog TTARED_prog mit den entsprechenden Unsicherheiten UTTASTOP_prog, UTTARED_prog, um die entsprechende Wahrscheinlichkeit an den real erwarteten Zeitpunkten TTASTOP_real, TTARED_real abzuleiten.
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Die real erwarteten Zeitpunkte TTASTOP_real, TTARED_real real werden dann durch logische Regeln verglichen unter Berücksichtigung der Unsicherheiten UTTASTOP_prog, UTTARED_prog und gemäß der Programmanweisung Ifp(TTARED_prog – TTASTOP_prog) < 0, then Rotlicht – Verstoß = true,
Else Rotlicht – Verstoß = false wird ermittelt, ob ein Rotlicht-Verstoß bevorsteht oder nicht.
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Logische Vergleichs-Regeln unter Berücksichtigung der Unsicherheiten UTTASTOP_prog, UTTARED_prog werden weiterhin auch verwendet, um einen erwarteten virtuellen Zustand der jeweiligen Lichtzeichenanlage L1 bis L4 zum Zeitpunkt des Eintretens des eigenen Fahrzeugs in die Straßenkreuzung gemäß folgender Programmanweisungen Ifp(TTARED_real – TTASTOP_real) < 0, then Lichtzeichenanlage = Rot,
Ifp(TTARED_real – TTASTOP_real) > 1, then Lichtzeichenanlage = Grün, d. h., das Fahrzeug erreicht die Stopplinie vor dem Wechsel der Lichtzeichenanlage L1 bis L4 auf ”Grün”, und Else Lichtzeichenanlage = Gelb.
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Dieser virtuelle Zustand der Lichtzeichenanlage L1 bis L4 wird dann innerhalb des eigenen Fahrzeugs an den Fahrer zur Unterstützung seiner Planung der Weiterfahrt beim Überqueren der Straßenkreuzung optisch, akustisch und/oder haptisch ausgegeben. Eine optische Ausgabe kann dabei in der Art erfolgen, dass dem Fahrer symbolisch eine Lichtzeichenanlage L1 bis L4 dargestellt wird und eine jeweilige Restdauer der jeweils aktiven Phase ”Rot” oder ”Grün” dargestellt wird.
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Ferner wird der virtuelle Zustand als Eingangssignal für eine Gefahrbewertung des eigenen Fahrzeugs relativ zu möglichen Kollisionspartnern verwendet. Unabhängig ist eine Verwendung als Eingangssignal für einen Regler des autonom gesteuerten Fahrzeugs möglich. Weiterhin wird der virtuelle Zustand zur Realisierung der Infrastrukturfunktion als konsolidiertes Eingangssignal bei der Steuerung der Lichtzeichenanlage L1 bis L4 verwendet, um Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen.
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Dies ermöglicht die prädiktive Schätzung des Gefahrenrisikos einer möglichen Kollision in Gefahrenzonen der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung, vorausgesetzt, die geschätzten virtuellen Ampellichtphasen ALV werden mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit, die abhängig von der dynamischen Änderung des Verkehrsdichte ist, kommuniziert. Das Verfahren zur frühzeitigen Schätzung und Bewertung der virtuellen Ampelphasen wird gleichermaßen in Verwendung und zum Vorteil des Betriebs der Fahrerassistenzvorrichtung, zur autonomen Steuerung eines Fahrzeugs und zur angepassten Steuerung der Lichtzeichenanlagen L1 bis L4 verwendet. Bei der Verwendung zur Steuerung der Lichtzeichenanlagen L1 bis L4 werden vorzugsweise alle im Umkreis von 100 m um den Kreuzungsreferenzpunkt befindlichen Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 bewertet. Diese werden nach Zeit und Risiko der von ihnen ausgehenden Gefahr priorisiert.
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Weiterhin wird die Kontextabhängigkeit der Verkehrssituation, definiert durch Fahrspurattribute, berücksichtigt. Hierbei wird eine Lichtzeichenanlage L1 bis L4 einem Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 basierend auf der Lokalisierung desselben auf seiner Fahrspur zugeordnet. Weiterhin werden Verkehrsregeln für erlaubte Manöver auf der aktuellen Fahrspur und Vorfahrtsregeln basierend auf einem Lichtzeichenwechseln oder den Verkehrszeichen Z1 bis Z4 bei deaktiven Lichtzeichenanlagen L1 bis L4 berücksichtigt. Es erfolgt ferner ein Vergleich einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der jeweiligen Fahrspur und dem Wechsel der Ampelphasen. Dabei werden die Unsicherheiten UTTARED_prog gemäß 11 in einem kommunizierten Wechsel der Ampelphasen berücksichtigt. Zusätzlich wird ermittelt, ob jede der prädizierten möglichen Manöveroptionen abgeschlossen werden kann, bevor eine Grünlichtphase der jeweiligen Lichtzeichenanlage L1 bis L4 endet. Auch wird ermittelt, ob ein möglicher Rotlichtverstoß RV des eigenen Fahrzeugs basierend auf dessen Onboarddaten oder die anderen Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 basierend auf den fusionierten Onboarddaten und/oder mittels der Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation und/oder Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommunikation kommunizierten Information auftreten kann. Es wird ferner ermittelt, ob ein Fahrer beabsichtigt, an einem Stoppschild zu stoppen, bevor er sein Manöver auf der Straßenkreuzung oder der Straßeneinmündung beendet.
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Die dabei ermittelten Kontextinformationen werden dazu verwendet, bei einer Filterung alle Verkehrsteilnehmer V1 bis V21 zu filtern, die mögliche Kollisionspartner oder Konfliktpartner darstellen, beispielsweise weil diese Vorfahrtsregeln missachten, und dazu, Fahrerassistenzfunktionen für den Fahrer des eigenen Fahrzeugs zu realisieren.
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Die im Folgenden beschriebenen Merkmale des Verfahrens gelten für beide Verwendungen, d. h. für die erste Verwendung zur Information und/oder Warnung des Fahrers des eigenen Fahrzeugs und/oder zur autonomen Steuerung des Fahrzeugs und für die zweite Verwendung zur Übertragung der Informationen und/oder Warnungen vom eigenen Fahrzeug an ebenfalls gefährdete weitere Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 oder zur adaptiven Steuerung der Lichtzeichenanlagen L1 bis L4.
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Das Fachwissen umfasst die Aspekte der aus der Erfahrung des Fahrers stammenden Erkenntnisse sowie physikalischen Gegebenheiten der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung sowie der Verkehrssicherheit. Das Fachwissen wird verwendet, um eine kognitive Argumentation in die Modellstruktur des objektorientierten Bayes-Netzwerks zu implementieren, wobei die Modellstruktur die Wahrnehmung eines menschlichen Fahrers einer Verkehrssituation für den Fall imitiert, dass dieser über ausreichend Zeit für eine ruhige Analyse der Verkehrssituation in ihrer gesamten Komplexität verfügt. Die vollständige Information erfolgt in einem Takt von 40 ms bis 80 ms, vorausgesetzt, Verdeckungen der Sicht eines Sensors werden durch eine Kommunikation mit zusätzlichen Sensoren aufgehoben. Dabei wird eine Stressbelastung des Fahrers signifikant verringert.
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Die Vorteile und das Ziel des Verfahrens sind es, dass eine exakte Situationsanalyse bei gleichzeitiger Minimierung von erforderlichen und situationsbeschreibenden Daten bei der Ausgabe an den Fahrer durchgeführt wird.
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Weiterhin wird die qualitative Modellstruktur des objektorientierten Bayes-Netzwerks durch das Fachwissen des typischen Verhaltens des Fahrers in Kreuzungssituationen, ausgedrückt in der Verwendung bestimmter analytische Funktionen für die Spezifikation der bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilung, parametriert. Die Parametrierung erfolgt alternativ oder zusätzlich durch die Aufnahme einer Kombination der Belegungsbedingungen als logische Regeln. Beispielsweise besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer realen Kollision, wenn eine der in den folgenden Gleichungen dargestellten Bedingungen erfüllt ist, vorausgesetzt zwei Verkehrsteilnehmer V1 und V2 belegen gleichzeitig einen Gefahrenbereich. TTE bezeichnet dabei den Zeitpunkt bis zum Eintreffen des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1, V2 am Gefahrenbereich und TTD den Zeitpunkt bis zum Verlassen des Gefahrenbereichs durch den jeweiligen Verkehrsteilnehmer V1, V2. TTE1 ≤ TTE2 und TTD1 ≥ TTE2. (3)
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Gleichung (3) beschreibt den Fall, dass der Verkehrsteilnehmer V1 den Gefahrenbereich eher befährt als der Verkehrsteilnehmer V2 und diesen nicht verlässt, bevor Verkehrsteilnehmer V2 diesen befährt. TTE1 ≥ TTE2 und TTD2 ≥ TTE1. (4)
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Gleichung (4) beschreibt den Fall, dass der Verkehrsteilnehmer V1 den Gefahrenbereich nach dem Verkehrsteilnehmer V2 befährt und der Verkehrsteilnehmer V2 diesen nicht verlässt, bevor Verkehrsteilnehmer V1 diesen befährt. TTE1 ≥ TTE2 und TTD2 ≥ TTD1. (5)
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Gleichung (5) beschreibt den Fall, dass der Verkehrsteilnehmer V1 den Gefahrenbereich nach dem Verkehrsteilnehmer V2 befährt und diesen eher verlässt als Verkehrsteilnehmer V2. TTE1 ≤ TTE2 und TTD1 ≥ TTD2. (6)
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Gleichung (6) beschreibt den Fall, dass der Verkehrsteilnehmer V1 den Gefahrenbereich vor dem Verkehrsteilnehmer V2 befährt und diesen später verlässt als Verkehrsteilnehmer V2.
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Die Parameter des objektorientierten Bayes-Netzwerks werden anhand der erfassten realen Umgebungsinformation, insbesondere Verkehrsdaten, welche typische Verkehrssituation im Bereich von Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen repräsentieren, angepasst und/oder gelernt.
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Anschließend werden die kombinierten Evidenzen auf mittels der Forward Motion Prediction ermittelter Manöveroptionen und die Belegung der Gefahrenbereiche übertragen und es wird das Gefahrenrisiko, d. h. die reale Wahrscheinlichkeit einer Kollision zwischen Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 ermittelt.
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Eine auf das Gefahrenrisiko hinweisende Information oder Warnung wird vorzugsweise optisch an den Fahrer des eigenen Fahrzeugs oder an andere Verkehrsteilnehmer ausgegeben oder übertragen. Diese Ausgabe erfolgt vorzugsweise gemäß
DE 10 2011 113 722 A1 .
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Weiterhin werden erfasste Umgebungsinformationen und eine mittels des Verfahrens durchgeführte Analyse von Freiräumen im Bereich der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung zur Planung von Ausweich-, Brems-, Lenk- und Beschleunigungsmanövern in so genannte TTS-Karten eingespielt, wobei die Abkürzung TTS für ”Time to steer”, d. h. ”Zeit zum Lenken” steht.
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2 zeigt eine mögliche Verkehrsituation an einer Straßenkreuzung mit mehreren Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 und deren prognostizierte Bewegungstrajektorien BT1 bis BTn, wobei die Verkehrsteilnehmer V1 bis V9 Fahrzeuge sind, die Verkehrsteilnehmern V10 bis V15 Fußgänger und die Verkehrsteilnehmern V16 bis V21 Fahrradfahrer.
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In 3 ist ein Ablauf einer Ermittlung eines künftigen Bewegungsverhaltens der Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 mittels der Forward Motion Prediction dargestellt.
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Dabei erfolgt in einem ersten Schritt FMP1 eine Objektmessung der anderen Verkehrsteilnehmer V2 bis V21 mittels eines Sensorsystems des eigenen Fahrzeugs.
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Eine Initialisierung eines erweiterten Kalman-Filters erfolgt dabei gemäß folgender Gleichungen: j = k,
x ^j = μMessung,
Pj = ΣMessung, (7) mit
- j
- = Laufvariable der Bewegungsprädiktion,
- k
- = Laufvariable der Objektmessung,
- x ^j
- = geschätzter Objektzustandsvektor zum Beobachtungszeitpunkt j = k,
- μMessung
- = Erwartungswert der normalverteilten Objektmessung,
- Pj
- = a posteriori geschätzte Kovarianzmatrix des erweiterten Kalman-Filters und
- ΣMessung
- = Kovarianzmatrix der Objektmessung.
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Eine Definition aktiven Straßenpunktes ARP erfolgt ebenfalls im ersten Schritt FMP1 gemäß folgender Gleichung als normalverteilte Zufallsvariable: yARP,j ~ N(xARP,j, ΣARP,j), (8) mit
- j
- = Laufvariable der Bewegungsprädiktion,
- xARP,j
- = Zustandsvektor im aktiven Straßenpunkt, entspricht dem Erwartungswert der Zufallsvariablen y
- yARP,j
- = Repräsentation des aktiven Straßenpunktes als normalverteilte Zufallsvariable mit dem Erwartungswert xARP,j und der Kovarianzmatrix ΣARP,j,
- ΣARP,j
- = Kovarianzmatrix der normalverteilten Zufallsvariablen y,
- N
- = Normalverteilung.
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Anschließend wird anhand folgender Gleichung ein Lenkwinkel des eigenen Fahrzeugs ermittelt: δobj,j = δκ,j + δΔ,j, (9) mit
- δobj,j
- = Lenkwinkel,
- δκ,j
- = Bahnkrümmung,
- δΔ,j
- = Differenzwinkel zwischen Straßenpunkt ARP und Objektpräsentation.
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Darauffolgend wird in einem dritten Schritt FMP3 anhand der in dem ersten und zweiten Schritt FMP1, FMP2 ermittelten Größen ein Prädiktionsschritt in einem Einspurmodell durchgeführt. Hierbei erfolgt eine Zustandsprädiktion gemäß
x ^ – / j = f(x ^j-1, δobj,j) mit ELG = 0 (10) und eine Ermittlung einer neuen Kovarianzmatrix gemäß
P – / j = AjPj-1A T / j + WjQj-1W T / j (11) mit
A
j = Jacobimatrix der Übergangsfunktion
(Wert an der Stelle des prädizierten Systemszustandsvektors x),
P
j = a posteriori geschätzte Fehlerkovarianzmatrix zum Prädiktionsschritt j – 1,
A
T / j = Transponierte Jacobimatrix der Übergangsfunktion (Wert an der Stelle des prädizierten Systemszustandsvektors x, partiell differenziert nach dem Systemszustandsvektor x,
W
j = Jacobimatrix der Übergangsfunktion
(Wert an der Stelle des prädizierten Systemszustandsvektors x),
Q
j = Kovarianzmatrix des Prozessrauschens,
W
T / j = Transponierte Jacobimatrix an der Stelle des prädizierten Systemszustandsvektors x, partiell differenziert nach dem Prozessrauschen w,
P
– / j = a-priori geschätzte Kovarianzmatrix zum Prädiktionsschritt j,
ELG = Einlenkgradient des Einspurmodells.
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In einem darauf folgenden vierten Schritt FMP4 erfolgt eine Suche und Definition des aktiven Straßenpunktes ARP gemäß Gleichung (8).
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In einem fünften Schritt FMP5 erfolgt ein Innovationsschritt gemäß folgender Gleichung, wobei zunächst gemäß Σroad,j = P – / j + ΣARP,j (12) mit
- Σroad,j
- = Kontroll-Kovarianzmatrix,
- ΣARP,j
- = Kovarianzmatrix der normalverteilten Zufallsvariablen yARP,j,
- P – / j
- = a-priori geschätzte Kovarianzmatrix zum Prädiktionsschritt j.
eine Kontroll-Kovarianzmatrix gebildet wird.
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Weiterhin wird ebenfalls im fünften Schritt FMP5 gemäß Kj = P – / j F –1 / road,j (13) mit
- Σ –1 / road,j
- = invertierte Kontroll-Kovarianzmatrix,
- Kj
- = Kalman-Gain,
- P – / j
- = a-priori geschätzte Kovarianzmatrix zum Prädiktionsschritt j.
ein so genannter Kalman-Gain gebildet.
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Zusätzlich wird im fünften Schritt FMP5 gemäß xj = x ^ – / j + Kj(xARP,j –x ^j) (14) mit
- xARP,j
- = Zustandsvektor des aktiven Straßenpunktes ARP
- x ^ – / j
- = a-priori prädizierter Objekzustand zum Prädiktionsschritt j,
- x ^j
- = a posteriori prädizierter Objekzustand zum Prädiktionsschritt j,
- Kj
- = neue Kovarianzmatrix
ein neuer geschätzter Zustand gebildet.
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Ferner wird im fünften Schritt FMP5 gemäß Pj = (I – Kj)P – / j (15) mit
- I
- = Einheitsmatrix,
- P
- – / j = a-priori geschätzte Kovarianzmatrix zum Prädiktionsschritt j,
- Pj
- = a-posteriori geschätzte Kovarianzmatrix zum Prädiktionsschritt j,
- Kj
- = neue Kovarianzmatrix
eine a posteriori geschätzte Kovarianzmatrix gebildet.
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4 zeigt eine Visualisierung einer ersten Momentaufnahme einer dynamischen Entwicklung einer Verkehrssituation anhand eines Ausführungsbeispiels ermittelter künftiger Bewegungsverhalten in Form von prognostizierten Bewegungstrajektorien BT1 bis BTn von zwei Verkehrsteilnehmern V1, V2 an einer Straßenkreuzung.
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In 5 ist eine Visualisierung einer zweiten Momentaufnahme der dynamischen Entwicklung der Verkehrssituation gemäß 4 zu einem späteren Zeitpunkt anhand eines Ausführungsbeispiels ermittelter künftiger Bewegungsverhalten in Form von prognostizierten Bewegungstrajektorien BT1 bis BTn von zwei Verkehrsteilnehmern V1, V2 an einer Straßenkreuzung dargestellt.
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Die nicht-unterbrochen dargestellten Bewegungstrajektorien BT1 bis BT8 stellen eine prädizierte zukünftige Lokalisierung der Verkehrsteilnehmer V1, V2 dar und ergeben sich aus einer aktuellen Position des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1, V2 auf seiner Fahrspur und dem ermittelten Lenkwinkel.
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Auf Basis der Fahrspurlokalisierung, dem aktuellen Bewegungszustand und dem geschätzten Lenkwinkel wird der zukünftige Zustand der Verkehrsteilnehmer V1, V2 mittels der Forward Motion Prediction ermittelt.
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Die unterbrochen dargestellten Bewegungstrajektorien BT8 bis BTn stellen Manöveroptionen der Verkehrsteilnehmer V1, V2 dar, wobei drei parallele als Manöveroptionen ausgebildete Bewegungstrajektorien BT8 bis BTn jeweils von zwei als Grenzlinien ausgebildeten Bewegungstrajektorien BT8 bis BTn randseitig begrenzt sind, welche einen Fahrstreifen des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1, V2 auf dessen Breite begrenzen. Die mittlere der jeweiligen Bewegungstrajektorien BT8 bis BTn stellt die prädizierte Bewegungstrajektorien BT8 bis BTn des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1, V2 dar.
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6 zeigt einen Ablauf einer Bewegungsvorhersage, d. h. eines Bewegungsverhaltens BV von zwei Verkehrsteilnehmern V1, V2 mittels der Forward Motion Prediction.
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Nach der Selektion der relevanten Verkehrsteilnehmer V1, V2 der Verkehrssituation zur Ermittlung des Gefahrenrisikos werden für jeden der Verkehrsteilnehmer V1, V2 drei wahrscheinlichsten Manöveroptionen ermittelt, wobei eine Unsicherheit U1FMP, U2FMP der Forward Motion Prediction berücksichtigt wird.
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Dies ist im dargestellten Ausführungsbeispiel beispielhaft für die probabilistischen Manöveroption a1FMP, a2FMP dargestellt. Dabei stellt die Struktur des Bayes-Netzwerks ein kausales Model dar, d. h. die probabilistische Manöveroption a1FMP ist bedingt von der tatsächlich beabsichtigten Manöveroption a1real und der Unsicherheit U1FMP der Prädiktion.
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Es werden dabei die realen Manöveroptionen a1real, a2real der Verkehrsteilnehmer V1, V2 jeweils aus einer Unsicherheit U1FMP, U2FMP und eine probabilistisch berechnete Manöveroption a1FMP, a2FMP abgeleitet. Dies geschieht mittels diagnostischer Inferenz des Bayes-Netzwerks.
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Ein realer Verlauf eines Manövers wird mittels des objektorientierten Bayes-Netzwerks ermittelt.
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Eine paarweise Kombination der probabilistischen Manöveroption a1FMP, a2FMP ermöglicht die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit von simultanen Manöveroptionen, was durch eine Relevanz des zukünftigen Bewegungsverhaltens BV für die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts in dem ermittelten Gefahrbereich dargestellt ist.
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Parallel zu dieser Ermittlung erfolgt die Erzeugung des Gefahrenbereichs GB als viereckige Fläche um den Schnittpunkt SP von zwei sich schneidenden überstrichenen Flächen der vorhergesagten Bewegungstrajektorien BT1, BT2 zweier Verkehrsteilnehmer V1, V2 gemäß der 7 und 8. Die in 7 dargestellte Verkehrssituation entspricht dabei der in 2 dargestellten. Zur Wahrung der Übersichtlichkeit sind nur die zwei Verkehrsteilnehmer V1, V2, deren Bewegungstrajektorien BT1, BT2 und der Gefahrenbereich GB mit Bezugszeichen versehen.
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Eine Parametrierung erfolgt dabei gemäß den Zeitpunkten bis zum Eintreffen des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1, V2 am Gefahrenbereich GB und der Zeitpunkte bis zum Verlassen des Gefahrenbereichs durch den jeweiligen Verkehrsteilnehmer V1, V2 gemäß der Gleichungen (3) bis (6).
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In 9 ist die Struktur des Bayes-Netzwerks zur Ermittlung einer Belegung BG des Gefahrenbereichs GB durch die Verkehrsteilnehmer V1, V2 dargestellt. Die Ermittlung der Belegung des Gefahrenbereichs GB erfolgt dabei anhand gemäß der Zeitpunkte bis zum Eintreffen TTE1, TTE2 des jeweiligen Verkehrsteilnehmers V1, V2 am Gefahrenbereich GB und der Zeitpunkte bis zum Verlassen TTD1, TTD2 des Gefahrenbereichs GB durch den jeweiligen Verkehrsteilnehmer V1, V2 gemäß der Gleichungen (3) bis (6).
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Dabei sind die Unsicherheiten der Forward Motion Prediction durch die Bezugszeichen U1 und U2, die mittels der Forward Motion Prediction prädizierten Zeitpunkte bis zum Eintreffen und die prädizierten Zeitpunkte bis zum Verlassen durch die Bezugszeichen TTE1FMP, TTE2FMP und TTD1FMP, TTD2FMP und die realen Zeitpunkte bis zum Eintreffen und die realen Zeitpunkte bis zum Verlassen durch die Bezugszeichen TTE1real, TTE2real und TTD1real, TTD2real gekennzeichnet.
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10 zeigt eine Verknüpfung der in 6 und 9 dargestellten Fragmente des Bayes-Netzwerks zur Ermittlung der Bewegungsverhalten BV der zwei Verkehrsteilnehmer V1, V2 und der Belegung BG der Gefahrenbereiche GB.
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Dabei erfolgt eine paarweise Kombination der Relevanz des Bewegungsverhaltens BV und der Belegung BG der Gefahrenbereiche GB zur Ermittlung eines Gefahrenrisikos GR. Um ein skalierbares Datenmanagement zu erreichen, welches von der Anzahl der vorhandenen Fahrzeuge an der Straßenkreuzung oder Straßeneinmündung unabhängig ist, werden die Situationsbewertungen vorzugsweise paarweise zwischen zwei Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 durchgeführt. Um eine optimale optische Ausgabe von Information oder Warnungen bezüglich des Gefahrenrisikos GR im Fahrzeug sicherzustellen, sind die Ergebnisse jeweils für Paare von Verkehrsteilnehmern V1 bis V21 sortiert und es werden die Informationen oder Warnungen zu dem Ergebnis, welches das höchste Gefahrenrisiko GR aufweist, an den Fahrer ausgegeben.
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11 zeigt die Schätzung und Bewertung der virtuellen Ampellichtphase ALV.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Sicherheitssystem
- 1.1
- Datenfusionseinheit
- 1.2
- Datenmanagementeinheit
- 1.3
- Erfassungseinheit
- 1.4
- Bewegungsvorhersageeinheit
- 1.5
- Festlegungseinheit
- 1.6
- Risikobewertungseinheit
- ALV
- virtuelle Ampellichtphase
- a1FMP, a2FMP
- probabilistische Manöveroption
- a1real, a2real
- reale Manöveroption
- BT1 bis BTn
- Bewegungtrajektorie
- BV
- Bewegungsverhalten
- FMP1 bis FMP5
- Schritt
- GB
- Gefahrenbereich
- GR
- Gefahrenrisiko
- L1 bis L4
- Lichtzeichenanlage
- RV
- Rotlichtverstoß
- S1 bis S6
- Verfahrensschritt
- SP
- Schnittpunkt
- TTARED_prog
- dritter Zeitpunkt
- TTARED_real
- vierter Zeitpunkt
- TTASTOP_prog
- erster Zeitpunkt
- TTASTOP_real
- zweiter Zeitpunkt
- TTD1, TTD2
- Zeitpunkt bis zum Verlassen
- TTD1FMP, TTD2FMP
- prädizierter Zeitpunkt bis zum Verlassen
- TD1real, TTD2real
- realer Zeitpunkt bis zum Verlassen
- TTE1, TTE2
- Zeitpunkt bis zum Eintreffen
- TTE1real, TTE2real
- realer Zeitpunkt bis zum Eintreffen
- TTE1FMP, TTE2FMP
- prädizierter Zeitpunkt bis zum Eintreffen
- UTTARED_prog
- zweite Unsicherheit
- UTTASTOP_prog
- erste Unsicherheit
- U1FMP, U2FMP
- Unsicherheit
- V1 bis V21
- Verkehrsteilnehmer
- Z1 bis Z4
- Verkehrszeichen
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102011106176 A1 [0003]
- DE 102012005272 A1 [0004]
- DE 102011113722 A1 [0085]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- ”Petrich, D.: Bewegungsprädiktion dynamischer Objekte im Straßenverkehr auf Basis digitaler Karteninformation; Diplomarbeit, Karlsruher Institut für Technologie, Mai 2012” [0034]
- ”Weidl, G., Breuel, G.: Overall Probabilistic Framework for Modeling and Analysis of Intersection Situations; In: Proceedings of the 16th Int. Forum on Advanced Microsystems for Automotive Applications 2012, Smart Systems for Safe, Sustainable and Networked Vehicles, Seiten 257 bis 268, Springer Verlag, 2012” [0038]
- ”Petrich, D.: Bewegungsprädiktion dynamischer Objekte im Straßenverkehr auf Basis digitaler Karteninformation; Diplomarbeit, Karlsruher Institut für Technologie, Mai 2012” [0041]
- ”Petrich, D.: Bewegungsprädiktion dynamischer Objekte im Straßenverkehr auf Basis digitaler Karteninformation; Diplomarbeit, Karlsruher Institut für Technologie, Mai 2012” [0044]
- ”Weidl, G., Breuel, G.: Overall Probabilistic Framework for Modeling and Analysis of Intersection Situations; In: Proceedings of the 16th Int. Forum on Advanced Microsystems for Automotive Applications 2012, Smart Systems for Safe, Sustainable and Networked Vehicles, Seiten 257 bis 268, Springer Verlag, 2012” [0049]