-
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Gleichstrom-Schalteinrichtung mit einem Schaltstrompfad, der zwischen zwei Verbindungspunkten einer elektrischen Leitung verläuft und in welchem ein erster Schaltkontakt mit zwei Kontaktelementen vorgesehen ist, welche bei gegenseitiger Berührung eine elektrisch leitende Verbindung zwischen den Verbindungspunkten bereitstellen und welche zum Abschalten eines durch die elektrische Leitung geführten Gleichstroms unter Ausbildung eines Lichtbogens auseinanderbewegbar sind, und mit einem parallel zu dem Schaltstrompfad zwischen den Verbindungspunkten verlaufenden Löschungsstrompfad.
-
Derartige Schalteinrichtungen sind grundsätzlich bekannt und dienen dazu, in Gleichstromnetzen den Strom sicher an- und abzuschalten. Unter Gleichstrom wird hierbei ein nulldurchgangsfreier Strom verstanden. Aufgrund des Fehlens von Nulldurchgängen muss beim Abschalten derartiger Ströme der Stromfluss nicht nur unterbrochen, sondern auch innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf Null verringert werden, wobei Überspannungen im Netz zu vermeiden sind. Weiterhin muss die im Netz gespeicherte Energie abgeführt werden. Zu diesem Zweck wird in dem Löschungsstrompfad eine Gegenspannung erzeugt, welche den Lichtbogen löscht und den Strom letztlich zum Erliegen bringt. Um dies zu erreichen, kann in dem Löschungsstrompfad eine Leistungselektronikeinheit vorgesehen sein. Schalteinrichtungen dieser Art werden auch als ”Gleichstrom-Hybridschalter” bezeichnet.
-
Es kann bei Einrichtungen der vorstehend genannten Art schwierig sein, die Kontaktelemente ausreichend schnell auseinanderzubewegen. Zudem besteht die Gefahr eines Ausfalls der Leistungselektronikeinheit.
-
Insofern besteht die Aufgabe der Erfindung darin, mit einfachen Mitteln eine Möglichkeit zum zuverlässigen Abschalten von Strömen in Gleichstromnetzen zu schaffen.
-
Zur Lösung dieser Aufgabe ist eine Gleichstrom-Schalteinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 vorgesehen.
-
Erfindungsgemäß ist in dem Löschungsstrompfad wenigstens ein Kaltleiter angeordnet, welcher dazu ausgebildet ist, in einem ersten kalten Betriebszustand einen Stromfluss durch den Löschungsstrompfad zu ermöglichen, welcher eine zum Löschen des Lichtbogens zwischen den Kontaktelementen ausreichende Gegenspannung erzeugt, und in einem zweiten erwärmten Betriebszustand den Stromfluss durch den Löschungsstrompfad zu unterbrechen.
-
Bei sich berührenden Kontaktelementen weist der Schaltstrompfad einen vergleichsweise geringen elektrischen Widerstand auf, sodass durch den parallelgeschalteten Kaltleiter nur ein sehr geringer Strom fließt und der Kaltleiter somit den ersten, kalten Betriebszustand einnimmt. Sobald der Schaltkontakt geöffnet wird, steigt der Strom in dem Löschungsstrompfad stark an und erzeugt eine Gegenspannung, welche den Lichtbogen innerhalb kurzer Zeit löscht. Dieser Strom in dem Löschungsstrompfad kommt jedoch zum Erliegen, da sich der Kaltleiter aufgrund des Stromanstiegs erwärmt und den zweiten Betriebszustand einnimmt. Sofern zu diesem Zeitpunkt die Kontaktelemente ausreichend weit auseinanderbewegt sind, dass eine dielektrische Festigkeit oder Durchschlagsfestigkeit hergestellt ist, kann sich kein neuer Lichtbogen bilden. Der Gleichstrom ist somit sicher abgeschaltet.
-
Erfindungsgemäß wurde erkannt, dass ein geeignet ausgebildeter Kaltleiter im Löschungsstrompfad ausreicht, um sowohl die Lichtbogenlöschung als auch die Strombegrenzung zu bewerkstelligen. Somit kann auf eine aufwändige und ausfallanfällige Leistungselektronikeinheit verzichtet werden.
-
Der Kaltleiter weist vorzugsweise eine Abhängigkeit des elektrischen Widerstands von der Temperatur auf, die durch eine nichtlineare Kennlinie gegeben ist. Die Kennlinie kann beispielsweise S-förmig verlaufen, also einen dem ersten Betriebszustand entsprechenden Durchlassbereich, einen dem zweiten Betriebszustand entsprechender Sperrbereich und einen dazwischen befindlichen Übergangsbereich aufweisen, wobei der Übergangsbereich eine größere Steigung aufweist als der Durchlassbereich und der Sperrbereich. Beim Öffnen des Schaltkontakts schaltet der Kaltleiter in dem Löschungsstrompfad dann innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums von ”Durchlass” auf ”Sperren” um. Vorzugsweise ist der Durchlassbereich im Vergleich zu dem Sperrbereich schmal, um eine schnelle Ansprechzeit zu gewährleisten.
-
Der Kaltleiter ist bevorzugt rückstellbar und/oder mehrfach verwendbar, um vielfache Schaltvorgänge zu ermöglichen.
-
Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung umfasst der Kaltleiter ein amorphes Metall, insbesondere einen amorphen Stahl. Alternativ oder zusätzlich kann der Kaltleiter einen leitenden Keramikwerkstoff umfassen. Um die Eigenschaften des Kaltleiters weiter anzupassen, kann dieser auch eine oder mehrere Beschichtungen auf Basis eines MAX-Phasen-Werkstoffs umfassen.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung weist der Kaltleiter supraleitende Eigenschaften auf. Dies ermöglicht eine besonders effektive Lichtbogenlöschung.
-
Eine Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass der Schaltstrompfad einen Hauptstrompfad und einen parallel zu diesem verlaufenden Nebenstrompfad umfasst, wobei der erste Schaltkontakt in dem Nebenstrompfad vorgesehen ist und ein zweiter Schaltkontakt mit zwei zugehörigen Kontaktelementen in dem Hauptstrompfad angeordnet ist, wobei die Kontaktelemente des zweiten Schaltkontakts zum Unterbrechen eines Stromflusses durch den Hauptstrompfad unter Vermeidung eines Lichtbogens auseinanderbewegbar sind. Der Hauptstrompfad dient zum kontinuierlichen Leiten des Laststroms bei im Betrieb befindlichem Netz und ist zu diesem Zweck besonders ausgestaltet. Z. B. sind das Material der Kontaktelemente sowie deren Form und Größe derart gewählt, dass ein möglichst geringer Übergangswiderstand erzielt wird. Der zweite Schaltkontakt muss insbesondere keine speziellen Merkmale für eine Lichtbogenerzeugung aufweisen. Insbesondere kann bei geschlossenen Schaltkontakten der elektrische Widerstand des Hauptpfads geringer sein als der elektrische Widerstand des Nebenpfads.
-
Zum Unterdrücken eines Lichtbogens können die Kontaktelemente des zweiten Schaltkontakts in einer Vakuum-Kammer angeordnet sein. Prinzipiell können die Kontaktelemente des zweiten Schaltkontakts auch in einer mit einem dielektrischen Gas oder einer dielektrischen Flüssigkeit gefüllten Kammer angeordnet sein.
-
Weiterhin kann parallel zu dem Schaltstrompfad und zu dem Löschungsstrompfad ein Sicherungsstrompfad zwischen den Verbindungspunkten der elektrischen Leitung verlaufen, in welchem wenigstens ein weiterer Kaltleiter angeordnet ist. Ein derartiger zusätzlicher Kaltleiter bietet eine Absicherung der Schalteinrichtung gegen Ausfall einer der übrigen Komponenten.
-
Die Kontaktelemente können derart geformt sein, dass bei ihrem Auseinanderbewegen ein in mehrere Teillichtbögen unterteilter Lichtbogen gebildet wird. Dadurch kann die Lichtbogenspannung erhöht werden. Zum Erzeugen mehrerer Teillichtbögen können z. B. entsprechende Rippen, Kammern oder Zähne an den Kontaktelementen vorgesehen sein. Die Schalteinrichtung kann weiterhin einen Aktuator zum gesteuerten Bewegen der Kontaktelemente sowie eine zugehörige Steuereinrichtung umfassen.
-
Bevorzugt ist außer dem Kaltleiter kein weiteres strombegrenzendes Element in dem Löschungsstrompfad vorgesehen. Mit anderen Worten wird ausschließlich der Kaltleiter dazu herangezogen, erst eine ausreichende Gegenspannung zu erzeugen und nach Löschung des Lichtbogens sowie Erreichen der dielektrischen Festigkeit am ersten Schaltkontakt den Strom in dem Löschungsstrompfad zu begrenzen.
-
Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Abschalten eines durch eine elektrische Leitung geführten Gleichstroms, insbesondere mittels einer Schalteinrichtung nach einem der vorstehenden Ansprüche, mit den Schritten:
Auseinanderbewegen zweier Kontaktelemente eines in einem zwischen zwei Verbindungspunkten der elektrischen Leitung verlaufenden Schaltstrompfad vorgesehenen ersten Schaltkontakts unter Ausbildung eines Lichtbogens,
Kommutieren des Stromflusses auf einen parallel zu dem Schaltstrompfad zwischen den Verbindungspunkten verlaufenden Löschungsstrompfad,
Ermöglichen eines zum Löschen des Lichtbogens ausreichenden Stromflusses in dem Löschungsstrompfad, und
Unterbrechen des Stromflusses in dem Löschungsstrompfad, sobald der Lichtbogen gelöscht ist und die Kontaktelemente bis zum Erreichen der Durchschlagsfestigkeit auseinanderbewegt sind.
-
Erfindungsgemäß erfolgt das Ermöglichen des Stromflusses und das nachfolgende Unterbrechen des Stromflusses in dem Löschungsstrompfad durch einen in dem Löschungsstrompfad vorgesehenen Kaltleiter.
-
Wie vorstehend erwähnt kann der Schaltstrompfad einen Hauptstrompfad und einen parallel zu diesem verlaufenden Nebenstrompfad umfassen, wobei der erste Schaltkontakt in dem Nebenstrompfad vorgesehen ist und ein zweiter Schaltkontakt mit zwei zugehörigen Kontaktelementen in dem Hauptstrompfad angeordnet ist. Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung werden vor dem Auseinanderbewegen der Kontaktelemente des ersten Schaltkontakts die Kontaktelemente des zweiten Schaltkontakts unter Vermeidung eines Lichtbogens bis zum Erreichen der Durchschlagsfestigkeit auseinanderbewegt.
-
Weiterbildungen der Erfindung sind auch in den abhängigen Ansprüchen, der Beschreibung sowie den beigefügten Zeichnungen angegeben.
-
Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben.
-
1 ist ein Schaltbild einer erfindungsgemäßen Gleichstrom-Schalteinrichtung.
-
2 ist eine Schnittdarstellung einer konkreten Ausgestaltung der Gleichstrom-Schalteinrichtung gemäß 1.
-
3 veranschaulicht einen zeitlichen Verlauf des Auseinanderbewegens jeweiliger Kontaktelemente für einen ersten und einen zweiten Schaltkontakt der Gleichstrom-Schalteinrichtung gemäß 1.
-
Gemäß 1 ist eine Schalteinrichtung 10 in einer elektrischen Leitung 11 eines Gleichstromnetzes vorgesehen, um im Bedarfsfall Lastströme und/oder Kurzschlussströme abzuschalten. Die Schalteinrichtung 10 umfasst einen Schaltstrompfad 12 und einen Löschungsstrompfad 14, welche parallel zueinander zwischen zwei Verbindungspunkten 15 der elektrischen Leitung 11 verlaufen. Der Schaltstrompfad 12 ist dabei in einen Hauptstrompfad 16 und einen parallel zu diesem verlaufenden Nebenstrompfad 18 unterteilt. Ein erster Schaltkontakt 20 ist in dem Nebenstrompfad 18 vorgesehen, während ein zweiter Schaltkontakt 22 in dem Hauptstrompfad 16 vorgesehen ist. In dem Löschungsstrompfad 14 ist ein Kaltleiter 24 vorgesehen. Weiterhin ist in der elektrischen Leitung 11 ein Trennschalter 26 vorgesehen.
-
Wie aus 2 hervorgeht, weist der erste Schaltkontakt 20 zwei Kontaktelemente 28a, 28b auf, welche bei gegenseitiger Berührung eine elektrisch leitende Verbindung zwischen den Verbindungspunkten 15 (1) bereitstellen und welche zum Öffnen des ersten Schaltkontakts 20 auseinanderbewegbar sind, wie durch Pfeile verdeutlicht ist. Die Kontaktelemente 28a, 28b des ersten Schaltkontakts 20 sind in Form von doppelwandigen, ineinandergreifenden Hülsen ausgebildet. Sie umgreifen eine Vakuum-Kammer 38, in welcher zwei stempelartige Kontaktelemente 32a, 32b des zweiten Schaltkontakts 22 angeordnet sind. Auch die Kontaktelemente 32a, 32b des zweiten Schaltkontakts 22 stellen bei gegenseitiger Berührung eine elektrisch leitende Verbindung zwischen den Verbindungspunkten 15 (1) bereit und sind zum Öffnen des zweiten Schaltkontakts 22 auseinanderbewegbar, wie durch Pfeile verdeutlicht ist.
-
Unter zusätzlicher Bezugnahme auf 3 wird die Funktionsweise der Schalteinrichtung 10 erläutert. Im oberen Diagramm von 3 ist der Abstand S1 der Kontaktelemente 28a, 28b des ersten Schaltkontakts 20 in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt, während im unteren Diagramm von 3 der Abstand S2 der Kontaktelemente 32a, 32b des zweiten Schaltkontakts 22 in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt ist.
-
Während des Normalbetriebs des zugrundeliegenden Gleichstromnetzes sind beide Schaltkontakte 20, 22 geschlossen und der Laststrom fließt zum größten Teil durch den Hauptstrompfad 16, da dieser den geringsten elektrischen Widerstand aufweist. Aufgrund des vernachlässigbar geringen Stromflusses durch den Kaltleiter 24 befindet sich dieser in einem ersten, kalten Betriebszustand.
-
Sobald ein Abschalten des Stroms in der elektrischen Leitung 11 erforderlich ist, z. B. im Fehlerfall, sorgt eine nicht dargestellte Steuereinrichtung dafür, dass zunächst die Kontaktelemente 32a, 32b des zweiten Schaltkontakts 22 auseinanderbewegt werden. Das Auseinanderbewegen beginnt gemäß dem unteren Diagramm in 3 zum Zeitpunkt t1 und wird bis zum Erreichen der dielektrischen Festigkeit bei dem Abstand S1 fortgesetzt. Die Ausbildung eines Lichtbogens wird dabei durch die Vakuum-Kammer 38 vermieden. Sobald zum Zeitpunkt t2 die dielektrische Festigkeit des zweiten Schaltkontakts 22 hergestellt ist, sorgt die Steuereinrichtung dafür, dass die Kontaktelemente 28a, 28b des ersten Schaltkontakts 20 unter Ausbildung eines Lichtbogens auseinanderbewegt werden. Aufgrund der Formgebung der Kontaktelemente 28a, 28b des ersten Schaltkontakts 20 ist der Lichtbogen in eine Vielzahl von parallelen Teillichtbögen unterteilt, sodass eine relativ hohe Lichtbogenspannung am ersten Schaltkontakt 20 erzeugt wird, die der Arbeitsspannung entgegengerichtet ist. Der damit verbundene Spannungsabfall sorgt für eine Kommutierung des Stromflusses zu dem Löschungsstrompfad 14.
-
Der in dem Löschungsstrompfad 14 vorgesehene Kaltleiter 24 ist dazu ausgebildet, in dem ersten Betriebszustand einen Stromfluss durch den Löschungsstrompfad 14 zu ermöglichen, welcher eine zum Löschen des Lichtbogens zwischen den Kontaktelementen 28a, 28b des ersten Schaltkontakts 20 ausreichende Gegenspannung erzeugt. Somit wird der Lichtbogen gelöscht. Gleichzeitig erwärmt sich der Kaltleiter 24 aufgrund des Stromflusses und geht in den zweiten Betriebszustand über, in welchem er in der Lage ist, den Stromfluss durch den Löschungsstrompfad 14 zu unterbrechen. Der elektrische Widerstand des Kaltleiters 24 steigt schnell auf einen hohen Wert an und sorgt dafür, dass der Stromfluss durch den Löschungsstrompfad 14 zum Erliegen kommt. Die Gegenspannung fällt hierbei wieder ab, doch zu diesem Zeitpunkt t3 sind die Kontaktelemente 28a, 28b des ersten Schaltkontakts 20 bereits bis zu dem Abstand S2 auseinanderbewegt, bei welchem die Durchschlagsfestigkeit erreicht ist und sich kein neuer Lichtbogen bilden kann. Der Strom in der elektrischen Leitung 11 ist somit sicher abgeschaltet. Zuletzt wird der Trennschalter 26 geöffnet.
-
Eine Schalteinrichtung der vorstehend beschriebenen Art ist in der Lage, nicht nur Lastströme, sondern auch Kurzschlussströme im Bereich von 100 kA bis 120 kA zuverlässig und sicher zu schalten. Eine Leistungselektronikeinheit ist nicht notwendig.
-
Bezugszeichenliste
-
- 10
- Schalteinrichtung
- 11
- elektrische Leitung
- 12
- Schaltstrompfad
- 14
- Löschungsstrompfad
- 15
- Verbindungspunkt
- 16
- Hauptstrompfad
- 18
- Nebenstrompfad
- 20
- erster Schaltkontakt
- 22
- zweiter Schaltkontakt
- 24
- Kaltleiter
- 26
- Trennschalter
- 28a, 28b
- Kontaktelemente des ersten Schaltkontakts
- 32a, 32b
- Kontaktelemente des zweiten Schaltkontakts
- 38
- Vakuum-Kammer
- S1, S2
- Abstand der Kontaktelemente
- t1, t2, t3
- Zeitpunkt