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Die Erfindung betrifft gaserzeugende Zusammensetzungen, insbesondere zur Verwendung in Sicherheitseinrichtungen für Fahrzeuge. Insbesondere betrifft die Erfindung derartige Zusammensetzungen auf der Grundlage von Guanidinnitrat, die in Fußgängerschutzeinrichtungen verwendet werden.
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Gaserzeugende Zusammensetzungen auf der Grundlage von Guanidinnitrat sind beispielsweise aus der
EP-A 1 006 096 und der
US-A 6,143,102 bekannt. Nahezu alle Hersteller von Fahrzeuginsassen-Rückhaltesystemen setzen derartige Zusammensetzungen in der Serienfertigung von pyrotechnischen Gasgeneratoren für Gassackmodule von Insassenschutzeinrichtungen, insbesondere für Fahrer- und Beifahrerairbags ein. Die für diese Anwendungen üblicherweise verwendeten Zusammensetzungen mit Guanidinnitrat als Brennstoff weisen eine massenbezogene Gasausbeute von etwa 65 bis 75%, Abbrandgeschwindigkeiten von etwa 20 bis 30 mm/s und Verbrennungstemperaturen von etwa 1700 bis 2000 K auf. Der Anteil von Guanidinnitrat in diesen Zusammensetzungen liegt häufig im Bereich von 40 bis 50 Gew.-%.
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Für die Verwendung von Gassackmodulen im Fahrzeuginnenraum gelten erhöhte Anforderungen an das erzeugte Treibgas, da dieses beispielsweise über die Abströmöffnungen im Gassack in den Fahrgastraum gelangen kann. Die in den Spezifikationen der Automobilhersteller geforderten Grenzwerte von Gasbestandteilen wie CO, NH3 und NOx lassen sich jedoch nur durch Treibstoffgemische mit einer im Wesentlichen ausgeglichenen Sauerstoffbilanz erreichen. Daher ist der Anteil an Guanidinnitrat in den gaserzeugenden Zusammensetzungen für Gassackmodule auf etwa 65 Gew.-% begrenzt, und es müssen neben Guanidinnitrat erhebliche Anteile an Oxidationsmitteln eingesetzt werden. Da die Oxidationsmittel üblicherweise nicht vollständig zur Gaserzeugung beitragen, ist die mögliche Gasausbeute solcher Zusammensetzungen reduziert. Auch für Zusammensetzungen mit niedrigen Abbrandtemperaturen, die sich günstig auf die Schadgaszusammensetzung auswirken, muss ein höherer Anteil an nicht gasbildenden Zusätzen in Kauf genommen werden, was sich ebenfalls negativ auf die Gasausbeute auswirkt. Die mit den bisher üblichen gaserzeugenden Zusammensetzungen mit Guanidinnitrat als Brennstoff erreichbaren Gasausbeuten liegen daher bei höchstens 75%.
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Die
US-A 6,893,517 beschreibt gaserzeugende Zusammensetzungen auf der Grundlage von Guanidinnitrat mit einer Gasausbeute von etwa 80%. Diese Zusammensetzungen enthalten weitere organische Brennstoffe und sind zur Verwendung in Gurtstraffern formuliert. Die Zusammensetzungen weisen deshalb eine deutlich höhere Abbrandtemperatur von über 2.000 K und eine hohe Abbrandgeschwindigkeit von über 40 mm/s bei 20 MPa auf.
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Reines Guanindinnitrat zeigt nach Anzündung keine selbsterhaltende und vollständige Zersetzung. In der
US-A 2,604,391 wird daher vorgeschlagen, das Anzündverhalten und die Abbrandeigenschaften von Guanidinnitrat durch geeignete Zusätze zu verbessern. Durch Zusatz von Kupfer und Kupferverbindungen zu Guanidinnitrat werden gaserzeugende Zusammensetzungen mit einer Abbrandgeschwindigkeit von etwa 1 mm/s bei 0,9 MPa erreicht. Durch Zusatz von Vanadiumpentoxid soll die Abbrandgeschwindigkeit gesteigert werden können. Vanadiumpentoxid ist jedoch toxisch und für Anwendungen im Automobilbereich ausgeschlossen.
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Die für gaserzeugende Zusammensetzungen für Insassenschutzsysteme (Fahrer-, Beifahrer- und Seiten-aufprallsysteme) benötigten Abbrandgeschwindigkeiten liegen im allgemeinen bei > 20 mm/s. Dies führt dazu, dass bei den üblicherweise eingesetzten Webstärken der Treibsatzkörper (i. a. Tabletten) von 1 bis 2 mm der Abbrand nach max. 100 ms beendet ist. Unter der Webstärke ist hier die Schichtdicke eines Treibsatzkörpers zu verstehen, die beim Abbrand des Treibsatzkörpers bis zu dessen vollständigen Verbrauch zurückgelegt wird. Beispielsweise hat eine zylindrische Tablette mit einem Durchmesser von 6 mm und einer Höhe von 3 mm eine Webstärke von 1,5 mm, da bei gleichmäßigem Abbrand von allen Seiten nach Abbrennen einer Schichtdicke von 1,5 mm die gesamte Tablette verbraucht ist.
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Für Fußgängerschutzanwendungen im Außenbereich des Fahrzeuges, zum Schutz vor einem Aufprall des Fußgängers auf die Motorhaube oder Windschutzscheibe, werden jedoch Gasförderzeiten von mehr als 100 ms gewünscht. Zudem soll der aufgeblasene Gassack eine möglichst lange Standzeit aufweisen. Hierzu ist es von Vorteil, wenn die Temperatur des zum Aufblasen des Gassacks erzeugten Gases möglichst niedrig ist, um den Druckverlust infolge einer Abkühlung des Gases gering zu halten.
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Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung von gaserzeugenden Zusammensetzungen, mit denen längere Gasförderzeiten und eine verbesserte Standzeit der durch Freisetzung von Gas aktivierten Schutzeinrichtungen erzielt werden können, und die für Fußgängerschutzanwendungen geeignet sind.
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Diese Aufgabe wird durch eine gaserzeugende Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 gelöst.
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Gegenstand der Erfindung ist auch eine Fußgängerschutzeinrichtung in Fahrzeugen, in der die erfindungsgemäße gaserzeugende Zusammensetzung enthalten ist, sowie die Verwendung der erfindungsgemäßen gaserzeugenden Zusammensetzungen in Fußgängerschutzeinrichtungen von Fahrzeugen.
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Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben, die wahlweise miteinander kombiniert werden können.
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Die erfindungsgemäße gaserzeugende Zusammensetzung dient zur Verwendung in Sicherheitseinrichtungen für Fahrzeuge und weist eine Gasausbeute von mindestens 85% auf. Die Zusammensetzung besteht im Wesentlichen aus 75 bis 98 Gew.-% Guanidinnitrat als Brennstoff und 2 bis 25 Gew.-% eines aus der Gruppe der Übergangsmetallverbindungen, Metallnitrate, Metallchlorate, Metallperchlorate, Ammoniumperchlorat und deren Mischungen ausgewählten Abbrandbeschleunigers. Die Abbrandgeschwindigkeit der Zusammensetzung liegt im Bereich von 3 bis 17 mm/s bei 20 MPa.
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Übergangsmetallverbindungen im Sinne der Erfindung sind die Verbindungen, vorzugsweise die Oxide, Hydroxide, Carbonate, basischen Carbonate und basischen Nitrate, der Metalle der ersten Reihe der Übergangsmetalle, namentlich von Titan, Chrom, Mangan, Eisen, Kupfer und Zink, sowie von Zirkon und Molybdän aus der 2. Übergangsmetallreihe.
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Nicht erfindungsgemäß und ausdrücklich ausgenommen sind die Verbindungen der Metalle Vanadium, Cobalt und Nickel sowie Cadmium und Quecksilber, die aufgrund ihrer toxikologischen Eigenschaften unerwünscht sind. Gleichermaßen unerwünscht sind die Verbindungen des 6-wertigen Chroms. Die Verwendung dieser Metalle bzw. ihrer Verbindungen ist in den allermeisten Spezifikationen der Automobilhersteller ohnehin explizit ausgeschlossen.
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Metallnitrate, Metallchlorate und Metallperchlorate sind insbesondere solche Verbindungen der Alkalimetalle und Erdalkalimetalle.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform beträgt die molare Gasausbeute der gaserzeugenden Zusammensetzung mindestens 0,035 Mol/g (Mole erzeugtes Gas/g Treibstoff), besonders bevorzugt von 0,039 bis 0,043 Mol/g, und die volumenbezogene Gasausbeute (Mole erzeugtes Gas/Volumen Treibstoff) beträgt mindestens 0,059 Mol/cm3, besonders bevorzugt von 0,059 bis 0,062 Mol/cm3.
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Die theoretische molare Gasausbeute für reines Guanidinnitrat liegt bei 0,042 Mol/g, die theoretische volumenbezogene Gasausbeute bei 0,061 Mol/cm3, jeweils berechnet für einen Druck von 30 MPa. Geringfügig höhere molare oder volumenbezogene Gasausbeuten lassen sich durch geeignete Abbrandbeschleuniger erzielen welche das Molgewicht des erzeugten Gases erniedrigen und/oder die Dichte der gaserzeugenden Zusammensetzung erhöhen.
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Die Abbrandgeschwindigkeit der gaserzeugenden Zusammensetzungen, die in Gassackmodulen für Fußgängerschutzeinrichtungen außerhalb des Fahrgastraums verwendet werden, liegt vorzugsweise im Bereich von 7,0 bis 16,0 mm/s bei 20 MPa. Falls die gaserzeugenden Zusammensetzungen in Mikrogasgeneratoren zur Aktivierung von Aufstellern für Motorhauben und ähnlichen Fußgängerschutzeinrichtungen verwendet werden, in denen das aus der Zusammensetzung freigesetzte Gas einen Zylinder-Kolben-Mechanismus betätigt, liegt die Abbrandgeschwindigkeit vorzugsweise im Bereich von 10 bis 17 mm/s bei 20 MPa. Für schnelle Anwendungen können dann kleine Tabletten mit einem Durchmesser von 1–4 mm oder auch Granulate eingesetzt werden.
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Als wirksames Verfahren zur Erhöhung der Abbrandgeschwindigkeit einer gegebenen Zusammensetzung hat sich das gemeinsame Vermahlen der Komponenten beispielsweise in einer Kugelmühle, Vibrationskugelmühle oder Schwingmühle herausgestellt. Unter Mithilfe der Mahlkörper wird zum einen die Teilchengröße der eingesetzten Komponenten reduziert, und zum anderen wird durch das innige Vermischen und Ineinanderpressen der einzelnen Teilchen eine hohe Homogenität erzielt. Beide Faktoren begünstigen eine Erhöhung der Reaktivität der eingesetzten Komponenten und somit auch der Abbrandgeschwindigkeit. Über die Dauer der gemeinsamen Vermahlung und Homogenisierung sowie die Korngröße der Ausgangsverbindungen kann die Abbrandgeschwindigkeit der Mischungen in weiten Bereichen gesteuert werden. Somit lassen sich deutlich höhere Abbrandgeschwindigkeiten als bei den in der
US-A 2,604,391 beschriebenen Sätzen, auch bei nominal gleicher Zusammensetzung, erreichen.
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Bevorzugt ist ferner die Verwendung einer feinteiligen Qualität der Übergangsmetallverbindung mit einer mittleren Korngröße von höchstens 5 μm und einer spezifischen Oberfläche von mindestens 1 m2/g.
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Mit einer Mischung aus 94,5% Guanidinnitrat, 5% Kupferoxid und 0,5% Calciumstearat konnte auf diese Weise eine Abbrandgeschwindigkeit von 6,2 mm/s bei 20 MPa erreicht werden. Die als Ausgangsmaterial verwendete Kupferoxid-Qualität hatte eine mittlere Korngröße von 0,8 μm und eine spezifische Oberfläche von 10 m2/g. Das verwendete Guanidinnitrat hatte eine mittlere Korngröße von 6,5 μm. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass die Korngröße des als Ausgangsmaterial eingesetzten Guanidinnitrats von untergeordneter Bedeutung ist, da eine gröbere Korngröße durch eine längere Mahldauer kompensiert werden kann.
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Die gaserzeugende Zusammensetzung weist vorzugsweise eine Sauerstoffbilanz von –10% bis –27%, besonders bevorzugt von –14 bis –24, auf. Die niedrige Sauerstoffbilanz trägt zu einer hohen Gasausbeute und zu einer niedrigen Abbrandtemperatur bei. Ein ungünstiger Einfluss auf die Kohlenmonoxidanteile kann toleriert werden, da die beim Abbrand der Zusammensetzung freigesetzten Gase nicht in den Fahrgastraum eintreten.
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Unter der Sauerstoffbilanz ist diejenige Sauerstoffmenge in Gewichtsprozent zu verstehen, die bei vollständiger Umsetzung einer Verbindung oder eines Gemischs zu CO2, H2O, N2, Al2O3, B2O3, etc. frei wird (Sauerstoffüberbilanzierung). Reicht der vorhandene Sauerstoff hierzu nicht aus, so wird die zum vollständigen Umsatz notwendige Fehlmenge mit negativem Vorzeichen angegeben (Sauerstoffunterbilanzierung).
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Gemäß einer ganz besonders bevorzugten Ausführungsform sind die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen bei 120°C über 400 h warmlagerstabil. Der Gewichtsverlust im Warmlagertest unter den genannten Bedingungen beträgt vorzugsweise weniger als 2%, besonders bevorzugt weniger als 1%. Damit erfüllen die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen auch die Spezifikationen der Automobilhersteller für Anwendungen im Motorraum.
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Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen weisen bevorzugt eine Abbrandtemperatur von höchstens 1650 K auf. Bevorzugt liegt die Abbrandtemperatur im Bereich von 1370 bis 1650 K, besonders bevorzugt im Bereich von 1420 bis 1630 K. Die Bereitstellung kühler Gase ist ebenfalls vorteilhaft für Anwendungen im Bereich außerhalb des Fahrgastraums und begünstigt eine längere Standzeit des aufgeblasenen Gassacks bzw. der durch Gasdruck aktivierten Sicherheitseinrichtung.
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Der Abbrandbeschleuniger ist bevorzugt aus der aus TiO2, Cr2O3, MnO2, Fe2O3, Fe3O4, CuO, Cu2O, ZnO, ZrO2, MoO3, FeOOH, Cu(OH)2, ZnCO3, MnCO3, FeCO3, CuCO3, basischem Zinkcarbonat, basischem Kupfercarbonat, basischem Kupfernitrat, basischem Zinknitrat, NaNO3, KNO3, Sr(NO3)2, NaClO3, KClO3, NaClO4, KClO4, NH4ClO4 und deren Mischungen bestehenden Gruppe ausgewählt.
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Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Zusammensetzung ist der Abbrandbeschleuniger ein Gemisch aus wenigstens einer Verbindung aus der Gruppe der Metallnitrate, Metallchlorate, Metallperchlorate und Ammoniumperchlorat sowie zusätzlich wenigstens einer Übergangsmetallverbindung von Ti, Cr, Mn, Fe, Cu, Zn, Zr und Mo. Mit dieser Ausführungsform wird eine hohe Gasausbeute bei ausreichender Abbrandgeschwindigkeit und gleichzeitig niedriger Abbrandtemperatur erreicht.
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Vorzugsweise ist die Verbindung aus der Gruppe der Metallnitrate, Metallchlorate und Metallperchlorate aus der aus NaNO3, KNO3, Sr(NO3)2, NaClO3, KClO3, NaClO4, KClO4, und deren Mischungen bestehenden Gruppe ausgewählt. Auch die Verwendung von Ammoniumperchlorat ist bei dieser Ausführungsform vorgesehen.
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Die Übergangsmetallverbindung ist bei der beschriebenen Ausführungsform vorzugsweise aus der aus TiO2, Cr2O3, MnO2, Fe2O3, Fe3O4, CuO, Cu2O, ZnO, ZrO2, MoO3, FeOOH, Cu(OH)2, ZnCO3, MnCO3, FeCO3, CuCO3, basischem Zinkcarbonat, basischem Kupfercarbonat, basischem Kupfernitrat, basischem Zinknitrat und deren Mischungen bestehenden Gruppe ausgewählt.
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Die Übergangsmetallverbindungen weisen bevorzugt eine mittlere Korngröße von höchstens 5 μm, besonders bevorzugt höchstens 3 μm und eine spezifische Oberfläche von mindestens 1 m2/g, besonders bevorzugt mindestens 3 m2/g auf.
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Zusätzlich zu Guanidinnitrat als Brennstoff und den genannten Abbrandbeschleunigern kann die erfindungsgemäße Zusammensetzung bis zu 5 Gew.-% weitere Zusätze aus der Gruppe der Abbrandmoderatoren und/oder Kühlmittel enthalten. Die genannten Zusätze wirken sich stabilisierend auf den Abbrand aus und halten die Verbrennungstemperatur niedrig. Gleichzeitig wird die Verschlackung der Verbrennungsrückstände verbessert, wodurch das Verstäuben der Rückstände verhindert wird.
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Beispiele für geeignete Abbrandmoderatoren und/oder Kühlmittel sind B2O3, Al2O3, MgO, SiO2, Mg(OH)2, basisches Magnesiumcarbonat, CaCO3 und deren Gemische.
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Weiterhin können in den Zusammensetzungen bis zu 3% an Verarbeitungshilfen wie Presshilfsmittel, Rieselhilfen und/oder Gleitmittel enthalten sein, die sich in der angegebenen Menge nicht wesentlich auf die Abbrandgeschwindigkeit der Zusammensetzung auswirken.
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Beispiele für geeignete Verarbeitungshilfen sind Polyethylenglykol, Zellulose, Methylzellulose, Graphit, Wachs, Calciumstearat, Magnesiumstearat, Zinkstearat, Bornitrid, Talkum, Bentonit, Kieselsäure und Molybdänsulfid sowie deren Gemische.
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Gegenstand der Erfindung ist ferner eine Fußgängerschutzeinrichtung für ein Fahrzeug, mit einem Gasgenerator und mit Gas aktivierbaren Mitteln zum Fußgängerschutz, wie einem aufblasbaren Gassack oder einem Kolben-Zylinder-System zum Aufstellen der Motorhaube, bei der der Gasgenerator eine erfindungsgemäße gaserzeugende Zusammensetzung nach einer oder mehreren der oben beschriebenen Ausführungsformen enthält.
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Vorzugsweise ist der Gasgenerator der Fußgängerschutzeinrichtung außerhalb eines Fahrgastraums des Fahrzeugs, beispielsweise im Motorraum, angeordnet. Bei einer solchen Ausführungsform ist insbesondere die verbesserte Warmlagerbeständigkeit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung von Vorteil.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform der erfindungsgemäßen Fußgängerschutzeinrichtung wirkt der Gasgenerator mit einem aufblasbaren Gassack zusammen. Bei einem Zusammenprall des Fahrzeugs mit einem Fußgänger kann durch den aufgeblasenen Gassack das Verletzungsrisiko des Fußgängers erheblich vermindert werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Fußgängerschutzeinrichtung treibt der Gasgenerator das Kolben-Zylinder-System eines Motorhaubenaufstellers an. Damit kann ein Aufprall des Fußgängers auf die Windschutzscheibe des Fahrzeugs verhindert und das Risiko von Schnittverletzungen durch Glasbruch vermindert werden.
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Gegenstand der Erfindung ist schließlich auch die Verwendung der erfindungsgemäßen gaserzeugenden Zusammensetzungen gemäß einer oder mehreren der oben beschriebenen Ausführungsformen in einem Gasgenerator einer Sicherheitseinrichtung in einem Fahrzeug, wobei der Gasgenerator außerhalb eines Fahrgastraums des Fahrzeugs angeordnet ist.
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Besonders bevorzugt ist die Verwendung der gaserzeugenden Zusammensetzungen in einer Fußgängerschutzeinrichtung für Fahrzeuge.
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Die Vorteile der erfindungsgemäßen gaserzeugenden Zusammensetzungen liegen insbesondere darin, dass sich hohe Gasausbeuten bei gleichzeitig niedrigen Verbrennungstemperaturen und moderaten Abbrandgeschwindigkeiten erzielen lassen, die eine hohe Gasförderzeit und eine längere Standzeit der mit Gas aktivierten Sicherheitseinrichtungen gewährleisten. Die mit den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen erzielten Abbrandgeschwindigkeiten liegen unterhalb der Abbrandgeschwindigkeiten von bisher für Gassackmodule im Insassenschutzbereich eingesetzten Zusammensetzungen, aber gleichzeitig noch in einem für die Anwendung in Fußgängerschutzeinrichtungen geeigneten Bereich.
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Die hohe thermische Stabilität der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen ermöglicht ferner auch deren Verwendung im Motorraum von Fahrzeugen, wo unter Betriebsbedingungen leicht Temperaturen bis 120°C erreicht werden können.
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Schließlich greifen die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen auf erprobte und nicht toxische Komponenten zurück, die preisgünstig am Markt erhältlich sind.
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Die Erfindung wird nun anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen beschrieben, die jedoch nicht in einem einschränkenden Sinn verstanden werden sollen.
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Ausführungsbeispiele 1 bis 18
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Guanidinnitrat mit einer mittleren Teilchengröße von 6,5 bis 35 μm, Übergangsmetallverbindungen mit einer mittleren Teilchengröße von zwischen 0,5 und 2 μm und einer spezifischen Oberfläche von zwischen 4 und 25 m
2/g, Metallnitrate und -perchlorate mit einer mittleren Korngröße um 50 μm sowie pyrogenes Aluminiumoxid, Siliziumdioxid und/oder Calciumstearat wurden in den in der nachfolgenden Tabelle 1 angegebenen Gewichtsteilen gemischt, zusammen in einer Vibrationskugelmühle aufgemahlen und zu Tabletten verpresst. Tabelle 1
Beispiel Nr. | Komponenten [%] |
| GuN | bCN | KClO4 | KNO3 | Sr(NO3)2 | CuO | Al2O3 | SiO2 | Fe2O3 | Ca-Stearat |
1 | 87,5 | 10,0 | | | | | 2,0 | | | 0,5 |
2 | 92,5 | | 5,0 | | | 2,0 | | | | 0,5 |
3 | 92,5 | | | 5,0 | | 2,0 | | | | 0,5 |
4 | 89,5 | | | 5,0 | | 2,0 | | 3,0 | | 0,5 |
5 | 87,5 | 10,0 | | | | | 2,0 | | | 0,5 |
6 | 92,5 | | 5,0 | | | 2,0 | | | | 0,5 |
7 | 94,5 | | | | | 5,0 | | | | 0,5 |
8 | 89,5 | | | | | 10,0 | | | | 0,5 |
9 | 87,0 | | 7,5 | | | 2,0 | | 3,0 | | 0,5 |
10 | 87,0 | | | | 7,5 | 2,0 | | 3,0 | | 0,5 |
11 | 89,5 | | | 5,0 | | 2,0 | | 3,0 | | 0,5 |
12 | 92,5 | | | | | 5,0 | 2,0 | | | 0,5 |
13 | 89,5 | | 5,0 | | | 2,0 | | 3,0 | | 0,5 |
14 | 87,5 | | 5,0 | | | 5,0 | 2,0 | | | 0,5 |
15 | 81,0 | 10,0 | 5,0 | | | | 2,5 | 1,0 | | 0,5 |
16 | 76,0 | 15,0 | 5,0 | | | | 2,5 | 1,0 | | 0,5 |
17 | 92,5 | | 5,0 | | | | | | 2,0 | 0,5 |
18 | 89,5 | | 5,0 | | | | | | 5,0 | 0,5 |
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Die in Tabelle 1 verwendeten Abkürzungen bedeuten:
- GuN
- = Guanidinitrat
- bCN
- = basisches Kupfernitrat
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Die Abbrandgeschwindigkeit (BR) der Zusammensetzungen gemäß den Beispielen 1 bis 18 wurde durch Beschuss von je 10 Gramm Treibstoff in einer geschlossenen 100 cm
3 Bombe bestimmt. Die Versuchsergebnisse sowie weitere berechnete Eigenschaften der Zusammensetzungen sind in Tabelle 2 angegeben. Tabelle 2
Beispiel Nr. | Eigenschaften |
| BR [mm/s] | T [K] | GA [%] | O2-Bilanz [%] | GA [Mol/g] | Dichte [g/ccm] | GA [Mol/ccm] |
1 | 5,3 | 1427 | 92,6 | –21,3 | 0,039 | 23,71 | 0,060 |
2 | 11,4 | 1500 | 95,6 | –22,9 | 0,041 | 23,49 | 0,061 |
3 | 15,9 | 1447 | 94,9 | –23,2 | 0,040 | 23,51 | 0,060 |
4 | 10,8 | 1432 | 93,6 | –22,4 | 0,040 | 23,63 | 0,059 |
5 | 5,7 | 1427 | 92,6 | –21,3 | 0,039 | 23,71 | 0,060 |
6 | 11,9 | 1500 | 95,6 | –22,9 | 0,041 | 23,49 | 0,061 |
7 | 6,2 | 1379 | 95,9 | –25,1 | 0,040 | 23,73 | 0,060 |
8 | 6,2 | 1384 | 91,9 | –22,8 | 0,039 | 23,79 | 0,060 |
9 | 15,3 | 1559 | 91,3 | –20,3 | 0,039 | 23,38 | 0,059 |
10 | 7,2 | 1498 | 90,1 | –20,9 | 0,039 | 23,38 | 0,059 |
11 | 9,7 | 1426 | 93,0 | –22,4 | 0,039 | 23,63 | 0,059 |
12 | 4,3 | 1370 | 93,9 | –24,6 | 0,040 | 23,73 | 0,060 |
13 | 10,1 | 1483 | 93,0 | –22,1 | 0,040 | 23,5 | 0,060 |
14 | 10,5 | 1499 | 91,2 | –21 | 0,039 | 23,53 | 0,060 |
15 | 11,2 | 1573 | 88,7 | –17,3 | 0,038 | 23,53 | 0,062 |
16 | 11,7 | 1625 | 85,8 | –14,5 | 0,037 | 23,2 | 0,059 |
17 | 13,5 | 1516 | 96,4 | –23,3 | 0,041 | 23,7 | 0,061 |
18 | 15,1 | 1503 | 93,5 | –22,5 | 0,039 | 23,71 | 0,060 |
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Die weiteren, in Tabelle 2 verwendeten Abkürzungen bedeuten:
- T
- = Verbrennungstemperatur, berechnet in Kelvin
- GA
- [%] = massenbezogene Gasausbeute
- GA
- [Mol/ccm] = volumenbezogene Gasausbeute
- GA
- [Mol/g] = molare Gasausbeute
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Die Zusammensetzungen gemäß den Beispielen 1 bis 18 wurden außerdem einem Alterungstest über 400 Stunden bei 120°C unterzogen. Nach diesem Test wurde generell ein Gewichtsverlust von unter 2% festgestellt. Für die Zusammensetzung gemäß Beispiel 16 wurde ein Gewichtsverlust von lediglich 0,36% festgestellt. Somit genügen alle Zusammensetzungen den erhöhten Anforderungen an die Alterungsbeständigkeit von Gasgeneratortreibstoffen für Anwendungen im Motorraum.
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Die oben beschriebenen Abbrandversuche zeigen außerdem die Eignung der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen zur Verwendung in Fußgängerschutzeinrichtungen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 1006096 A [0002]
- US 6143102 A [0002]
- US 6893517 A [0004]
- US 2604391 A [0005, 0019]