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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Warnung eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs vor einer drohenden Kollision sowie eine entsprechende Vorrichtung.
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Zu den in heutigen Kraftfahrzeugen immer weiter verbreiteten Fahrerassistenzsystemen, die zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und des Komforts beitragen, gehört das Kollisionswarnsystem, bei dem vorausfahrende Fahrzeuge oder andere Hindernisse im Vorfeld des Fahrzeugs mit Hilfe eines Sensorsystems, beispielsweise mittels eines Radarsensors und/oder eines monokularen oder binokularen Videosystems, geortet werden. Durch Auswertung entsprechender gemessener Daten und davon abgeleiteter Größen, wie beispielsweise der gemessenen Abstände und der Relativgeschwindigkeiten zwischen vorausfahrendem Fahrzeug und Eigenfahrzeug etc., werden Situationen erkannt, in denen es ohne Eingriff des Fahrers zu einer Kollision kommen würde. Die Ausgabe eines geeigneten Warnsignals, das ein akustisches, haptisches und/oder optisches Signal sein kann, weist den Fahrer dann auf die Gefahrensituation hin.
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Solche Warnsysteme können einen erheblichen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten, doch leidet ihre Akzeptanz bisher darunter, dass es relativ häufig zu Fehlwarnungen kommt, die der Fahrer als störend empfindet. Dies kann dazu führen, daß der Fahrer die Warnhinweise nicht mehr beachtet oder das System ganz deaktiviert.
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Um derartige Fehlwarnungen zu verringern, offenbart
DE 10 2006 043 676 A1 ein Fahrerassistenzsystem mit einer Warnfunktion, die eine Bewertungseinrichtung aufweist, mittels der anhand der Fahrdynamik des Fahrzeugs die Fahreraufmerksamkeit bewertet und bei erkannter Aufmerksamkeit des Fahrers die Warnfunktion unterdrückt wird.
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Ebenso offenbart
EP 1 750 236 B1 ein Verfahren zur Steuerung eines Fahrerassistenzsystems, welches anhand eines Vergleichs von Messdaten mit vorgegebenen Grenzwerten eine Gefahrensituation identifizieren und, wenn es eine solche Gefahrensituation identifiziert hat, ein Warnsignal ausgeben kann. Dabei ist ein zusätzliches Steuermodul vorgesehen, welches in Abhängigkeit von einem Eingangswert, der einen Rückschluss auf von einem Fahrer durchgeführte Handlungen zulässt, einen Kennwert für eine Aktivität des Fahrers bestimmt, einen zeitlichen Mittelwert dieses Kennwerts (A) bestimmt und in Abhängigkeit von diesem Mittelwert einen Schwellwert berechnet. Das Warnsignal wird unterdrückt, wenn der Kennwert für die Aktivität des Fahrers diesen Schwellwert überschreitet.
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Die Druckschrift
EP 0 605 902 A1 beschreibt eine Vorrichtung zur Bestimmung des Aufmerksamkeitszustands eines Fahrers eines Fahrzeugs durch das Bereitstellen einer Einrichtung zum Vergleichen dieses Zustands mit einem Referenzwert. Falls die Aufmerksamkeit des Fahrers niedrig ist, wird eine Warnung erzeugt, um die Aufmerksamkeit des Fahrers zu erhöhen. Auf die Warnung sollte der Fahrer durch ein Beendigen der Warnung reagieren. Der Referenzwert der Einrichtung zur Bestimmung der Fahreraufmerksamkeit wird als Funktion der Antwortzeit des Fahrers auf die Warnung korrigiert.
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Die Druckschrift
DE 10 2008 019 519 A1 betrifft ein Verfahren zum Bestimmen des Sicherheitsabstands und/oder Regeln der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit eines einem vorausfahrenden Fahrzeug nachfahrenden Fahrzeugs. Der Sicherheitsabstand des nachfahrenden Fahrzeugs wird in Abhängigkeit von zumindest zweien der folgenden Parameter bestimmt und/oder die Fahrzeuglängsgeschwindigkeit des nachfahrenden Fahrzeugs in Abhängigkeit von zumindest zweien der folgenden Parameter geregelt:
- - einer Fahrweise eines Fahrzeugführers des nachfahrenden Fahrzeugs;
- - einer Fahrzeugkonfiguration des nachfahrenden Fahrzeugs;
- - einer Eigenschaft der befahrenen Fahrbahn; und
- - einer Fahreigenschaft des nachfahrenden Fahrzeugs.
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Die Druckschrift
DE 102 38 324 A1 beschreibt ein Verfahren zum Überwachen eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs, wobei insbesondere dessen Aufmerksamkeitszustand zwischen einem Aktivzustand des Fahrers und einem Ruhezustand des Fahrers unterschieden wird. Der Aktivzustand wird in Abhängigkeit von Stelleingriffen des Fahrers zum Führen des Kraftfahrzeugs festgestellt, wobei der Aktivzustand nur vorübergehend für eine gewisse Zeit nach Vornahme des Stelleingriffs seitens des Fahrers festgestellt bleibt. Wenn kein Aktivzustand vorliegt, wird vom Ruhezustand des Fahrers ausgegangen. Das Auftreten des Ruhezustands des Fahrers wird in Bezug auf die Häufigkeit und die Dauer ausgewertet, um ein Maß für die Aufmerksamkeit bzw. den Wachzustand des Fahrers zu erfassen. Insbesondere werden zu Beginn einer Fahrt Anfangswerte für die Dauer bzw. die Häufigkeit des Auftretens des Ruhezustands ermittelt und werden davon abhängig Grenzwerte berechnet. Wenn zumindest ein Grenzwert für die Häufigkeit bzw. die Dauer des Auftretens des Ruhezustands überschritten wird, können Warnungen an den Fahrer ausgegeben werden oder Einträge beispielsweise in einem Fahrtenschreiber oder einem Speicher registriert werden.
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Die Druckschrift
DE 10 2005 014 803 A1 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Steuern eines Kollisionsvermeidungssystems für ein Kraftfahrzeug. Es wird ein Hindernisabstand zwischen dem Kraftfahrzeug und einem Hindernis vor dem Kraftfahrzeug durch einen Umfeldsensor erfasst, aus dem Hindernisabstand und einer Relativgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs gegenüber dem Hindernis durch eine Recheneinheit wird eine minimale Kollisionsvermeidungszeit ermittelt, und durch das Kollisionsvermeidungssystem wird wenigstens ein erstes Warnsignal ausgegeben, wenn die minimale Kollisionsvermeidungszeit einen ersten Schwellenwert unterschreitet, der in einem Schwellenwertspeicher vorab gespeichert wurde. Um dem Fahrverhalten jedes individuellen Fahrers Rechnung tragen, wird eine Reaktion des Fahrers durch eine Reaktionserfassungseinrichtung erfasst, und der erste Schwellenwert in dem Schwellenwertspeicher wird durch eine Auswerte- und Anpassungseinrichtung in Abhängigkeit von der Zeitdauer zwischen dem Warnsignal und der Reaktion des Fahrers angepasst.
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Wie bereits oben erörtert, haben Kollisionswarnsysteme die Aufgabe, den Fahrer vor drohenden Auffahrunfällen zu warnen, wobei diese Systeme ihr größtes Potential in Situationen haben, in denen der Fahrer im entscheidenden Moment unaufmerksam ist und die Gefahr des Auffahrunfalls selbst nicht erkennt.
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Ein bekanntes Dilemma derzeitiger Kollisionswarnsystemen besteht nun in Folgendem:
- - einerseits sollen unaufmerksame Fahrer sehr früh gewarnt werden, um eine Maximierung des Nutzens des Kollisionswarnsystems zu erzielen, und
- - andererseits sollen aufmerksame Fahrer sehr spät gewarnt werden, um keine unerwünschten, vom Fahrer als lästig empfundene Warnungen zu erhalten.
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Daher verwenden heutige Kollisionswarnsysteme zwei fest vorgegebene Annahmen hinsichtlich der Fahrerreaktionszeiten, mit deren Hilfe der Warnzeitpunkt von „früh“ nach „spät” verschoben werden kann, die im Folgenden einfach als Fahrerreaktionszeiten bezeichnet werden. Es wird eine größere Reaktionszeit für unaufmerksame Fahrer angenommen, beispielsweise t_Reakt_unaufm = 1.200 ms, und eine kleinere Reaktionszeit für aufmerksame Fahrer, beispielsweise t_Reakt_aufm = 200 ms. Da die Aufmerksamkeit des Fahrers nicht direkt bestimmt werden kann, wird sie mit Hilfe der der Fahreraktivität geschätzt, beispielsweise mit Hilfe verschiedener Einflussgrößen wie Längsbeschleunigung, Querbeschleunigung, Lenkradwinkelgeschwindigkeit, Gradient der Lenkradwinkelgeschwindigkeit, Gaspedalgradient, Blinkerbetätigung etc..
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Bei heutigen bekannten Kollisionswarnsystemen wird daher zwischen den beiden Werten der Fahrerreaktionszeiten binär in der folgenden Weise umgeschaltet:
- - für den Status „Fahrer aktiv“ wird die kürzere Fahrerreaktionszeit t_Reakt_aufm verwendet, und
- - für den Status „Fahrer nicht aktiv“ wird die größere Fahrerreaktionszeit t_Reakt_unaufm eingesetzt.
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Um eine Oszillieren zwischen den beiden Zuständen zu vermeiden, wird üblicherweise der erkannte Status „Fahrer aktiv“ für eine feste Dauer beibehalten, beispielsweise t_Dauer_aufm = 5 Sekunden.
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Mit dieser Strategie liegen heutige Kollisionswarnsysteme sozusagen auf der „sicheren Seite“, mit anderen Worten das System warnt lieber einmal zu spät als einmal zu früh, wodurch es bei einer zu späten Warnung für den unaufmerksamen Fahrer gegebenenfalls zu einer automatischen Bremsung kommt.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, den Kompromiss aus der Vermeidung unerwünschter Warnungen und der rechtzeitigen Durchführung erwünschter Warnungen zu optimieren.
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Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zur Warnung eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs vor einer Kollision mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine entsprechendes Kollisionswarnsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 6 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Warnung des Fahrers eines Kraftfahrzeuges vor einer drohenden Kollision, wobei eine Warnung an den Fahrer abgegeben wird und der Zeitpunkt der Warnung vor der drohenden Kollision eine Funktion einer Fahrerreaktionszeit ist,
- - sind eine minimale und eine maximale Fahrerreaktionszeit vorgegeben,
- - erfolgt eine Bestimmung einer Fahreraufmerksamkeit durch eine Überwachung der Fahreraktivität,
- - wird eine aktuelle Fahrerreaktionszeit als Funktion der Fahreraufmerksamkeit bestimmt, und
- - wird zum Zeitpunkt einer erkannten Fahreraktivität die zur Erzeugung der Warnung verwendete Fahrerreaktionszeit auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit umgeschaltet, wenn die aktuelle Fahrerreaktionszeit kleiner als die maximale Fahrerreaktionszeit ist, wobei die aktuelle Fahrerreaktionszeit nach unten durch die minimale Fahrerreaktionszeit begrenzt ist,
erfolgt eine Umschaltung auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit nur, wenn die aktuelle Fahrerreaktionszeit kleiner als die halbe Summe aus maximaler und minimaler Fahrerreaktionszeit ist, und
erfolgt nach erfolgter Umschaltung der Fahrerreaktionszeit auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit eine Rückführung der Fahrerreaktionszeit auf die maximale Fahrerreaktionszeit über eine vorgegebene Rückführzeit.
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Auf diese Weise kann die im Kollisionswarnsystem eingesetzte Fahrerreaktionszeit auch Zwischenwerte annehmen, so dass ein situativ angepasster Warnzeitpunkt realisierbar ist, der den Kompromiss aus der „Vermeidung unerwünschter Warnungen“ und „rechtzeitige Durchführung erwünschter Warnungen“ optimiert. Folglich kann die aktuelle Fahrerreaktionszeit alle Werte zwischen der vorgegebenen minimalen und der vorgegebenen maximalen Fahrerreaktionszeit annehmen.
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Da die Umschaltung auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit nur dann erfolgt, wenn die aktuelle Fahrerreaktionszeit kleiner als die halbe Summe aus der minimalen und der maximalen Fahrerreaktionszeit ist, wird auf diese Weise festgelegt, dass die aus den Fahreraktivitäten ermittelte aktuelle Fahrerreaktionszeit mindestens in der unteren Hälfte des aus der minimalen und der maximalen Fahrerreaktionszeit gebildeten Intervalls liegt.
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Weiterhin erfolgt nach durchgeführter Umschaltung der Fahrerreaktionszeit auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit eine Rückführung der Fahrerreaktionszeit auf die maximale Fahrerreaktionszeit über eine vorgegebene Rückführzeit. Dabei ist es zweckmäßig, dass die zeitliche Rückführung auf die maximale Fahrerreaktionszeit entlang einer linearen Funktion oder entlang einer nichtlinearen Funktion erfolgt, da eine zu einem Zeitpunkt beobachtete Fahreraktivität nicht zwingend bedeutet, dass der Fahrer für eine feste Dauer aufmerksam ist. Darum wird vorzugsweise die reduzierte Reaktionszeit kontinuierlich über der Zeit auf den Maximalwert zurückzuführen. Der zeitliche Verlauf kann dabei in Form einer Rampe mit fester Steigung oder entlang eines zeitkontinuierlichen Filters, d.h. nichtlinear, erfolgen.
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Vorzugsweise wird nach dem Umschalten der Fahrerreaktionszeit auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit diese für eine vorgegebene Haltezeit beibehalten oder entlang einer Rampe mit geringer Steigung zu einem Zwischenwert für die vorgegebene Haltezeit zurückgeführt. Nach Ablauf der Haltezeit erfolgt eine Rückführung der Fahrerreaktionszeit auf die maximale Fahrerreaktionszeit über die verbleibende Restzeit der Rückführzeit. Dabei ist die Haltezeit kleiner als die Rückführzeit, die verbleibende Restzeit wird durch die Differenz zwischen vorgegebener Rückführungszeit und Haltezeit gebildet und der Zwischenwert ist die Summe aus der aktuellen Fahrerreaktionszeit und einer vorgegebenen Zuwachsgröße. Dabei kann die Zuwachsgröße ein vorgegebener absoluter Wert oder ein vorgegebener relativer Wert sein, beispielsweise eine prozentualer Teil der aktuellen Fahrerreaktionszeit.
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Vorzugsweise wird die Beibehaltung der Fahrerreaktionszeit für eine vorgegebene Haltezeit bzw. deren Rückführung auf einen Zwischenwert für die Haltezeit nur dann durchgeführt, wenn die Bestimmung der Fahreraktivität auf Fahrerhandlungen mit einer zeitlichen Vorausschau basiert. Dabei werden Fahrerhandlungen mit zeitlicher Vorausschau vorzugsweise durch eine Änderung des Gaspedals und eine Blinkerbetätigung realisiert.
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Dieser bevorzugten Ausführungsform liegt die Erkenntnis zugrunde, dass es Unterschiede zwischen den verschiedenen Einflussgrößen zur Schätzung der Reaktionszeit gibt. So sind die Fahrerhandlungen „Gaspedaländerung“ und „Blinkerbetätigung“ Aktivitäten, die mit einer zeitlichen Vorausschau einhergehen, da der Fahrer den Blinker betätigt, weil er einen Spurwechsel plant, während die Handlungen „Querbeschleunigung“ und „Lenkradwinkelgeschwindigkeit“ dagegen Aktivitäten des Moments sind. Als Beispiel lenkt der Fahrer, um jetzt die Richtung zu ändern.
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Daher wird bevorzugt die aktuelle Fahrerreaktionszeit für die beiden Fahrerhandlungen „Gaspedaländerung“ und „Blinkerbetätigung“ über einen gewissen Zeitraum gehalten, bzw. mit einer sehr flachen Rampe zurückgeführt, bevor eine vollständige Rückführung auf den Maximalwert erfolgt.
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Das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem, welches zur Durchführung des Verfahren zur Warnung des Fahrers eines Kraftfahrzeuges vor einer drohenden Kollision eingerichtet und ausgelegt ist, umfasst:
- - eine Einrichtung zur Bestimmung einer Kollisionsgefährdung,
- - eine Warneinrichtung zur Erzeugung und Ausgabe einer Warnung als Funktion der Kollisionsgefährdung,
- - eine Einrichtung zur Bestimmung einer aktuellen Fahrerreaktionszeit als Funktion der Fahreraufmerksamkeit, und
- - einen Vergleicher zum Vergleichen der aktuellen Fahrerreaktionszeit mit einer vorgegebenen minimalen und maximalen Fahrerreaktionszeit, wobei
- - die Warneinrichtung die Warnung als Funktion der aktuellen Fahrerreaktionszeit erzeugt, wenn die aktuelle Fahrerreaktionszeit kleiner als die maximale Fahrerreaktionszeit ist,
wobei die aktuelle Fahrerreaktionszeit nach unten durch die minimale Fahrerreaktionszeit begrenzt ist, wobei
die Warneinrichtung nach erfolgter Umschaltung der Fahrerreaktionszeit auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit eine Rückführung der Fahrerreaktionszeit auf die maximale Fahrerreaktionszeit über eine vorgegebene Rückführzeit durchführt.
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Dabei können Warnungen durch Warnsignale realisiert werden, wie beispielsweise akustische, haptische und/oder optische Signale an den Fahrer.
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Vorzugsweise kann die Fahreraufmerksamkeit aus Aktivitäten des Fahrer bestimmt werden.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen erläutert. Dabei zeigt
- 1 Beispiele von Fahrsituationen mit unerwünschten Warnungen bei bekannten Kollisionswarnsystemen,
- 2 den zeitlichen Verlauf der binären Umschaltung der Fahrerreaktionszeit gemäß dem Stand der Technik,
- 3 den zeitlichen Verlauf der Fahrerreaktionszeit gemäß einer ersten Strategie, und
- 4 den zeitlichen Verlauf der Fahrerreaktionszeit gemäß einer zweiten Strategie.
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1 zeigt in schematischer Darstellung mehrere Fahrsituationen, bei denen es bei konventionellen Kollisionswarnsystemen zu unerwünschten Kollisionswarnungen kommen kann, obwohl der Fahrer Herr des Geschehens ist. So wird im linken Teil der 1 die Situation eines knappes Ausscherens eines Eigenfahrzeugs 1 dargestellt, welches hinter einem vorausfahrenden Fahrzeug 2 ausschert und die Spur wechselt, wobei die Pfeile 3 das Fahrmanöver des Eigenfahrzeugs darstellen. Da ein im Eigenfahrzeug 1 angeordnetes Kollisionswarnsystem nur die Annäherung mit relativ hoher Relativgeschwindigkeit detektiert, interpretiert das Kollisionswarnsystem die Fahrsituation als kollisionsgefährdend und löst einen überflüssigen Alarm aus. Ist das Kollisionswarnsystem noch mit einer automatischen Teilbremsung ausgerüstet, so kann es im Extremfall zu einer automatischen Bremsung kommen, was zu einer Gefährdung des Eigenfahrzeugs 1 führen könnte.
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Im mittleren Teil der 1 ist der Fall dargestellt, bei dem das vorausfahrende Fahrzeug 2 entlang des Pfeiles 4 in eine Seitenstrasse abbiegt und dabei seine Geschwindigkeit verlangsamt. Dies kann zu einem Auffahren des Eigenfahrzeugs 1 auf das vorausfahrende Fahrzeug 2 führen, wodurch es aufgrund der Relativgeschwindigkeit und des sich verringernden Abstandes zwischen den Fahrzeugen zu dem Auslösen eines überflüssigen Warnsignale kommen kann.
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Im rechten Teil der 1 ist die Situation dargestellt, wenn das in Richtung des Pfeils 4 vorausfahrende Fahrzeug 2 abbremst und das in gleicher Richtung 3 nachfolgende Eigenfahrzeug 1 auffährt. Durch die kurzfristige Erhöhung der Relativgeschwindigkeit zwischen den beiden Fahrzeugen 1 und 2 sowie des sich verringernden Abstandes zwischen den Fahrzeugen kann es zum Auslösen eines Warnsignals kommen, obwohl der Fahrer des Eigenfahrzeuges 1 die Situation unter Kontrolle hat.
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2 zeigt das Warnverhalten eines Kollisionswarnsystems nach dem Stand der Technik, wobei der zeitliche Verlauf der zur Warnungsauslösung verwendeten Fahrerreaktionszeit dargestellt ist. Es werden zwei Fahrerreaktionszeiten in den verwendeten Algorithmen verwendet, nämlich eine größere Fahrerreaktionszeit t_rkt_max für den unaufmerksamen Fahrer und eine kürzere Fahrerreaktionszeit t_rkt_min für den aufmerksamen Fahrer. Aus Sicherheitsgründen wird das Kollisionswarnsystem im Normalfall mit der größeren Fahrerreaktionszeit t_rkt_max betrieben, mit anderen Worten, es wird von einem unaufmerksamen Fahrer ausgegangen und das Warnsignal wird als Funktion der größeren Fahrerreaktionszeit ausgelöst. Da die Aufmerksamkeit des Fahrers nicht direkt bestimmt werden kann, werden diverse Fahreraktivitäten überwacht und beurteilt, um zu einer Bewertung der Fahreraufmerksamkeit zu gelangen. Derartige Fahreraktivitäten sind beispielsweise die Längsbeschleunigung des Fahrzeugs, die Querbeschleunigung des Fahrzeugs, die Lenkradgeschwindigkeit oder der Lenkradgradient, der Gaspedalgradient und die Blinkerbetätigung. Ergibt die Beurteilung der Fahraktivitäten einen aktiven Fahrer, so schaltet das Kollisionswarnsystem binär auf die kurze Fahrerreaktionszeit t_rkt_min um und eine Warnung an den Fahrer erfolgt damit später. Üblicherweise wird der erkannte Fahrerstatus „Fahrer aktiv“ für eine feste Dauer t_d beibehalten. Nach Verstreichen der Haltedauer schaltet das System wieder um auf die größere Fahrerreaktionszeit t_rkt_max. Es erfolgt daher ein binäres Umschalten zwischen den beiden festen Fahrerreaktionszeiten. Größenordnungen für die Zeiten sind:
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3 stellt die erste Ausführungsform der Erfindung dar als zeitlichen Verlaufs der Fahrreaktionszeit t_rkt. Auch hier ist der Ausgangszustand des Systems die größere Fahrerreaktionszeit t_rkt_max. Mit anderen Worten, im Ausgangszustand wird ein unaufmerksamer Fahrer angenommen und es werden in dem Kollisionswarnsystem Warnungen zu einem frühen Zeitpunkt unter Verwendung der großen Fahrerreaktionszeit t_rkt_max an den Fahrer abgegeben.
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Stellt nun das System zu einem Zeitpunkt t1 eine entsprechende Fahreraktivität fest, aus der sich auf einen aufmerksamen Fahrer schließen lässt, so wird als Funktion der Fahreraktivität eine aktuelle Fahrerreaktionszeit t_rkt_akt ermittelt und es wird das System auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit umgeschaltet. Dabei gelten die Randbedingungen, dass die aktuelle Fahrerreaktionszeit kleiner als die maximale Fahrerreaktionszeit t_rkt_max sein muss und dass die aktuelle Fahrerreaktionszeit t_rkt_akt nach unten durch die minimale Fahrerreaktionszeit t_rkt_min begrenzt ist. Durch diese Maßnahme wird eine an die aktuelle Fahreraktivität angepasste kürzere Fahrerreaktionszeit zur Kollisionswarnung verwendet, d.h. die Warnung an den Fahrer vor einer drohenden Kollision erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Da eine zu einem Zeitpunkt t1 beobachtete Fahreraktivität nicht zwingend bedeutet, dass der Fahrer für eine feste Dauer aufmerksam ist, wird die reduzierte aktuelle Fahrerreaktionszeit kontinuierlich über die Zeit auf den Maximalwert t_rkt_max zurückgeführt. Dazu kann eine lineare Rampe A oder ein Filter B verwendet werden. Zum Zeitpunkt T2 wird wieder die maximale Fahrerreaktionszeit t_rkt_max verwendet. Die zur Rückführung der Fahrerreaktionszeit von der aktuellen Fahrerreaktionszeit t_rkt_akt auf die maximale Reaktionszeit t_rkt_max benötigte Rückführzeit t_rf kann entweder fest vorgegeben werden, so dass die Steigung der Rampe A bzw. des Filter B eine Funktion der Rückführzeit t_rf ist. Es kann jedoch auch die Steigung der Rampe A bzw. des Filters B vorgegeben sein, wodurch die Rückführzeit t_rf eine Funktion der aktuellen Fahrerreaktionszeit t_rkt_akt und der Steigung ist. Die Größenordnungen der Fahrerreaktionszeiten und der Rückführzeit liegen innerhalb der in 2 erläuterten Bereichen.
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4 zeigt eine weitere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens, die auf Unterschiede in den verschiedenen Einflussgrößen basiert, die zur Schätzung der Fahrerreaktionszeit t_rkt verwendet werden. So sind die Fahrerhandlungen „Gaspedaländerung“ und „Blinkerbetätigung“ Aktivitäten des Fahrers mit einer zeitlichen Vorausschau. Der Fahrer betätigt den Blinker, weil er eine Richtungsänderung plant und er ändert die Gaspedalstellung, weil er beschleunigen oder verzögern will. Daher kann bei diese Aktivitäten davon ausgegangen werden, dass der Fahrer noch über eine gewisse Zeit aktiv sein wird. Demgegenüber sind Handlungen des Fahrers wie beispielsweise „Querbeschleunigung“ oder „Lenkradwinkelgeschwindigkeit“ Fahreraktivitäten des Moments. Der Fahrer lenkt, um die Richtung jetzt zu ändern.
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Daher wird, wie in 4 dargestellt ist, die zum Zeitpunkt t1 vorgenommene Reduktion der Fahrerreaktionszeit auf die aktuelle Fahrerreaktionszeit t_rkt_akt für eine gewisse Haltedauer t_hlt beibehalten oder über eine flache Rampe C auf eine Zwischenwert t_rkt_zw zurückgeführt, wenn die Ermittlung der Fahreraufmerksamkeit auf Fahreraktivitäten mit zeitlicher Vorausschau basiert, wie beispielsweise die „Gaspedaländerung“ oder die „Blinkerbetätigung“.
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Dabei wird der Zwischenwert t_rkt_zw aus der aktuellen Fahrerreaktionszeit t_rkt_akt über eine Zuwachsgröße delta wie folgt berechnet:
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Der Zuwachs delta kann dabei ein fester Wert oder ein prozentualer Teil der aktuellen Fahrerreaktionszeit sein, beispielsweise 5 Prozent der aktuellen Fahrerreaktionszeit.
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Nach Ablauf der Haltedauer t_hlt erfolgt dann eine Rückführung der Fahrerreaktionszeit t_rkt auf den maximalen Wert t_rkt_max entlang einer Rampe A oder einer nichtlinearen Funktion wie ein Filter B, so dass das System ab dem Zeitpunkt t2 wieder frühe Warnungen abgibt. Die Rückführung der Fahrerreaktionszeit t_rkt auf den maximal Wert t_rkt_max entlang der Rampe A oder des Filters B erfolgt dabei im Vergleich zur Situation der 3 mit größerer Steigung, um die Dauer der Rückführung t_rf in etwa konstant zu halten. Für die Dauer der Rückführung t_rf gelten ansonsten die hinsichtlich der 3 getroffenen Anmerkungen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Eigenfahrzeug
- 2
- vorausfahrendes Fahrzeug
- 3
- Richtungspfeil Eigenfahrzeug
- 4
- Richtungspfeil vorausfahrendes Fahrzeug
- t
- Zeit
- t1
- erster Zeitpunkt
- t2
- zweiter Zeitpunkt
- t_rkt_min
- minimale Fahrerreaktionszeit
- t_rkt_max
- maximale Fahrerreaktionszeit
- t_rkt
- Fahrerreaktionszeit
- t_rkt_akt
- aktuelle Fahrerreaktionszeit
- t_reakt_zw
- Zwischenwert
- t_d
- feste Haltezeit
- t_rf
- Rückführzeit
- t_hlt
- Haltedauer
- delta
- Zuwachs
- A
- lineare Rückführung
- B
- nichtlinear Rückführung
- C
- Halten