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Die Erfindung betrifft eine. Rückhaltevorrichtung für ein Kraftfahrzeug nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 sowie ein Verfahren zur Rückverlagerung eines Fahrzeuginsassen nach dem Patentanspruch 11.
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In Fahrzeugen sind vielfach Sicherheitssysteme eingerichtet, die auf den Schutz der Insassen im Falle eines Fahrzeug-Zusammenstoßes gerichtet sind. Neben den Airbagsystemen werden dabei Systeme angewendet, die bereits im Vorfeld einer nahenden Unfallgefahr aktiviert werden können. Die Aktivierung solcher Systeme erfolgt durch eine Crasherkennung mittels Radar, Ultraschall-, Video- oder sonstiger Abstandssensorik im Pre-Crash-Fall.
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Aus der
DE 197 49 838 B4 ist ein derartiges System bekannt, bei dem in einer Vorstufe vor einem nicht mehr zu vermeidenden Unfall der Fahrzeugsitz mitsamt dem Insassen entgegen der zu erwartenden Belastungsrichtung beim Fahrzeug-Aufprall nach hinten verlagert wird und dadurch der zur Verfügung stehende Abbremsweg verlängert wird. Die Rückverlagerung des Fahrzeuginsassen erfolgt daher unmittelbar vor einem möglichen Unfall entgegen der Fahrtrichtung nach hinten über einen vorgegebenen Rückverlagerungsweg.
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Die Rückverlagerung des Fahrzeuginsassen dient dazu, die Geschwindigkeit des Fahrzeuginsassen relativ zur Fahrzeugumgebung bzw. dessen Absolutgeschwindigkeit zum Crash-Zeitpunkt zu reduzieren, um dadurch die Belastung für den Fahrzeuginsassen weitgehend zu minimieren. Die Ausgangsposition für die Rückverlagerung ist dabei eine vom Fahrzeuginsassen eingestellte Komfortposition. Ausgehend von dieser Komfortposition wird der Fahrzeuginsasse in eine crashgünstige Sitzposition rückverlagert. Je nach eingestellter Komfortposition kann daher der für die Rückverlagerung zur Verfügung stehende Fahrzeuginnenraum gegebenenfalls nicht optimal, das heißt maximal, genutzt werden, um den Fahrzeuginsassen zum Crash-Zeitpunkt auf eine möglichst große Relativgeschwindigkeit entgegen der Fahrtrichtung zu beschleunigen.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Rückhaltevorrichtung für ein Kraftfahrzeug bereitzustellen, deren Nutzen im realen Unfallgeschehen gesteigert ist.
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Die Aufgabe ist durch die Merkmale des Patentanspruches 1 oder 11 gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen offenbart.
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Die Erfindung beruht auf dem Sachverhalt, dass, je nach eingestellter Komfortposition, der für die Rückverlagerung verfügbare Beschleunigungsweg nach hinten im ungünstigen Fall sehr gering sein kann. Demgegenüber ist gemäß der Erfindung der für die Rückverlagerung verfügbare Beschleunigungsweg des Fahrzeuginsassen nach hinten unabhängig von der vorher eingestellten Komfortposition. Dies wird gemäß dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 mit Hilfe eines Vorverlagerungsmittels erreicht, mit dem der Fahrzeuginsasse vor der Rückverlagerung in einer Vorverlagerung um einen Vorverlagerungsweg nach vorne, das heißt in der Fahrtrichtung, verlagert wird. Auf diese Weise wird der dann für die Rückverlagerung des Fahrzeuginsassen verfügbare Beschleunigungsweg erheblich verlängert und dadurch der Fahrzeuginsasse während der Rückverlagerung, im Vergleich zum Stand der Technik, wesentlich stärker nach hinten beschleunigt, wodurch dessen Relativgeschwindigkeit nach hinten erhöht wird und damit die Insassenbelastung noch weiter reduziert wird.
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Allgemein ausgedrückt erfolgt also eine Nutzung der Fahrzeug-Bremsverzögerung und eine temporäre Deaktivierung des Gurt-Sensors zur Ermöglichung einer Phase sehr geringer Insassen-Rückhaltewirkung zugunsten einer darauf folgenden Phase mit einer umso stärker wirkenden Rückhaltewirkung mit dem Ziel, den zur Verfügung stehenden Raum für die anschließende Rückverlagerung zu vergrößern, um mit Hilfe einer sehr schnellen dynamischen Rückverlagerung des Insassen die Geschwindigkeit des Insassen zum Crash-Zeitpunkts deutlich zu reduzieren. Die dynamische Rückverlagerung des Insassen kann mit Hilfe eines sehr schnell und sehr stark wirkendem elektromechanischen reversiblen Gurtstraffer erfolgen.
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Vor diesem Hintergrund kann die Pre-Crash-Phase bevorzugt in zwei Phasenabschnitte aufgeteilt sein. Im ersten Phasenabschnitt wird der Fahrzeuginsasse ausgehend von der insassenseitig eingestellten Komfortposition über den Vorverlagerungsweg in eine Pre-Crash-Position nach vorne vorverlagert. Anschließend wird der Fahrzeuginsasse im zweiten Phasenabschnitt um einen Rückverlagerungsweg in eine Crash-Position nach hinten rückverlagert.
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Damit der Fahrzeuginsassen im oben genannten ersten Phasenabschnitt nach vorne verlagert wird, kann der folgende Sachverhalt genutzt werden. So kann davon ausgegangen werden, dass unmittelbar vor einem nahenden Unfall typischerweise hoch eine fahrerseitige Notbremsung aufgrund natürlicher Reflexe des Fahrers erfolgt. Bevorzugt kann das Fahrzeug mit einer Notbremsanlage ausgestattet sein, die vor dem von der Pre-Cash-Sensorik prognostizierten Zusammenstoß automatisch bremst und bei sehr guten Reibungsverhältnissen eine Verzögerung von ca. 10 m/s2 erreichen kann. in diesem Fall wirkt während der Pre-Crash-Phase eine zusätzliche Bremsverzögerung in der Fahrtrichtung auf den Fahrzeuginsassen. Der im Fahrzeugsitz ruhende Fahrzeuginsasse wird daher in dieser Situation mittels einer Bremskraft so weit vorverlagert, wie es der Sicherheitsgurt zulässt. Zur Realisierung der Vorverlagerung kann daher während der Pre-Crash-Phase beispielhaft ein elektromechanisch reversibler Gurtstraffer des Sicherheitsgurtes zumindest teilweise freigeschaltet werden, um eine definierte Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen während des oben erwähnten ersten Phasenabschnittes zu erzielen.
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Hierbei ist aber zu beachten, dass sich der Fahrer aufgrund von Reflexen im Vorfeld eines nahenden Unfalles automatisch am Lenkrad abstützt. Es ist daher von Bedeutung, dass diese Abstützung am Lenkrad nicht zu fahrerseitigen Verletzungen oder zu einer Reduzierung des Vorverlagerungsweges führt. Um solche Beeinträchtigungen der Vorverlagerung zu vermeiden, kann das erfindungsgemäße Vorverlagerungsmittel die Lenksäulen-Lagerung lösen, damit die Lenksäule sowie das Lenkrad der Vorverlagerung des Fahrers bewegungsgekoppelt folgen kann.
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Wie bereits oben erwähnt kann während der Vorverlagerung der Gurtstraffer des Sicherheitsgurtes freigegeben werden. Dadurch wird ein Gurtauszugsweg bereitgestellt, damit der Fahrzeuginsasse über den Vorverlagerungsweg nach vorne verlagert werden kann. Bevorzugt ist es dabei, wenn während der Vorverlagerung eine Rotation des Oberkörpers des Fahrzeuginsassen nach vorne ermöglicht wird. Dies kann beispielhaft dadurch realisiert werden, dass ein Schultergurtanteil des Sicherheitsgurtes gelockert wird, während der Beckengurtanteil des Sicherheitsgurtes blockiert wird, etwa mittels einer Klemmstecklasche, mit deren Hilfe der Fahrzeuginsasse im Beckenbereich gehalten wird, Eine Vorverlagerung in die Pre-Crash-Position kann auch dadurch erreicht werden, dass der Fahrzeugsitz insgesamt mitsamt dem Fahrzeuginsassen nach vorne gefahren wird. Dadurch wird also nicht nur der Oberkörper des Fahrzeuginsassen, sondern insgesamt der Fahrzeuginsasse vorverlagert. Hierzu ist es erforderlich, dass sämtliche Gurtanbindungspunkte am Sitz verankert sind. Entsprechend müsste bei einer Vorverlagerung des gesamten Fahrzeugsitzes der Sicherheitsgurt nicht freigegeben werden.
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Nach Erreichen der vorverlagerten Pre-Crash-Position kann im zweiten Phasenabschnitt der Pre-Crash-Phase die Rückverlagerung des Fahrzeuginsassen einsetzen. Während der Rückverlagerung kann der Fahrzeuginsasse um einen Beschleunigungsweg nach hinten derart beschleunigt werden, dass zum Crash-Zeitpunkt der Fahrzeuginsasse auf eine maximale Rückverlagerungsgeschwindigkeit beschleunigt ist. Zudem kann der maximal zur Verfügung stehende Raum zwischen dem Insassen und den Innenraumteilen, wie Lenkrad, Schalttafel oder für Rücksitzpassagiere die Lehne des Vordersitzes, maximal genutzt werden.
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Wie oben dargelegt, kann die Vorverlagerung durch Bereitstellung eines vordefinierten Gurtauszugsweges während der unmittelbar vor dem Crash-Zeitpunkt erfolgenden Notbremsung realisiert werden. Alternativ oder zusätzlich dazu kann die Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen auch durch eine entsprechende Vorverlagerung des Fahrzeugsitzes oder zumindest seiner Rückenlehne bewerkstelligt werden. Hierzu kann in der Vorverlagerungs-Phase zunächst der Gurtretraktor des Sicherheitsgurtes aktiviert werden, um den Fahrzeuginsassen mit einer vorgegebenen Rückhaltekraft fest gegen die Rückenlehne des Fahrzeuges zu ziehen. Zudem kann in der Vorverlagerungs-Phase der Fahrzeugsitz oder zumindest dessen Rückenlehne um einen definierten Vorverlagerungsweg nach vorne verlagert werden. Im Anschluss daran kann in der Rückverlagerungs-Phase der Fahrzeugsitz bzw. gegebenenfalls dessen Rückenlehne um einen vorgegebenen Rückverlagerungsweg entgegen der Belastungsrichtung nach hinten verlagert werden.
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Bei einer Vorverlagerung durch Bereitstellung des Gurtauszugswegs erfolgt die anschließende Rückverlagerung dagegen unterschiedlich. In diesem Fall wird nämlich der Gurtretraktor angesteuert, um den Schultergurtanteil des Sicherheitsgurts so zu straffen, dass sich der Fahrzeuginsasse entgegen der Fahrtrichtung nach hinten rückverlagert.
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Ausgehend von seiner oben erwähnten vorverlagerten Pre-Crash-Position kann der Fahrzeuginsasse also durch passende Aktivierung des Sicherheitsgurts in seine Crash-Position nach hinten rückverlagert werden. Da erfindungsgemäß die Pre-Crash-Position sehr weit vorverlagert ist, kann die Rückverlagerung auch mit einem konventionellen Sicherheitsgurt durchgeführt werden, bei dem der Umlenkbeschlag ortsfest an der B-Säule montiert ist. Bevorzugt ist jedoch ein lehnenintegrierter Sicherheitsgurt, bei dem der Gurtretraktor in dem Fahrzeugsitz integriert ist.
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Alternativ zur Vorbeschreibung kann die Rückverlagerung des Fahrzeuginsassen auch mit einem Airbag durchgeführt werden. Hierzu wird der Airbag so angesteuert, dass der Fahrzeuginsasse bei der Rückverlagerung nach hinten geschoben wird.
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Vor diesem Hintergrund ist es vorteilhaft, wenn die Rückhaltevorrichtung ein zusätzliches Rückhaltemittel aufweist, mit dem der Fahrzeuginsasse während der Rückverlagerung örtlich unabhängig vom zurückgelegten Rückverlagerungsweg durchgängig mit einer Rückhaltekraft beaufschlagt ist. Diese ist so bemessen, dass der Fahrzeuginsasse während der Rückverlagerung zuverlässig gegen die Rückenlehne des Fahrzeugsitzes gedrückt wird.
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Dadurch ist auch bei einer in der Pre-Crash-Phase durchgeführten fahrerseitigen Notbremsung zuverlässig gewährleistet, dass der Fahrzeuginsasse bewegungsgekoppelt mit dem Fahrzeugsitz entgegen der zu erwartenden Belastungsrichtung rückverlagert wird.
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Das oben erwähnte Rückhaltemittel kann in einer bevorzugten Ausführungsform eine Sicherheitsgurteinrichtung sein, deren karosserieseitigen Anbindungspunkte zumindest teilweise bewegungsgekoppelt mit der Rückenlehne des Fahrzeugsitzes um den Rückverlagerungsweg nach hinten verlagert werden können. Für eine zuverlässige Bewegungskopplung des Fahrzeuginsassen mit der Rückenlehne ist es dabei ausreichend, wenn der schulterseitige Sicherheitsgurt-Anbindungspunkt, das heißt ein auf Schulterhöhe des Fahrzeuginsassen angeordneter Umlenkbeschlag, nicht in der B-Säule, sondern im oberen Bereich der Rückenlehne befestigt ist. Entsprechend kann der Sicherheitsgurt lehnenintegriert sein, das heißt der Gurtretraktor ist in der Rückenlehne verbaut.
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Im Hinblick auf die oben dargelegten Merkmale lässt sich die Situation bei einem Hochgeschwindigkeitsunfall wie folgt beschreiben: Aufgrund der Messungen der Innenraumsensorik und/oder über die Gurtwickel-Abfrage des Gurt-Retraktors (bei Fondpassagieren) ist die Position des Insassen relativ zum Fahrzeug bekannt. Das Fahrzeug wird mit Hilfe der automatischen Notbremse (ANB) oder durch eine fahrerseitige Betätigung des Bremspedals mit einer Verzögerung von ca. 10 m/s2 abgebremst. Der fahrzeugsensitive Retraktor-Sensor wird über eine zentrale Steuereinheit deaktiviert. Auf diese Weise ist der Insasse zwar angegurtet, aber der Sicherheitsgurt kann während dieser Phase keine Rückhaltewirkung auf den Insassen ausüben. Die so erzeugte Gurtlose darf sich nicht auf den Beckengurtanteil des Gurtes übertragen. Dies kann mit Hilfe einer Klemmstecklasche, die das Durchrutschen des Gurtbandes blockieren soll, verhindert werden. Der (angegurtete) Insasse wird zunächst ca. 0,4 Sekunden lang aufgrund (und unter Ausnutzung) der hohen Bremsverzögerung soweit nach vorne verlagert, dass dieser die Innenraum-Bauteile noch nicht berührt. Am Ende der Vorverlagerungsphase wird der Insasse von dem dann wieder blockierten Sicherheitsgurt definiert abgebremst. Es mag zunächst ungewöhnlich erscheinen, dass der sehr wertvolle „Überlebensraum” so „vergeudet wird”, aber genau daran liegt der oben formulierte Kerngedanke der erfindungsgemäßen Überlegung. Denn auf diese Weise wird der erforderliche Weg zur Rückverlagerung des Insassen erst ermöglicht und so kann der Weg zum Beschleunigen des Insassen entgegen der Fahrtrichtung maximal verlängert werden.
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Ab diesem Zeitpunkt kann der Insasse mit Hilfe des elektromechanischen Gurtstraffers mit hoher Kraft und sehr schnell mit ca. 3–6 g entgegen der Fahrtrichtung nach hinten beschleunigt werden. Die Höhe der Beschleunigung ist abhängig von der Schwere des erwarteten Unfalls. Die zur Höhe der Beschleunigung während der Rückverlagerung basiert auf dem Ergebnis der in der zentralen Auswerte-Einheit durchgeführten Berechnungen. Aufgrund der dynamischen Insassenrückverlagerung bewegt sich der Insasse zum Zeitpunkt des Crash Null im Fahrzeug mit deutlicher Geschwindigkeit entgegen der Fahrtrichtung nach hinten. Aufgrund der dadurch reduzierten kinetischen Energie des Insassen können die während des anschließenden Unfalles auf den Insassen wirkenden Beschleunigungen und die daraus resultierenden Verletzungen deutlich reduziert werden.
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Die vorstehend erläuterten und/oder in den Unteransprüchen wiedergegebenen vorteilhaften Aus- und/oder Weiterbildungen können – außer zum Beispiel in den Fällen eindeutiger Abhängigkeiten und unvereinbarer Alternativen – einzeln oder aber auch in beliebiger Kombination miteinander zur Anwendung kommen.
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Die Erfindung und ihre vorteilhaften Aus- und Weiterbildungen sowie deren Vorteile werden nachfolgend anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 bis 3 jeweils schematische Seitenansichten eines Fahrzeuginnenraums, die die erfindungsgemäße Pre-Cash-Phase veranschaulichen;
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4 ein stark vereinfachtes Kräftediagramm, bei dem die während der Pre-Crash-Phase und im Unfall-Zeitpunkt auf den Fahrzeuginsassen einwirkenden Kräfte angedeutet sind; und
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5 ein weiteres Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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In der 1 ist in einer Prinzipdarstellung ein Fahrzeuginnenraum 1 mit einem Fahrer 3 gezeigt, der über eine Sicherheitsgurteinrichtung 5 am Fahrzeugsitz 7 gesichert ist. Die Sicherheitsgurteinrichtung 5 weist einen Drei-Punkt-Sicherheitsgurt auf, der aus einem an sich bekannten Beckengurt 9 und einem Schultergurt 11 besteht. Der Beckengurt 9 des Sicherheitsgurtes verläuft in an sich bekannter Weise zwischen bodenseitigen Anbindungspunkten 13, von denen in der 1 einer gezeigt ist, der über eine Gurtschloss-Gurtzungen-Verbindung lösbar ist. Der Schultergurt 11 ist dagegen in Diagonalrichtung von dem in der 1 nicht gezeigten unteren Anlenkungspunkt 13 diagonal über den Brustkorbbereich des Fahrzeuginsassen bis zu einem oberen Anbindungspunkt 15 geführt, der als ein Umlenkbeschlag an einem oberen Rand der Rückenlehne 17 des Fahrzeugsitzes ausgebildet ist. Durch den Umlenkbeschlag 15 wird der Schultergurt 5 in Richtung auf einen Gurtretraktor 19 umgelenkt, der in der Rückenlehne 17 integriert ist.
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Zudem ist gemäß der 1 eine nur angedeutete, zum Beispiel elektromechanisch betätigbare Verstelleinrichtung 21 vorgesehen, mit der sowohl der Fahrzeugsitz 7 nach hinten als auch die Rückenlehne 17 neigungsverstellbar ist. Die Verstelleinrichtung 21 sowie der Gurtretraktor 19 sind mit einer nicht dargestellten Crasherkennungseinrichtung signaltechnisch gekoppelt, mit deren Hilfe durch Radar, Ultraschall-, Video- oder sonstige Abstandssensorik eine Pre-Crash-Situation erfassbar ist. In Abhängigkeit von der erfassten Pre-Crash-Situation kann der Gurtaufroller 19 sowie die Verstelleinrichtung 21 angesteuert werden, um den Fahrer 3 im Vorfeld eines nahenden Unfalls in eine günstige Position zu verbringen.
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Nachfolgend wird anhand der 1 bis 4 ein Unfallereignis erläutert. Dieses beginnt zum Zeitpunkt tB mit einer vom Fahrer 3 durch Betätigung eines Bremspedals 4 eingeleiteten Notbremsung, die über ein Zeitintervall ΔtB gemäß der 4 bis zum eigentlichen Crash-Zeitpunkt tC andauert. Unmittelbar nach Einleitung der Notbremsung wird zum Zeitpunkt t0 (4) mittels der Crasherkennungseinrichtung eine kritische Fahrsituation erfasst, wodurch eine Pre-Crash-Phase Δt startet, die ebenfalls bis zum eigentlichen Crash-Zeitpunkt tC andauert. Die, Pre-Crash-Phase Δt ist gemäß der 4 in eine Vorverlagerungs-Phase ΔtV und eine Rückverlagerungs-Phase ΔtR aufgeteilt. In der Vorverlagerungs-Phase ΔtV wird gemäß der 1 und 2 der Fahrzeuginsasse 3 zunächst um einen vordefinierten Vorverlagerungsweg ΔsV in einer Vorverlagerung V nach vorne in der Fahrtrichtung FR verlagert wird, und zwar von einer fahrerseitig eingestellten Komfortposition I in eine Pre-Cash-Position II. Zur Realisierung der Vorverlagerung V wird der Zehnenintegrierte Gurtretraktor 19 freigegeben, um den für den Vorverlagerungsweg ΔsV erforderlichen Gurtauszugsweg bereitzustellen. Gleichzeitig wird in der Vorverlagerungs-Phase ΔtV eine Lagerung der Lenksäule 8 des Lenkrades 10 freigeschaltet, wodurch auch das Lenkrad 6 vorverlagert wird (2). Dadurch werden Verletzungen des sich reflexartig auf dem Lenkrad 6 abstützenden Fahrers 3 vermieden. Gemäß der 2 erfolgt die Vorverlagerung V durch eine Rotation des Oberkörpers des Fahrzeuginsassen 3 nach vorne. Hierzu wird während der Vorverlagerung V lediglich der Schultergurt 11 des Sicherheitsgurtes 5 gelockert, während der Beckengurt 9 des Sicherheitsgurtes 5, etwa mit Hilfe einer Klemmstecklasche, gestrafft bleibt.
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Nach der Vorverlagerungs-Phase ΔtV folgt die Rückverlagerungs-Phase ΔtR (4), in der der Fahrzeuginsasse 3 von seiner Pre-Crash-Position II in die Crash-Position III rückverlagert wird, und zwar um einen Rückverlagerungsweg ΔsR. Hierzu kann zunächst der während der Vorverlagerung V gelockerte Schultergurt 11 wieder gestrafft werden, wodurch der Fahrzeuginsasse 3 mittels einer vorgegebenen Rückhaltekraft FR (3) fest in Anlage mit der Rückenlehne 17 des Fahrzeugsitzes 7 gebracht wird. Zusätzlich kann, wie es in der 3 durch gestrichelte Linie gezeigt ist, der Fahrzeugsitz 7 mittels der Verstelleinrichtung 21 linear nach hinten verstellt werden und gleichzeitig auch die Rückenlehne 17 nach hinten geneigt werden, um einen möglichst großen Rückverlagerungsweg ΔsR. zu erreichen. Der so bereitgestellte Rückverlagerungsweg ΔsR ist somit ausreichend groß, um den Fahrzeuginsassen bis zum Crash-Zeitpunkt tC auf eine maximale Rückverlagerungsgeschwindigkeit zu beschleunigen, wodurch bei der Fahrzeugkollision die Insassenbelastung stark reduziert wird.
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In der 5 erfolgt die erfindungsgemäße Vorverlagerung V im Unterschied zur 2 nicht durch ein Lockern des Schultergurtes 11 in Verbindung mit der Bremskraft FB aufgrund der Notbremsung ΔtB. Vielmehr wird in der 5 während der Vorverlagerungs-Phase ΔtV die Rückenlehne 17 mit Hilfe der Verstelleinrichtung 21 um den Vorverlagerungsweg ΔsV nach vorne in die Pre-Crash-Position II verlagert. Anschließend erfolgt die Rückverlagerung R, wie sie anhand der 3 bereits beschrieben ist. Im Unterschied zur 3 ist der Fahrzeuginsasse 3 in der 5 während des gesamten Rückverlagerungswegs ΔsR durchgängig fest mit der Rückhaltekraft FR in Anlage mit der Rückenlehne 17. Dagegen ist der Fahrzeuginsasse 3 in der 3 zu Beginn der Rückverlagerungs-Phase ΔtR noch außer Kontakt mit der Rückenlehne 17.
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Die Erfindung ist in den Figuren beispielhaft anhand des Fahrers 3 gezeigt, jedoch nicht alleine auf den Fahrer 3 beschränkt. So kann bei entsprechender Ansteuerung der Rücksitzgurte die Erfindung auch bei Fahrzeuginsassen im Fahrzeug-Fondbereich realisiert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeuginnenraum
- 3
- Fahrzeuginsasse
- 4
- Bremspedal
- 5
- Sicherheitsgurteinrichtung
- 6
- Lenkrad
- 7
- Fahrzeugsitz
- 8
- Lenksäule
- 9
- Beckengurt
- 11
- Schultergurt
- 13
- Gurtanbindungspunkt am Sitz
- 15
- Gurtanbindungspunkt an der Rückenlehne 17
- 17
- Rückenlehne
- 19
- Gurtretraktor
- 21
- Verstelleinrichtung
- 29
- Sitz
- FR
- Rückhaltekraft
- FB
- Bremskraft
- R
- Rückverlagerungsbewegung
- ΔsR
- Rückverlagerungsweg
- ΔsV
- Vorverlagerungsweg
- I, II, III
- Sitzpositionen
- FR
- Fahrtrichtung
- ΔtB
- Notbremsung
- Δt
- Pre-Cash-Phase
- ΔtV
- Vorverlagerungs-Phase
- ΔtR
- Rückverlagerungs-Phase
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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