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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Batteriesteuergerät für ein Kraftfahrzeug zur Steuerung der kraftfahrzeuginternen Batterie. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Ermittlung eines Zustands, insbesondere der Lebensdauer einer Batterie eines Kraftfahrzeugs.
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Elektrofahrzeuge und Hybridfahrzeuge werden in der Regel mit Hochvoltbatterien betrieben. Bei diesen Hochvoltbatterien handelt es sich vielfach um Lithium-Ionen-Batterien (Li-Ionen-Batterien). Diese Batterien werden von eigens im Kraftfahrzeug bzw. in der Batterie vorgesehenen Batteriesteuergeräten gesteuert und überwacht.
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Die Energie wird bei Lithium-Ionen-Batterien durch Einlagerung von Lithium-Ionen in den Elektroden gespeichert. Dies wird durch 1 verdeutlicht. Demnach besitzt eine Lithium-Ionen-Batterie einen negativen Stromableiter 1 beispielsweise aus Kupfer. Ihr steht ein positiver Stromableiter 2 beispielsweise aus Aluminium gegenüber. Dazwischen befinden sich eine Anode 3, beispielsweise aus Graphit, ein Seperator 4 und eine Kathode 5, beispielsweise aus LiCoO. Je nach Ladezustand der Lithium-Ionen-Batterie ist eine entsprechende Spannung zwischen dem negativen Stromableiter 1 und dem positiven Stromableiter 2 zu messen.
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In den beiden Elektroden (Anode 3 und Kathode 5) sind die Lithium-Ionen gespeichert. Man spricht dabei von Interkalationsverbindungen. Je mehr Ionen in der negativen Elektrode (Anode 3) eingelagert sind, umso mehr Energie ist in der Batterie gespeichert. Die prinzipielle Funktionsweise dieser Lithium-Ionen-Batterie ergibt sich durch die Bewegung der Lithium-Ionen von der Anode 3 durch den Seperator 4 zur Kathode 5 beim Entladen der Batterie gemäß Pfeil 6 und der Lithium-Ionen-Bewegung von der Kathode 5 über den Seperator 4 zur Anode 3 gemäß Pfeil 7 beim Laden der Batterie.
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Bei der Ein- bzw. Auslagerung ist durch die endliche Geschwindigkeit der Ionen ein Diffusionseffekt zu beobachten. Beim Entladevorgang beispielsweise werden Ionen in der positiven Elektrode (Kathode 5) zuerst in der Nähe der Grenzschicht zum Elektrolyten 8 eingelagert. Mit der Zeit diffundieren sie in Richtung des positiven Stromableiters 2. Wird der Entladevorgang abgebrochen, findet man im Moment des Abbruchs ein Konzentrationsgefälle der Ionen vor, welches sich aufgrund der Diffusion mit der Zeit verkleinert. Dieses Konzentrationsgefälle ist in „Fuller, T. – Relaxation Phenomena in Lithium-Ion-Insertion Cells" bereits nachgewiesen.
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Da die Klemmenspannung der Batterie vom lokalen Ladezustand an den Grenzschichten abhängt, spiegelt der Verlauf der Klemmenspannung nach dem Entladevorgang den Diffusionsvorgang wider. 2 zeigt den Spannungsverlauf 9 nach einem Entladevorgang, der durch den Stromverlauf 10 dargestellt ist. Schnellere kapazitive Effekte an den Grenzschichten werden hierbei vernachlässigt. Während des Entladens fließt ein bestimmter Entladestrom und die Spannung an der Batterie sinkt. Nach Beendigung des Entladevorgangs zum Zeitpunkt t0 steigt die Spannung aufgrund der oben geschilderten Diffusionsphänomene wieder an. Durch Strukturveränderungen und Verlust von Lithium ändert sich die Geschwindigkeit dieses Diffusionsvorgangs abhängig vom Alter der Batterie.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, mit möglichst wenig Aufwand die Lebensdauer einer Batterie eines Kraftfahrzeugs schätzen zu können.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Batteriesteuergerät nach Anspruch 1 sowie ein Verfahren nach Anspruch 6. Erfindungsgemäße Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Demnach wird ein Batteriesteuergerät für ein Kraftfahrzeug bereitgestellt, in das ein Modell zur Ermittlung einer Lebensdauer einer Batterie des Kraftfahrzeugs integriert ist. In vorteilhafter Weise wird somit direkt in einem Batteriesteuergerät die Lebensdauer der zu steuernden Batterie ermittelt. Diese Integration hat den Vorteil, dass die Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen des Modells für die Schätzung unmittelbar im Batteriesteuergerät zur Verfügung stehen.
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Darüber hinaus wird erfindungsgemäß bereitgestellt ein Verfahren zur Ermittlung eines Zustands, insbesondere der Lebensdauer, einer Batterie eines Kraftfahrzeugs, durch Modellieren der Batterie durch RC-Glieder und rekursives Schätzen von Parametern und Zuständen der RC-Glieder und Rückschließen von den Parametern und Zuständen der RC-Glieder auf einen Zustand der Batterie.
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Es ist somit möglich, durch ein einfaches Modell, welches lediglich auf RC-Gliedern beruht, den Zustand der Batterie und insbesondere deren Lebensdauer zu ermitteln bzw. zu schätzen.
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Vorzugsweise sind mit dem Modell vorab gewonnene Alterungs- und Schädigungsverläufe, ein im Kraftfahrzeug aufgenommenes Belastungskollektiv und/oder ein Batteriemodell auswertbar. Das Modell kann auf einer Parallelschaltung mehrerer Kondensatoren beruhen. Speziell weist das Modell drei RC-Glieder auf, von denen die Kondensatoren untereinander verschieden sind. In einer Weiterbildung kann an das Modell ein Kalman-Filter zum Ermitteln der Spannungen an den Kondensatoren oder mindestens eines Widerstands- und Kapazitätswerts des Modells angeschlossen sein.
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Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
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1 eine Prinzipskizze zur Funktionsweise einer Lithium-Ionen-Batterie gemäß dem Stand der Technik,
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2 der Strom- und Spannungsverlauf beim Abbrechen eines Entladevorgangs einer Lithium-Ionen-Batterie gemäß dem Stand der Technik;
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3 ein Modell zur Modellierung der Diffusionseffekte in einer Lithium-Ionen-Batterie und
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4 ein Modell zur Ermittlung der Lebensdauer einer Batterie, welches in ein Batteriesteuergerät integrierbar ist.
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Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar.
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Ein Bestandteil der im Folgenden geschilderten Batteriediagnose ist ein Verfahren, das innere Zustände der Lithium-Ionen-Batterie beobachtet und deren Veränderungen erkennt. Im Folgenden wird daher von einem „erkennenden Verfahren” der kombinierten Batteriediagnose gesprochen. Innere Zustände der Batterie können im Fahrzeug nicht direkt gemessen werden und müssen somit durch messbare Größen rekonstruiert werden.
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Hierzu wird ein dynamisches Modell der Batterie erstellt, welches eine Beschreibung zwischen Modelleingang und -ausgang durch die gesuchten inneren Zustände darstellt. Es beschreibt das dynamische Batterieverhalten unter Belastung und berücksichtigt die Diffusionseffekte in der Batterie, deren Auswirkungen sich mit dem Alter der Batterie deutlich ändern.
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Eine Methode zur Modellierung von Diffusionseffekten als elektrisches Ersatzschaltbild ist die Verkettung von Tiefpassfiltern gemäß 3. Hierbei werden die Elektroden der Batterie räumlich in Schichten parallel zu den Stromableitern und dem Elektrolyten unterteilt. Diese Schichten spiegeln lokale Ladezustände in den Elektroden wieder. Im Ersatzschaltbild bilden die verwendeten Kondensatoren den Energiespeicher für jede betrachtete Schicht der Elektroden ab. Hierbei wird vereinfacht die Annahme getroffen, dass die Batterie eine lineare Kennlinie besitzt. Bei den im Fahrzeug verwendeten Spannungsbereichen und der Batterietechnologie verursacht diese Annahme nur eine geringe Abweichung. Durch die Modellierung der Schichtkapazitäten besteht die Gesamtkapazität somit aus der Summe aller Kondensatoren. Weiterhin besteht die Möglichkeit zur Verwendung von kennlinienbasierten Bauteilen statt der Kondensatoren, vorzugsweise bestehend aus Differentialgleichungen, welche die Spannung in Abhängigkeit des Ladezustands nichtlinear abbilden.
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Ziel ist es, das Modell in ein Batteriesteuergerät (Battery-Management-System, BMS) zu integrieren. Speziell soll in einem Onboard-Steuergerät, vorzugsweise im IBS (integrierter Batteriesensor) ein Lebensdauerbeobachter implementiert werden.
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Die Dimensionen der Zustände und Parameter des Modells sollten wegen der Integration in das Batteriesteuergerät weitestgehend minimiert sein. Für die Beschreibung zustands- und alterungsrelevanter Größen der Batterie ist gemäß 4 ein Modell bestehend aus drei Kondensatoren unterschiedlicher Kapazitäten ein hinreichender Kompromiss aus Modellgenauigkeit und Komplexität. In dem Modell sind wie in demjenigen von 3 RC-Tiefpassfilter miteinander verkettet. Den Eingang bildet ein Tiefpass mit der Serienschaltung eines Widerstands R1 mit einem Kondensator C1. Parallel zu dem Kondensator C1 ist der zweite Tiefpass mit den Elementen R2 und C2 geschaltet. Wiederum parallel zu dem Kondensator C2 ist der dritte Tiefpass mit den Elementen R3 und C3 geschaltet. Eingangsgröße bildet der Strom ia in den ersten Tiefpass R1, C1 und Ausgangsgröße bildet die Spannung ua an dem ersten Tiefpass R1, C1. An den Kondensatoren C1 bis C3 fallen die Spannungen u1, u2 und u3 ab.
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Der Gesamtinnenwiderstand der Batterie wird somit durch das Batteriemodell in mehrere Übergangswiderstände und Übergangskapazitäten zwischen negativem Stromableiter 1, Anode 3, Seperator 4, Kathode 5 und positivem Stromableiter 2, aufgegliedert. Durch diese Modellbildung können die Diffusionsvorgänge zwischen Anode und Kathode genauer bilanziert werden und dadurch der Ladezustand (SOC, State of Charge) genauer berechnet werden als bei herkömmlich eingesetzten Innenwiderstandsbestimmungen, die lediglich den Gesamtinnenwiderstand bestimmen und daraus über Kennlinien den SOC ermitteln.
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Zusätzlich zu dem bisher dargestellten Verfahren zur Beobachtung von Batterieparametern einer Lithium-Ionen-Batterie im Ganzen ist die Kenntnis der Zustände der Einzelzellen der Batterie wichtig, um Ausfälle der Batterie durch die Verschlechterung einzelner Zellen vorherzusagen. Zur Onboard-Diagnose der Einzelzellen ist es ausreichend, die Zellstreuung genau zu kennen. Speziell die Streuung der Innenwiderstände ist für eine präzise Vorhersage der verfügbaren Leistung unerlässlich, da bei alleiniger Kenntnis des Gesamtinnenwiderstands einzelne schlechtere Zellen außerhalb der zulässigen Spannungsgrenzen betrieben werden können, was zur Notabschaltung der Batterie durch die eingebauten Sicherheitsmechanismen führen würde. Bei Kenntnis der Streueung kann dies vermieden werden.
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Ein übliches Maß für Streuungen ist die Standardabweichung oder quadriert die Varianz von beobachteten Messwerten. Zur Beobachtung der Streuung der Zellinnenwiderstände wird ein einfaches Batteriemodell
uj(i) = uocv,j + Rji (4.1) für jede Zeile j mit der Leerlaufspannung uocv und einem ohmschen Widerstand R verwendet. Unterschiedliche Innenwiderstände sowie Unterschiede in den Leerlaufspannungen machen sich in der Spannungsstreuung bemerkbar. Je größer der Strom und je größer die Widerstandsunterschiede, umso größer ist die Spannungsstreuung. Ausgedrückt durch die Varianz
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Mit dem Mittelwert der Zellspannungen
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Ergibt sich für die Varianz der Zellspannungen in Abhängigkeit des Batteriestroms
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Eine vom Batteriestrom quadratisch abhängige Funktion, welche als Parameter die Varianz der Innenwiderstände Rvar, die Varianz der Leerlaufspannungen Uocv,var sowie einen unbekannten Mischterm enthält. Vereinfacht erhält man die Funktion uvar(i) = αi2 + βi + γ (4.5)
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Zur Beobachtung der Parameter werden diese als zeitlich konstante Zustände definiert. Die System- und Ausgangsgleichungen ergeben sich damit zu x . = [0 0 0]Γ
y = x1u2 + x2u + x3
mit x = [α β γ]Γ (4.6) in Zustandsraumdarstellung mit der Eingangsgröße u = i, der Ausgangsgröße y = uvar sowie den Zuständen α, β und γ. Wie für das Modell der Gesamtbatterie kann zur Beobachtung der Zustände im ersten Schritt ein erweitertes Kalmanfilter herangezogen werden. Die Varianz der Innenwiderstände ist abhängig von dem gemittelten Innenwiderstand pro Zelle, was aus der Gleichung für die Varianz (siehe (4.2)) ersichtlich wird. Sie schwankt daher abhängig von dem beobachteten Gesamtinnenwiderstand aus dem Batteriemodell aus Abschnitt 3. Abbildung 4.1 zeigt die berechnete Varianz der Einzelspannungen über dem Betrag des Stroms mit einer Kennzeichnung der zugehörigen Temperatur in Grautönen. Die gestrichelten Linien markieren dabei die Ober- bzw. Untergrenze der beobachteten Varianzen der Innenwiderstände. Spannungsvarianzen, welche oberhalb dieser Grenzen liegen, können hauptsächlich der zeitlichen Verschiebung der Einzelspannungsmessung zugeschrieben werden. Dadurch entstehen vor allem bei starken Stromsprüngen größere Abweichungen. Die Anzahl dieser Messfehler ist allerdings so gering, dass ihr Einfluss auf die Beobachtung vernachlässigbar ist.
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Die Kondensatorkapazitäten werden vorzugsweise aufsteigend gewählt, so dass C3 > C2 > C1 gilt. Die Summe ergibt die Gesamtkapazität der Batterie. Nach dem Aufstellen der Systemgleichungen ergibt sich durch die multiplikative Verknüpfung der Zustände und Parameter ein nicht lineares sechsdimensionales Gleichungssystem, welches die Verknüpfung der Eingangsgröße ia und Ausgangsgröße ua beschreibt. Zur Beobachtung der Zustände u1, u2 und u3 sowie der Parameter R1, C2 und C3 kommt ein erweitertes Kalman-Filter zum Einsatz, welches die rekursive Schätzung der Zustände und Parameter dieses nichtlinearen Systems durchführt.
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Der in das Batteriesteuergerät implementierte Lebensdauerbeobachter kann ein Schädigungsmodell mit im Labor gewonnenen Alterungs- und Schädigungsverläufen, onboard aufgenommene Belastungskollektive und ein onboard implementiertes Batteriemodell verwerten, das aus onboard gemessenen Strom- und Spannungswerten einen verbesserten SOC berechnet.
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Die Vorteile des erfindungsgemäß in das Batteriesteuergerät integrierten Lebensdauermodells bzw. des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Ermittlung eines Zustands, insbesondere der Lebensdauer, einer Batterie gemäß obigem Beispiel bestehen darin, dass beobachtete Zustände und Parameter in jedem Rechenschritt durch eine neue Messung korrigiert werden. Darüber hinaus sind lokale Ladezustände beobachtbar und die Ruhespannung ist jederzeit berechenbar. Außerdem ist der Gesamt-SOC durch die Ruhespannung bestimmbar und die Innenwiderstandsschätzung zur momentanen Leistungsprognose verwendbar. Mit Berücksichtigung der Zellstreuung kann zusätzlich Vorsorge getroffen werden, dass auch einzelne Zellen deren Innenwiderstand stark nach oben abweicht nicht übermäßig beansprucht werden und so vorzeitige Schädigung dieser stark abweichenden Zellen verhindert werden. Durch Beobachtung der Innenwiderstand können auf einfache und resourcenschonende Art defekte Zellen einer Batterie entdeckt werden. Zusätzlich kann der maximale Widerstand einer Zelle im schlechtesten Fall bestimmt werden. Dadurch lassen sich im Fahrzeug Leistungsgrenzen definieren, welche ein Überschreiten von zulässigen Spannungsgrenzen einzelner Zellen verhindern.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- negativer Stromableiter
- 2
- positiver Stromableiter
- 3
- Anode
- 4
- Seperator
- 5
- Kathode
- 6, 7
- Pfeile
- 8
- Elektrolyt
- 9
- Spannungsverlauf
- 10
- Stromverlauf
- C1, R1
- erster Tiefpass
- C2, R2
- zweiter Tiefpass
- C3, R3
- dritter Tiefpass
- ia
- Strom
- t0
- Zeitpunkt
- ua, u1, u2 und u3
- Spannungen
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Fuller, T. – Relaxation Phenomena in Lithium-Ion-Insertion Cells” [0005]