-
Die Erfindung betrifft ein aktives Steuerorgansystem zur Steuerung eines Luftfahrzeugs mit wenigstens einem mechanisch bewegbarem Steuerorgan, einem Regler zur Regelung der Steuerorganansteuerung und wenigstens einem Zustandsgrößenerfassungsmittel zur Erfassung ein oder mehrerer Zustandsgrößen des oder der Steuerorgane.
-
Derartige Steuerknüppelsysteme verwenden in der Regel einen mechanisch um mehrere Achsen bewegbaren Steuerknüppel, der durch den Piloten zur Flugsteuerung des Luftfahrzeugs betätigbar ist. Die Neigung des Steuerknüppels um eine der Achsen beeinflußt beispielsweise die Längs- und/oder Querneigung eines Flugzeugs oder die Nick- und Rollbewegung sowie die Vertikalbewegung eines Helikopters. Im Unterschied zur klassischen Steuerung, bei der die Steuerbewegungen des Piloten durch Stahlseile, Schubstangen oder sonstige Hydrauliksysteme an die steuernden Stellvorrichtungen des Luftfahrzeugs übertragen werden, wird die veränderliche Stellposition des mechanisch bewegbaren Steuerknüppels durch eine zugeordnete Sensorik erfaßt und über elektrische Leitungen an die entsprechenden Stellvorrichtungen des Luftfahrzeugs übertragen.
-
Bei einer klassischen Steuerknüppelausführung werden die Kräfte, die während des Fluges auf das Flugzeug wirken, in Form von Widerstand und Ausschlag auf die Steuereinheit übertragen. Bei der Ausführung des Fly-by-Wire-Systems mit passivem Steuerknüppelsystem entfällt diese Rückmeldung. Insbesondere in der Luftfahrtechnik ist für die Piloten oftmals die haptische Informationsübermittlung des Steuerungssystems von großem Vorteil.
-
Aktive Steuerungssysteme ermöglichen die Simulation der auftretenden Steuerkräfte und passen diese an die jeweilige Flugsituation an, um so eine optimale Unterstützung des Piloten zu erreichen. Die Rückmeldungen werden beispielsweise in Form von Bewegungen oder Signalen an die Steuervorrichtung übertragen, wodurch eine intuitive Reaktion des Piloten auf die jeweilige Flugsituation erleichtert wird. Ferner erhält der Pilot eine präzise Rückmeldung über die von ihm durchgeführten Steuereingaben. Dem Piloten bietet sich daher die Möglichkeit auch bei Verwendung eines elektrischen Steuersystems, das Verhalten des Luftfahrzeugs während des Flugbetriebs zu fühlen.
-
Unter Umständen kann es vorkommen, dass bestimmte Zustandsgrößen des Steuerorgans bzw. der Aktuatoren zur Ansteuerung des Steuerorgans nur unter großem Aufwand, zu unpräzise oder gar nicht meßbar sind. Für eine zufriedenstellende Regelung des aktiven Steuerorgansystems, insbesondere für eine realitätsnahe Gefühlserzeugung, sind in der Regel gerade diese Zustandsgrößen zwingend erforderlich bzw. dringend erwünscht. Die Nichtberücksichtigung führt statt dessen zu unvorteilhaften Regelungenauigkeiten.
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Steuerorgansystem für Luftfahrzeuge aufzuzeigen, das Maßnahmen zur Umgehung der oben genannten Problematik umfasst.
-
Diese Aufgabe wird durch ein aktives Steuerorgansystem gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Weitere vorteilhafte Ausführungen des Steuerorgansystems sind Gegenstand der sich an den Hauptanspruch anschließenden Unteransprüche.
-
Demnach weist ein aktives Steuerorgansystem zur Steuerung eines Luftfahrzeugs wenigstens ein mechanisch bewegbares Steuerorgan, wenigstens einen Regler zur Regelung der Steuerorganansteuerung und mindestens ein Zustandsgrößenerfassungsmittel für die Erfassung ein oder mehrerer Zustandsgröße des Steuerorgansystems bzw. des Steuerorgans auf.
-
Das bewegbare Steuerorgan ist um eine beliebige Anzahl an Achsen freibeweglich gestaltet und dient zur Steuerbefehleingabe des Piloten. Die Einbindung des Steuerorgans beruht auf der bekannten Fly-by-Wire Technologie, die eine Weiterleitung der mittels der Zustandsgrößenerfassungsmittel erfaßten Steuereingaben des Piloten per Signalleitung an die entsprechenden Stellorgane des Flugzeugs vorsieht. Die diesbezüglichen Ausführungen des Steuerorgans sind beliebig zu wählen, sollen jedoch im weiteren Verlauf nicht näher beschrieben werden.
-
Die Zustandsgrößen lassen sich in Größen zur Beschreibung des Steuerorgans und in Größen zur Beschreibung der Stellglieder bzw. Aktuatoren des Steuerorgans unterteilen. Die Zustandsgrößen erfassen beispielsweise Positions-, Geschwindigkeits-, Beschleunigungs- oder Kraftgrößen. Grundsätzlich können jedoch beliebige Größen erfaßt sein.
-
Die erfindungsgemäße Architektur des aktiven Steuerorgansystems weist wenigstens ein Mittel zur Erzeugung eines virtuellen Echtzeitmodells auf oder steht alternativ mit diesem Mittel mittelbar/unmittelbar in Verbindung bzw. ist mit diesem verbindbar. Das virtuelle Echtzeitmodell bildet die reale Flugkomponente in einem Modell in Echtzeit nach. Unter der realen Flugkomponente werden das oder die Steuerorgane bzw. sonstige Komponenten des aktiven Steuerorgansystems verstanden. Einflüsse, Kräfte bzw. Bewegungen, die auf das Steuerorgan wirken oder von diesem bewirkt werden, sind anhand des virtuellen Echtzeitmodells zur Laufzeit nachbildbar bzw. simulierbar.
-
Das virtuelle Echtzeitmodell bietet die Grundlage zur Realisierung zahlreicher vorteilhafter Funktionen innerhalb des aktiven Steuerorgansystems. Dazu zählen beispielsweise Steuerung- und Regelungsaufgaben, sowie Überwachungsaufgabe und die Erfüllung notwendiger Redundanzen des Systems.
-
Vorteilhafterweise sind dem virtuellen Echtzeitmodell ein oder mehrere Zustandsgrößen durch das Zustandsgrößenerfassungsmittel zuführbar. Die Erzeugung des Echtzeitmodells erfolgt auf Grundlage der zugeführten Zustandsgrößen des mechanisch bewegbaren Steuerorgans und/oder der Zustandsgrößen der ein oder mehreren Aktuatoren bzw. Stellglieder.
-
Ein wesentlicher erfindungsgemäßer Vorteil des aktiven Steuerorgansystems besteht darin, dass mit Hilfe des virtuellen Echtzeitmodells ein oder mehrerer Zustandsgrößen aus ein oder mehreren eingangs anliegenden Zustandsgrößen ableitbar bzw. berechenbar sind. Die abgeleiteten/berechneten Zustandsgrößen sollen im Folgenden der Einfachheit halber als virtuelle Zustandsgrößen bezeichnet werden. Das virtuelle Echtzeitmodell erlaubt es demnach, unter Verwendung der bekannten Eingangsgrößen bzw. Zustandsgrößen nicht meßbare Größen zu rekonstruieren. Selbstverständlich lässt sich hierdurch die erforderliche Anzahl an Messsensoren, d. h. Erfassungsmitteln, reduzieren.
-
Insbesondere kann vorgesehen sein, dass das erfindungsgemäße aktive Steuerorgansystem auf eine reale Kraftmessung am mechanisch bewegbaren Steuerorgan bzw. Aktuator verzichtet und statt dessen die Kraftzustandsgröße mit Hilfe des virtuellen Echtzeitmodells nachbildet/berechnet. Ebenfalls ist es denkbar, dass eine Positionszustandsgröße und/oder eine Geschwindigkeitszustandsgröße und/oder Beschleunigungsgröße oder dergleichen durch das Steuerorganmodell aus beliebigen Eingangsgrößen ableitbar/berechenbar ist. Grundsätzlich gilt es, dass mit Hilfe des virtuellen Echtzeitmodells jede weitere Zustandsgröße unter Zuhilfenahme anderer Zustandsgrößen ersetzbar ist.
-
Vorteilhafterweise sind innere und/oder äußere Zustandsgrößen dem virtuellen Echtzeitmodell zuführbar. Zu den äußeren Zustandsgrößen zählen unter Umständen Signale eines Autopiloten bzw. sonstige Signale des Luftfahrzeugs, die das aktive Steuerorgansystem des Luftfahrzeugs nicht oder zumindest nur indirekt betreffen. Die Berechnung beliebiger Zustandsgrößen auf Grundlage des virtuellen Echtzeitmodells erfolgt bevorzugt unter Berücksichtigung äußerer Zustandsgrößen.
-
In einer besonders vorteilhaften Ausführung der Erfindung umfasst das aktive Steuerorgansystem wenigstens ein Gefühlserzeugungsmittel zur Erzeugung bzw. Beeinflussung wenigstens einer Sollgröße für wenigstens einen Regler der Steuerorganansteuerung. Beispielsweise lassen sich ein oder mehrere Zustandsgrößen vom Gefühlserzeugungsmittel an das virtuelle Echtzeitmodell übertragen.
-
Die Steuerorganansteuerung umfasst wenigstens ein Stellglied bzw. mindestens einen elektrischen Aktuator, der insbesondere als Elektromotor oder dergleichen ausgeführt ist und dessen Antriebswelle über eine Getriebeanordnung mit dem Steuerorgan mittelbar oder unmittelbar in Verbindung steht. Insbesondere kann für jede Bewegungsachse des Steuerorgans wenigstens ein Stellglied bzw. Aktuator vorgesehen sein. Die durch das Gefühlserzeugungsmittel hervorgerufene Gefühlserzeugung kann vorzugsweise auf jede Achse eines als Side-Stick ausgeführten Steuerorgans angewendet werden.
-
Wenigstens ein Regler des erfindungsgemäßen aktiven Steuerorgans ist vorzugsweise als Bewegungsregler, insbesondere als Positionsregler und/oder Geschwindigkeitsregler und/oder Beschleunigungsregler ausgeführt. Alternativ oder zusätzlich kann ebenfalls ein Kraftregler vorgesehen sein.
-
Denkbar ist es, dass das erfindungsgemäße virtuelle Echtzeitmodell aus einer oder mehreren eingehenden Zustandsgrößen eine oder mehrere virtuelle Hilfsgrößen bestimmt. Die virtuellen Hilfsgrößen können vorzugsweise als virtuelle Sollgrößen interpretiert werden, die direkt an wenigstens einen der Regler des Steuerorgansystems zuführbar sind. Alternativ oder zusätzlich sind ein oder mehrere virtuelle Hilfsgrößen an das Gefühlserzeugungsmittel übertragbar. Ein oder mehrere virtuelle Hilfsgrößen umfassen bevorzugt eine Bewegungssollgröße, insbesondere eine Geschwindigkeitssollgröße und/oder eine Positionssollgröße und/oder eine Beschleunigungsgröße, und/oder eine Kraftsollgröße.
-
Wie bereits voranstehend erläutert wurde, ist mit Hilfe des Gefühlserzeugungsmittels eine entsprechende Regleransteuerung zur Feedbackerzeugung am Steuerorgan generierbar. Der vorgesehene Regler steuert wenigstens ein Stellglied/Aktuator zur mechanischen Betätigung des Steuerorgans an.
-
In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung beruht die Erzeugung des virtuellen Echtzeitmodells auf Grundlage des bekannten Luenberger Modells. Alternativ kann das virtuelle Steuerorganmodell auf Grundlage eines Kalman Filters bzw. auf Grundlage neuronaler Netze realisiert sein.
-
Um auf Störungen bzw. eigene Ungenauigkeiten reagieren zu können, umfasst das aktive Steuerorgansystem vorzugsweise Mittel zum Abgleich des virtuellen Echtzeitmodells mit dem Zustand der realen Flugkomponente, insbesondere mit dem oder den bewegbaren Steuerorganen. Hierdurch sind Abweichungen zwischen Meßgröße und virtueller Größe feststellbar und minimierbar. Insbesondere werden reale durch die Zustandsgrößenerfassungsmittel erfaßte Zustandsgrößen mit den virtuell erzeugten Zustandsgrößen abgeglichen. Die Differenz kann vorzugsweise auf das virtuelle Steuerorganmodell zurückgeführt werden. Es erfolgt demnach ein Abgleich des virtuellen Steuerorganmodells mittels einer oder mehrerer meßbarer Zustandsgrößen zur realen Flugkomponente des aktiven Steuerorgansystems. Fehlfunktionen bestimmter Komponenten des Systems, insbesondere der Zustandserfassungsmittel können zur Laufzeit festgestellt werden.
-
Der Abgleich erfolgt vorzugsweise in Echtzeit mit variabler Abtastung.
-
In einer Ausführung der Erfindung ist der Regler des aktiven Steuerorgansystems als Bewegungsregler, insbesondere als Positionsregler ausgeführt. Das Gefühlserzeugungsmittel dient unter diesen Umständen zur Erzeugung einer Bewegungssollgröße, die dem Bewegungsregler mittelbar oder unmittelbar zur Verfügung gestellt wird. Alternativ oder zusätzlich ist wenigstens eine virtuelle Bewegungssollgröße durch das virtuelle Echtzeitmodell erzeugbar, die entweder dem Gefühlserzeugungsmittel und/oder dem Bewegungsregler zur Verfügung gestellt wird. Das Gefühlserzeugungsmittel ist nicht zwingend für die Regleransteuerung notwendig, diese kann statt dessen vollständig durch das virtuelle Echtzeitmodell bewerkstelligt werden.
-
Vorteilhaft sind ein oder mehrerer Bewegungsachsen des Steuerorgans durch das virtuelle Echtzeitmodell simulierbar bzw. regelbar und/oder überwachbar. Umfasst das mechanisch bewegbare Steuerorgan ein oder mehrere Bewegungsachsen, die durch das Gefühlserzeugungsmittel bzw. den Regler steuerbar sind, so ist es zweckmäßig, dass die Bewegungsachsen zumindest teilweise durch das virtuelle Steuerorganmodell simulierbar sind.
-
Wie bereits eingangs ausführlich erläutert wurde, dient das virtuelle Echtzeitmodell zweckmäßig zur Bereitstellung virtueller Hilfsgrößen, insbesondere zur Bereitstellung virtueller Sollgrößen zur Einflußnahme auf die Reglerarchitektur des aktiven Steuerorgansystems. Alternativ oder in Kombination mit der Regelungsfunktion ist eine Überwachungsfunktion des virtuellen Steuerorganmodells denkbar. Das virtuell erzeugte Modell dient zur Überwachung der Funktion des aktiven Steuerorgansystems, insbesondere zur Überwachung der gemessenen Zustandsgrößen bzw. der entsprechenden Regleransteuerung.
-
Weiterhin ist der Einsatz des virtuellen Steuerorganmodells aus Redundanzgründen möglich.
-
Die Erfindung ist weiterhin auf eine Vorrichtung zur Erzeugung eines virtuellen Echtzeitmodells für die Simulation einer realen Flugkomponente eines Luftfahrzeugs gerichtet. Die Vorrichtung ist erfindungsgemäß für den Einsatz in einem aktiven Steuerorgansystem gemäß einer der voranstehenden vorteilhaften Ausführungen geeignet, weshalb sich offensichtlich dieselben Vorteile und Eigenschaften ergeben. Auf eine wiederholte Erläuterung soll daher an dieser Stelle verzichtet werden.
-
Ferner betrifft die Erfindung ein Luftfahrzeug mit wenigstens einem erfindungsgemäßen aktiven Steuerorgansystem.
-
Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
-
1: ein Blockschaltbild des erfindungsgemäßen aktiven Steuerorgansystems und
-
2: eine Schemadarstellung des virtuellen Steuerorganmodells.
-
1 zeigt ein Blockschaltbild des erfindungsgemäßen aktiven Steuerorgansystems. Die Architektur umfasst ein mechanisch bewegbares Steuerorgan in Form eines Steuerknüppels 10, der mechanisch mit wenigstens einem Stellglied 30 bzw. wenigstens einem aktiven Aktuator 40 in Verbindung steht. Der Aktuator 40 ist bevorzugt als Elektromotor ausgeführt, dessen Antriebswelle über eine Getriebestruktur eine mechanische Kraft auf den Steuerknüppel 10 bewirkt und eine Steuerknüppelbewegung erzeugt. Da der Steuerknüppel 10 um eine beliebige Anzahl an Achsen frei beweglich ist, ist pro Achse ein Stellglied 30 bzw. Aktuator 40 vorgesehen.
-
Die Architektur umfasst ferner Erfassungsmittel 20, die an der Knüppelmechanik angeordnet sind und zur Ermittlung der aktuellen Stellposition des Steuerknüppels 10 dienen. Parameter, wie die Geschwindigkeit, Beschleunigung und Kraft, die bei einer Betätigung des Steuerknüppels 10 auftreten, sind durch diese Erfassungsmittel 20 ermittelbar. Eine weitere Sensorik (Erfassungsmittel) bestimmt die aktuellen Zustandsgrößen 31, 41 der eingesetzten Aktuatoren 40 bzw. Stellglieder 30 zur Bewegung des Steuerknüppels 10.
-
Zur Erzeugung der elektronisch geregelten Rückkopplung in Abhängigkeit der Steuerknüppelbetätigung dient das Gefühlserzeugungsmittel 50. Am Eingang des Gefühlerzeugungsmittels 50 liegen die durch die Sensoren erzeugten Signale der internen Zustandsgrößen 20, 31, 41 an. Ferner greift der Positionsregler 70 eingangsseitig auf die genannten Signalleitungen der Sensoren zurück.
-
Zur Berücksichtigung der aktuellen Fluglage des Luftfahrzeugs werden weiterhin externe Zustandsgrößen 90 durch externe Sensorsysteme erfaßt und an das Gefühlserzeugungsmittel 50 übergeben. Unter die externen Zustandsgrößen 90 fallen beispielsweise die aktuelle Fluggeschwindigkeit, die Flughöhe, der eingestellte Klappenwinkel, sowie die Meßdaten der im Flugzeug verwendeten Gyroskope und entsprechende Signale des Autopiloten.
-
Das virtuelle Steuerorganmodel 60, d. h. das virtuelle Echtzeitmodell, basiert in der Regel auf einem mathematischen Modell, das einen virtuellen Steuerknüppel simuliert. Das Steuerorganmodell 60 generiert unter Berücksichtigung der Zustandsgrößen 20, 31, 41 eine Vielzahl an Simulationswerten, die eine virtuelle Position sowie weitere Hilfsgrößen des Steuerknüppels 10 umfassen. Die Simulationsdaten werden dem Positionsregler 70 sowie dem Gefühlserzeugungsmittel 50 zugeführt.
-
Durch die Verwendung eines virtuellen Steuerorganmodells 60 kann theoretisch auf eine Kraftmessung bzw. auf eine Kraftregelung vollständig verzichtet werden.
-
Das Gefühlserzeugungsmittel 50 generiert aus den zugeführten Zustandsgrößen 20, 31, 41 der Sensoren, den virtuellen Zustands- und Hilfsgrößen des virtuellen Steuerorganmodells 60 und den externen Zustandsgrößen 90 eine Sollposition für den Steuerknüppel 10. Die Sollposition lässt sich unter Verwendung einer hinterlegten Kennlinie oder eines Gefühlsmodells erzeugen, wobei den Kennlinien bzw. den Modellen unterschiedliche Verhaltenscharakteristika zugesprochen werden. Beispielhaft seien die Verwendung eines Feder-Masse-Modells oder einer beliebigen Kraft-Positionskennlinie genannt, die in Abhängigkeit einer zugehenden Kraftzustandsgröße eine vordefinierte Sollposition für den Steuerknüppel 10 bestimmt. Weitere Ausführungen verwenden eine Dämpfungsgeschwindigkeitskennlinie oder simulieren eine Detend- und/oder Break-Out- und/oder Positionsbegrenzungs- und/oder Softstoppfunktion und/oder ein Reibmodell und/oder einen Kraft- bzw. Positionsoffset und/oder eine Kraft- und/oder Geschwindigkeitsbegrenzung.
-
Am Isteingang des Positionsreglers 70 liegen die Zustandsgrößen 20, 31, 41 des Steuerorgans 10 sowie der Aktuatoren 40 an. Unter Berücksichtigung der vom Gefühlserzeugungsmittel 50 erzeugten Sollposition sowie der virtuellen Hilfsgrößen wird eine entsprechende Stellgröße 71 für die Stellglieder 30 der Steuerorganarchitektur erzeugt. Die Stellgröße 71 beinhaltet z. B. beliebige Steuerspannungen, Steuerströme sowie sonstige Steuergrößen für die Motor- bzw. Stellgliedansteuerung.
-
Aus sicherheitstechnischen Gründen umfasst das Steuerknüppelsystem ein Konsolidierungs- bzw. Monitoringmittel 80, das die erzeugten Größen des Positionsreglers 70 sowie des Gefühlserzeugungsmittels 50 und des virtuellen Steuerorganmodells 60 überwacht und gegebenenfalls einem Plausibilitätscheck unterzieht. Die jeweiligen Daten des Monitoring bzw. Konsolidierungsmittels 80 werden optional über ein Anzeigeelement akustisch oder optisch als Statusmeldung ausgegeben.
-
Die Gefühlserzeugung am mechanisch bewegbaren Steuerknüppel 10 lässt sich ohne weiteres anhand einer Positionsregelung erzeugen. Ferner lässt sich die Zustandsgröße Kraft durch eine Zustandsgröße Drehmoment ersetzen.
-
Da ein Luftfahrzeug oftmals aus Redundanzgründen mit mehreren Steuerknüppelsystemen ausgestattet ist, muß zwischen den verwendeten Systemen eine Kopplung erfolgen. Die Kommunikation zwischen beiden Systemen wird mittels einer elektrischen Verbindung umgesetzt. Zwischen den Steuerarchitekturen der gekoppelten Systeme werden unter anderem Statusmeldungen des Monitoring oder Konsolidierungsmittels oder die verwendeten Zustandsgrößen der Aktuatoren sowie der Steuerknüppel ausgetauscht.
-
Alternativ wird eine Vielzahl von Steuerknüppel bzw. Steuerknüppelsystemen nicht aus Redundanzgründen sondern zur Verwirklichung diverser Steueraufgaben verwendet. Beispielsweise dient ein Sidestick zur Ausführung einer Roll- und Nickbewegungen eines Helikopters, während ein zweiter Sidestick die Vertikalbewegung steuert. Auch hier ist auf beide Sticks eine synchronisierte Gefühlserzeugung sowie der Austausch diverser Statusmeldungen und Zustandsgrößen zwingend erforderlich.
-
2 zeigt eine schematische Darstellung der Architektur des virtuellen Steuerorganmodells. Die Darstellung zeigt die grobe Unterteilung der Architektur des aktiven Steuerorgansystems in eine reale Flugkomponente 100 und in ein virtuelles Echtzeitmodell 60.
-
Die reale Flugkomponente 100 umfasst im wesentlichen das Gefühlserzeugungsmittel 50 und die entsprechende Regelstrecke 70 zur Gefühlserzeugung auf das mechanisch bewegbare Steuerorgan 10.
-
Der realen Flugkomponente 100 werden innere sowie äußere Zustandsgrößen 20, 31, 41, 90 zugeführt. Die inneren Zustandsgrößen 20, 31, 41 charakterisieren den Zustand des mechanisch bewegbaren Steuerorgans 10 bzw. den Zustand der Aktuatoren 40 bzw. der Stellglieder 30 und werden in der Regel durch die dafür vorgesehene Sensorik bzw. die Zustandsgrößenerfassungsmittel meßtechnisch erfaßt. Zu den äußeren Zustandsgrößen 90 gehören beliebige Daten bzw. Meßwerte, die in die Regelarchitektur mit einfließen sollen.
-
Ferner werden diese Zustandsgrößen 20, 31, 41, 90 zumindest teilweise dem virtuellen Echtzeitmodell 60 zugeführt. Diese Komponente 60 bildet den Zustand des mechanisch bewegbaren Steuerorgans 10 virtuell nach. Die Simulation basiert beispielsweise unter Verwendung des Luenberger Modells. Alternativ oder in Kombination können weitere Theorien wie beispielsweise ein Kalman Filter oder ein neuronales Netz angewandt werden. Durch die Abbildung der realen Flugkomponente 100 durch das virtuelle Echtzeitmodell 60 lassen sich beliebige Zustandsgrößen zur Charakterisierung der realen Flugkomponente 100 bestimmen.
-
Hierdurch ergibt sich ein wesentlicher Vorteil, dass zu den durch die Sensorik erfaßten Zustandsgrößen 20, 31, 41 weitere beliebige Zustandsgrößen auch ohne entsprechende Meßanordnung bestimmbar sind.
-
Um mögliche Störeinflüsse oder Ungenauigkeiten des virtuellen Echtzeitmodells 60 auszuschließen bzw. zu minimieren, erfolgt ein Abgleich zwischen der realen Flugkomponente 100 und dem virtuellen Echtzeitmodell 60. Der Abgleich liefert insbesondere den Differenzwert zwischen einer gemessenen Zustandsgröße und einer mit Hilfe des virtuellen Echtzeitmodells 60 erzeugten virtuelle Zustandsgröße.
-
Wie bereits anhand der 2 angedeutet wird, können die Ausgangswerte des virtuellen Echtzeitmodells 60 für bestimmte Anwendungsbereiche verwendet werden. Die erzeugten Hilfsgrößen, insbesondere die erzeugten virtuellen Zustandsgrößen können entweder, wie bereits voranstehend erläutert, für die Regelung des aktiven Steuerorgansystems verwendet werden. Alternativ oder zusätzlich kann das virtuelle Echtzeitmodell als eigenständige Überwachungsinstanz eingesetzt sein, wodurch die Messung der Zustandsgrößen und/oder die Erzeugung der Sollgrößen für die Regelarchitektur der realen Flugkomponente 100 überwacht werden.
-
Möglich ist ebenfalls der Einsatz des virtuellen Echtzeitmodells zur Schaffung eines redundanten aktiven Steuerorgansystems.