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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Regleroptimierung in Fahrzeugregelsystemen nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
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Stand der Technik
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Bekannt sind Fahrzeugregelsysteme wie beispielsweise elektronische Stabilitätsprogramme (ESP), mit denen während des laufenden Betriebs des Fahrzeugs Einfluss auf den Fahrzustand genommen werden kann, um das dynamische Verhalten des Fahrzeugs zugunsten höherer Sicherheit oder eines sportlicheren Fahrzeugverhaltens zu verändern. Hierbei werden über eine fahrzeugeigene Sensorik permanent den Fahrzeugzustand charakterisierende Größen wie Fahrzeuggeschwindigkeit, Längs- und Querbeschleunigung oder Gierrate ermittelt und in einem Regel- bzw. Steuergerät der Berechnung von Stellgrößen zu Grunde gelegt, mit denen ein das Fahrverhalten beeinflussender Aktor beaufschlagt wird.
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Die Regelgüte des Fahrzeugregelsystems hängt von einer genauen Kenntnis diverser Kenngrößen des Fahrzeugs ab, bei denen es sich wie vorbeschrieben zum Teil um Zustandsgrößen des Fahrzeugs handelt, aber auch um Fahrzeugparameter wie beispielsweise die aktuelle Gesamtmasse oder die Lage des Schwerpunktes. Um auch Kenntnis über Fahrzeugparameter oder nicht direkt messbare Zustandsgrößen zu erlangen, werden über mathematische Modelle Schätzgrößen ermittelt, die einen Einfluss auf die Regelung haben. Derartigen Schätzgrößen kann jeweils ein Vertrauensfaktor zugeteilt werden, der darauf hinweist, inwieweit es sich bei der geschätzten Größe um einen verlässlichen Wert handelt. Ist das Vertrauen einer Schätzung hoch genug, so kann die Schätzgröße in der Regleroptimierung berücksichtigt werden. Allerdings liegen üblicherweise zu Beginn einer Regelung noch keine Schätzwerte mit ausreichend hoher Verlässlichkeit vor, so dass die betreffenden Schätzgrößen entweder nicht für die Regleroptimierung eingesetzt werden können oder die Regelung noch nicht optimal durchgeführt werden kann.
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Aus der gattungsbildenden Druckschrift
DE 103 17 223 B4 ist ein Verfahren zur Steuerung oder Regelung eines Straßenkraftfahrzeuges bekannt. Über eine Steuerungseinrichtung wird der Betrieb abhängig von einem Verhältnis einer Zugkraft des Straßenkraftfahrzeuges zu einem Motor-Antriebsmoment (Strangverstärkung) gesteuert. Während des Betriebes werden Messwerte erfasst, aus denen ein Wert der Strangverstärkung ermittelt wird, der gemeinsam mit einem in einem Speicher abgelegten Vergleichswert als Eingangsgröße der Steuerungseinrichtung verwendet wird. Der Vergleichswert wird aus den Messwerten ermittelt, die während des Betriebes des Straßenkraftfahrzeuges erfasst werden, und abgespeichert.
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Offenbarung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes Verfahren zur Regleroptimierung in Fahrzeugregelsystemen anzugeben. Gemäß eines Aspektes der Erfindung soll die Verbesserung der Regelung in kürzerer Zeit erreicht werden.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Die Unteransprüche geben zweckmäßige Weiterbildungen an.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann auf unterschiedliche Fahrzeugregelsysteme angewandt werden, mit denen der Fahrzeugzustand in einem Kraftfahrzeug beeinflusst werden kann, beispielsweise auf ESP-Regelsysteme, Brems- oder Lenksysteme. Das Verfahren wird bevorzugt auf geschlossene Regelkreise angewandt, wobei grundsätzlich auch eine Anwendung auf Verfahren in Betracht kommt, die nur gesteuert werden.
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Erfindungsgemäß wird bei dem Verfahren zur Regleroptimierung in Fahrzeugregelsystemen mindestens eine das Fahrzeug charakterisierende Kenngröße im laufenden Betrieb des Fahrzeugs ermittelt und der Berechnung der Stellgröße in einem Fahrzeugregelsystem zu Grunde gelegt. Bei der Kenngröße handelt es sich um die Fahrzeugmasse. Die Kenngröße wird während einer ersten Betriebsphase mit eingeschaltetem Antriebsmotor des Fahrzeugs ermittelt und in einer Speichereinheit abgespeichert, in einer darauffolgenden weiteren Betriebsphase wird die gespeicherte Kenngröße bei wiederum eingeschaltetem Antriebsmotor weiterverwendet, vorzugsweise als Initialwert bzw. für die Initialisierung in der darauffolgenden Betriebsphase. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass bereits zu Beginn einer Betriebsphase auf einen für die Optimierung der Regelung erforderlichen Wert zurückgegriffen werden kann, der eine hohe Güte aufweist, so dass entsprechend auch eine verbesserte Regelung durchgeführt werden kann. Die höhere Güte des Kennwertes resultiert aus der Ermittlung in der vorangegangenen Betriebsphase, wobei verschiedene Kriterien auf die Kenngröße angewandt werden können, um sicherzustellen, dass nur Kenngrößen von verlässlicher Güte abgespeichert und in der darauffolgenden Betriebsphase weiterverwendet werden. Die abgespeicherten Kenngrößen stellen zweckmäßigerweise Anfangs- bzw. Initialwerte für die neue Betriebsphase dar, so dass das Regelsystem entsprechend schnell und mit hoher Qualität reagieren kann.
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Als Kenngrößen können grundsätzlich verschiedenartige Fahrzeuggrößen berücksichtigt werden, insbesondere Fahrzeugzustandsgrößen, Fahrzeugparameter und so genannte Vertrauensfaktoren, mit denen die Güte bzw. Qualität einer Kenngröße charakterisiert wird. Als Fahrzeugparameter kommt beispielsweise die charakteristische Fahrzeuggeschwindigkeit in Betracht, aber auch Zustandsgrößen, die sich einer unmittelbaren Messung mit der fahrzeugeigenen Sensorik entziehen. Als Fahrzeugparameter kommt desweiteren die Lage des Fahrzeugschwerpunktes in Betracht, darüber hinaus auch die Reifensteifigkeit der Antriebsräder. Die Fahrzeugparameter hängen insbesondere vom aktuellen Beladungszustand des Fahrzeuges ab, der besonders bei Transportern stark variieren kann, jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Fahrdynamik und damit auch auf die Fahrzeugregelsysteme hat. Bei den Zustandsgrößen und Parametern als Kenngrößen handelt es sich um Schätzgrößen, die nach einer vorgegebenen mathematischen Modellierung während des laufenden Betriebs ermittelt werden.
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Diese Schätzgrößen können über jeweils einen Vertrauensfaktor zur Festlegung der Güte oder Qualität der betreffenden Schätzgröße bewertet werden. Der Vertrauensfaktor wird zweckmäßigerweise ebenfalls gemeinsam mit der betreffenden Schätzgröße abgespeichert und steht in der nächsten Betriebsphase als Anfangswert zur Verfügung.
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Damit eine Kenngröße für die folgende Betriebsphase abgespeichert wird, können verschiedene Kriterien vorgegeben werden, um sicherzustellen, dass nur Kenngrößen berücksichtigt werden, die eine ausreichende Güte bzw. Qualität aufweisen. Beispielsweise kann als Kenngröße ein gemittelter Wert einer Schätzgröße abgespeichert werden, der durch Mittelung mehrerer Einzelwerte während verschiedener Zeitpunkte aus der ersten Betriebsphase berechnet wird. Über die Mittelung ist sichergestellt, dass extreme Ausschläge der Kenngröße, die eine hohe Abweichung von einem Mittelwert aufweisen, nicht oder nur abgemildert Berücksichtigung finden.
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Möglich ist es aber auch, dass als Kenngröße ein Momentanwert einer Schätzgröße zu einem bestimmten Zeitpunkt aus einer vorangegangenen Betriebsphase abgespeichert wird. Um den Zeitpunkt zu bestimmen, können weitere Kriterien angewandt werden; so kann es beispielsweise zweckmäßig sein, einen Momentanwert nur dann abzuspeichern, wenn der Unterschied zu einem zuvor berechneten Momentanwert aus der gleichen Betriebsphase größer ist als ein vorgegebener Schwellenwert. Dieses Kriterium stellt sicher, dass der optimale Wert während einer Betriebsphase für die kommende Betriebsphase berücksichtigt wird. Als weiteres Kriterium für den Momentanwert kann der jeweils letzte innerhalb einer Betriebsphase ermittelte Momentanwert abgespeichert werden, da zumindest bei der Ermittlung von Parametern zum Ende einer Betriebsphase Einschwingvorgänge der betreffenden Kenngröße abgeklungen sind und ein stationärer Wert erreicht worden ist.
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Darüber hinaus ist es auch möglich, über den Vertrauensfaktor, der einer Schätzgröße zugeordnet ist, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Kenngröße abgespeichert wird. Erreicht der Vertrauensfaktor der Schätzgröße einen Mindestwert, so ist davon auszugehen, dass die betreffende Schätzgröße den Qualitätskriterien genügt und sie kann für die kommende Betriebsphase abgespeichert werden.
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Als Betriebsphase kann jede Phase zwischen Einschalten und Abschalten des Antriebmotors des Fahrzeuges definiert werden. Während einer derartigen Betriebsphase liegen online-berechnete Größen vor, die in einer Speichereinheit, beispielsweise einem Eeprom für die nächste Betriebsphase abgespeichert werden können. Ferner können unter Betriebsphasen auch verschiedene Phasen im laufenden Betrieb des Fahrzeugs verstanden werden, wobei sich von Phase zu Phase eine Fahrzeugkenngröße ändert.
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Es können weitere Kriterien angewandt werden, die erfüllt sein müssen, dass eine Kenngröße in der Speichereinheit abgespeichert wird. Beispielsweise ist es zweckmäßig, eine Kenngröße nur für den Fall zu speichern, dass sich diese Kenngröße von dem bereits abgespeicherten Wert um einen Mindestbetrag unterscheidet; ist dies nicht der Fall, kann der bereits abgespeicherte Wert beibehalten werden. Andererseits ist es auch möglich, grundsätzlich neu ermittelte Kenngrößen abzuspeichern, auch wenn diese sich nicht oder nur marginal von dem bereits abgespeicherten Wert unterscheiden.
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Des Weiteren kann festgelegt werden, dass eine Abspeicherung nur in Betracht kommt, wenn das Fahrzeug eine vorgegebene Mindeststrecke zurückgelegt hat. Der Beginn, ab dem die Mindeststrecke zurückgelegt sein muss, bezieht sich vorteilhaft auf den Beginn der laufenden Betriebsphase.
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Der Weiteren kann es zweckmäßig sein, die Abspeicherung der Kenngröße nicht vom Abschalten des Antriebsmotors abhängig zu machen, sondern von dem Unterschreiten eines Geschwindigkeitsschwellenwertes bzw. dem Erreichen des Fahrzeugstillstandes. Insbesondere fahrdynamische Kenngrößen erfahren bei Stillstand des Fahrzeugs keine Änderung mehr, so dass zu diesem Zeitpunkt eine Abspeicherung sinnvoll ist, sofern die sonstigen, o.g. Kriterien erfüllt sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird in einem Regel- bzw. Steuergerät durchgeführt, welches Bestandteil eines Fahrzeugregelsystems ist, beispielsweise eines ESP-Regelsystems.
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Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und der Zeichnung zu entnehmen, in der ein Ablaufdiagramm zur Durchführung des Verfahrens dargestellt ist.
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Im ersten Verfahrensschritt V1 des Ablaufschemas werden zunächst mithilfe der fahrzeugeigenen Sensorik Fahrzeugzustandsgrößen xr ermittelt, die in einem Regel- bzw. Steuergerät eines Fahrzeugregelsystems weiterverarbeitet werden. Aus den gemessenen Zustandsgrößen xr können im folgenden Verfahrensschritt V2 Kenngrößen gemäß hinterlegten mathematischen Zusammenhängen ermittelt werden, wobei die Kenngrößen sowohl weitere, nicht direkt gemessene Fahrzeugzustandsgrößen als auch Fahrzeugparameter sowie Vertrauensfaktoren umfassen können, die die Güte bzw. Qualität der berechneten Fahrzeugzustandsgrößen und Fahrzeugparameter kennzeichnen. Im Ausführungsbeispiel wird als Kenngröße die Fahrzeugmasse m beschrieben; grundsätzlich können auch sonstige Kenngrößen wie die vorbeschriebenen Fahrzeugzustandsgrößen, Vertrauensfaktoren oder sonstige Parameter in der im Ablaufschema beschriebenen Weise ermittelt und abgespeichert werden.
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Die Berechnung der Fahrzeugmasse m während der aktuell laufenden Betriebsphase n erfolgt als Funktion der gemessenen Fahrzeugzustandsgrößen xr. Diese Berechnung kann für jeden Zeitschritt innerhalb der betrachteten Betriebsphase mit jeweils aktuellen Sensorwerten für die Fahrzeugzustandsgrößen durchgeführt werden.
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Im nächsten Verfahrensschritt V3 erfolgt eine Abfrage, ob der aktuelle Wert der Fahrzeugmasse m während der laufenden Betriebsphase n die erforderliche Güte erreicht hat, damit eine Abspeicherung und Weiterverwendung für eine folgende Betriebsphase in Betracht kommt. Hierbei können verschiedenartige Kriterien abgeprüft werden; im Ausführungsbeispiel wird als Kriterium abgefragt, ob die ermittelte Fahrzeugmasse m aus der aktuellen Betriebsphase n sich in hinreichender Weise von dem bislang abgespeicherten Fahrzeugmassenwert m aus der vorangegangenen Betriebsphase n - 1 unterscheidet. Dies ist dann der Fall, wenn der Betrag der Differenz zwischen der aktuellen Fahrzeugmasse mn und der Fahrzeugmassen mn-1 aus der vorangegangenen Betriebsphase einen Massenschwellenwert mlim überschreitet. Nur wenn sich der aktuelle Massenwert mn in ausreichender Weise von dem abgespeicherten Wert mn-1 unterscheidet, wird der ja-Verzweigung („y“) folgend zum nächsten Verfahrensschritt V4 fortgefahren; anderenfalls, also wenn der aktuell berechnete Massenwert mn sich nur marginal von dem abgespeicherten Massenwert mn-1 unterscheidet, wird der nein-Verzweigung folgend („n“) wieder zum Beginn des gesamten Ablaufes zum Verfahrensschritt V1 zurückgekehrt. In diesem Fall kommt eine Überschreibung des bereits abgespeicherten Massenwertes mit dem neu ermittelten Massenwert nicht in Betracht.
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Unterscheidet sich jedoch der neu ermittelte Massenwert mn in hinreichender Weise vom bereits abgespeicherten Wert, so wird im Verfahrensschritt V4 eine weitere Überprüfung durchgeführt, die kumulativ erfüllt sein muss, damit es zu einer Abspeicherung des aktuellen Massenwertes mn kommt. Gemäß Verfahrensschritt V4 wird abgefragt, ob die vom Fahrzeug aktuell während der laufenden Betriebsphase zurückgelegte Wegstrecke s einen Schwellenwert smin überschreitet. Nur in diesem Fall soll eine Abspeicherung in Betracht kommen, wodurch sichergestellt ist, dass eine ausreichende Datenbasis für die Ermittlung der betreffenden Kenngröße zur Verfügung steht. Hat das Fahrzeug den Schwellenwert smin noch nicht zurückgelegt, so wird der nein-Verzweigung folgend wieder zum Beginn des Ablaufschemas zurückgekehrt. Ist dagegen das Kriterium nach Verfahrensschritt V4 erfüllt, wird der ja-Verzweigung folgend zum nächsten Verfahrensschritt V5 fortgefahren, gemäß dem eine Abspeicherung in einer Speichereinheit des Regel- bzw. Steuergerätes erfolgt. Hierbei wird der aktuell ermittelte Massenwert mn als Speicherwert ms abgespeichert.
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Der abgespeicherte Massenwert ms kann in einer neuen Betriebsphase, beispielsweise nach einem Abschalten und erneutem Starten des Antriebsmotors als Initialwert für die Fahrzeugregelung, beispielsweise in einem ESP-Regelsystem weiterverwendet werden.