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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Reduzieren einer Kipptendenz eines Kraftwagens bei einer Vorwärtsfahrt nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein dazugehöriges Lenksystem nach dem Oberbegriff des Anspruchs 14.
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Aus der Druckschrift
DE 103 23 975 A1 ist eine Lenkung für einen Kraftwagen mit einer variablen Lenkübersetzung bekamt. Dabei wird die Lenkübersetzung variabel in Abhängigkeit der aktuellen Geschwindigkeit des Kraftwagens eingestellt. Bei dieser bekannten Lenkung steht das Einstellen der Lenkübersetzung bei einer Rückwärtsfahrt im Vordergrund.
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Die Druckschrift
WO 2007/031817 A1 beschreibt ein Verfahren, welches zum Einstellen einer Lenkübersetzung bei einem Steer-By-Wire-Lenksystem dient. Es wird eine Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs gemessen, und ein maximal möglicher Lenkwinkel eines Rades wird auf Grundlage der gemessenen Geschwindigkeit sowie eines vorbestimmten maximalen Wertes für die Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs bestimmt. Der maximale Wert für Querbeschleunigung kann geringer als ein Grenzwert sein, bei welchem sich das Kraftfahrzeug überschlägt. Die Lenkübersetzung wird für unterschiedliche Geschwindigkeitsbereiche des Kraftfahrzeugs unterschiedlich eingestellt: Während bei einer geringen und mittleren Geschwindigkeit die Lenkübersetzung variiert wird, wird sie bei einer sehr geringen Geschwindigkeit sowie bei einer hohen Geschwindigkeit jeweils konstant eingestellt.
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Aus der Druckschrift
DE 199 18 597 C2 ist ein Verfahren zum Vermeiden eines Überschlages eines Kraftfahrzeugs durch Vornahme eines Lenkeingriffs bekannt. Es wird bei einer Kippgefahr die Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs verringert. Dies kann grundsätzlich durch einen Bremseingriff oder aber durch einen geeigneten Lenkeingriff erfolgen. Dazu werden fahrdynamische Größen und Fahrzeugparameter gemessen, um einen Kippkoeffizienten zu berechnen. Der Kippkoeffizient wird einem Regelkreis zugeführt, um der Kippgefahr entgegenzuwirken.
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Aus dem Dokument
DE 10 2006 030 048 A1 ist ein Verfahren zur Erhöhung der Fahrstabilität eines Kraftfahrzeugs bekannt, bei welchem ein Übersetzungsverhältnis zwischen einem Lenkradwinkel und einem Lenkwinkel an einem gelenkten Rad durch eine Überlagerung einer fahrerabhängigen Lenkbewegung und einer Lenkbewegung eines Stellgliedes verändert wird. Es wird eine Lenkradwinkelgeschwindigkeit durch eine Steuer- und/oder Regelungseinrichtung des Kraftfahrzeugs erfasst. Somit kann rasch erkannt werden, ob etwa ein Hindernis zu umfahren ist und in welchem Maße eine Unterstützung der Führung des Fahrzeugs erforderlich ist. Anhand der Lenkradwinkelgeschwindigkeit wird dem Lenkwinkel der gelenkten Räder ein Additionswinkel oder ein Additionsmoment aufgegeben. Das Hindernis wird hierdurch mit größtmöglicher Spurabweichung umfahren.
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Die Druckschrift
DE 10 2004 009 815 A1 beschreibt ein Lenksystem für ein Kraftfahrzeug. Das Lenksystem umfasst eine Lenkhandhabe zur Vorgabe eines Lenkradwinkels als Maß für einen gewünschten Lenkwinkel eines lenkbaren Rades. Es beinhaltet auch Überlagerungsmittel, welche zum Generieren eines Zusatzwinkels sowie zum Überlagern des Lenkradwinkels mit dem Zusatzwinkel dienen. Aus der Summe des Lenkradwinkels und des Zusatzwinkels ergibt sich ein Ritzelwinkel. Es ist auch ein Lenkgetriebe bereitgestellt, welches zur Umsetzung des Ritzelwinkels in einen korrigierten Lenkwinkel des Rades dient. Die Überlagerungsmittel generieren den Zusatzwinkel in Abhängigkeit von einer Fahrsituation des Kraftfahrzeugs.
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Im Allgemeinen besitzt die Art einer Lenkwinkeleingabe des Fahrers einen wesentlichen Einfluss auf die Kipptendenz bzw. eine Kippneigung des Kraftwagens. Eine geeignete Auslegung der Lenkungskinematik stellt somit eine wesentliche Einflussgröße auf die Kipptendenz des Kraftwagens dar. Zur Reduzierung der Kipptendenz ist eine indirekte Lenkungsauslegung notwendig. Allerdings ist eine indirekte Lenkübersetzung im Hinblick auf die Fahrzeugagilität nicht wünschenswert, so dass ein Zielkonflikt zwischen der Kipptendenz und der Fahrzeugagilität besteht.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren sowie ein Lenksystem zu schaffen, bei denen Maßnahmen getroffen sind, die eine Verbesserung des Fahrkomforts und der Sicherheit gewährleisten.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1, sowie durch ein Lenksystem mit den Merkmalen nach Patentanspruch 14, gelöst.
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Vorteilhafte Ausführungen und Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zum Reduzieren einer Kipptendenz eines Kraftwagens bei einer Vorwärtsfahrt werden Räder des Kraftwagens, insbesondere Vorderräder, mittels eines Lenksystems mit einer variablen Lenkübersetzung gelenkt. Dabei wird ein Grad der Lenkübersetzung durch ein Verhältnis zwischen einem Drehwinkel einer Lenkeinheit, insbesondere eines Lenkrads, und einem Schwenkwinkel der eingelenkten Räder definiert, wobei der Grad der Lenkübersetzung zum Reduzieren der Kipptendenz in Abhängigkeit wenigstens eines Fahrparameters eingestellt wird.
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Ein Grundgedanke der vorliegenden Erfindung besteht mit anderen Worten in einem Reduzieren der Kipptendenz bzw. einer Kippneigung des Kraftwagens, in dem ein Lenksystem mit einer variablen Lenkübersetzung in dem Kraftwagen eingesetzt wird, wobei ein Grad der Lenkübersetzung in Abhängigkeit wenigstens eines Fahrparameters eingestellt wird. In vorteilhafter Weise wird durch das erfindungsgemäße Verfahren die Kippneigung bzw. die Kipptendenz des Kraftwagens reduziert und dadurch die Betriebssicherheit und der Fahrkomfort erhöht.
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Vorzugsweise wird der Grad der Lenkübersetzung in Abhängigkeit des Drehwinkels der Lenkeinheit als Fahrparameter eingestellt. Insbesondere ist bei dieser Ausführungsform vorgesehen, dass der Grad der Lenkübersetzung mit einem zunehmenden Drehwinkel der Lenkeinheit, insbesondere des Lenkrads, größer wird, so dass erreicht wird, dass bei einer Geradeausfahrt, insbesondere bei einer hohen Geschwindigkeit des Kraftwagens, ein Betätigen der Lenkeinheit den Fahrkomfort nicht beeinträchtigen und die Kipptendenz des Kraftwagens nicht erhöhen kann.
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In einer Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass der Grad der Lenkübersetzung in Abhängigkeit eines aktuellen Werts einer Geschwindigkeit des Kraftwagens als Fahrparameter eingestellt wird. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass je größer der Wert der Geschwindigkeit des Kraftwagens wird, desto größer der Grad der Lenkübersetzung eingestellt wird: Hierdurch kann erreicht werden, dass die Kippneigung bzw. die Kipptendenz des Kraftwagens bei höheren Geschwindigkeiten reduziert und der Fahrkomfort verbessert wird.
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Es wird eine Anzahl der Fahrparameter, in deren Abhängigkeit der Grad der Lenkübersetzung eingestellt wird, abhängig von einem Fahrzustandsparameter bestimmt. Dadurch kann eine präzisere und situationsangepasstere Einstellung ermöglicht werden, welche dann einem sehr bedarfsgerechten Betrieb Rechnung trägt. Gerade dadurch kann den unterschiedlichsten Situationen im Hinblick auf eine Kippneigung des Kraftwagens in sehr spezifisch abgestimmter und angepasster Weise vorgebeugt werden. Vorzugsweise wird dann, wenn der aktuelle Fahrzustandsparameter einen kleineren Wert als ein vorgegebener Schwellwert des Fahrzustandsparameters aufweist, lediglich ein Fahrparameter für die Einstellung des Grades der Lenkübersetzung berücksichtigt. Vorzugsweise werden dann, wenn der aktuelle Fahrzustandsparameter einen größeren Wert als ein vorgegebener Schwellwert des Fahrzustandsparameters aufweist, zumindest zwei Fahrparameter für die Einstellung des Grades der Lenkübersetzung berücksichtigt.
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Es wird zum Bestimmen der Anzahl der Fahrparameter ein aktueller Wert einer Querbeschleunigung des Kraftwagens als Fahrzustandsparameter ermittelt. Insbesondere ist ein Kippen des Kraftwagens nur dann möglich, wenn der Fahrer entsprechend große Soll-Querbeschleunigungen vorgibt. So ist beispielsweise für ein spezifisches Fahrmanöver zur Beurteilung der Kipptendenz eines Kraftwagens, welches als Fish-Hook-Manöver bezeichnet wird, eine stark überzogene Lenkung kennzeichnend und der maximale Schwenkwinkel der Räder des Kraftwagens ist hier um einen Faktor 6,5 größer als der Schwenkwinkel, mit welchem eine Querbeschleunigung von 0,3 g bei einer Fahrzeuggeschwindigkeit von 80 km/h erreicht wird. Bei einem derartigen Manöver zur Beurteilung der Kipptendenz des Kraftwagens, bei welchem eine Geschwindigkeit des Kraftwagens von 80 km/h erzeugt wird, ergibt sich somit eine Querbeschleunigung von 19,13 m/s2, so dass sich hier das Einstellen des Grads der Lenkübersetzung bzw. das Bestimmen der Anzahl der Fahrparameter in Abhängigkeit der Querbeschleunigung des Kraftwagens besonders vorteilhaft zeigt.
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Es kann insbesondere vorgesehen sein, dass ab einem vorbestimmten Schwellwert des Fahrzustandsparameters, insbesondere des aktuellen Werts der Querbeschleunigung, der Grad der Lenkübersetzung mit einem konstanten Wert eingestellt wird, wohingegen der Grad der Lenkübersetzung unterhalb des Schwellwerts bevorzugt in Abhängigkeit von mindestens zwei Fahrparametern eingestellt werden kann. Überdies kann insbesondere ein weiterer Schwellwert des Fahrzustandsparameters, insbesondere des Werts der Querbeschleunigung, vordefiniert werden, unterhalb dessen der Grad der Lenkübersetzung nur in Abhängigkeit eines Fahrparameters eingestellt wird.
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Vorzugsweise wird der Wert der Querbeschleunigung mittels einer Gleichung eines linearen Einspurmodells berechnet, wobei der Wert der Querbeschleunigung als ein Wert einer Soll-Querbeschleunigung bevorzugt in Abhängigkeit des Schwenkwinkels der Räder berechnet wird. Insbesondere wird der Wert der Querbeschleunigung als ein Wert einer Soll-Querbeschleunigung in Abhängigkeit eines aktuellen Werts einer Geschwindigkeit des Kraftwagens berechnet. Der aktuelle Wert der Querbeschleunigung des Kraftwagens wird in bevorzugter Weise als ein Wert einer Soll-Querbeschleunigung gemäß der Formel
berechnet, wobei a
y,Soll den Wert der Soll-Querbeschleunigung, v den aktuellen Wert der Geschwindigkeit des Kraftwagens, δ
Vorderrad den Schwenkwinkel eines vorderen Rades des Kraftwagens, I einen Radstand des Kraftwagens und v
char eine charakteristische Geschwindigkeit des Kraftwagens bezeichnen. Unter dem Begriff charakteristische Geschwindigkeit des Kraftwagens wird hier insbesondere eine Geschwindigkeit des Kraftwagens verstanden, bei welcher der Kraftwagen gerade anfängt, auf eine Änderung des Drehwinkels der Lenkeinheit, insbesondere des Lenkrads, stark zu reagieren.
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In einer Ausführungsform wird ein Kennfeld abgelegt, auf dessen Grundlage mindestens zwei Szenarien für das Einstellen des Grads der Lenkübersetzung in Abhängigkeit der Querbeschleunigung unterschieden werden, und die mindestens zwei Szenarien durch wenigstens einen Schwellwert der Querbeschleunigung definiert bzw. voneinander abgegrenzt werden. In bevorzugter Weise wird der Grad der Lenkübersetzung bei mindestens einem Szenario in Abhängigkeit des Drehwinkels der Lenkeinheit als Fahrparameter eingestellt, wobei der Grad der Lenkübersetzung bei mindestens einem Szenario bevorzugt in Abhängigkeit eines aktuellen Werts einer Geschwindigkeit des Kraftwagens als Fahrparameter eingestellt wird.
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Vorzugsweise werden drei Szenarien für das Einstellen des Grads der Lenkübersetzung durch einen ersten und einen zweiten Schwellwert der Querbeschleunigung unterschieden, wobei der zweite Schwellwert größer als der erste Schwellwert ausgewählt wird. In bevorzugter Weise wird der Grad der Lenkübersetzung bei einem ersten Szenario oberhalb des zweiten Schwellwerts der Querbeschleunigung mit einem konstanten Wert eingestellt. Bevorzugt wird der Grad der Lenkübersetzung bei einem zweiten Szenario oberhalb des ersten Schwellwerts und unterhalb des zweiten Schwellwerts der Querbeschleunigung in Abhängigkeit eines aktuellen Werts der Geschwindigkeit und zusätzlich des Drehwinkels der Lenkeinheit als Fahrparameter eingestellt. Der Grad der Lenkübersetzung wird insbesondere bei einem dritten Szenario unterhalb des ersten Schwellwerts der Querbeschleunigung nur in Abhängigkeit eines aktuellen Werts der Geschwindigkeit des Kraftwagens als Fahrparameter eingestellt. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass bei dem zweiten Szenario oberhalb des ersten Schwellwerts und unterhalb des zweiten Schwellwerts der einzustellende Grad der Lenkübersetzung eine starke Abhängigkeit sowohl von der aktuellen Geschwindigkeit des Kraftwagens als auch von dem aktuellen Drehwinkel der Lenkeinheit aufweist. In bevorzugter Weise liegt der erste Schwellwert in einem Wertebereich von 10 bis 14 m/s2, beträgt bevorzugt 12 m/s2. Insbesondere liegt der zweite Schwellwert der Querbeschleunigung in einem Wertebereich von 16 bis 20 m/s2, und beträgt bevorzugt 18 m/s2. In einem normalen Fahrbetrieb treten zu 95% Querbeschleunigungen mit einem Betrag von weniger als 3,5 m/s2. Damit kann vorausgesetzt werden, dass ein Fahrer im Wesentlichen ein Fahrverhalten erfährt, welches einem linearen Einspurmodell entspricht, weil dieses in dem genannten Betriebsbereich gültig ist. Hierzu zeigt sich die Ausführungsform, bei welcher der Grad der Lenkübersetzung bei dem dritten Szenario nur in Abhängigkeit des aktuellen Werts der Geschwindigkeit des Kraftwagens und unabhängig von dem Drehwinkel der Lenkeinheit eingestellt wird, besonders vorteilhaft.
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Ein erfindungsgemäßes Lenksystem für einen Kraftwagen umfasst eine Lenkeinheit, insbesondere ein Lenkrad, mittels welcher ein Schwenkwinkel eines Rades einstellbar ist. Das Lenksystem umfasst eine Lenkübersetzungseinheit zum Einstellen eines Grads einer Lenkübersetzung, welcher durch ein Verhältnis zwischen einem Drehwinkel der Lenkeinheit und dem Schwenkwinkel des Rades definiert ist, wobei der Grad der Lenkübersetzung zum Reduzieren einer Kipptendenz des Kraftwagens in Abhängigkeit wenigstens eines Fahrparameters eingestellt wird.
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Vorteilhafte Ausführungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind als vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Lenksystems anzusehen.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels sowie anhand der Zeichnungen. Dabei zeigen:
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1 ein Diagramm, in dem der Grad einer Lenkübersetzung in Abhängigkeit der Geschwindigkeit eines Kraftwagens dargestellt ist;
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2 ein angepasstes Kennfeld zum Einstellen des Grads der Lenkübersetzung nach einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung.
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Das nachstehend näher geschilderte Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung dar.
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Nachstehend wird zunächst anhand von 1 auf die Problematik einer aus dem Stand der Technik bekannten variablen Lenkübersetzung näher eingegangen. In 1 ist ein konstanter Verlauf 1 eines Grads G einer Lenkübersetzung eines Kraftwagens für ein konventionelles Lenksystem und ein sich mit der Geschwindigkeit ändernder Verlauf 2 des Grads G der Lenkübersetzung in Abhängigkeit einer Geschwindigkeit v des Kraftwagens für ein Lenksystem mit einer variablen Lenkübersetzung dargestellt. Ein Ziel für den Einsatz eines aktiven Lenksystems bzw. eines Lenksystems mit einer variablen Lenkübersetzung ist eine Realisierung der variablen Lenkübersetzung in Abhängigkeit der Geschwindigkeit v des Kraftwagens. In einem niedrigen und mittleren Geschwindigkeitsbereich ist es im Hinblick auf den Lenkaufwand und die Fahrzeugagilität sinnvoll, eine direkte Lenkübersetzung zu erzeugen, was in 1 anhand eines Abschnitts 2a des Verlaufs 2 des Grads G der Lenkübersetzung dargestellt ist. Allerdings ergeben sich in diesem Fall für eine identische Lenkwinkeleingabe im Vergleich zu einem Kraftwagen mit dem konventionellen Lenksystem (siehe Verlauf 1 in 1) größere Verstellgeschwindigkeiten und Verstellwinkel der Vorderräder. Hierdurch steigt die Kippneigung bzw. die Kipptendenz des Kraftwagens deutlich.
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Gemäß Richtlinien erfolgt eine Ermittlung eines einzustellenden Lenkwinkels für ein Fahrmanöver zur Beurteilung einer Kipptendenz eines Kraftwagens (Fish-Hook-Fahrmanöver) bei einer Geschwindigkeit des Kraftwagens von 80 km/h. Die Fahrversuche zu diesem Fahrmanöver werden allerdings bei einer niedrigeren Geschwindigkeit des Kraftwagens, insbesondere bei einer Geschwindigkeit zwischen 60 bis 65 km/h, durchgeführt, wobei in 1 ein relevanter Geschwindigkeitsbereich 3 für eine Kippstabilität und für die Fahrversuche zu dem Fahrmanöver zur Beurteilung der Kipptendenz gezeigt ist. Wird nun durch das aktive Lenksystem eine variable Lenkübersetzung realisiert, welche bei niedrigeren Fahrzeuggeschwindigkeiten eine direktere Lenkübersetzung realisiert bzw. bei welcher ein niedrigerer Grad G der Lenkübersetzung eingestellt wird, so ergibt sich bei der Durchführung des Fahrmanövers zur Beurteilung der Kipptendenz des Kraftwagens mit einer aktiven Lenkung ein größerer Vorderradwinkel als bei einem Kraftwagen mit einer konventionellen Lenkung. Weil diese Problematik nicht in den Richtlinien berücksichtigt wird, sind die Kraftwagen mit aktivem Lenksystem hier benachteiligt.
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In 2 ist ein Kennfeld zur Einstellung des Grads G der Lenkübersetzung gemäß einer Ausführungsform der Erfindung dargestellt, mit welchem den oben genannten Nachteilen Rechnung getragen wird. Das vorliegende Beispiel bezieht sich auf ein Verfahren zum Reduzieren einer Kipptendenz eines Kraftwagens bei einer Vorwärtsfahrt, bei welchem Vorderräder des Kraftwagens mittels eines Lenksystems mit einer variablen Lenkübersetzung gelenkt werden. Vorliegend wird ein Grad G der Lenkübersetzung durch ein Verhältnis zwischen einem Drehwinkel eines Lenkrads und einem Schwenkwinkel der eingelenkten Vorderräder definiert. Wie in 2 dargestellt ist, wird der Grad G der Lenkübersetzung fahrzustandsabhängig in Abhängigkeit des Drehwinkels α des Lenkrads des Kraftwagens sowie in Abhängigkeit eines aktuellen Werts einer Geschwindigkeit v des Kraftwagens eingestellt, wobei für das Bestimmen einer Anzahl der Fahrparameter α, v, in deren Abhängigkeit der Grad G der Lenkübersetzung eingestellt wird, ein Wert einer Querbeschleunigung ay des Kraftwagens als ein Fahrzustandsparameter ermittelt wird. Vorliegend werden drei Szenarien 10, 11, 12 für das Einstellen des Grads G der Lenkübersetzung unterschieden. Zum Festlegen der Szenarien 10, 11, 12 wird dabei der Wert der Querbeschleunigung ay bei einer Kurvenfahrt in Betracht gezogen. Im vorliegenden Beispiel werden zwei Schwellwerte 13, 14 der Querbeschleunigung ay definiert, welche in 2 als Linien konstanter Querbeschleunigung ay dargestellt sind. Im vorliegenden Beispiel wird der Grad G der Lenkübersetzung also situationsspezifisch in Abhängigkeit des Drehwinkels α und des aktuellen Werts der Geschwindigkeit v des Kraftwagens sowie darüber hinaus in Abhängigkeit des aktuellen Werts der Querbeschleunigung ay eingestellt.
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Bei einem ersten Szenario 10 oberhalb des zweiten Schwellwerts 14 der Querbeschleunigung ay wird im vorliegenden Beispiel der Grad G der Lenkübersetzung mit einem konstanten Wert, vorliegend 17,5, eingestellt. Somit nimmt der Grad G der Lenkübersetzung ab dem zweiten Schwellwert 14 der Querbeschleunigung ay, vorliegend ab einem Schwellwert von 18 m/s2, einen konstanten Wert an, welcher der in 1 dargestellten Lenkübersetzung einer konventionellen Lenkung entspricht. In 2 ist der Grad G der Lenkübersetzung für ein konventionelles Lenksystem mit einer konstanten Ebene 17 dargestellt.
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Wie in 2 dargestellt ist, wird der Grad G der Lenkübersetzung bei dem zweiten Szenario 11 unterhalb des zweiten Schwellwerts 14 der Querbeschleunigung ay und oberhalb des ersten Schwellwerts 13 der Querbeschleunigung ay, vorliegend oberhalb 12 m/s2, in Abhängigkeit sowohl des Drehwinkels α als auch des aktuellen Werts der Geschwindigkeit v des Kraftwagens eingestellt. Wie in 2 gezeigt ist, weist der Grad G der Lenkübersetzung bei dem zweiten Szenario 11 eine starke Abhängigkeit von den beiden Fahrparametern, dem Drehwinkel α und der Geschwindigkeit v auf, was anhand der steilen Charakteristik in 2 zu erkennen ist. Dabei bewirkt jede kleine Änderung der Fahrparameter α, v aufgrund der sensitiven Charakteristik eine starke Variation des Grads G der Lenkübersetzung.
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In einem normalen Fahrbetrieb treten zu 95% Querbeschleunigungen mit einem Betrag von weniger als 3,5 m/s2 auf, was in 2 durch einen Bereich 15 unterhalb einer Linie 16 einer konstanten Querbeschleunigung von 4 m/s2 dargestellt ist. Damit kann vorausgesetzt werden, dass ein Fahrer im Wesentlichen ein Fahrverhalten erfährt, welches einem linearen Einspurmodell entspricht, weil dieses in dem genannten Betriebsbereich gültig ist. Um einen negativen Einfluss der Lenkübersetzung in einem normalen Fahrbetrieb zu vermeiden, erfolgt das Einstellen des Grads G der Lenkübersetzung unterhalb des ersten Schwellwerts 13 von 12 m/s2, also bei dem dritten Szenario 12, nur in Abhängigkeit des aktuellen Werts der Geschwindigkeit v des Kraftwagens. Somit wird erreicht, dass keine Beeinträchtigungen im normalen Fahrbetrieb im Hinblick auf den Fahrkomfort auftreten.
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Im vorliegenden Beispiel wird der aktuelle Wert der Querbeschleunigung a
y als ein Wert einer Soll-Querbeschleunigung gemäß der Formel
berechnet, wobei a
y,soll den Wert der Soll-Querbeschleunigung, v den aktuellen Wert der Geschwindigkeit des Kraftwagens, (δ
Vorderrad) den Schwenkwinkel eines vorderen Rades des Kraftwagens, I einen Radstand des Kraftwagens und v
char eine charakteristische Geschwindigkeit des Kraftwagens bezeichnen. Alternativ kann vorgesehen sein, dass der aktuelle Wert der Querbeschleunigung a
y mittels einer Messeinrichtung gemessen wird.