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Die
Erfindung betrsifft ein Verfahren zur Ermittlung von Messfehlern
bei der Messung von Streuparametern elektronischer Bauteile der
Hochfrequenztechnik insbesondere zur Angabe der Messgenauigkeit
eines n Messtore (n ≥ 1) aufweisendes skalaren oder vektoriellen
Netzwerkanalysators durch die Messungen der Streuparameter zumindest einer
Referenzleitung mit definiertem Wellenwiderstand.
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Stand der Technik
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Die
in der Hochfrequenztechnik übliche Beschreibungsform des
elektrischen Verhaltens von elektronischen Bauteilen und Komponenten
erfolgt über deren Streuparameter (auch S-Parameter), die zunehmend
als komplexe Größen behandelt werden. Sie verknüpfen
nicht Ströme und Spannungen miteinander, sondern Wellengrößen.
Diese Darstellung ist den physikalischen Gegebenheiten besonders
angepasst. Für die beispielsweise auf ein Zweitor zulaufenden
Wellen a
1 und a
2 und
die sich entsprechend in umgekehrter Richtung fortpflanzenden Wellen
b
1 und b
2 gilt die
Beziehung:
wobei [S] die Streumatrix
ist, welche die elektronischen Eigenschaften des Zweitors kennzeichnet, und
S
ij die Streuparameter, welche die Reflexion
und die Transmission an den Toren beschreiben.
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Streuparametermessungen
bzw. S-Parametermessungen von elektronischen Bauteilen und Komponenten
sowie aktiven und passiven Hochfrequenzschaltungen und Hochfrequenzbaugruppen
bis hin zu Antennen werden mit vektoriell messenden Netzwerkanalysatoren
durchgeführt, wobei der Einfluss des Netzwerkanalysators
auf die Messgenauigkeit in der Praxis oft zu vernachlässigen
ist.
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Die
Messgenauigkeit der Streuparametermessungen wird hauptsächlich
durch die eingesetzten Kalibrierverfahren und die zugehörigen
Kalibrierstandards bestimmt. Oft weichen jedoch die Kalibrierstandards
im wirklichen Verhalten von dem ab, was dem Kalibrierverfahren als
der Kalibrierung zugrunde zu legender Wert mitgeteilt wird.
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Derartige
durch die realen Eigenschaften der verwendeten Kalibrierstandards
bedingte Fehler sind systematische Messfehler und lassen sich deshalb nicht
einfach vom Nutzer identifizieren, wie es bei deterministischen
Fehlern der Fall ist. Infolge dieses Fehlers ergibt sich eine Differenz,
d. h. bei komplexen Parametern ein Fehlervektor rq zwischen
dem realen Vektor, z. B. der Reflexion, rw und
dem gemessenen Vektor rm. Mittels des Fehlervektors
rq erfolgt die so genannte Quellenanpassung
(Source Match), die den Bereich in Bezug auf das Messergebnis angibt,
in dem das reale Verhalten zu erwarten ist (1).
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Um
die Messgenauigkeit abschätzen zu können, wird
seit vielen Jahren von Praktikern der so genannte "Ripple-Test"
eingesetzt. Dieser wurde in der Veröffentlichung "Old
and New Accuracy Estimation of S-Parameter Measurements with the
Ripple-Test", von Holger Heuermann, MTT-S International Microwave
Symposium Workshop TMB, San Francisco, Juni 2006 vorgestellt.
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Bei
diesem Ripple-Test wird eine präzise Leitung mit dem Wellenwiderstand
von Z0 vermessen. Der Wellenwiderstand Z0 entspricht dabei der Systemimpedanz, die
in der Regel bei 50Ω liegt. Das gemessene frequenzabhängige
Verhalten der Leitung, z. B. die Reflexion, zeigt jedoch anstelle
des idealen, mit der Frequenz gleichförmig abnehmenden
Verlaufs eine Welligkeit, die so genannte Ripple-Struktur, deren
Amplitudenabweichungen, bezogen auf den idealen Verlauf, den Betrag
des Fehlervektors rq darstellen und die
Messunsicherheit (Uncertainty Boundaries) charakterisieren. Die
Amplitudenabweichungen werden zwischen zwei benachbarten Peaks der Ripple-Struktur
als so genannte Peak-to-Peak-Werte grafisch (2) oder
mittels bekannter, häufig im Netzwerkanalysator implementierter
Software automatisiert in Abhängigkeit von der Frequenz
abgeschätzt und daraus schlussendlich der frequenzabhängige
Messfehler für ein beliebiges Messobjekt (DUT: Device Under
Test) bestimmt.
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In
der Praxis weisen selbst Koaxialleitungen, die hochpräzise
herstellbar sind, einen Wellenwiderstand Z0 auf,
der über die Frequenz vom Normierungswiderstand 50Ω abweicht.
Z. B. hängt, wie in „Hochfrequenztechnik"
von Holger Heuermann, Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-03980-9, Seiten
73 bis 77 beschrieben, der Wellenwiderstand Z0 bei
koaxialen Luftleitungen unter anderem stark von der geometrischen
Präzision des Außen- und Innenleiters zueinander
sowie von der Eindringtiefe und diese wiederum von der Frequenz
ab.
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Während
bei einer Koaxialleitung nur die Eindringtiefe zur Dispersion beiträgt,
hat man bei planaren Leitersystemen wie der Koplanarleitung und
Mikrostreifenleitung deutlich größere Effekte
durch deren Quasi-TEM-Charakter, d. h. durch das Auftreten von deutlich
größeren Transversalkomponenten des magnetischen
und des elektrischen Feldes im Vergleich zu den auftretenden Longitudinalkomponenten,
bei welchem die Verluste über der Leitung nicht mehr vernachlässigbar
sind. Die Definition der transversalen und longitudinalen Feldkomponenten
erfolgt in Bezug auf die Ausbreitungsrichtung der Wellen im Leiter.
Insbesondere die koplanaren Leitungen, die bei HF-Prüfspitzen
zur Prüfung elektronischer Bauelemente, auch im Wafer-Verband
(On-Wafer-Messungen), und ebenso zum Kalibrieren von Netwerkanalysatoren
Verwendung finden, weisen ein hochgradig dispersives, d. h. frequenzabhängiges
Verhalten des Wellenwiderstandes auf, was zu nicht zu vernachlässigbaren
Fehlern führt und nicht durch das Kalibrierverfahren selbst
Berücksichtigung finden kann.
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Unter
anderem aufgrund ihres hochgradig dispersiven Verhaltens können
diese in der Praxis häufig eingesetzten Leitungen nicht
in klassischen Ripple-Tests berücksichtigt werden.
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Unter
diesen Bedingungen liefert der Ripple-Test in der Praxis gerade
einmal für koaxiale Messungen brauchbare Aussagen. Die
Messfehler planarer Messungen wie On-Wafer-Messungen oder gar Hohlleitermessungen
können nicht sinnvoll mit dem bekannten Ripple-Test abgeschätzt
werden.
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Gegenstand
der Erfindung ist das Verfahren zur Berücksichtigung der
dispersiven und sofern erforderlich auch komplexen Eigenschaften
von Wellenleitern, die als Referenzleitungen in dem Ripple-Test
eingesetzt werden. Dadurch kann insbesondere für planare
Messungen, wie On-Wafer-Messungen, der Messfehler von Streuparametern
mit ausreichender Genauigkeit abgeschätzt werden. Die Kenntnis
der generellen Eigenschaften der Streuparameter wiederum ist nützlich
für die Beurteilung von Messungen und Charakteristika von
Bauelementen, Komponenten, Testanordnungen und vielem mehr, die
wiederum der Analyse und Entwicklung von Schaltungen, d. h. deren
Synthetisierung, Optimierung und Modellierung zugrunde liegt.
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Gerade
für On-Wafer-Messungen gestattet das angegebene Verfahren,
dass der Wellenwiderstand der Referenzleitung sowohl frequenzabhängig als
auch komplex sein darf. Letztere Eigenschaft beruht auf den Verlusten
einer Leitung, die insbesondere bei dünnen On-Wafer-Leitungen
hoch sein können. Folglich ist es auch möglich,
Referenzleitungen mit beliebigen Ausbreitungskonstanten, auch als Fortpflanzungskonstanten
bezeichnet, zu verwenden. Die Ausbreitungskonstanten als komplexe
Größe beschreibt die Ausbreitung einer elektromagnetischen
Welle im Leiter und berücksichtigt über die Dämpfungskonstante
auch die Dämpfung der Leitung.
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Hochfrequenzleitungssysteme
wie Hohlleiter, die zur verlustarmen Signalübertragung
konzipiert sind, sind wie auch On-Wafer-Leitungen stark dispersiv,
so dass auch bei ihnen der oben beschriebene klassische Ripple-Test
nicht eingesetzt wurde. Mit dem im Folgenden im Detail beschriebenen
Verfahren können nunmehr auch für diese Leitungssysteme
sinnvoll Messfehler abgeschätzt werden. Allgemein kann
der Wellenwiderstand der Referenzleitung nunmehr nahezu beliebig
von der Systemimpedanz Z0 abweichen. Die
Möglichkeit der Verwendung von Referenzleitungen mit dispersiven
und komplexen Wellenwiderständen schließt auch
den Einsatz des Verfahrens für Messungen mit Koaxial-Leitungen
ein, so dass auch deren Abweichungen von dem angenommenen Leitungswiderstand
von 50Ω bei der Fehlerdarstellung berücksichtigt
werden kann.
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Beschreibung der Erfindung
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Die
Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispieles
näher erläutert werden. Die zugehörigen
Zeichnungen zeigen in
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1 die
Darstellung eines Fehlervektors in Bezug auf die Vektoren des gemessenen
und realen Reflexionsparameter,
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2 eine
grafische Ermittlung eines Peak-to-peak-Wertes,
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3 eine
Darstellung des Betrages eines Reflexionsparameters in Abhängigkeit
von der Frequenz mit Fehlerbalken und
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4 eine
weitere Darstellung des Betrages eines Reflexionsparameters in Abhängigkeit
von der Frequenz mit Fehlerbereich.
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Ausgangsbasis
für dieses Verfahren ist die Verfügbarkeit einer
HF-Referenzleitung mit bekanntem dispersiven Wellenwiderstand, der
auch komplex sein kann. Da die Wellenwiderstände von allen
Leitungstypen, d. h. auch von koaxialen und planaren Leitungstypen,
durch analytische oder numerischen Lösungen mittels elektromagnetischer
Feldsimulation berechnet oder ebenso durch Messungen wie der bekannten
NIST-Methode (National Institute of Standards and Technology) charakterisiert
werden können, stehen für die Messfehlerbestimmung
bekannte Referenzleitungen zur Verfügung. Die Messung der HF-Referenzleitung
ist beispielsweise in „Charakteristic Impedance
Determination Using Propagation Constant Measurements", R. Marks,
D. Williams, IEEE Microwave and Guided Wave Lett., vol. 1, pp. 141–143,
June 1991 beschrieben. Für die elektromagnetische
Feldsimulation sind verschiedene Methoden bekannt, z. B. die Finite
Integration (FIT), die finite Elementanalyse, die Finite Differenzenmethode
im Zeitbereich (Finite Difference Time Domain – FDTD) oder
andere. Insbesondere mittels der finiten Elementanalyse lassen sich
Simulationen hochgenau auch für verlustbehaftete Leitungen
durchfuhren. Für die Simulation stehen dem Fachmann verschiedene Softwarelösungen
zur Verfügung.
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Zunächst
werden die Reflexionswerte dieser Referenzleitung entweder als Eintor
mit einem Leerlauf oder Kurzschluss, d. h. mit einer verlustlosen
reaktiven Last als Abschluss oder als Zweitor mit der Referenzleitung
als Transmissionspfad vermessen. Auch bei der Messung der Referenzleitung
als Zweitor werden nur die Eingangsreflexionswerte weiter verwendet.
Diese Messung kann mit einem Netzwerkanalysator erfolgen, der unkalibriert
ist oder mit einem beliebigen, auch skalaren Kalibrierverfahren
kalibriert wurde. Als skalare Kalibrierung wird solch ein Kalibrierverfahren
bezeichnet, bei dem nur der Betrag der Streuparameter ermittelt
wird und deren Phase im Gegensatz zur vektoriellen Kalibrierung nicht
berücksichtigt wird.
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Die
ermittelten Messwerte der Reflexionsfaktoren der Referenzleitung
werden auf den bekannten tatsächlichen und in der Regel
dispersiven Wellenwiderstand Z
L der Referenzleitung
renormalisiert. Dieses geschieht dadurch, dass mittels der auf 50Ω bezogenen
Tor-Impedanz-Matrix [Z
50] die auf 50Ω bezogenen
gemessenen S-Parameter in Widerstands-Parameter (Z-Parameter) als
unbezogene Werte gewandelt werden. Diese werden daraufhin mittels
der Tor-Impedanz-Matrix [Z
L], die auf den
tatsächlichen dispersiven Wellenwiderstand der Referenzleitung bezogenen
ist, auf den bekannten Wellenwiderstand Z
L bezogen.
Diese nunmehr bezogenen Z-Parameter werden abschließend
in S-Parameter gewandelt. Die mit der Renormalisierung, d. h. der
Umrechnung einer Streumatrix von einer Bezugsimpedanz auf eine andere,
verbundenen Umrechnungen sind in bekannten HF-Simulatoren und der
Software von Netzwerkanalysatoren implementiert und deshalb im Rahmen
des hier beschriebenen Verfahrens durchführbar. Die der
Umrechnung zugrunde liegenden Gleichungen sind auf den
Seite
23 in Verbindung mit Seite 292 in "Hochfrequenztechnik" von Holger
Heuermann, Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-03980-9 dokumentiert.
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Aus
dem Frequenzgang der so ermittelten renomalisierten S-Parameter
sind, wie oben zum bekannten Ripple-Test beschrieben, über
die Peak-to-peak-Werte oder rechnerisch die frequenzabhängigen
Fehlervektoren und deren Betrag und somit die Quellenanpassung des
Netzwerkanalysators zu bestimmen.
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Eine
mögliche Darstellung der ermittelten Messfehler ist in
der 3 gezeigt. Hier sind am Frequenzgang des Betrages
des Reflexionsparameters S11 für
diskrete Frequenzen Fehlerbalken angetragen, die dem jeweils für
diese Frequenz ermittelten Betrag des Fehlervektors rq entsprechen.
Anhand des Fehlerbalkens ist es möglich abzuschätzen,
in welchem Bereich der jeweilige Wert des Reflexionsparameters liegen
kann. Beispielsweise ist mit einem Peak im Verlauf des Frequenzparameters
bei ca. 1 GHz ein im Vergleich zu den Messfehlern bei höheren
Frequenzen relativ großer Messfehler festzustellen. Dieser
kann verschiedene Ursachen haben, z. B. eine Resonanz aufgrund einer
für diese Frequenz ungünstigen Länge
der gemessenen Leitung.
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Der
Eingangswiderstand einer Leitung lässt sich nur dann sinnvoll
vermessen, wenn die Leitung nicht eine elektrische Länge
von n·180° mit n = 0, 1, 2, ... aufweist, die über
die Wellenlänge des periodischen Signals mit der geometrischen
Länge der Leitung verknüpft ist. Denn bei der
genannten elektrischen Länge würden aufgrund von
Reflexionen am Abschluss der Leitung Resonanzen zwischen der reflektierten,
rücklaufenden und der hinlaufenden Welle auftreten. Aufgrund
dieser Frequenzabhängigkeit des Resonanzverhaltens für
bestimmte mechanische Leitungslängen ist es erforderlich,
bei geringeren Frequenzen längere Leitungen zu verwenden.
So kann man bei Messungen über einen großen Frequenzbereich
für solche Frequenzen, bei denen die elektrische Länge
einer Leitung gerade n·180 mit n = 1, 2, 3, ... beträgt,
eine andere Leitung mit einer anderen elektrischen Länge
einsetzten. In diesem Fall wäre das oben beschriebene Verfahren
für mehrere Referenzleitungen und jeweils mit Charakterisierung der
Leitung, Messung der Reflexions- und gegebenenfalls Transmissionsparameter
und Auswertung der Messung für jede der Leitungen durchzuführen.
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Sofern
Phasen und Beträge der Fehlervektoren rechnerisch ermittelt
werden, kann dies für jede Frequenz erfolgen. Im Ergebnis
ist die Messfehlerdarstellung nicht nur für diskrete Frequenzen
in Form von Fehlerbalken (Error Bar) sondern als Bereich um die
ermittelte Messkurve darstellbar (4)
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - "Old and New
Accuracy Estimation of S-Parameter Measurements with the Ripple-Test",
von Holger Heuermann, MTT-S International Microwave Symposium Workshop
TMB, San Francisco, Juni 2006 [0006]
- - „Hochfrequenztechnik" von Holger Heuermann, Vieweg-Verlag,
ISBN 3-528-03980-9, Seiten 73 bis 77 [0008]
- - „Charakteristic Impedance Determination Using Propagation
Constant Measurements", R. Marks, D. Williams, IEEE Microwave and
Guided Wave Lett., vol. 1, pp. 141–143, June 1991 [0020]
- - Seite 23 in Verbindung mit Seite 292 in "Hochfrequenztechnik"
von Holger Heuermann, Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-03980-9 [0022]